Im Jahr 2022 durften Polizei und Ermittlungsbehörden in Deutschland 109 mal IT-Geräte mit Staatstrojanern hacken und haben es 56 53 mal getan, wie das Bundesjustizamt heute mitteilt. Das sind fast doppelt so viele Einsätze wie im Vorjahr. Das Bundesjustizamt veröffentlicht jedes Jahr Statistiken zur Telekommunikationsüberwachung, die wir regelmäßig aufbereiten.
Anlass für den Einsatz von Staatstrojanern waren wie immer vor allem Drogen, so das Justizamt in der Pressemitteilung: „Wie in den vergangenen Jahren, begründete vor allem der Verdacht einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz die Überwachungsmaßnahmen.“
49 kleine Trojaner
Laut den offiziellen Angaben ergingen 94 Anordnungen, den kleinen Staatstrojaner „Quellen-Telekommunikationsüberwachung“ einzusetzen, um laufende Kommunikation abzuhören. Davon wurden „49 tatsächlich durchgeführt“.
Spitzenreiter ist die Nordrhein-Westfalen, dort haben Ermittler 22 Mal gehackt. Danach folgt Niedersachen, dort kamen Staatstrojaner in sechs Verfahren zum Einsatz. Berlin, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern haben je viermal Geräte infiziert. Der Generalbundesanwalt hackte in drei Verfahren. Sachsen und Sachsen-Anhalt haben je zweimal Staatstrojaner genutzt, Hamburg und Baden-Württemberg je einmal.
Damit hackt mittlerweile die Mehrzahl der Bundesländer.
Sieben vier große Trojaner
Der große Staatstrojaner „Online-Durchsuchung“ wurde 15 mal angeordnet, um alle Daten auf dem gehackten Gerät auszuleiten. Sieben Vier mal wurde der Einsatz „tatsächlich durchgeführt“.
Der Generalbundesanwalt hat sieben Anordnungen bekommen, aber nur ein mal gehackt, wegen krimineller oder terroristischer Vereinigungen. Das könnten Rechtsterroristen wie die Patriotische Union sein, oder auch die Klimaaktivist:innen der Letzten Generation.
Hessen hat einmal gehackt, wegen Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Rheinland-Pfalz hat einmal gehackt, wegen Drogen und Umgehung von Sanktionen. Sachsen wollte viermal wegen Drogen hacken, war aber nur einmal erfolgreich.
Trojaner für und gegen innere Sicherheit
Politisch werden Staatstrojaner meist mit Terrorismus, Mord und Totschlag oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung begründet. Spitzenreiter sind jedoch auch weiterhin Drogendelikte. Damit verhindert der Staat, dass Sicherheitslücken geschlossen werden, um ein paar Drogen-Dealer zu bekämpfen.
Die Polizeibehörden besitzen mehrere Staatstrojaner, die sie einsetzen können. Das BKA hat selbst einen Trojaner „Remote Communication Interception Software“ (RCIS) programmiert. Seit 2013 hat das BKA den Trojaner FinSpy von FinFisher. Seit 2019 hat und nutzt das BKA auch Pegasus von NSO. Welche weiteren Trojaner Polizei und Geheimdienste besitzen, will die Ampel-Regierung nicht öffentlich sagen.
Erst seit vier Jahren gibt es offizielle Statistiken, wie oft die deutsche Polizei Staatstrojaner einsetzt. Seitdem steigen die Zahlen Jahr für Jahr.
Die Ampel-Regierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die Eingriffsschwellen für Staatstrojaner hochzusetzen. Justizminister Buschmann hat kürzlich einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Polizei Staatstrojaner etwas seltener nutzen dürfen soll. Ob und wie das Gesetz tatsächlich verabschiedet wird, ist derzeit noch nicht abzusehen – SPD-Innenministerin Faeser blockiert.
Update (28.05.): Die offiziellen Zahlen waren schon wieder falsch. Statt sieben gab es nur vier „tatsächlich durchgeführte Online-Durchsuchungen“. Nach unserem Hinweis vom 2. Mai hat das Bundesamt für Justiz die Statistik jetzt korrigiert.
Update (31.05.): Die Pressemitteilung war auch falsch. Die Online-Durchsuchung wurde nicht „in sechs Verfahren angeordnet und auch durchgeführt“, sondern „in sechs Verfahren angeordnet, jedoch nur in vier Verfahren durchgeführt“. Nach unserem Hinweis vom 21. Mai hat das Bundesamt für Justiz die Pressemitteilung jetzt korrigiert.
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