Anna Biselli Okay, seid ihr bereit? Markus Reuter Ja. Anna Biselli Okay, dann fangen wir einfach an. Markus, woran arbeitest du gerade? Markus Reuter Ich arbeite gerade an der Chatkontrolle. Anna Biselli Okay, und Timur, woran arbeitest du gerade? Timur Vorkul Ich arbeite an einem Artikel zum Deutschland-Stack, einem Projekt vom neuen Bundesdigitalministerium. Anna Biselli Okay, und damit hallo und herzlich willkommen zu OffOn, dem Podcast von Netzpolitik.org. Heute mit einer Folge Off the Record, bei der wir euch mit hinter die Kulissen von Netzpolitik.org nehmen und euch einen Einblick in unsere Arbeit geben und in der ihr unser Team kennenlernen könnt. Heute sind mit dabei Markus Reuter und Timur Vorkul. Hallo ihr beiden. Markus Reuter Hallo. Timur Vorkul Hallo. Anna Biselli Ich bin Anna, Co-Chefredakteurin von Netzpolitik.org und führe euch heute durch die aktuelle Folge. Wir starten wie immer mit den Hausmitteilungen. Und die Hausmitteilung ist heute eigentlich eine Hausmitteilung. Wir haben nämlich ganz viele neue Menschen im Team. Seit dem letzten Podcast haben insgesamt fünf neue Leute angefangen. Das ist total überraschend. Ich musste auch erst mal gucken, so hä, kann das sein? Fünf neue Leute, aber tatsächlich fünf neue Menschen. Und die eine Person, die euch schon im letzten Podcast angekündigt worden ist, das ist unser neuer Freiwilliger Ben. Der wird uns jetzt für ein Jahr begleiten. Und in der letzten Folge habt ihr ja unsere bisherige oder frühere Freiwillige Lilly gehört, die von ihrem Freiwilligenjahr berichtet hat. Und ich bin sicher, Ben werdet ihr euch auch noch kennenlernen. Dann hat angefangen unser Werkstudierender für Social Media, Fio. Vielleicht habt ihr das schon gemerkt, wenn ihr unserem Instagram-Account folgt, dass da plötzlich Sachen aufgetaucht sind, die ein bisschen anders aussehen und ein bisschen aufwendiger gemacht sind. Und ich bin sicher, ihr werdet auch auf den anderen Plattformen noch Dinge sehen, die Fio für uns tut. Und außerdem unser neuer und erster Volo Timur. Timur lernen wir heute noch ein bisschen besser kennen. Timur ist heute hier. Und dann noch unsere neue Praktikantin Paula, die uns für die nächsten drei Monate begleiten wird. Und eine neue freie Reporterin in Brüssel, die unseren früheren freien Max ablöst, nämlich Anna Ströbele Romero. Die hat gerade Anfang Oktober angefangen. Und wenn alles läuft wie geplant, lest ihr diese Woche noch den ersten neuen Text aus Brüssel. Das soll es gewesen sein mit dem Hausmitteilung. Kommen wir zum Thema des Monats Oktober. Markus hat es schon angekündigt. Es geht heute und bei uns schon eine ganze Woche und auch schon viel länger um Chatkontrolle. Markus, du kannst es wahrscheinlich auswendig in drei Sätzen. Was ist Chatkontrolle? Markus Reuter Chatkontrolle ist der Versuch, Kommunikationsdiensteanbietern wie WhatsApp oder Signal anzuordnen, dass sie nach bestimmten Inhalten suchen und diese dann herausmelden. Und bei den bestimmten Inhalten soll es sich in dieser Art der Chatkontrolle um Inhalte handeln, wie sogenanntes Missbrauchsdarstellungen oder Darstellung von Kindesmissbrauchs oder ehemals Kinderporno genanntes Material. Anna Biselli Okay, ich habe mal nachgeguckt und ich dachte, wir haben doch bestimmt schon mal einen Podcast zum Thema Chatkontrolle aufgenommen. Und dann habe ich gefunden, ja, das war im September 2023, das heißt vor jetzt zwei Jahren. Und da hieß der Titel, das fand ich ganz witzig, Beruf Chatkontrolle. Und da warst auch du zu Gast und da hat dich damals Chris gefragt, wie du das eigentlich aushältst, seit quasi zwei Jahren die ganze Zeit über Chatkontrolle zu berichten. Jetzt sitzen wir hier zwei Jahre später und gefühlt berichtest du zumindest in den letzten Tagen immer noch die ganze Zeit über Chatkontrolle. Warum eigentlich? Markus Reuter Naja, genau. Also ich habe auch nachgeschaut und dachte so, boah krass, seit 21, seit ich glaube im August 21 der erste Artikel erschienen und jetzt sind wir bei knapp 300 Artikeln. Von denen habe ich vielleicht, weiß nicht, 220 geschrieben oder so. Also ich habe es nicht nachgezählt, aber es ist irgendwie ganz schön viel. Na, ich persönlich bin dann, irgendwann hängt man natürlich an dem Thema drin und dann hat man es am Hals. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite ist es einfach so eine krasse Überwachungsmaschinerie, die da geplant ist, die so tief eingreift in private Kommunikation. Und das ist eigentlich, was da passiert und wenn es dann ausgebaut wird. Also man kennt es ja, Sicherheitspolitiker nehmen sich immer irgendwie so Kindesmissbrauch oder Terrorismus oder irgendwie organisierte Kriminalität. Man hat so ein Thema, was gerade en vogue ist oder was man benutzt. Und danach geht es dann weiter. Und wenn man sich vorstellt, dass wir quasi die verschlüsselte Kommunikation umgehen, um mit einer Hintertüre auf allen Endgeräten zu schauen, in der ich schauen kann, was da versendet wird. Das ist einfach so ein massiver Wechsel und Wandel in dem, wie wir kommunizieren und großer Verlust an Freiheit. Da kann ich ja gar nicht anders als darüber schreiben, auch wenn es manchmal auch ganz schön nervig ist nach 220 Artikeln. Anna Biselli Genau, aber was ist denn jetzt eigentlich für Leute, die das vielleicht nicht so eng verfolgen wie du, was ist denn jetzt eigentlich in den ganzen vier Jahren passiert? Also wenn ich so dran denke, ja eigentlich nicht so viel, oder? Also eigentlich, was war denn? Markus Reuter Okay, wo fange ich denn jetzt da an? Also ich habe sehr viel über EU-Gesetzgebung gelernt in der Zeit. Also die gesetzgebende Initiative kam von der EU-Kommission unter von der Leyen und da kam der Vorschlag, der enthielt diese Chat-Kontrolle. Und jetzt geht dieser Gesetzesvorschlag quasi an das Parlament und an den EU-Rat. Und der EU-Rat, das sind quasi das föderale Element, das sind diese ganzen quasi Länder, also die Minister der Länder, die sich versammeln. Im Parlament hat sich irgendwann eine Position gebildet, die haben gesagt, wir möchten nicht diese Chatkontrolle, also nicht dieses Durchleuchten von verschlüsselter Kommunikation. Das haben die ausgeschlossen, also eine grundrechtsfreundlichere Position. Und im EU-Rat, also da, wo die Regierungen ihre Leute hinschicken, dort konnte man sich nicht einigen. Und zwar liegt es daran, dass es dort eine Art, es gibt so eine Klausel, eine Sperrminoritätsklausel. Das heißt, wenn Regierungen, die insgesamt 35 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, nicht zustimmen, dann hat es keine Mehrheit. Das heißt, und da so Länder wie Deutschland und Polen, Österreich, es waren auf jeden Fall genug große Länder mit dabei, um diese 35 Prozent der Bevölkerung der Europäischen abzudecken. Deswegen haben die sich dort nicht geeinigt. Und Deutschland hatte unter der Ampelkoalition, das war auch hart umkämpft, aber immerhin eine ablehnende Position. Oder die haben sich enthalten. Also auf jeden Fall haben sie nicht dieser Mehrheit zugestimmt, weswegen diese Sperrminorität die ganze Zeit stand. Und dann kam ja irgendwann, ist die Ampel zerbrochen. Und dann kam eine neue Regierung unter CDU-Führung, unter Unionsführung. Und wie man die Union so kennt, mag die Überwachung natürlich noch viel lieber als die SPD, aber die SPD mag sie auch gerne. Deswegen ist jetzt diese ablehnende Position in Gefahr und an dem Punkt sind wir jetzt gerade. Jetzt versuchen sie sich gerade neu zu einigen und eine neue Position zu finden und deswegen haben wir auch so viele Artikel auf der Seite. Anna Biselli Genau, das heißt, das müssen wir vielleicht dazu sagen, wir nehmen diesen Podcast hier gerade am Dienstag haben wir gerade, am Dienstag auf, den werdet ihr dann ab Samstag zum ersten Mal hören können. Das heißt, es könnte natürlich sein, dass in der Zwischenzeit noch Dinge passieren und Markus noch ein paar Artikel dazu schreibt. Das heißt, wir sind jetzt an einem Punkt, wo wir noch nicht wissen, auf welche Position sich die Bundesregierung einigen. Wir wissen eben auch nicht, was sie dann eben am 14. Oktober, richtig? Am 14. Oktober im Rat tun wird. Und deshalb ist jetzt gerade so Vollalarm. Und ich fand das ja mega spannend, weil dieser Vollalarm sich ja auch auf sehr viele andere Menschen übertragen hat. Also irgendwie Social Media ist gefühlt voll davon und irgendwie plötzlich sind alle total irgendwie alarmiert und irgendwie posten zu Chatkontrolle und rufen ihre Abgeordneten an. Und was ist denn jetzt wichtig? Das heißt, wissen wir nicht am Samstag, ehrlich gesagt, wenn der Podcast rauskommt, aber was können denn Leute tun, wenn sie auch was gegen Chatkontrolle haben sollten? Markus Reuter Ja genau, es ist jetzt ein bisschen so ein Schwebezustand, weil die Entscheidung soll heute oder morgen fallen, also heute oder Mittwoch, wie die Bundesregierung steht. Sie antworten mir zum Beispiel gerade nicht in der Presseanfrage, kam noch keine Antwort nach Frist. Wie steht denn Ihre Dinge? Aber die sind auch ziemlich genervt, habe ich mir in der Bundespressekonferenz angesehen, wenn Sie jetzt gefragt werden, wie Ihre Position ist. Okay, jetzt hat sich so die letzten Tage und übers Wochenende haben sehr viele Organisationen, irgendwie digitale Organisationen, was weiß ich, von der digitalen Gesellschaft, CCC etc., haben alle dazu aufgerufen, was zu tun. Und da ist sehr viel in Schwung gekommen. Und jetzt prasseln hier die Statements von Unternehmen und Verbänden und so nur so rein. Und man merkt, das Ganze hat so ein Momentum bekommen. Es gibt jetzt eine Petition auf einmal und hier und die Leute rufen an und es ist alles voll und Witze werden gemacht. Und es ist, also da ist jetzt wieder so richtig Bewegung drin. Man merkt so, die Netzgemeinde ist aufgewacht, wenn es es noch gibt, diesen Begriff. Aber also ich glaube, das ist jetzt gerade zeigt, so wie so ein bürgerschaftliches Engagement. Okay, das klingt so spießig, aber. Anna Biselli Zivilgesellschaft. Markus Reuter Zivilgesellschaftliches Engagement... so politisches und was das passiert. Und wir haben auch gehört aus dem Bundestag, das wird durchaus gesehen, was da passiert auch. Also es ist nicht so, dass das an den Leuten komplett vorbeigeht. Wir wissen immer noch nicht, wie die entscheiden werden. Aber auf jeden Fall ist gerade was in Bewegung. Und wir machen Berichterstattung dazu. Anna Biselli Ja, ziemlich viel. Das könnt ihr alles bei uns auf der Seite nachlesen. Wenn ihr irgendwie alle Artikel zur Chatkontrolle lesen wollt, könnt ihr das unter Netzpolitik.org/tag/Chatkontrolle tun. Da findet man die, weiß ich nicht wie viele. Markus Reuter 299 wahrscheinlich. 299 Artikel, dann könnt ihr die letzten vier Jahre nachlesen. Anna Biselli Ich bin aber auch sicher, ihr könnt auch in Zukunft bei uns noch was darüber lesen. Denn selbst wenn jetzt der Worst Case, sage ich mal aus grundrechtlicher Sicht, eintritt und es sollte dann am 14. Oktober im Rat durchgehen, Was passiert denn dann? Markus Reuter Genau, da kommen wir zurück zur EU-Gesetzgebung. Jetzt haben wir diese drei Stränge, also die Kommission, den Rat und das Parlament. Und wenn jetzt alle eine Position gefunden haben, dann stecken die die Köpfe wieder zusammen im sogenannten Trilog. Das ist ein durchaus demokratietheoretisch etwas kritisierter Prozess, weil er undurchsichtig ist. Aber dann gehen die in Verhandlungen und arbeiten eine Position aus, die dann dem EU-Parlament zur Entscheidung vorgelegt wird. Wenn jetzt die Chat-Kontrolle quasi im Rat beschlossen ist, dann sieht es nicht so gut aus für die Position des EU-Parlaments. Denn wir haben dann die Kommission, die Chat-Kontrolle will. Dann haben wir den Rat, die Chat-Kontrolle will. Und das Parlament sagt, ja, aber bitte nicht bei verschlüsselt. Das könnte dazu führen, dass das Parlament quasi in den Verhandlungen nicht so gut dasteht. Aber da ist natürlich weiterhin Möglichkeiten, sich auch noch mit Protest einzuschalten. Aber erfahrungsgemäß ist es immer besser, wenn vor dem Trilog gute Positionen da sind und nicht erst danach. Weil der Trilog ist nicht so zugänglich für zivilgesellschaftlichen Protest. Das ist so meine Erfahrung. Anna Biselli Ja, man kriegt ja auch wenig davon mit. Das heißt, wenn da niemand auf einem journalistischen Ebenen hinterher ist, kriegt man ja überhaupt nicht wirklich mit, was die da besprechen. Das ist ein sehr intransparentes und seltsames Verfahren eigentlich. Markus Reuter Genau, dazu kommt noch, dass wir auch im EU-Parlament Mehrheitsveränderungen haben und dass die Leute, die diesen Kompromiss ausgehandelt haben, diese Mehrheiten, die gibt es nicht mehr in der Form und sind ein Haufen Rechtsradikale noch reingekommen und bei denen weiß man eh nicht, ob sie strategisch gegen die Chatkontrolle sind oder, ja, also das ist noch nicht sehr absehbar, ob das Parlament auch seine Position dann so hält. Da gab es auch schon so ein bisschen ein Bröckeln, hat man gesehen. Ja, bleibt spannend. Anna Biselli Okay, was ist deine Schätzung? Gib mal eine Schätzung ab, wie lange verfolgt uns dieses Thema noch? Markus Reuter Das ist total schwer zu sagen. Es gibt auch Gesetze, die im Trilog über Jahre fest hängen und dann auch noch scheitern können. Also ich glaube, naja, das wird uns schon noch ein bisschen begleiten. Anna Biselli Okay, das heißt spätestens Oktober 2027 sehen wir uns hier im Podcastraum wieder und fragen dich, wie du es aushältst, immer noch über die Chatkontrolle zu berichten. Markus Reuter Ja, das kann durchaus passieren. Und dann 29 und 31 auch nochmal. Anna Biselli Ja, alle zwei Jahre. Wir setzen uns einen Termin im Kalender und reden dann alle zwei Jahre über die Chatkontrolle. Aber genau, ich glaube genug vom Thema des Monats. Oder willst du noch einen letzten Aufruf loswerden? Markus Reuter Ja, der macht was dagegen. Also ich meine, das ist einfach so ein ekliges Überwachungsinstrument und wir alle kennen den Mechanismus. Ist eine Infrastruktur mal da, dann werden die Urheberrechtsleute kommen und die sagen, oh Kriminalität und sonst wie. Und dann ist dieses Instrument, was einfach Dateien erkennen kann und Inhalte, das ist einfach das Ende von freier Kommunikation. Und dann können halt nur die Nerds, die es irgendwie schaffen, das zu umgehen, das zu machen. Aber jetzt haben wir ja die schöne Situation, dass die gesamte Gesellschaft über verschlüsselte Messenger eben verschlüsselt kommunizieren kann. Und das ist unser gutes Recht in einer demokratischen Gesellschaft. Wer was anderes erzählt, der muss sich mal an den demokratischen Kopf fassen, ob er dann so demokratisch ist. Anna Biselli Okay. Dann gehen wir in die nächste Kategorie, nämlich die Kategorie Maschinenraum. Ich habe ja schon in den Hausmitteilungen gesagt, es sind super viele neue Leute da, das ist mega spannend. Und eine der Personen ist heute hier, das ist Timur. Timur, du bist unser neuer Volo und wir freuen uns sehr. Magst du uns ein bisschen was zu dir erzählen? Timur Vorkul Ja, hi. Erstaunlich, dass es fünf Menschen waren, die eingestellt wurden und ich bin einer davon. Ich bin ab September bei Netzpolitik und ich freue mich richtig doll, dass ich hier mein Volontariat machen kann. Ich habe in Berlin studiert und wohne hier auch schon seit einer Weile. Im Bachelor habe ich Sozialwissenschaften und im Master Europäische Technologie studiert, auch zwischendurch in Barcelona meinen Aufenthalt gemacht und dort Weltgeschichte studiert. Und ja, mein Studium hat ziemlich lange gedauert und dann habe ich meinen Weg zum Journalismus gefunden. Ich habe bereits so eine Art journalistische Ausbildung gemacht bei einem öffentlich-rechtlichen Medienhaus. Das hat neun Monate gedauert und genau, dann habe ich mich auf den Weg gemacht und bin bei Netzpolitik gelandet. Aber was ist denn Weltgeschichte? Markus Reuter Ja, das wollte ich auch fragen. Timur Vorkul Der Master hieß World History und hat quasi auf Geschichte geguckt im globalen Sinne. Also es ging viel um Kolonialismus und wie verschiedene Prozesse oder wie die Gesellschaft heute aufgebaut ist oder die Welt, wie das entstanden ist durch die Jahrhunderte. Das war ganz spannend. Anna Biselli Okay, und wie kommst du dann zu Netzpolitik? Das heißt, wie kamst du auf die Idee zu sagen, ich bewerbe mich in einer Redaktion, die sehr eng ein Thema begleitet auf ein Volo? Timur Vorkul Ich bin zu Netzpolitik gekommen, weil ich das Alleinstellungsmerkmal von Netzpolitik richtig cool und wichtig finde und dass hier die Themen, die netzpolitisch wichtig sind, stabil vertreten werden und vor allem auch angesichts der jüngsten Entwicklungen, wie so die breite Debatte in der Gesellschaft sich weiter Richtung rechts bewegt, finde ich das super wichtig und wertvoll, dass Netzpolitik weiter an ihrer Position festhält. und weiterhin stabil bleibt. Und das finde ich super wichtig und freue mich total, dass ich hier mitmachen kann. Anna Biselli Genau, hatte ich denn irgendwie in deinen ersten Wochen, du bist ja jetzt schon über einen Monat da, hat dich irgendwas überrascht, was du dir vorher anders vorgestellt hast? Timur Vorkul Ja, tatsächlich haben mich einige Sachen überrascht. Also am ersten Tag war die erste Überraschung. Oder ich kann vielleicht besser sagen, ich war beeindruckt. Und zwar im Redaktionsmeeting wurden schon bevor das losging im Pad ganz viele Themen gesammelt und ganz viele Meldungen und Links, worüber man berichten könnte. Und es war eine lange Liste und ich war baff, dass das alles von Menschen einfach zusammengetragen wurde und dass da nicht wie bei anderen Medien auf Presseagenturen oder sowas zurückgegriffen wird, sondern alle sind sozusagen ihre eigenen kleinen Presseagenturen, die sozusagen so tief im Thema drinstecken und so krasse Cracks sind, dass sie diese Themen sozusagen selber im Kopf haben. Und das Zusammentragen, das hat mich total beeindruckt, wie das einfach so natürlich entsteht, diese Themenliste. Genau. Und ein anderes redaktionelles Prinzip, was für mich auch neu war und mich auch durchaus überrascht hat, ist dieses Vier-Augen-Prinzip. Also so wie ich das von anderen Redaktionen kenne, bei denen ich bisher mitgearbeitet habe, gibt es sozusagen klassischerweise CVD, also Chefin oder Chef vom Dienst. Das haben wir bei uns hier auch. Dort ist es so, dass die Texte alle von dieser CVD abgenommen werden, heißt das. Also abnehmen, dass die Person das durchliest und korrigiert und redigiert und sozusagen das freigibt zur Veröffentlichung. Hier ist es aber so, das wissen bestimmt auch die Zuhörenden schon, dass alle Menschen in der Redaktion dieses Vier-Augen-Prinzip machen, also den Text lesen können. Und das ist für mich neu und das fand ich interessant und spannend. Anna Biselli Ja, aber ich glaube, ich könnte mir auch nicht vorstellen, den ganzen Tag Texte abzunehmen. Ich glaube, dann würde ich irgendwann, weiß ich nicht, das merke ich an so Tagen, wo viel los ist, wo man dann so vielleicht zwei oder drei Texte redigiert, dass man irgendwann auch die Aufmerksamkeit nicht mehr hat, irgendwie so einen Text zu redigieren, weil das ist ja schon nochmal was anderes, als einen Text selber irgendwie zu erstellen oder was zu recherchieren, sondern das ist ja quasi immer eine sehr kleinteilige Arbeit an irgendwie einem Text und ich glaube, das könnte ich nicht vorstellen. Markus Reuter den ganzen Tag machen. Es gibt ja auch so Redigier-Geheim-Baffen, wo ich denke, ah, da gehe ich zu der Person oder also holt sich ein Rat. Also ich finde ja, das kann ja auch eine CVD, da kann ich ja gar nicht das gesamte Fachwissen oder der Text ist so technisch, dass man jemanden nimmt, wo ich denke, okay, die Person kann das jetzt besser, weil die das technische Verständnis oder so. Also ich finde das schräg, wenn das nur eine Person machen würde. Timur Vorkul Ja, ich glaube auch, dass es einfach super gut ist, dass es da vielfältiges Feedback geben kann. Und die Texte sozusagen auf verschiedene Aspekte immer geprüft werden. Also die eine Person guckt vielleicht mehr auf, wie Sachen formuliert werden, wie können sie verständlicher formuliert werden. Die andere Person guckt mehr auf Rechtschreibung oder irgendwie, dass bei WordPress alles stimmt und solche Sachen. Das ist durchaus mega sinnvoll, wie er das macht. Anna Biselli Genau, ich glaube, wir hatten da auch schon mal im Podcast irgendwann mal drüber geredet über dieses Thema und da kam dann auch raus, dass es so ein, manchmal geht man dann zu einer Person und bittet sie, was zu redigieren, die sich super gut mit dem Thema auskennt, gerade bei so technischen Sachen. Oder manchmal geht man auch noch zu einer Person, die gar nicht so im Thema drin ist, wenn man Angst hat, dass man selber vielleicht so sehr im Thema drin ist, dass man irgendwie das so schreibt, dass man Probleme damit hat, das zu verstehen, wenn man nicht so im Thema drin ist. Das ist irgendwie ganz witzig, dass es für jedes Redigat so die richtige Person gibt. Markus Reuter Das Chat-Controller-Problem. Wenn du das geschrieben hast, kannst du nicht immer wieder alles neu erklären. Du vergisst, dass du es machen musst. Anna Biselli Wir warten ja auch immer noch auf die Infobox auf der Seite, Markus Reuter die wir irgendwann einfügen können. Anna Biselli Und dann steht da einfach das Wichtigste in Kürze. Aber irgendwann kommt die bestimmt. Dann machen wir eine extra Folge dazu. Aber zurück zu dir, Timur. Vielleicht für Menschen, die nicht so im Journalismus stecken. Ein Volontariat ist ja was relativ... Ungewöhnliches. Vielleicht erklären wir nochmal für Hörerinnen und Hörer, die das vielleicht gar nicht so kennen. Das ist ja jetzt, was ist eigentlich ein Volontariat? Und warum heißt das nicht einfach Ausbildung? Timur Vorkul Also für geisteswissenschaftliche Richtungen oder Berufsfelder ist das tatsächlich gar nicht so ungewöhnlich. Das ist quasi eine Ausbildung, die man meistens nach einem Studium macht. Das gibt es auch oft in Museen oder in Stiftungen oder so, ja, gesellschaftspolitischen Einrichtungen, wo man, ja, zwei Jahre quasi schon im Feld mitarbeitet und Erfahrung sammelt, aber gleichzeitig noch in Ausbildung ist. Also man kann sagen, es ist halt eine journalistische Ausbildung. Genau, und hier dauert sie eben zwei Jahre. Und genau, sie ist so angedacht, dass man durch verschiedene Prozesse durchgeht und alles, was zum Berufsfeld Journalismus gehört, eben mitnimmt und am Ende dann ein ausgebildeter Journalist ist. Okay, was willst du denn auf dem Weg unbedingt mal machen? Anna Biselli Also was ist denn so dein, weiß ich nicht, hast du irgendwelche geheimen oder auch nicht so geheimen Pläne für die nächsten wahrscheinlich zwei Jahre? Timur Vorkul Ich habe ganz viele Ideen, was ich machen will. Ich weiß nicht, ob die sich alle unterbringen lassen in den zwei Jahren. Also ich möchte sehr gerne an einer größeren und längerfristigen Recherche mitarbeiten und dann auch so diesen Konfrontationsmoment haben, wo man irgendwas recherchiert hat, was irgendwie möglichst von der Öffentlichkeit ferngehalten wurde. Und ja, dann diesen Moment haben, so, wir haben das rausgefunden, was sagt ihr jetzt dazu? Ich würde gerne, was meine aktuelle Baustelle ist, einfach schneller im Schreiben sein. Und was ich auch spannend fände, ist in Richtung Datenjournalismus zu gehen und mehr mit Daten zu arbeiten, Daten analysieren zu können und visualisieren zu können und alles, was dazu gehört. Und genau, also die investigative Richtung, habe ich ja eben schon gesagt, interessiert mich auch. Und ja, im Prinzip das, genau. Anna Biselli Okay, das heißt, wir werden in den nächsten zwei Jahren noch ganz viel von dir lesen und hoffentlich auch noch viele Jahre mehr. Aber wir können auch schon was von dir lesen. Was waren denn deine ersten Texte? Worum geht es denn da? Timur Vorkul Also meine ganz erste Meldung habe ich geschrieben über einen Recherchebericht von Amnesty und anderen Medien, die ein Jahr lang darüber recherchiert haben, dass ganz viele Menschen in Pakistan überwacht werden. Und das Brisante ist eben, dass da auch deutsche Unternehmen mit dabei sind und die Technologie dafür stellen, dass so alltägliche Kommunikation per Handy und Webseiten aufrufen überwacht wird. Das war mein... Ne, das stimmt überhaupt nicht. Ich glaube, das war mein zweiter Artikel. Anna Biselli Ja, ich wollte auch gerade sagen, eigentlich war das letzte Textwoche an. Timur Vorkul Stimmt, jetzt ist es mir eingefallen. Mein erster Text war auch eine Meldung. Es ging aber um ein ähnliches Thema. Es ging auch um Massenüberwachung. Markus Reuter Irgendwie geht es immer darum. Anna Biselli Ja, genau. Es ging um die Proteste bei Microsoft. Ja, genau. Timur Vorkul Es gab Recherchen, beziehungsweise Medien haben aufgedeckt, dass Israel Menschen in Gaza überwacht und teilweise mit Cloud-Lösungen von Microsoft, aber auch mit Amazon, Cloud und anderen. Und genau, dann gab es viele Proteste über Monate hinweg bei Microsoft, wo Mitarbeitende und teilweise schon gefeuerte Mitarbeitende und Mitarbeitende anderer Tech-Unternehmen protestiert haben. Dagegen, dass Microsoft da mit der israelischen Armee zusammenarbeitet und haben gefordert, dass diese Verträge gekündigt werden. Das war mein erster Artikel. Und das war tatsächlich spannend, das als ersten Artikel zu haben, weil das Thema ja durchaus sehr kontrovers diskutiert wird. Das kann man so sagen. Ich war aber dann überrascht, dass kaum Kommentare dazu kamen. Okay, das wundert mich auch. War also für unsere LeserInnen anscheinend gar nicht so kontrovers. Okay, spannend. Anna Biselli Genau, aber deinen letzten Text, also zumindest den letzten, der bis heute erschienen ist, will ich auf jeden Fall empfehlen. Der wurde nämlich heute Morgen in unserer Redaktionswochenrunde auch ganz oft genannt. Da ging es nämlich um ein vietnamesisches Exilmedium. Und das hat ziemliche Probleme, weil Facebook Probleme macht. Und die sitzen in Deutschland und haben jetzt Finanzierungsprobleme wegen Facebook. Timur Vorkul Aber warum eigentlich? Genau, also dass die Redaktion sitzt in Berlin im Don Juan Center, fand ich super interessant, als ich da hingefahren bin. Hätte ich mir nicht gedacht, dass in diesem Großmarkt in Berlin eine kleine Redaktion sitzt. Anna Biselli Genau, vielleicht für Nicht-BerlinerInnen. Genau, was ist das Don Juan Center? Markus, du warst da bestimmt auch schon mal, oder? Markus Reuter Ja, das ist super. Das ist quasi ein vietnamesischer, asiatischer Großmarkt. Und man kann zwischen Klamotten, Karpfen, alles mögliche. Anna Biselli Blinkende Lichter. Markus Reuter Blinkende Lichter, Schuhläden, Restaurants. Also es ist ein super Ort, um da mal hinzugehen, in Berlin-Lichtenberg. Also wenn man nach Berlin kommt und ihr so touristenmäßig unterwegs seid, geht mal da weg von diesem Touristen-Ding und geht zum Dolm-Schwang-Center und schaut euch das an. Das ist auf jeden Fall auch ein cooler Teil von Berlin. Timur Vorkul Und man kann da mega gut essen. Markus Reuter Man kann da sehr gut essen auch, ja. Timur Vorkul Ja, ich war tatsächlich das erste Mal da und gleich habe ich diesen spannenden Menschen kennengelernt, der da eine Redaktion betreibt und dadurch, dass in Vietnam eben Medien staatlich zensiert werden und ja, freie Presseäußerungen sehr schwer zu bekommen sind, verbreitet er seine Inhalte auf Facebook. Weil Facebook ist nämlich noch eine der sozialen Medien, die in Vietnam zugelassen sind und wo Menschen sich informieren, weil sie wissen, dass die Medien im Land staatlich zensiert sind. Und jetzt ist es aber das Problem, dass die Konten von der Redaktion nach und nach geschlossen bzw. gelöscht werden und die Redaktion ihre Werbeeinnahmen, die sie über Werbung auf diesen Konten einnehmen, verliert. Und das ist eben sehr dramatisch, weil das ist einfach die Haupteinnahmequelle dieser Redaktion. Und Facebook ist da schon seit Jahren eigentlich nicht im Gespräch, kann man sagen. Also kennt diesen Fall sehr gut, weil es gibt schon sehr lange Probleme. Aber bisher scheint sich da leider nicht zu ändern. Anna Biselli Okay, für alle, die den Text jetzt noch nicht gelesen haben und den jetzt gerne lesen würden, Ich würde euch das auf jeden Fall empfehlen. Verlinken wir den dann auch in den Shownotes. Wir kommen zur nächsten Kategorie, der Blattkritik. Da besprechen wir, was bei uns in den letzten vier Wochen gut gelaufen ist, zumindest aus der Sicht der meistens drei Leute, die hier so sitzen und was vielleicht hätte besser laufen können. Habt ihr ein Beispiel mitgebracht? Timur Vorkul Ich fand es super, dass wir zu dem Fall Charlie Kirk, also zu der Ermordung von diesem rechtsextremen Blogger und Influencer was gebracht haben, weil es einfach super ist, finde ich, wenn wir als Redaktion, die zu einem sehr spezifischen Thema arbeitet, schaffen, ein Thema, was gerade sozusagen allgemein relevant ist und in allen Medien präsent ist, aufzugreifen und was dazu zu sagen. Das fand ich super cool, dass wir das hingekriegt haben und das Interview mit der Person, deren Namen ich gerade vergessen habe. Markus Reuter Berit Glanz. Timur Vorkul Genau, Berit Glanz geführt haben. Das Interview war auch super spannend und hat nähergebracht, was eigentlich gerade so passiert auf sozialen Medien und was da so für eine Online-Kultur herrscht. Okay, was hat dir denn nicht so gut gefallen? Also ich musste länger nachdenken und damit mir was einfällt, weil mir nicht gut gefallen hat. eine Kleinigkeit ist mir dann eingefallen und zwar einfach beim Durchlesen fallen mir immer wieder so Flüchtlichkeitsfehler auf, dass da mal ein Artikel fehlt vor einem Nomen oder da ist mal irgendwie ein Buchstabe irgendwie an der falschen Stelle und solche Sachen und ja, das ist eine Kleinigkeit, aber könnte man vermeiden, wenn man diese Seite, die wir haben, zur Charaktur benutzt, aber ich benutze sie tatsächlich habe sie mit Daniel zusammen beim ersten Artikel benutzer, dem auch nicht mehr. Anna Biselli Aber will es ansonsten allen nahelegen. Wir haben so ein Rechtschreibprogramm Abo vom Duden und das findet aber auch nicht alle Fehler. Normalerweise finden Menschen die auch ganz gut. Das ist aber ganz witzig. Daniel und ich haben ja mal so eine Auswertung gemacht, was so Religierprozesse angeht, um mal so zu gucken, wie laufen die denn und was religieren Leute denn so und wo übersehen sie oft mal was. Und dann haben wir festgestellt, dass es ganz witzig ist, nämlich dass Je näher der Text quasi am Feierabend liegt, desto öfter wird irgendwie gerade so Flüchtigkeitsfehler übersehen und das ist irgendwie total spannend. Das heißt, Texte, die so ab 17 Uhr erscheinen, sollte man eigentlich nochmal lesen, weil dann die Wahrscheinlichkeit ist, dass Leute irgendwie so gerade so Tippfehler oder sowas nicht finden, ziemlich, ziemlich steigt. Das können wir uns vielleicht mal irgendwo an die Wand tackern, dann muss da nochmal jemand lesen oder man wartet vielleicht einfach besser bis zum nächsten Tag. Aber vielen Dank, dass du das mitgebracht hast. Genau, ich habe diesmal ein bisschen geschummelt. Ich bringe einfach einen Text mit, der mich sehr gefreut hat. Den habe ich selbst geschrieben, nicht weil ich ihn besonders gut oder kreativ fand. Das war eigentlich auch so eine kleine Meldung. Und zwar konnte ich melden, dass das BAMF fast damit aufgehört hat, die Datenträger von Geflüchteten zu durchsuchen. Das ist ja ein Thema, über das ich seit Jahren, noch länger als über die Chatkontrolle, berichte ich quasi damit, was das BAMF mit seinen digitalen Assistenzsystemen so tut. Da berichte ich seit Jahren drüber, dass eben auch die Handys und Smartphones von Geflüchteten ausgelesen werden, um dann eben Herkunfts- und Identitätshinweise zu bekommen. Und ich weiß nicht, wie oft ich schon geschrieben habe, dass das Ganze a. ein riesiges Problem für Privatsphäre und Grundrechte der Betroffenen ist und b auch komplett nutzlos, weil eben die Fälle, in denen es dadurch zu irgendwelchen Hinweisen kommt, dass Menschen vielleicht falsche Angaben gemacht hätten können, so im unteren einstelligen Prozentbereich liegen. Und das hat jetzt anscheinend das BAMF zusammen mit dem BMI auch erkannt und so ziemlich aufgehört damit. Das wird jetzt noch in sehr, sehr wenigen Fällen gemacht. Vor zwei Jahren waren es, glaube ich, noch fünfstellige Zahlen. Zahlen, jetzt sind es nur noch dreistellige Zahlen, also da scheint sich was geändert zu haben. Genau, dann der Text, der mich wieder ein bisschen runtergebracht hat, war der Text meiner Kollegin Christi, hat eine sehr gute Recherche gemacht, zum gleichen Thema, aber eben nicht beim BAMF, bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, sondern bei den Ausländerbehörden und die setzen das dafür umso häufiger ein. Bei denen geht es nicht um normale Asylverfahren, sondern bei denen geht es um sogenannte geduldete Personen, Das heißt Personen, die eigentlich abgeschoben werden sollen oder das Land verlassen sollen, wo es aber sogenannte Abschiebungshindernisse gibt, beispielsweise wenn die Menschen keine Papiere haben oder krank sind oder andere Sachen dazu führen. Und ganz oft ist es eben so, wenn sie keine Papiere haben, dann müsste man diese Papiere besorgen. Das geht eben nicht, wenn man nicht genau weiß, wer sie sind und wo sie herkommen, weil das Land dann keine Papiere ausstellt. Und deshalb versuchen dann die Ausländerbehörden mit dieser Handydurchsuchung Hinweise darauf zu bekommen, um Papiere beantragen zu können. Und das passiert immer häufiger. Das heißt, auf der einen Seite würde ich sagen, gibt es eine gute Entwicklung, auf der anderen Seite eine bedenkliche Entwicklung und das hat mich dann so ein bisschen in meiner Freude getrübt. Markus, hast du noch was? Markus Reuter Ich komme jetzt gerade drauf, weil du das mit dem BAMF erzählt hattest. Ich hatte auch so eine Geschichte, wo sich dann irgendwie mal so ein Nachrichtenkreis dann irgendwann schließt. Es wurde der arabische Blogger und Demokratieaktivist a la Abdel Fattah freigelassen schlussendlich. Und das zieht sich bei mir. Ich war irgendwann mal kurz nach dem arabischen Frühling oder der Revolte in Tunis bei einer Bloggerkonferenz und habe ihn da irgendwie mit ihm zusammen einen Workshop gemacht. Wir waren in einem Workshop zusammen und habe dann so mitbekommen, also war einer der wichtigsten Demokratieaktivisten in Ägypten und habe dann immer wieder geschrieben. Der wurde dann festgenommen und war die letzten Jahre immer wieder, weil er auch gegen jegliche Machthaber immer wieder aufsteht, wie sich das so gehört auch. Und es kommt gerät in Schwierigkeiten in diesen autoritären Systemen und war dann wieder im Knast. Und ich habe immer wieder geschrieben, okay, jetzt Hungerstreik und jetzt ist die Mutter im Hungerstreik und jetzt passiert das. Und internationale Kampagne und jetzt kommt irgendwann mal die Nachricht so, okay, er ist jetzt frei. Und das war eine große internationale Kampagne und sowas finde ich so schön. Auch wenn es mal die guten Nachrichten gibt, weil wir sind ja sonst irgendwie so das Bad-News-Portal, weil wir immer schlechte Nachrichten haben und alles wird noch schlimmer und noch schlimmer. Ist schön, wenn dann irgendwie mal so eine befreiende Nachricht auch kommt und man die schreiben kann. Anna Biselli Okay. Hast du noch was Negatives? Markus Reuter Ach so, hier Blattkritik negativ. Anna Biselli Musst du nicht. Muss sich hier niemand was auf den Gern saugen. Markus Reuter Nee, nee, ich finde, ich habe gerade nochmal durchgeschaut, die letzten Monate, das ist ein rundes Paket, ich mag die Vielfalt. Anna Biselli Ja, gerade eine leichte Schlagseite zur Chat-Controller, aber das liegt ja nicht an uns, das liegt ja an den Ereignissen. Markus Reuter Das sind außen, das sind die äußeren Zwänge. Anna Biselli Ja, gestern Abend, als ich relativ spät in die Küche kam, um mir was zu essen zu machen, meinte auch der Mitbewohner, ah ja, dann die Welt bestimmt, wann du arbeitest. Ja, da hat er irgendwie gar nicht so Unrecht. Wir kommen zur letzten Rubrik für heute. Einer meiner Lieblingsrubriken, das Postfach. Das Postfach ist die Rubrik, wo ihr, also alle Hörerinnen und Hörer, uns Fragen schicken könnt und wir beantworten die dann nach und nach. Wenn ihr uns Fragen schicken wollt, schickt das an podcast@netzpolitik.org und wir nehmen die dann auf die lange Liste auf. Die Frage für heute kommt von Ifrauding. Ich hoffe, ich spreche das richtig aus, ansonsten schreib auch du uns eine Mail und sag, wie man das richtig ausspricht. Und zwar ist die Frage, von welchen Institutionen und Personen wisst ihr, dass sie euch lesen? und welche Lesenden oder Zitierenden dabei sind besonders abwegig oder themenfern. Timur, wir fangen mal mit dir an. Was denkst du denn, du bist ja noch nicht so lange da, was denkst du denn, wer liest uns denn? Timur Vorkul Interessante Frage. Also ich kenne Menschen in meinem Bekanntenkreis die heute lesen, aber tatsächlich habe ich eine konkrete Antwort auf die Frage mitgebracht. Ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst, Aber mich hat eine Leserin angeschrieben nach meinem Pakistan-Artikel, über den wir ja schon gesprochen haben. Und hatte dann eine Frage dazu. Und zwar sagte sie, dass sie meinen Artikel auf Infosperrbar gelesen hat. Und das ist irgendein Portal, Nachrichtenportal, was sich irgendwie so als Ergänzungsmedium begreift in der Schweiz. Und da habe ich noch nie vorher von gehört und war überrascht, dass sie einfach den ganzen Artikel so übernommen haben. Und ja, das ist ein Beispiel von einer Seite, wo ich nicht gedacht hätte, dass wir da gelesen werden. Anna Biselli Okay, also in interessante Seiten, die uns wahrnehmen, hatte ich letzte Woche auch ein Erlebnis. Nämlich, ich habe letzte Woche gelernt, es gibt Fachmagazine für Podologie, nämlich Der Fuß. Weil ein Text von uns, von Daniel, glaube ich, zur elektronischen Patientenakte wurde da zitiert. Die beschäftigen sich halt mit Podologie, dementsprechend auch mit medizinischen Themen und da liegt es eigentlich ganz nah. Aber tatsächlich suchen wir ja auch oder wir notieren einigermaßen, wo wir zitiert werden und dann gibt es immer mal wieder interessante Medien, von denen ich vorher noch gar nicht wusste, dass sie existieren. Wahrscheinlich so wie andere Leute nicht wissen, dass wir existieren. Wahrscheinlich ist das so ähnlich, aber dann gibt es so, weiß ich nicht, das Magazin für die Fleischwirtschaft und dann so ganz interessante Branchenmedien oder Themenmedien, von denen ich vorher wirklich noch nicht gedacht hätte, dass sie existieren könnten. Das ist auf jeden Fall auch immer wieder interessant, wo man zitiert wird. Ansonsten, ich glaube, abwegig finde ich das jetzt in den seltensten Fällen. Also weiß ich nicht, wenn ihr Frau den fragt, was davon besonders abwegig ist. Ich glaube, es ist nie abwegig, uns zu lesen. Das wäre ja auch irgendwie komisch. Aber manchmal wundere ich mich doch, wie breit Sachen wahrgenommen werden. Und frage mich dann immer, wie die Leute auf uns kommen. Ob sie jetzt beispielsweise uns wirklich irgendwie in dem Feedreader abonniert haben und so sich durch die ganzen Überschriften irgendwie arbeiten und dann genau das lesen, was für sie relevant ist, wenn sie jetzt nicht so breit netzpolitisch interessiert sind. Oder ob sie dann durch Zufall, durch irgendeine Verlinkung irgendwo auf uns stoßen. Markus Reuter Oder durch einen Pressespiegel. Also man kriegt ja dann schon auch mit, dass irgendwie, also gerade wenn man an Themen arbeitet, die nicht so breit besprochen werden und sich dann auf einmal eine Behörde oder meldet und sagt, wir möchten jetzt ein Hintergrundgespräch und denkst du, ah, okay, da scheint jemand zu lesen. Und das finde ich gerade bei Themen, die nicht so groß in der Gesellschaft besprochen werden, kann das passieren. Und dann merkt man, okay, da ist man an den richtigen Stellen, wird das wahrgenommen, dass man da berichtet und so. Das gibt es auch, wo es gar nicht so ein breites Interesse gibt, so ein öffentliches. Anna Biselli Ja, darüber haben wir auch mal eine Folge gemacht. Markus Reuter Es ist divergiert extrem. Anna Biselli Was wird viel geklickt und was löst dann auch irgendwas aus? Eben, dass sich dann jemand meldet und sagt, was meint ihr denn damit? Oder da müssen wir irgendwas ändern. Das muss nicht immer zusammengehen. Das heißt, die meistgeklicktesten Texte sind nicht immer die, die am meisten auslösen. Können natürlich auch, gerade wenn es um eine öffentliche Mobilisierung geht. Aber manchmal erreicht es dann, ich sag mal in Anführungszeichen, die richtigen Leute, die das dann irgendwie weiter bewegen können. Danke Markus und danke Timur, dass ihr da wart und vor allem auch danke euch, liebe Hörerinnen, dass ihr dabei wart und zugehört habt und danke natürlich auch für eure Unterstützung. Denn Off the Record ist wie alles, was wir bei Netzpolitik.org machen, durch Spenden finanziert und dieser Podcast ist nur deswegen möglich, weil Leute uns unterstützen. Wenn ihr uns spendet, dann ermöglicht ihr nicht nur für euch, dass ihr unsere tollen Artikel konsumieren könnt, sondern auch Leuten, die weniger Geld haben. Nämlich, Netzpolitik.org hat keine Paywall und muss nicht bezahlt werden, kann aber. Also, jede Spende ist auch eine AdSoli-Abo für alle. Wir freuen uns aber auch, wenn ihr uns anders unterstützen wollt, indem ihr beispielsweise diesen Podcast weiterempfehlt oder auf den gängigen Plattformen bewertet, damit die Algorithmen, die diese Plattform halt so haben, ihn auch sichtbar machen und weiterempfehlen. Ich habe schon gesagt, ihr könnt uns unter podcast.netzpolitik.org Fragen einreichen. Ihr könnt aber auch natürlich euer Feedback loswerden und uns mitteilen, was euch am Podcast gefällt oder was ihr gerne mal hören wollt. Und dementsprechend vielen Dank euch und bis zum nächsten Mal. Untertitelung des ZDF, 2020