Archive of Our OwnPrüfstelle muss Indizierung von Fan-Fiction-Portal zurücknehmen

Erst setzt die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz eine große Fan-Fiction-Seite auf den Index. Nach kritischen IFG- und Presseanfragen hebt sie die Maßnahme wieder auf. Doch vom Tisch ist die Indizierung damit noch nicht.

Eine Comic-Zeichnung in rosa- und lila-Tönen, die einen jungen Menschen verkleidet als Superheld:in am Computer zeigt, im Hintergrund hängen Superhelden-Figuren von der Decke
Für Websites gibt es kein FSK-18-Logo wie für Filme, ein Fan-Fiction-Portal verschwand einfach aus den Suchergebnissen – DALL-E-2 (a teenager sitting at a desk writing on a computer surrounded by super heroes, cyberpunk art, highly detailed) / Logo: Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft

Viele Menschen staunten nicht schlecht, als sie im Dezember ihre Lieblingswebsite nicht mehr mit der Google-Suche finden konnten. Aufrufbar war die Seite noch, aber von einem Tag auf den anderen schien das beliebte Fan-Fiction-Portal archiveofourown.org aus den Ergebnissen der größten Suchmaschine gefegt worden zu sein. Erst später wurde klar, warum: Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) hatte das Forum als kinder- und jugendgefährdend eingestuft.

Das Archive of Our Own, kurz AO3, gilt als die weltweit größte Sammlung von Fan Fiction. So nennt man fiktive Erzählungen, die aus schon bestehenden popkulturellen Stoffen gewoben werden. Fans nehmen sich die Welten und Charaktere aus Büchern, Filmen, Serien oder Videospielen und stricken darum eigene Geschichten, zum Beispiel über Superheld:innen oder im Universum von Harry Potter. Auch um Stars und historische Persönlichkeiten ranken sich Fan-Storys, von Pop-Ikone Taylor Swift bis zu Revolutionär Wladimir Lenin.

Produkt dieser Remix-Kreativität sind Millionen neuer Werke, die heute einen wichtigen Pfeiler der Digitalkultur darstellen. Insbesondere für queere Heranwachsende gilt das Medium als wichtige Sozialisationsinstanz. Fan Fiction gibt ihnen die Möglichkeit, in der Popkultur vorherrschende heteronormative Erzählungen umzuschreiben und mit unterschiedlichen Rollen zu experimentieren.

Erst eine IFG-Anfrage bringt Klarheit

Nicht selten haben Fan-Fiktionen einen sexuellen Charakter. Auch auf AO3 finden sich viele sexuell explizite Geschichten, Nutzer:innen können die Inhalte mit einem Filtersystem nach ihren Präferenzen sortieren. Als Reaktion auf die restriktive Content-Policy der meisten kommerziellen Plattformen verfolgt das Projekt einen „maximal inklusiven“ Ansatz. Immer wieder gibt es Debatten darum, wie weit dieser gehen soll. Ob es Autor:innen zum Beispiel erlaubt sein soll, Themen wie Inzest, Vergewaltigung oder Pädosexualität zu verarbeiten.

Das hat Ende 2022 offenbar die deutschen Jugendschützer:innen auf den Plan gerufen, die auf dem Portal „kinderpornografische Inhalte“ entdeckt haben wollen. So schreibt es die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz am 6. Januar in einer Antwort auf eine IFG-Anfrage, die jemand über FragDenStaat gestellt und veröffentlicht hat.

Man habe die Website archiveofourown.org mit Entscheidung vom 13. Dezember 2022 indiziert, heißt es in der Antwort. Auf den Index setzt die zur BzKJ gehörende Prüfstelle für jugendgefährdende Medien neben Filmen, Musik und Büchern auch Internetangebote, die ihrer Meinung nach die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen „oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ gefährden könnten.

“Wir wurden nicht kontaktiert“

Konkret ist das Archive of Our Own auf einer Block-Liste gelandet, auf dem sogenannten BPJM-Modul. Diese Liste kann von Routern und Jugendschutzprogrammen genutzt werden, um indizierte Inhalte für Nutzer:innen zu verbergen. Auch Suchmaschinen wie Google, die bei der Freiwilligen Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter (FSM) mitmachen, nutzen das Modul, um indizierte Inhalte nicht mehr anzuzeigen.

AO3 hat mehr als fünf Millionen angemeldete Nutzer:innen. Wie viele davon in Deutschland leben, ist nicht klar, doch es gibt knapp 20.000 Beiträge mit dem Label „German“, etwa Liebesgeschichten um Tatort-Ermittler:innen.

Bei vielen AO3-Nutzer:innen in Deutschland löste die Nachricht, dass das Portal auf den Index gesetzt wurde, Unverständnis und Sorgen vor einer gänzlichen Sperrung aus. In einer Diskussion auf Reddit betonen sie die Sonderrolle von AO3 als eine der wenigen großen nicht-kommerziellen Plattformen im Internet.

Auch die Betreiberin von AO3, die gemeinnützige Organization for Transformative Works (OTW) aus den USA, ist von der Entscheidung der Bundeszentrale merklich vor den Kopf gestoßen. „Wir sind sehr enttäuscht über die Maßnahme“, schreibt uns eine Sprecherin auf Anfrage. Weder OTW noch AO3 seien von der Bundeszentrale kontaktiert worden. „Wir wissen nicht, welche konkreten Inhalte bemängelt werden oder was von uns gefordert wird, um die Indizierung rückgängig zu machen.“

Aufgehoben heißt hier nur: aufgeschoben

Die Antwort erhalten die Macher:innen des Projekts nun auf Umwegen: Sie müssen gar nichts machen, jedenfalls vorläufig. Auf eine Presseanfrage von netzpolitik.org muss die Bundeszentrale nämlich eingestehen: Sie hat bei der Indizierung Formfehler gemacht und sie deshalb am 10. Januar 2023 aufgehoben.

„Grundsätzlich sind bei Indizierungsverfahren zu Telemedien die Anbieter nach Möglichkeit anzuhören“, teilt uns eine Sprecherin der Behörde auf Anfrage mit. „Diese Anhörung ist im vorliegenden Fall nicht ordnungsgemäß erfolgt.“ Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels ist archiveofourown.org über Google-Suche zwar noch nicht wieder auffindbar, dies liegt aber vermutlich daran, dass die Aktualisierung des BPJM-Moduls und die Übertragung an die Suchmaschinen eine Weile dauern.

Zumindest für den Moment können AO3-Nutzer:innen also aufatmen. Doch die Indizierung ist laut Sprecherin der Bundeszentrale nicht vom Tisch: „Mit der Aufhebung der Entscheidung besteht nun die Möglichkeit, die Anhörung nachzuholen und dann eine erneute Entscheidung zu treffen.“

Wie hierbei die Chancen stehen, lässt sich derzeit kaum beurteilen, denn die Bundeszentrale will nicht sagen, welche Inhalte genau in Frage stehen. Sie teilt lediglich mit, dass es um „kinderpornografische Inhalte in Textform“ geht und dass in Deutschland „auch virtuelle Darstellungen und Schriften“ zu den laut Strafgesetzbuch verbotenen „kinderpornografischen Inhalte“ zählen.

Indizierung wirft Fragen auf

Die Bundeszentrale muss sich nun allerdings selbst einige unangenehme Fragen gefallen lassen. Dazu gehört die, warum es erst kritische IFG- und Presseanfragen braucht, damit die Behörde bemerkt, dass sie einen gravierenden Formfehler begangen und die Anhörung der Betroffenen vergessen hat.

Auf Fragen nach der Verhältnismäßigkeit der Indizierung der kompletten Seite antwortet die Bundeszentrale derweil nur mit allgemeinen Auskünften. Die Prüfstelle für jugendgefährdende Medien achte immer darauf, dass ihre Maßnahmen verhältnismäßig sind, schließlich sei eine Indizierung für die Anbieter:innen mit weitreichenden Konsequenzen verbunden. Darüber hinaus sei „Kern eines guten Kinder- und Jugendmedienschutzes das Kinderrecht auf Teilhabe: Kinder und Jugendliche sollen möglichst nicht von für sie relevanten Angeboten ausgeschlossen werden.“ Allerdings gebe es Fälle, bei denen die Indizierung der gesamten Seite eine verhältnismäßige Schutzoption für Kinder und Jugendliche sei.

Dass dieser Schutz auch den Betreiber:innen von AO3 ein Anliegen ist, betont die Sprecherin der Organization for Transformative Works. Man müsse zum Beispiel volljährig sein, um einen Account bei dem Forum anlegen zu dürfen. Außerdem sei das Posten oder Einbinden von Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, wie sie das Recht der USA definiert, strengstens verboten.

Im Original nutzt die Sprecherin hier den englischen Ausdruck „Child Sexual Exploitation Material, CSEM“, die Plattform gehe aktiv gegen derlei Inhalte vor. „Sobald uns CSEM gemeldet wird, entfernen wir die Inhalte, unternehmen Schritte gegen die Verbreiter:innen und benachrichtigen die zuständigen nationalen Behörden“, betont die Sprecherin.

Das dürfte auch die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz erfahren, sobald sie die Betreiber:innen kontaktiert. Offen bleibt, ob ihr das ausreicht.

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38 Ergänzungen

  1. Im grunde laufen wir in Deutschland bald auf Zeiten zu in denen man das Internet nur noch mit TOR Browser oder VPN Zensurfrei nutzen kann…

    Im Grundgesetz steht zwar „Eine Zensur findet nicht statt“ aber das was wir zunehmend im Internet erleben zeigt klar und deutlich das das Gegenteil davon der Fall ist. Da geht es ja schon lange nicht mehr nur um politisch extremistische Inhalte sondern zunehmend auch um harmlose Dinge. Wie eben die Sperrung von Fan Fiction Portalen, dem Gutenberg Projekt (Online Bibliothek) sowie Seiten die angeblich irgendein Urheberrecht verletzen.

    Wird Zeit das es in Deutschland mal eine wirklich nennenswerte Anti Zensur Bewegung gibt. Ansonsten steht zu befürchten das sich diese ungute Entwicklung weiter ausweiten wird.

    1. Oder einfach den DNS-Server ändern und einen nutzen, den Datenschutz-NGOs bereitstellen. Das Selbe gilt für die Suchmaschine – nicht Google nutzen, sondern gewisse gemeinnützige Dienste in Anspruch nehmen, die am besten auch keine Google-Suchergebnisse liefern.

      Der Vorteil ist, dass man dann das Internet wie gehabt nutzen kann. TOR kommt z.B. mit Geschwindigkeitsnachteilen und bei bestimmten Medien (Videos) auch mit größerer Belastung fürs gesamte Netzwerk. Bei VPN macht man sich von einem 3.-Anbieter zusätzlich abhängig. TOR und VPN sind für andere Dinge sinnvoller.

  2. Die BPjM ist auch so eine Behörde, die sich selbst schon dutzende Male überlebt hat und im Grunde nur noch aus reinem Selbsterhaltungstrieb agiert.

    Altersfreigaben für audivisuelle Medien werden durch die FSK bzw. die USK verteilt, und strafbare oder anderweitig rechtswidrige Inhalte können durch die Rechtsprechung verboten werden. Was die BPjM dazwischen noch soll, ist mir schleierhaft. Mit welchem Recht will der Staat auch Erwachsenen den Zugang zu „jugendgefährdenden“ Inhalten de facto untersagen, indem man es quasi unmöglich macht, sie rechtssicher zu vertreiben? Das ist *die* Definition von Zensur.

    Und möglicherweise sollte man sich auch mal von dem Gedanken verabschieden, dass man Kinder und Jugendliche dauerhaft bis zum 18. Geburtstag von sexuellen Inhalten abschirmen könne, oder dass das in irgendeiner Weise zielführend sei. Ab einem gewissen Alter werden sie ohnehin selbst heimlich danach suchen und Wege und Mittel finden, Sperren zu umgehen; und darunter sollten sie m.E. generell nicht unbeaufsichtigt im Internet hantieren. Man kann nur gewährleisten, dass sie den Umgang damit lernen und es als das erkennen, was es ist, und das geht nur durch Aufklärung, wofür man nicht umhin kommt, auch die Eltern endlich mal wieder in die Pflicht zu nehmen.

    Dazu sei gesagt, dass es unter Strafrechtlern aus verfassungsrechtlichen Gründen höchst umstritten ist, die bloße fiktionale und Darstellung strafbarer Handlungen wie (Kindes-)Missbrauch zu kriminalisieren, da es sich hierbei um Straftaten ohne echte Opfer handelt (Zeichentrickfiguren o.ä. gelten als Sachen und haben damit keine Rechtsgüter, die verletzt werden könnten) und eine kausale, reelle Gefährdungswirkung nie empirisch nachgewiesen wurde, aber das ist eine Debatte für sich, und da ist auch nicht die BPjM gefragt, sondern Gesetzgeber und Rechtsprechung.

    1. Zu ihrem letzten Punkt (fiktionale Pornografie) gab es bereits mehrere Studien. Zwei davon von unserem Nachbar im Norden. Einmal im Auftrag des Justizministeriums um über ein Verbot nachzudenken, mit dem Ergebnis das es harmlos ist und einmal unabhängig mit dem Titel:
      ‚“Virtuele kinderpornografie vs geanimeerde volwassenenpornografie“

      Ergebnis ist identisch nur mit der Erkenntniss das viele Konsumenten nicht an Kinder interessiert sind und wenn dann mit einer Präferenz für animierte Kinder (Cartoon Style).

      Auch die Reformkommission in Deutschland fordern seit gewisser Zeit eine Streichung erkennbar, fiktiver Inhalte aus dem StGB. Aktuell werden solche Inhalte nur unter 184b/c Abs. 1 (Verbreitung) erfasst, was auch widerum bedeutet das man eine öffentliche Verbreitung ohne Alterskontrolle per 184 StGB sanktionieren kann. Ein Verbreitungsverbot von Inhalten, wo der Konsum nicht verboten ist würde der Verhältnismäßigkeit eher Rechnung tragen, da es ja darum geht Kinder davon fernzuhalten. Aktuell ist eine neue Reform von dem hier angesprochenen Paragraphen in Aussicht, da die letzte zu überstürzt war und ein Richter auch dagegen eine Vorlage an das BVerfG eröffnet hat.

      1. Den letzten Teil muss ich korrigieren, da die genannten § 184b I und § 184c I StGB ausdrücklich nicht nur die Verbreitung, sondern auch Herstellung, Beschaffung und bloßen Besitz (letzteres, um auch die Leute in die Statistik zu bekommen, deren Material zum Zeitpunkt der Herstellung/Beschaffung nicht illegal war) unter Strafe stellen. § 184b I StGB sieht lediglich eine mildere Strafe für den Fall vor, dass „kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergegeben“ wird, wie das eben bei fiktionalen Zeichnungen, Computeranimationen oder gar reinen Texten der Fall ist.

        „Straftaten ohne Opfer“, wie man sie bei letzteren hat, sind aus verfassungsrechtlicher Sicht hochproblematisch, da die Grundrechtseinschränkung, welche jedes Strafgesetz mit sich bringt, gerade damit begründet werden muss, dass sie dem Schutz von Rechtsgütern dient, die sonst verletzt würden. Wenn aber bei einer Tat per Definition keine Rechtsgüter verletzt werden (weil die „Opfer“ alle fiktive Figuren sind), fehlt es schon an der Rechtsgrundlage. Man könnte hier allenfalls mit Gefahrenabwehr argumentieren, in dem Zusammenhang fällt vor allem der Begriff „Nachahmereffekt“, aber wenn eine solche vermeintlich kausale Gefahr, wie Sie andeuten, empirisch nicht nur nicht belegt, sondern sogar widerlegt wurde, bleiben aus juristischer Sicht keine haltbaren Argumente mehr, warum man Leute wegen fiktionaler Zeichentrickbilder verfolgen, einsperren und ihre Leben zerstören sollte.

        Dass ein Normenkontrollverfahren eröffnet wurde, ist mir neu, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis es dazu kommen musste. Und ich hoffe sehr, dass das BVerfG, wenn es sich damit befasst, hier zum einzig richtigen Schluss kommt. Denn ließe es zu, Taten unter Strafe zu stellen, ohne dass es hierfür einer echten Gefahr oder Rechtsgutsverletzung bedarf, öffnete es damit Tür und Tor für staatliche Willkür jeder Art. Wenn man das gedanklich von „kinderpornografischen Inhalten“ abstrahiert, ist es die gleiche Sache, mit welcher wir z. B. bei der drohenden Totalüberwachung (Stichwort „Chatkontrolle“) oder neuen Polizeistaatsgesetzen immer wieder zu tun haben.

        1. (@Netzpolitik bitte meinen vorherigen Post durch diesen hier ersetzen. Ist ein wenig klarer formuliert. Vielen Dank.)

          Jetzt muss ich Sie leider korrigieren. Die Strafminderung in § 184b bezieht sich auf § 184b Abs. 1, Satz 1 Nummer 1 & 4 (Verbreitung und Vorbereitungshandlungen einer Verbreitung).

          Einfacher: betrachten Sie einmal § 184b Abs. 3 (Besitz und Beschaffung)

          „Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt […]“

          Absatz 3 nennt als Bedingung „wirklichkeitsnah“ und „tatsaechlich“.

          Und die Strafminderung:
          „Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder“

          Wo sehen Sie hier die Nennung von Absatz 3?

          Auch das BGH hat bereits vor Jahren bestaetigt das eine Erfassung klar erkennbar fiktiver Inhalte nicht im Besitz und Beschaffung erfasst werden. Siehe dazu BGH 1 StR 8/13 – Beschluss vom 19. März 2013 am Gesetz hat sich seither, bis auf die Erweiterung des Pornografiebegriffs um Posing und einer Strafverschaerfung, nichts getan. Zudem wird in der Drucksache 19/23707 nur die Ahndung der Verbreitung solcher Inhalte genannt. In dieser Drucksache sagt der Gesetzgeber selbst das eine Nachahmungsgefahr quasi nicht existiert, oder zumindest sehr gering ist. Genau deswegen hat auch die damalige Expertenkommission empfohlen den Straftatbestand komplett zu entfernen, da es zum Schutz zur sexuellen Selbstbestimmung nicht notwendig ist und Ressourcen spart (KriPoz / Abschlussbericht (Fn. 4), S. 260 ff., 361 f.; auch der Gesetzgeber hält die Nachahmungsgefahr für gering, s. BT-Drs. 1923707, S. 41.)

          Genau darauf wollte Gast wohl eingehen. Es ist in sich komisch warum ein komplettes Verbreitungsverbot herrscht (wobei das seit dem Mutzenbacher Urteil vom BVerfG, wo auch sowas unter den Kunstbegriff fallen kann auch wieder komplizierter ist), der aber nicht durch ein Konsumverbot gefolgt wird.

  3. Kleine Anmerkung, im Artikel ist ein Fehler:
    „und sie deshalb am 10. Januar 2022 aufgehoben“ – sollte bestimmt 2023 heißen, oder?
    Liebe Grüße und keine Ursache!

  4. Hier sieht man was eine Vermengung von Inhalten unter einem Begriff, wo das eine vom anderen in der schwere und Akzeptanz sehr abweicht, zur Folge hat. Kaum einer denkt bei dem Begriff Missbrauchsabbildung wohl an einen Comic. Was m. E. auch problematisch ist, ist die Tatsache wie weit verbreitet das Zeugs wg. der Gesetzgebung vieler Länder ist. Es ist wirklich überall, also das Manga-Zeugs und wenn man zu dieser Subkultur gehört kommt man damit oft on Kontakt selbst auf Google, eBay, Amazon. Man müsste eig. jede namenhafte Kunstplattform indizieren, die sich mit Manga / Cartoon beschäftigt, wobei eine so Groß ist das sie 500 Millionem Besucher im Monat generiert.

    Ich persönlich finde es schlimmer vom Staat gegängelt zu werden und bei Fantasyspielen/serien; Feen, Dämonen und andere unrealitischen Fabelwesen für kleine Kinder zu halten. Gnome in World of Warcraft sind also Kinder? Wie soll man Medien so ernst nehmen und merkt man denn nicht, wie lächerlich man den Missbrauch echter Taten darstellt bei dieser Gleichsetzung? Wie viele der Missbrauchsabbildungen in Statistiken sind echt? Wenn die Bundeszentrale hier schon so knauserig ist mit Infos dann ist doch klar das all das subsummiert wird unter einen Begriff und alles verfälscht.

  5. Die Bedeutung von AO3 für queere Menschen jeden Alters ist wirklich nicht zu unterschätzen. Auch die Geschichte von Fandom lässt sich nicht ohne die von Fans erstmals in den 1960er Jahren imaginierte Beziehung zwischen Spock und Kirk erzählen. Nicht nur sorgt die niedrige Zahl kanonisch queerer Figuren für die Popularität queerer Fanfiction im Internet — Autoren möchten aus der Sicht von Charakteren schreiben, mit denen sie sich selbst identifizieren können. Diese Charaktere sind häufig männlich und kanonisch heterosexuell. Weibliche Charaktere (auch die kanonischen Partnerinnen der Hauptfiguren) fallen häufig flach verglichen mit bspw. dem männlichen besten Freund. Gleichberechtigte Beziehungen lassen sich somit viel eher zwischen zwei männlichen Charakteren darstellen.

    Hinzu kommt, dass viele deutsche Autoren ihre Geschichten in englischer Sprache verfassen und auch englische Geschichten lesen. Die Anzahl deutscher Nutzer ist also wohl weit größer als angenommen. Man kann also auch aus der Perspektive einer globalen Vernetzung auf Grundlage geteilter Interessen für das Fortbestehen der Plattform in Deutschland argumentieren. Und zweifellos wird jungen Menschen ein größerer Anreiz zum Sprachenlernen gegeben, als es durch den reinen Fachunterricht in der Schule gewährleistet werden kann.

    Auch ein Klassenaspekt ist hier relevant: Warum sind Amateurgeschichten Pornografie, veröffentlichte Werke mit ähnlichen Inhalten aber Kunst? In der Buchhandlung kontrolliert auch niemand den Zugang Minderjähriger zu den hier kritisierten Inhalten — zumal diese einen sehr geringen Anteil der Plattform ausmachen, immer als diese ausgewiesen sein müssen und damit leicht zu umgehen sind.

    1. Oh nein, Spock und Kirk werden geshippt? Meine unschuldige Kindheit!!! Und ihr reibt es jeden unter die Nase!!

      So oder so ähnlich haben immer Trolle in den 2000ern, Anfang 2010ern argumentiert. Ich vermute mal, die Trolle sitzen heute alle in der BPJM.

    2. AO3 wurde mit einem besonderen Augenmerk auf Fanwerke gegründet, die auf kommerziellen Plattformen nicht erwünscht sind, da sie den Werten der Werbetreibenden widersprechen. Außerdem sollte es Fans vor legalen Schwierigkeiten schützen. Um diese Features zu gewährleisten, ist eine Übereinstimmung mit Tagging-Richtlinien verpflichtend. Wichtig ist die Tatsache, dass zu den nicht erwünschten Inhalten in vielen Fällen alle sexuellen Inhalte und sogar nichtsexuelle Liebesgeschichten mit gleichgeschlechtlichen Paaren gezählt wurden. Ich empfehle astolat: “An Archive Of One’s Own” (https://astolat.livejournal.com/150556.html). Die hier genannten Ideen bildeten die Grundlage für das AO3.

      Es ist schlichtweg nicht der Fall, dass AO3 die kinderpornografische Seite ist, als die sie von ihren Gegnern dargestellt wird. Es mag sein, dass zum Launch der Seite im Jahr 2009 explizit sexuelle Geschichten (der absolute Großteil von ihnen über erwachsene Charaktere) die Mehrheit gebildet haben, aber heute ist es das größte Fanfiction-Archiv der Welt und die Lage hat sich verändert. Geschichten ohne sexuellen Anteil bilden die Mehrheit, da auch sehr viele andere Fans auf AO3 umgestiegen sind. Und nicht jede explizit sexuelle Geschichte ist direkt pornografisch, denn fast immer geht es hauptsächlich um die emotionale Verbindung zwischen den involvierten Charakteren. Diese Seite in Deutschland einzuschränken, würde einen massiven Einschnitt in die Teilhabe am Leben in der digitalisierten Welt darstellen. Man lädt ja auch nicht nur still seine Geschichten hoch, sondern es bilden sich Communities und Inhalte werden analytisch diskutiert.

      Fandom ist eine Partizipationskultur (vgl. Henry Jenkins, Textual Poachers), die mit ihren niedrigen Partizipationsschwellen (jeder, der einen Computer hat, kann Fanfiction schreiben und an Diskussionen teilnehmen) positiv zur Medienkompetenz und einem generationsübergreifenden Austausch beiträgt. Man könnte sogar argumentieren, dass Fandom und AO3 interkulturellen Austausch anregen und analytische Fähigkeiten sowie kritisches Denken fördern, indem all dies aus einem schulischen in einen aus privater Sicht für viele interessanteren Kontext verlegt wird. Problematische Inhalte gibt es überall. Wir sperren ja auch nicht Twitter, und bei den rein fiktiven Darstellungen auf AO3 gibt es nicht einmal wirkliche Opfer.

  6. Ich bin als Opfer/Überlebende von Kindesmissbrauch sehr enttäuscht von diesem Artikel,
    in dem ihr die Aktionen des Fanfiction-Portals „Archive Of Our Own“ (umgangssprachlich AO3) hier als völlig unschuldig darstellt. Die Moderatoren weigern sich aus Prinzip seit ihrer Gründung kategorisch, gemeldete pädophile Fanfiction zu löschen, sogar wenn es sich dabei um echte Minderjährige handelt!
    Somit stufen deutsche Behörden AO3 völlig zu Recht als jugendgefährdend ein.
    Viele dieser „underage“ fanfictions sind nicht einmal fiktiv, sondern RPF („real-person fiction“) über prominente Minderjährige, die auch grundlegende Persönlichkeitsrechte verletzen – wärt ihr etwa damit einverstanden, wenn euer Kind z.B. mit sechs Jahren schon eine erfolgreiche Schauspielerkarriere hätte und irgendjemand pornographische Geschichten über es schreibt, über die sich in den Kommentaren auch noch alle aufgeilen (basierend auf einem realen Fall, in dem die Moderation wie üblich nichts unternommen hat)?
    Das ist leider keine Ausnahme, es finden sich auch viele solche Darstellungen z.B. über minderjährige K-Pop-Idols oder YouTube stars.
    (Ob diese Praxis überhaupt legal in den USA ist, ist Auslegungssache – Wenngleich das „Federal Obscenity Law“ auch fiktive Pädophilie abdeckt, sind im Gesetzestext nur Bilder erwähnt, allerdings könnte der 2003 PROTECT Act auch auf Texte anwendbar sein.)
    Zudem sprechen sich mittlerweile vermehrt Ex-Nutzer auf Tumblr darüber aus, daß sie auf AO3 als Minderjährige von Erwachsenen gezielt mit sexuellen Inhalten „groomed“ (in eine Beziehung hineingeködert) wurden.
    Da überrascht leider wenig, das zumindest eine Moderatorin nicht „nur“ fiktive, sondern auch echte Pädophile unterstützt – sie nennt sich „MAP ally“, wobei „MAP“ für „minor-attracted person“ alias Pädophiler steht.
    Quellen zu allen Punkten schicke ich euch gerne auf Anfrage per Mail.

    Viele queere/LGBT-Personen verabscheuen die Moderationspraxis genauso und wünschen keine scheinheilige Solidarität von AO3, gerade da Homo-, Bi- und Transsexuelle bis heute noch dagegen ankämpfen müssen, von Rechtsextremen entgegen jeder Faktenlage mit Pädophilen verglichen zu werden (auch wenn LGBT-Communities seit je her Pädophile kategorisch ausschließen).

    Es ist auch wenig überraschend, daß bei diesem Thema nahezu immer „Lolicon“ (Anime und Manga-Kinderpornographie, in Japan leider noch legal)-Verteidiger auftauchen um zu behaupten, daß es eine „opferlose Straftat“ wäre und häufig dafür anführen daß Japan im internationalen Vergleich insgesamt eine niedrige Rate von Straftaten hat, was aber nichts daran ändert, daß der Anteil an sexuellen Straftaten, an Kindern wie auch an Erwachsenen (siehe z.B. sexuelle Belästigung durch Begrapschen in öffentlichen Verkehrsmitteln alias „Chikan“, in der bis zu 70% aller in Meinungsumfragen der Verkehrsbetriebe interviewten Mädchen und Frauen angaben, sie mindestens einmal im Leben erlebt zu haben) extrem hoch ist.
    Auch die Gründering der Stiftung „Lighthouse: Center for Human Trafficking Victims“ Shihoko Fujiwara fordert seit Jahren ein Verbot von fiktiver Kinderpornographie in Japan, weil Berichten von Opfern zufolge Straftäter gezielt Minderjährige damit ködern.
    In den USA konnten bei 76% aller für den Besitz von Kinderpornographie inhaftierten Straftäter auch aktiver Missbrauch von Minderjährigen aufgedeckt werden, auch gaben in einer Studie vernommene Gefangene an, daß sich durch den Konsum von kinderpornographischen Inhalten der Drang in ihnen verstärkte, Minderjährige als Sexobjekt zu betrachten – was klar der Darstellung widerspricht, daß legaler Zugang dazu Pädophile von Missbrauch abhält statt eher dazu motiviert.
    Die gängige Therapie von Pädophilie ist nicht umsonst Verhaltenstherapie mit dem Ziel der Ablenkung, nicht Auslebung.
    In der Sexualforschung ist man sich nahezu einig, daß der kulturelle Umgang mit Sexualität das gesellschaftliche Bewußtsein prägt, von verantwortungsvoller Aufklärung über mal mehr, mal weniger realistische Darstellungen in Pornographie bis hin zur „Rape Culture“ – Solange die Beschönigung von Kindesmissbrauch kein absolutes gesellschaftliches Tabu darstellt, werden Minderjährige, insbesondere Jugendliche immer der Gefahr ausgesetzt sein, von Erwachsenen mit Narrativen in Beziehungen gelockt zu werden, die solche Beziehungen als normal darstellen.

    1. Hallo und vielen Dank für deinen Beitrag!

      Ich hatte mich eigentlich bemüht, in dem Text AO3 weder zu verteufeln, noch zu verharmlosen. Der Fokus soll auf dem Verhalten der Prüfstelle liegen, das angesichts der Tragweite einer Indizierung rechtsstaatlich fragwürdig ist (keine Chance zur Anhörung, keine Bennung der kritisierten Inhalte gegenüber den Verantwortlichen, keine Hinweise, was AO3 besser machen soll). Zu diesem Schluss kann man, finde ich, auch dann kommen, wenn man AO3 kritisch sieht. Wie kritisch die Seite tatsächlich zu sehen ist, ist eine eigene Debatte, die ich im Artikel nicht führen wollte. Deshalb verweise ich auf die Kontroversen um den „maximal inklusiven“ Ansatz und verlinke dazu einen längeren Text, lasse aber auch die Betreiber:innen zu Wort kommen, die auf Schutzmechanismen wie das Mindestalter 18 für das Anlegen eines Acocunts hinweisen.

      So oder so bin ich dankbar, wenn du mir wie angeboten die Quellen zukommen lassen kannst, die deine Kritik an AO3 untermauern. Entweder per Mail an ingo@netzpolitik.org oder direkt hier in den Ergänzungen, da die Links ja auch für andere Leser:innen interessant sein können.

      Beste Grüße
      Ingo

      1. Hallo Ingo Dachwitz,
        Ich bin dabei, dir die Mail zu schreiben.
        Ich wußte nicht, daß man hier Links posten darf (Spamfilter), meine Quellen zu der Moderatorin schicke ich dir aber privat und bitte diese zur Sicherheit der Quellen nicht zu veröffentlichen.

        Was ich möchte, daß AO3 besser machen könnte, aber die Betreiber ausdrücklich nicht wollen:
        1. Keine pornographischen Stories über fiktive Minderjährige, geschweige denn echte. (Negative Schilderungen von Überlebenden sind nicht pornographisch.)
        2. Keine „real person fiction“ über Minderjährige, am besten gar keine über lebende Personen.
        Aber es ist wie gesagt zwecklos, wenn es kein Interesse von den Betreibern gibt, irgendetwas zu ändern.

        Die Behauptung der Betreiber, daß man für das Anlegen eines Accounts mindestens 18 Jahre sein muss ist ein Papiertiger – Es wird praktisch nicht überprüft und ich habe sogar schon Minderjährige gesehen, die den Account unter dem gleichen Profilnamen nutzen und auf ihre Profile verlinken, in denen sie ausdrücklich zugeben minderjährig zu sein.
        Die Ex-Nutzer, die von Köderung auf AO3 berichten, gehören dazu.

        AO3 lügt im Übrigen auch in ihren Pauschalabweisungen wenn man RPF über echte Minderjährige meldet, in dem sie einerseits anerkennen, daß es sich hierbei um eine echte Person handelt, sie aber als „character based on a real person“ bezeichnen.

        Wegen Zeichenlimit kürze ich meine ursprüngliche Antwort auf alle Kommentare so ab:
        1. Ich bin für komplette Dekriminalisierung von Pornographie, Sexarbeit und Sexshops zwischen einwilligungsfähigen Erwachsenen, damit Sexualität respektvoll ausgelebt wird und nicht in Missbrauch.
        2. Therapeut von „Project Dunkelfeld“ bestätigt in diesem Thread mehrfach, daß fiktive Pädophilie einen verstärkenden Effekt hat und nur Verhaltenstherapie Straftaten vorbeugt: https://reddit.com/r/AMA/comments/ig8w7j/i_treat_pedophiles_ama/g2ssjir/

        1. @Survivor

          Du nennst als Beleg das fiktive Pornographie gefährlich ist, die Meinung eines einzigen Therapheuten. Innerhalb von Kein Täter Werden gibt es viele Menschen, die eine andere Meinung dazu haben. Sie spiegelt nicht die von ganz KTW wieder, auch negierst du alle anderen wissenschaftlichen Fakten. Zudem musst du anerkennen das diese Menschen nur mit Problemfällen in Kontakt kommen.

          Nimmst du die Studien in diesem Bereich wahr? Ich habe leider das Gefühl das du durch deine Vorerfahrung sehr voreingenommen bist und alles was in deine Richtung zeigt, auch wenn es ein Kommentar auf Reddit von einer Einzelperson ist.

          Die anderen Kommentare hier haben mehrmals auf Studien verwiesen, die deine Annahme verweigern. Die Welt versagt krachend gegen den Kampf von echtem Missbrauch und jetzt soll gefordert werden das sie Pinselstriche verfolgen, die en mass produziert werden können? Wem soll diese Ressourcenbindung bitte helfen?

          “ Ich bin für komplette Dekriminalisierung von Pornographie“ und trotzdem willst du ein Verbot von „fiktive Pädophilie“. Das Problem ist das um dieses Ziel zu erreichen nur mit Diskriminierung möglich ist? Nicht weil Pädophil veranlagte Menschen kriminalisiert werden, sondern weil es genug Menschen gibt, die aus verschiedensten Gründen sehr jung aussehen. Das passt doch nicht zusammen, wenn sie dagegen sind, aber gleichzeitig die Existenz dieser Menschen nicht akzeptieren. Nur so als Beispiel, die Durchschnittliche Größe in Myanmar ist ca. 150cm. Gerne auch Dokus wie „China – Village of the little People“ usw.

          Ihre Forderung ist also;

          1) Wissenschaftlich nicht bewiesen
          2) Diskriminierend ggü. kleinen Menschen
          3) Extrem, und zwar EXTREM Ressourcenintensiv
          4) Erpressungen sind sehr einfach möglich. Aktuell werden in Deutschland Menschen wegen §184 b angeklagt, weil Täter ihnen echte Bilder einfach so als Erpressung zusenden (s. den lto Artikel in einem der Kommentare)

      1. Der Großteil der Missbrauchstäter sind nicht Pädophil. Das zu leugnen, oder nicht zu wissen, ist ein falscher Schritt in Richtung Prävention. Vielmehr ist der Grund eine bereits existierende Persönlichkeitsstörung (insb. Sadismus) und Oppurtunismus. Auch ist der Therapieansatz erst einmal nur das die Betroffenen ihre eigene Neigung akzeptieren und konform mit dem Gesetz leben. (Quelle zu beiden Aussagen: Kein Täter Werden, Unterseite Presse). Wobei die Sexpo (älteste Therapiestelle auf der Welt) für die Patienten in ihrem Land durchaus solche Inhalte ‚empfiehlt‘ und lt. internen Studien nur positive Erfahrungen machte.

        Meine persönliche Meinung ist; nicht jeder der sowas konsumiert ist auch in echt so ausgeprägt bzw. daran interessiert (so wie bei allen fiktiven Medien, warum das bei fiktiven pornografischen Inhalten anders sein soll erschließt sich mir nicht) und das es wohl einen neutralen Effekt hat.

        Das Hauptproblem was ich mit einem Verbot habe ist das es in der Fantasie und Literatur nun einmal auch Fabelwesen gibt, die körperlich anders gebaut sind. Wenn jetzt jemand den Kindesmissbrauch auf einen Comic reduziert der von einem 5000 Jahre alten Übermenschen handelt, der ganze Galaxien mit einem Fingerschnips ausradieren kann dann ist das meiner Meinung nach nicht mehr ernst zu nehmen.

        Ich kann Ihre Aussagen verstehen insb. mit der Vorerfahrung und den damit verbundenen Emotionen. Wir brauchen mehr Personal, wo es notwendig ist. Jugendamt, Polizei etc.

      1. Disclaimer: Ich meine nicht, auf diesen Beitrag geantwortet zu haben. Unten ist aber ein Beitrag veröffentlicht, der von mir ist. Nicht, dass das verwechselt wird!

        Man fragt sich ja manchmal, ob ein Teil des „Grolls“ der Politik auf anonyme Nutzer von Foren her stammt, in denen anonyme Posts mit dem Nick „anonymous“ gesetzt sind.

        1. Glücklicherweise gibt es zum Thema Pornographie eine vielzahl an nennenswerten Studien, die zeigen das frei verfügbare Pornographie zu einem Rückgang von Übergriffen führt []. Es wäre fatal Zeit und Ressourcen in etwas zu stecken, wo bis heute keine einzige Studie dessen Gefahr bestätigt hat, sondern selbst neuste Studien eher das Gegenteil beweisen. Viele Medien nennen als Beweis Einzelfälle, oder verwechseln Kausalität und Korrelation gepaart mit einem Ekelfaktor, um gezielt Emotionen anzusprechen.

          Ich vertraue Wissenschaftlern die nüchtern und nicht reaktionär ihre Ergebnisse präsentieren. Wenn selbst deutsche Experten sich einig sind das diese Medien keine große Nachahmungsgefahr darstellen (Sind ja bekannt für „German Angst“ und Überregulierung) dann sehe ich hier kein Handlungsbedarf.

          Der Konsum fiktiver Inhalte würde, so wie das Supreme Court in den USA sagte, eher zu mehr Nachfrage dieser Inhalte führen. Es macht wirtschaftlich und juristisch einfach mehr Sinn, da es logischerweise viel einfacher ist und auch nicht so sehr verachtet wie echter Missbrauch. Würdr einem Konsumenten hierfür die gleiche Strafe und Ächtung drohen dann sehe ich bei einigen eher einen Rückzug aus der Gesellschaft und das Formen einer „Wenn schon, denn schon“ Mentalität. Sehr gefährlich.

    2. Da Sie mich wörtlich zitieren, kann ich Ihren Beitrag so nicht stehen lassen. Nicht falsch verstehen: Weder will ich Ihre Erfahrungen relativieren oder die Tat in irgendeiner Weise rechtfertigen, noch erwarte ich von Ihnen, dass Sie an das Thema unvoreingenommen herangehen, denn Sie haben am allerwenigsten einen Grund dafür. Allerdings gehe ich an solche Themen immer aus juristischer Perspektive heran, und da verhalten sich die Dinge nicht so einfach, wie Sie und viele andere sich das vielleicht wünschen. Ich will nicht empathielos erscheinen – mir ist allzu bewusst, dass die nächsten Absätze unangenehm werden können:

      Ob jemand im stillen Kämmerlein auf seinem Computer irgendwelche fiktiven Darstellungen zeichnet, oder ob er ein Kind missbraucht und das aufnimmt, ist nicht nur aus juristischer Sicht ein gravierender Unterschied, den ich Ihnen hoffentlich nicht erklären muss. Alle Rechtsgutsverletztungen, welche letzteres umfasst, finden bei ersterem nicht statt. Man kann nicht einerseits Leuten pauschal Unfähigkeit unterstellen, zwischen Fantasie und Realität zu unterscheiden, und es dann selbst nicht tun, schon gar nicht als Staat.

      Jedes Strafgesetz stellt eine Grundrechtseinschränkung dar, für deren Verfassungsmäßigkeit es einer hinreichenden Rechtfertigung bedarf. Man unterteilt diese gemeinhin in a) einen legitimen Zweck, b) Eignung, um diesen zu erfüllen, c) Erforderlichkeit, d. h. vorherige Ausschöpfung aller milderen Mittel und d) allgemeine Verhältnismäßigkeit.

      Schon einen legitimen Zweck zu benennen gestaltet sich ausgesprochen schwierig, wenn durch einen Straftatbestand per Definition keine Rechtsgüter anderer Personen unmittelbar verletzt werden, wie das bei fiktionalen Missbrauchsdarstellungen mit fiktiven Charakteren der Fall ist. Wen genau, außer vielleicht sich selbst, schädigt der Täter in meinem genannten ersten Beispiel? Ich schrieb bereits, dass an der Stelle nur eine Gefahrenabwehr in Betracht kommt, man also damit dem möglichen Risiko begegnen wolle, dass es zu Straftaten führt.

      Damit kommen wir zur Eignung: Dafür reichen nicht bloß einzelne Korrelationen zwischen dem Konsum solcher Inhalte und echten Missbrauchshandlungen, sondern es muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Kausalität und damit eine abstrakte Gefährdung bestehen. Solange die nicht zweifelsfrei empirisch belegt ist, kommt man hier schon nicht weiter. Das von Ihnen angesprochene Grooming wird überdies mit anderer Pornografie (auch fiktionaler) genauso praktiziert (was bereits ein eigener Straftatbestand ist), die deswegen trotzdem nicht generell verboten wird – an der Stelle bräuchte es einen konkreten Beleg, dass fiktionale kinderpornografische Inhalte dafür besser geeignet seien als andere.

      Und wie man Ihren eigenen Ausführungen entnehmen kann, ist Kindesmissbrauch generell ein hochkomplexes soziales Problem mit vielfältigen Ursachen. Für solche Probleme gibt es keine einfachen Lösungen, schon gar nicht durch den Einsatz von Technologie, und erst recht nicht durch Zensur. Das betrifft Japan, was Sie hier als Beispiel genannt haben, übrigens genauso – über die dortigen gesellschaftlichen Verhältnisse, welche sexuelle Übergriffe begünstigen, könnte man Bände schreiben. Mir wird in Bezug auf Straftaten generell viel zu wenig über soziale Bedingungen und psychische Gesundheit diskutiert, und viel zu oft auf einfache Ursachen („Killerspiele“, „Lolicon-Hentai“, „Twitter“, „die Medien“) abgestellt, die damit allenfalls am Rande zu tun haben. Letzteres ist bequemer, und man muss sich nicht mit den gesellschaftlichen Ursachen prekärer Lebensbedingungen und psychischer Labilität. Das ignoriert nur leider diverse Faktoren in der Realität (z. B. dass sexueller Missbrauch am häufigsten innerhalb der eigenen Familie stattfindet und nur ein kleiner Teil der Täter tatsächlich pädophile Neigungen hat) und hilft keinem (potenziellen) Missbrauchsopfer. Ich will gar nicht ausschließen, dass das Verbot von Lolicon-Hentai und vergleichbarem Kram eine Lösung sei, aber es ist nach aktuellem Wissensstand keine Lösung für ein Problem, das wir hier angeben, lösen zu wollen.

      Nun zur Erforderlichkeit der Maßnahme, welche voraussetzt, dass alle milderen Mittel, mit denen man dieses Ziel in annähernd gleichem oder gar besserem Umfang erreichen könnte, ausgeschöpft sein müssen. Hier lässt sich der generelle Trend beobachten, dass viel zu wenig in Aufklärung und Prävention in Form von Therapieprogrammen wie „Kein Täter werden“ investiert wird und viel zu viel in die Strafverfolgung, wie sich auch in der ständigen Debatte um mehr Überwachung „zum Schutz der Kinder“ zeigt. Zahlreiche Jugendämter sind eine Chronik des Versagens und die meisten von ihnen sträflich unterfinanziert. Und der Umgang des Staates mit der katholischen Kirche zeugt auch nicht gerade davon, dass er schon alles tue, was er kann, und nur an unzureichenden Mitteln scheitere. Nicht nur schöpft der Staat die bereits ihm zur Verfügung stehenden milderen Mittel nicht aus, sondern in Anbetracht dessen, wie inflationär er „Kindesmissbrauch“ mittlerweile als Begründung für Grundrechtseinschränkungen heranzieht, schürt er immer stärkere Zweifel daran, dass er mit den Maßnahmen noch einen legitimen Zweck verfolge, den wir eigentlich schon abgehakt hatten. Ich muss gestehen, dass der Begriff für mich in dem Kontext mittlerweile ein verbranntes Wort ist, weil ich beim Lesen oft nicht mehr zuerst an ein Problem denke, das gelöst werden muss, sondern einen Staat vor mir sehe, der uns noch stärker überwachen will und dafür die Begründung vorschiebt, die den geringsten Widerstand hervorruft – denn wer will sich schon vorwerfen lassen, er sei „gegen die Bekämpfung von Kindesmissbrauch“ (und damit irgendwie „für Kindesmissbrauch“)?

      Übrig bliebe, wenn die anderen Kriterien erfüllt wären, nur die Frage nach der Verhältnismäßigkeit; und ich stehe dazu, dass ich es eher nicht für verhältnismäßig halte, jemanden, der im stillen Kämmerlein seine Zeichentrickpornos konsumiert, einzusperren, ihn gesellschaftlich zu ruinieren und sein Leben zu zerstören, wenn man ihn auch einfach in Ruhe lassen kann und dadurch niemand zu Schaden kommt; insbesondere, wenn Sie – um es etwas plakativer auszudrücken – davon ausgehen können, dass jeder Raucher an der Bushaltestelle mehr Menschen schädigt als der Täter hier. Da wir aber momentan bereits bei Eignung und Erforderlichkeit (und je nach Betrachtung sogar beim Zweck) rausfliegen und das Verbot nicht evidenzbasiert ist, stellt sich diese Frage derzeit überhaupt nicht.

      Ja, Kunstfreiheit ist nicht so wichtig, dass man dafür den sexuellen Missbrauch von Kindern in Kauf nehmen sollte. Aber nichts, auch nicht die Bekämpfung von Kindesmissbrauch kann auch nicht so wichtig sein, dass man dafür grundlegenste Prinzipien unseres Rechtsstaats und unserer verfassungsmäßigen Ordnung außer Kraft setzt. Gerade bei einem Thema wie diesem, wo sich die meisten sehr schnell einig sind, ohne lange darüber nachzudenken, halte ich es für besonders wichtig, daran zu erinnern, dass wir hier ein Konzept von Grundrechten haben (oder zumindest mal hatten), die der Staat nicht nach Lust und Laune zu beschneiden hat; und dass Grundrechte nur dann Grundrechte sind, wenn sie für alle nach gleichen Maßstäben gelten, auch für Leute, welche Dinge tun, wo sich alle anderen darüber einig sind, dass man die abstoßend findet, Leute, die man am allerwenigsten leiden kann.

      Ich bezog mich bis zu dieser Stelle ausschließlich auf rein fiktionale Darstellungen mit ausschließlich fiktiven Figuren. Desweiteren ziehen Sie Fälle heran, in denen echte Personen in fiktive Geschichten integriert werden, In solchen Fällen lassen sich Verbote und Strafverfolgung zwar prinzipiell eher rechtfertigen, da hierbei in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen eingegriffen wird, allerdings gilt es, erst einmal nachzuweisen, dass dies der tatsächliche Sachverhalt ist, und das dürfte, wenn nicht gerade z. B. die echten Namen verwendet wurden, in der Regel schwer werden.

      Ganz allgemein ist die Zahl an Gewaltverbrechen seit Jahrzehnten rückläufig. Zu den Ursachen gibt es verschiedene Theorien, eine der bekanntesten verknüpft diesen Trend mit der Abschaffung von verbleitem Benzin. Leider spiegelt sich diese Entwicklung nicht im deutschen Strafrecht wider, dieses wurde nämlich die letzten 30 Jahre beständig verschärft; und noch nie wurde eine Strafrechtsverschärfung wieder zurückgenommen. Nicht, weil sie sich als sinnvoll erwiesen hätten, sondern weil – so mein Eindruck – lieber niemand überprüfen wollte, wie sinnlos die meisten davon wirklich waren.

      Vor allem im Sexualstrafrecht konnte man beobachten, wie die Straftatbestände immer stärker ausgeweitet wurden, bis schließlich sogar Teenager, die sich einvernehmlich gegenseitig Nacktfotos schicken, und eben rein fiktionale Inhalte mit ausschließlich fiktiven Figuren erfasst wurden. Und die „Anscheinspornografie“ nicht vergessen: Wenn der Richter findet „die da sieht aber jung aus“, dann reicht das – unabhängig vom tatsächlichen Alter der Beteiligten. Wie vielen hat das am Ende tatsächlich geholfen? Weiß man nicht. Was man aber weiß, ist, dass besagte Teenager den Großteil der Täter beim Tatbestand des § 184c StGB „Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Inhalte“ stellen und völlig unnötigerweise mit Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen, Verhören und Gerichtsverfahren traumatisiert werden.

      Das ist nur ein Beispiel dafür, wie man mit schärferen Strafen und umfangreicherer Subsumtion mehr Schaden anrichten kann, als man am Ende dadurch gewinnt. Bei fiktionalen Inhalten stelle ich mir folgende Situationen vor: Wir haben A) die Situation, dass echte Aufnahmen strafbar sind und fiktionale Inhalte straffrei, oder B) beides strafbar ist, egal ob fiktiv oder real. Warum würde sich ein Pädokrimineller im Fall B noch mit „halben Sachen“ zufrieden geben wollen? Man hätte also erfolgreich die Anreize gesteigert, gleich zu echten Aufnahmen zu greifen. Und höhere Nachfrage sorgt für ein größeres Angebot, welches zudem aufgrund der immer schärferen Strafen und des steigenden Risikos immer profitabler wird, was geradezu garantiert, dass es immer weiter Nachschub gibt – oder habe ich an der Stelle einen Denkfehler?

      Noch populärer ist die Idee, für Kindesmissbrauch lebenslange Haftstrafen zu verhängen, wie sie bisher nur auf Tötungsdelikte, allen voran Mord, stehen. Möglicherweise kommt Ihnen das bekannt vor. Nach dem Motto „lebenslange Schädigung – lebenslange Haft; ein Leben für ein Leben“ formuliert kommt einem das erst einmal ganz schlüssig vor. Aber was hätte ein Täter dann noch für einen Grund, sein Opfer leben zu lassen und damit das Risiko zu erhöhen, dass er erwischt wird, wenn er so oder so die Höchststrafe bekäme? Durch so eine Strafverschärfung, mit der man glaubt, den Kindern was Gutes zu tun, hätte man die Überlebenschancen derjenigen, die es dennoch trifft, verringert. Klingt das immer noch nach einer guten Idee? Es hat schon seine Gründe, dass im Strafrecht unterschiedlich schwere Straftaten auch unterschiedlich schwer bestraft werden, und dass einen lebenslange Haftstrafe den Tötungsdelikten vorbehalten ist.

      Polizei und Medien sind auch keine Hilfe dabei, die Frage, ob ein Verbot rein fiktionaler Missbrauchsdarstellungen gerechtfertig ist, zu beantworten. Erst heute wieder las ich einen Bericht darüber, dass bei einem populären österreichischen Schauspieler 58.000 Dateien mit kinderpornografischen Darstellungen gefunden worden sein sollen. Aber nie wird angegeben, wie viele von diesen Darstellungen real und wie viele fiktiv waren, es gibt natürlich keine Auskunft darüber, wie viele Kinder tatsächlich abgebildet sind (es dürften aber weniger als 58.000 sein). Möglicherweise sind unter den Dateien tausende Dubletten – auch das erfährt man nicht. Soll man auch gar nicht, man soll idealerweise vom Schlimmsten ausgehen („58.000 – 58.000 missbrauchte Kinder!“), selbst wenn es nicht im Ansatz der Wahrheit entspricht. Das mag zwar die erhoffte Wirkung erzielen, bringt einen aber keinen Schritt weiter, wenn es darum geht, die Wirkung fiktionaler Darstellungen und mögliche Kausalitäten zwischen dem Konsum dieser und Missbrauchsdelikten zu untersuchen, und birgt die Gefahr, die Würde des Täters zu Unrecht bzw. stärker als den Umständen nach angemessen zu verletzen.

      Gleichzeitig ist das auch ein einfaches Beispiel, wie man mit Zahlen und durch geschicktes Weglassen von Informationen, die diese in einen anderen Kontext setzen würden, das Denken von Menschen beeinflussen kann. Wie es sich in dem konkreten Fall genau verhält, werden wir wohl nie erfahren, aber an der Stelle sei gesagt: 58.000 fiktionale Zeichnungen wären mir lieber als eine einzige echte Aufnahme. Und eine einzige echte Aufnahme entscheidet darüber, ob hier eine Rechtsgutsverletzung vorliegt, die eine Strafverfolgung unproblematisch rechtfertigt. Den Standpunkt vertritt übrigens auch die große Mehrheit jener, die derartige Darstellungen z.B. im Anime-Bereich eher locker sieht – mit echter sexueller Gewalt gegen Kinder wollen die nichts zu tun haben.

      Es ist übrigens nicht allzu lange her, da wurde nach jedem Amoklauf oder anderen Gewaltverbrechen lauthals danach gerufen, Gewaltdarstellungen in Medien zu verbieten. Vor 20 Jahren waren es die „Killerspiele“, davor eben Spielfilme – die BPjM ist genau deshalb ursprünglich gegründet worden. Mittlerweile hat man erkennen müssen, dass die vermeintlichen Kausalitäten zwischen dem Konsum von Gewaltdarstellungen und Gewaltverbrechen sich als Unfug erwiesen haben. Wenn heute jemand zehn Menschen erschießt (siehe Hanau), und ein Politiker stellt ein „Killerspielverbot“ in den Raum, wird das gemeinhin als der populistische Aktionismus erkannt, der es ist. Warum sollen fiktionale Darstellungen selbst brutalster Morde weniger problematisch sein als fiktionale Darstellungen sexueller Gewalt? Das hat sich mir noch nie erschlossen, und ich kann mir vorstellen, dass Angehörige von Mordopfern das ähnlich sehen. Trotzdem haben wir uns davon verabschiedet, nach Morden ernsthaft über stärkere Zensur fiktionaler Gewaltdarstellungen zu debattieren. Man sollte meinen, wir hätten daraus in Bezug auf sexuelle Gewalt in Medien gelernt, aber dem ist wohl nicht so.

      Noch einmal: Es geht mir weder darum, Ihre Erfahrung zu relativieren, noch darum, Kindesmissbrauch zu verharmlosen; und schon gar nicht trete ich dafür ein, echte Missbrauchsaufnahmen zu legalisieren oder das Schutzalter aus dem Gesetz zu streichen. Aber ich unterscheide hier sehr klar zwischen Fantasie und Realität, und Erstere ist grundsätzlich nicht strafwürdig. Auch, wenn es so etwas Abscheuliches wie sexuellem Missbrauch von Kindern betrifft, müssen die Grundregeln unseres freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats gewahrt bleiben – verfassungswidrige Gesetze und Maßnahmen helfen niemandem, eher schaden sie noch den Opfern, sei es durch ihre Umsetzung (siehe Chatkontrolle) oder durch den damit einhergehenden Vertrauensverlust in den Staat. Auch ich bin aber an den Quellen, die Sie zu offerieren haben, natürlich interessiert, und bitte um die Veröffentlichung.

      1. Ich moechte Ihren Post um folgende Informationen ergaenzen:

        Mehr als 50% der Taeter die wegen Besitz u. Verbreitung ermittelt werden sind Kinder und Jugendliche und diesen Personen droht aktuell ein Jahr Mindeststrafe bspw. einem jungen Paar. Ebenfalls werden seit der Strafverschaerfung in 2021 vermehrt Faelle bekannt, wo Eltern, Lehrer und Missbrauchsopfer mit dem Gesetz in Konflikt kommen, weil sie bspw. Material auf den Geraeten ihrer Kinder, oder Schueler entdeckt haben. Eltern die bspw. geschockt reagieren und es nicht sofort loeschen, weil sie nicht wissen was zu tun ist, oder Opfern denen ihr eigenes Material als Blackmailing gesendet wird.

        Genau wegen diesen Faellen wird aktuell ueber eine Ruecknahme der Strafverschaerfung nachgedacht und von der CDU befuerwortet.

        Siehe: https://www.lto.de/recht/justiz/j/jumiko-herbstkonferenz-beschluesse-kinderpornografie-ersatzfreiheitsstrafe-digitalpakt-justiz-ersatzfreiheitsstrafe/

  7. Ich will zu den Themen gar nicht werten, kenne das Portal auch nicht.

    Hinterfragen würde ich allerdings die Mittel der Verpflichtung und Sanktionierung, sowie denn Sinn, wenn dritte Unbeteiligte sich beschweren (nicht zwingend im konkreten Falle).

    Überspitzt: Das Internet mit Überwachung und Sperren zuzukleistern, weil einige Menschen nicht surfen können, bzw. nicht in der Lage dazu sind, bestimmte ausländische Seiten zu meiden, bedeutet ein (demokratisch-) gesellschaftliches Problem hoher Tragweite.

    Will sagen: bessere Altersverifizierung verlangen ja, aber erst nachdem man eine gebaut hat, die die Menschen mir ihren Daten nicht wiederum in der Fläche den Plattformen ausliefern. Alternativ: Eltern verpflichten, Kinder nur auf ausgewählten Seiten surfen zu lassen – denn das Erbärmliche ist doch, hier die Überwachung und Gängelung zum Schaden aller anderen an den Staat abzugeben. Das sollen die Eltern mal schön selbst machen müssen.

    (Will nicht sagen: Ich enthalte mich der Einschätzung des konkreten Falles, und bilde mir keine Meinung dazu, ob ich die Plattform eher absägen oder eher verpflichten würde, bzw. wie.)

  8. Ich kenne zwar dieses Fan-Fiction-Portal nicht, habe aber zwei Fragen an „Survivor“:
    1.
    „…weil Berichten von Opfern zufolge Straftäter gezielt Minderjährige damit ködern“.

    Wie soll das funktionieren?

    2.
    (…) gaben in einer Studie vernommene Gefangene an, daß sich durch den Konsum von kinderpornographischen Inhalten der Drang in ihnen verstärkte, Minderjährige als Sexobjekt zu betrachten (…)

    Ich verstehe diesen Satz so, dass Gefangene schon vor dieser Studie und dem Betrachten dieser Bilder bzw. dem Studieninterview wegen entsprechender Missbrauchsstraftaten im Gefängnis saßen. Dass sie dann angeben, solche Bilder „triggern“ sie, liegt auf der Hand und ergibt sich rein von der Logik her aus ihrer per se vorhandenen Neigung, die aber nicht erst mit dem Betrachten entsprechender Bilder zum Vorschein kommt, sondern vorher schon vorhanden war.

    Insofern liegt hier ein logischer Fehler vor, der insbesondere die früher schon als Argument von LSGBTI-feindlichen Politikern geäußerte (und natürlich falsche) Hypothese unterstützen sollte, nach der man „schwul“ (o. a.) würde, würde man mit Schwulen, entsprechender Pornografie oder allem, was mit dem Thema „Homosexualität“ zu tun habe, konfrontiert.

    Verstehen Sie mich nicht falsch – mir geht es bei diesem heiklen Thema um eine möglichst sachgerechte Differenzierung, die genau das verhindern soll, was LSBGTI-.feindliche Gruppen nutzen, um unsereins, die wir uns klar von ((Kindes-)Missbrauch jeder Art distanzieren, genau mit denen gleichsetzen, die ihn ausüben.

    1. Ich bin zwar nicht „Survivor“ möchte aber trotzdem hierzu was sagen.

      Zu ihrer ersten Frage: die Annahme ist wohl das man solche Inhalte Personen zeigt und dann suggeriert, die dargestellten Handlungen sind „normal“. Das kann man aber auf viele andere Fallkonstellationen ausweiten und eine vielzahl an Inhalten somit untersagen.

      Das eig. Problem ist die fehlende Aufklärung, um Kinder dahingehend zu sensibilisieren Gefahren und Grooming zu erkennen. Kein Gesetz, kein Verbot kann dies ersetzen.

      Zu Frage 2) haben Sie bereits viel richtiges erzählt.

      1. zu Anonymous:

        Das ist zwar vielleicht möglich, aber es handelt sich ja offensichtlich um eine Annahme, dass dies so ist. Und da wird es sehr schwierig. Wie will man das nachweisen ausser durch Befragungen von Missbrauchsopfern? Es würde einer empirischen Studie bedürfen, ob diese Fan-Fiction-Serien wirklich eine Rolle spiel(t)en beim „Ködern“ von potentiellen Opfern.
        Ich kann jedes Opfer verstehen, dass Fragen nach dem „Warum“ und „Wie“ beantwortet haben will. Aber der Pfad der ehrlichen und wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema darf nie verlassen werden.
        Aufklärung, Sensibilisierung und familiäre Zuwendung u. v. m. sind das Mittel der Wahl, da haben Sie recht. Dagegen scheint ein Verbot von Seiten, die nicht explizit kinderpornografisches Material zeigen, nicht sinnvoll.

      2. Dem wäre noch hinzuzufügen, dass AO3 anders als manche anderen Portale über kein internes Kommunikationssystem (wie zum Beispiel Private Messages oder Discoussion Board) verfügt. Die einzige Möglichkeit der direkten Kommunikation zwischern Usern besteht in der Kommentarsektion von Geschichten, die jedoch öffentlich einsehbar ist – oder im Falle von Geschichten, die auf angemeldete Userschaft reduziert wurde, von allen eingeloggten User*innen eingesehen werden kann. Eine geschlossene Kommunikation kann daher nur indirekt unter vorheriger Kenntnis, Bekanntgabe oder in Erfahrungbringen der Kontaktdaten ausgelagert auf anderen Kanälen stattfinden. Was AO3 jedoch hat, sind Userprofile mit optionalen Eingabefeldern für Geburtstag, Ort und ein „About Me“ Freifeld. Bei Aufrufen des Editors fürs das Ausfüllen des eigenen Profils wird hierzu auch eine Warnung angegeben, dass alle persönlichen Angaben öffentlich einsehbar sein werden. Die Einsehbarkeit der E-mailadresse lässt sich unter den Präferenzen-Einstellungen regulieren.

  9. Vielen Dank für den informativen Artikel!

    Ich möchte noch anmerken, dass im Gegensatz zu vielen anderen Webseiten, wo genauso viel je nach Interpretation abstoßender Inhalt vorhanden ist, AO3 eine sehr gute Tagging-Policy hat, die dafür sorgt, dass jeder anstößige Inhalte nach belieben filtern kann. Ich glaube, dass die Kritik an AO3 sogar teilweise daher rührt, dass man diese Warn-Tags umgekehrt verwenden kann, um gezielt nach verfänglichen Inhalten zu suchen und dann zu sagen ihhh guck mal ganze 12 Fics zu diesem definitiv abstoßenden Thema, wie können die nur? Auf anderen Webseiten findet man die Inhalte nicht so leicht, aber stolpert unabsichtlich und ungewarnt irgendwann darüber.

    Ich bin durch diese Index-Aktion überhaupt erst auf die deutschen Gesetze zu „Kinder/Jugendpornografie“ gestoßen. Zuvor hatte ich naiverweise angenommen, dass der Gesetzgeber in Deutschland mindestens so vernünftig ist wie in den USA und nur Material, für das echte Kinder ausgenutzt werden, unter Strafe stellt. Stattdessen haben wir dieses Gesetz, bei dem es für den Laien schwer verständlich ist, was denn eigentlich strafbar ist. Ich recherchiere jetzt schon seit ein paar Tagen und die Verwirrung nimmt nur zu. Laut diesem BGH-Beschluss (BGH, 19.03.2013 – 1 StR 8/13), der in einem anderen Kommentar zitiert wird, sind Texte erstmal nicht strafbar solange man sie im kleinen Kreis teilt, aber wenn man sie ins Internet stellt, dann doch?!? Kann jemand mit mehr juristischer Ahnung klarifizieren, wo da nun eigentlich die Grenze liegt? Was ist denn nun „tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen“?

    Ich sehe da drei Probleme:

    Erstens sorgt eine (für den Laien, eventuell ist es für Juristen eindeutiger) derart vage Gesetzeslage dafür, dass Leute Selbstzensur betreiben und über manche Themen gar nicht mehr schreiben und veröffentlichen. Wenn eventuell erst vor Gericht geklärt werden kann, ob das noch Kunst ist oder strafbar, und alleine die Anschuldigung bei diesem Thema schon zur gesellschaftlicher Ächtung reicht, muss man extrem vorsichtig sein, was man noch riskiert zu posten. Fanfiction bietet die Möglichkeit für viele Menschen sich mit sehr niedriger Hürde künstlerisch auszudrücken. Ich sehe da eine massive Einschränkung der künstlerischen Freiheit. Ich finde, dass auch Sexualität Teil der menschlichen Erfahrung ist und es daher wertvoll ist sich künstlerisch damit auseinanderzusetzen. Neben den vielen Sex-freien Geschichten, bietet AO3 ein Archiv von sexuellen Fantasien von Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen weit jenseits der kommerziellen Mainstream-Pornografie und ich finde das echt wertvoll. Es ist nicht selten, dass Menschen Fantasien haben, die sie im echten Leben nicht umsetzen wollen, wie z.B. Opfer einer Vergewaltigung zu sein, oder können, wie z.B. Sex mit Tentakel-Aliens. Daher finde ich es verwunderlich von sexuellen Fantasien in Textform auf reale sexuelle Praxis zu schließen und den Ausdruck in Textform daher einzuschränken. Fiktion und Wirklichkeit sind nicht dasselbe.

    Als jemand der Kindesmissbrauch erfahren hat, finde ich es zweitens sehr bedenklich, solche Themen zu tabuisieren. Bei der Bewältigung von Trauma ist Verdrängung und Verschweigen eine schlechte Strategie und es ist weitverbreitete Täterpraxis Opfer einzuschüchtern, um sie ruhig zu stellen. Eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema kann hilfreich und kathartisch sein und man sollte niemandem vorschreiben wie diese zu erfolgen hat (natürlich innerhalb der üblichen Grenze, dass niemand anderem Schaden zugefügt wird), oder erwarten, dass Leute erstmal ihre persönliche Traumahistorie unter Beweis stellen, um dies tun zu können. Wenn Leute aus der Täterperspektive schreiben wollen, warum nicht?

    Drittens öffnet diese Gesetzeslage deutsche Strafverfolgungsbehörden für unsinnige Anzeigen wegen Fandom-internen Disputen. Hier besteht die Gefahr, dass Ressourcen von Polizei und Staatsanwaltschaft gebunden werden, um jemanden der aus Deutschland Highschool AUs hochlädt strafrechtlich zu verfolgen. Ressourcen, die dann fehlen, um gegen Missbrauch an echten Kindern vorzugehen. Echter Kindesmissbrauch und die Unterstützung desselben durch Besitz von Bildern und Videos davon sollte absolut strafverfolgt werden, aber ich finde die zunehmende Tendenz die Freiheiten aller, insbesondere im Internet, für irgendwelche theoretischen Kinder einzuschränken sehr bedenklich.

    1. Genau so ist es. Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal unterstreichen, dass AO3 bei weitem nicht nur bei Jugendlichen populär ist. Die Seite ist vollständig von Freiwilligen finanziert und instand gehalten. Die oben schon erwähnte Gründerin astolat ist beispielsweise die 49 Jahre alte amerikanische Bestseller-Autorin Naomi Novik. Die Einschränkung von Freiheiten ist vor allem aufgrund des hohen Anteils an Erwachsenen besonders bedenklich. Und mit sexuellen Inhalten kommen auch Minderjährige schon immer in Berührung. Bei AO3 wäre die Wahrscheinlichkeit, dass sie über gefühlvolle und nicht rein sensationelle Darstellungen stoßen, viel höher als bei Pornoseiten. Und wie gesagt ist es eben nur geschriebenes Material.

      Die Tagging-Funktionen auf AO3 dienen vor allem dazu, unerwünschte Inhalte herauszufiltern. Wenn eine bestimmte Art von Geschichten nicht mehr erlaubt wird, verschwindet sie nicht vom Archiv. Sie wird einfach nicht mehr richtig gekennzeichnet und es wird Menschen die Möglichkeit genommen, derartige Inhalte zu vermeiden. Fandom basiert auf einem Prinzip der Selbstbestimmung — „don’t like, don’t read“ und „your kink is not my kink but your kink is okay.“ Es wird Lesern ein hohes Maß an Selbstbestimmung zugetraut und dies ist meiner Meinung nach sehr wertvoll. Vor allem die jüngere Generation wächst mit einem algorithmischen Internet auf und bekommt das angezeigt, dass die Mega-Corporations als besonders profitabel erachten. Eine Alternative, die auf eigene Entscheidungsfähigkeit setzt, kann dem zumindest ansatzweise entgegenwirken. Wir wollen doch, dass Jugendliche kritische Entscheidungen treffen können und nicht alles, was ihnen persönlich nicht zusagt, sofort als schlecht und moralisch verwerflich ansehen. Das könnte schnell zu einem gefährlichen Schwarz-Weiß-Denken führen.

    2. Vorab: diese Antwort ist keine juristische Beratung sondern lediglich eine Meinung von einem Jura-Nerd.

      Sie fragen nach der Definition von „tatsächlich“ und „wirklichkeitsnah“. Die ständige Rechtssprechung sieht hier folgende Definitionen vor:

      „Ein tatsächliches Geschehen liegt
      vor, wenn die abgebildete sexuelle Handlung tatsächlich stattfand, auch wenn die Szene nur
      für die Bildaufnahme „nachgespielt“ wurde und dem Film eine fiktive Geschichte zugrunde liegt.“ (¹ s. Schriftliche Stellungnahme zur öffentlichen Sachverständigenanhörung des 2.
      Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages der 18. Wahlperiode, S. 2. – 12. September 2014)

      Der Gesetzgeber hat um Beweisschwierigkeiten zu beseitigen später die Erfassung „wirklichkeitsnaher Geschehen“ eingeführt (s. BT-Drucks. 13/7934, S. 31). Dieser Begriff erfasst also, so wie auch das BKA es definiert, fotorealistische Darstellungen. Die offizielle Definition im Wortlaut ist:

      „Wirklichkeitsnah ist ein Geschehen nur dann, wenn ein durchschnittlicher, nicht
      sachverständiger Beobachter nach dem äußeren Erscheinungsbild der Darstellung nicht
      sicher ausschließen kann, dass es sich um ein tatsächliches Geschehen handelt“ (s. Quelle 1).

      Ebenfalls wird Anscheinpornographie erfasst. Das Alter der abgebildeten Personen spielt keine Rolle im Kontext der Strafbarkeit. Sofern eine Erwachsene Person Minderjährig wirkt ist auch das strafbar.

      Sie griffen das Thema Verbreitung auf. Juristisch ist darunter folgendes zu verstehen: eine Verbreitung ist nur dann erfüllt, wenn der Kreis der Teilnehmer nicht mehr gemessen werden kann. Die Arten der Weitergabe, die nicht unter die Verbreitung fallen werden daher seperat unter §184 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 erfasst, wo fiktive Inhalte nicht genannt werden.

      Auch wurde in einem Kommentar die Mutzenbacher-Entscheidung vom BVerfG genannt, wo erkennbar fiktive Darstellungen, mit diesem Inhalt, auch Kunst sind (BVerfGE 83, 130). Seither muss die Bundesanstalt immer zwischen Kunstfreiheit und Jugendschutz abwägen, was sie auch bei einem Videospiel zuletzt getan hat und zwar indem sie es indizierte, aber den Verkauf an Erwachsene nicht untersagte (Liste A).

      Das ist die mir bekannte Rechtslage.

  10. @Survivor

    Ihre Argumentation für ein Verbot rein fiktiver Inhalte basiert auf einer nicht weiter spezifizierten Meinungsumfrage und „Berichten von Opfern“. Wenn man sich Staaten anschaut, wo jede Art von Pornographie verboten ist dann haben diese mit Abstand die größten Probleme [Sexual violence – unicef Data, May 2022]. Die genannten Beweise sind im Vergleich zur Gegenseite nicht sehr Aussagekräftig. Können Sie Ihre Argumente mit wissenschaftlichen Studien untermauern? Zur Studie aus USA hat LSGBTI bereits alles gesagt.

    Die „Verteidiger“ verteidigen hier nicht diese Inhalte, sondern vielmehr evidenzbasiertes handeln. Vermutlich sind viele dieser Menschen auch noch sehr vertraut mit der „Killerspiel“-Debatte und sehen hier Ähnlichkeiten.

  11. Gerne komme ich Ihrer Bitte nach und verlinke gleich mehrere relevante Studien für interessierte Leser:

    Eine interne Anfrage aus dem Justizministerium, welche von einer Politikerin angestoßen wurde und zum Ergebnis führte das keine Verbindung zwischen Cartoon und Missbrauch gefunden werden konnte:

    „Report: cartoon paedophilia harmless – The Post“ – https://cphpost.dk/?p=11232

    Achtung auf Dänisch und aktuell nur als Buch, daher nur der Titel. Das ist die aktuellste Studie zu diesem Thema und auch da wird keine Korrelation zu Missbrauch gefunden, eher entkräftet.

    Virtuele kinderpornografie vs
    geanimeerde volwassenenpornografie
    Studie naar meningen en doelpubliek – Gert Vermeulen, Laura Byn & Stéphanie De Coensel (eds.), 2022

  12. Vielen Dank fuer diesen Artikel. Ich habe mir auch mal die Zeit genommen die Kommentare zu lesen und habe nicht damit gerechnet in einer Jura Vorlesung zu sitzen. Trotzdem sehr interessant all das zu Wissen.

    Mir faellt leider immer wieder auf das die Diskussionskultur in Deutschland sehr „tribal“ ist, also mit der Bildung von Lagern funktioniert, wo prinzipiell gar nicht erst auf die Argumente der Gegenseite eingegangen wird. Eine Diskussion lebt jedoch von der Konfrontation mit Menschen, die meinem eigenen Weltbild widersprechen und ich bin froh darueber!

    Viele haben hier den Benutzer „Survivor“ direkt addressiert und ich moechte ungern da noch weiter draufhauen, aber was mir wirklich sehr negativ auffiel ist das Sie, Survivor, nicht wirklich auf die Gegenseite eingehen. Sie versuchen einen wissenschaftlichen Ansatz anzusprechen indem Sie auf die Sexualforschung und Verhaltenstherapie verweisen (ohne Quellenangabe). Die Nutzer bitten Sie daraufhin nach Studien, um ihre Position zu verstehen, aber stattdessen verlinken Sie einen Kommentar auf Reddit. Es tut mir Leid, aber Sie entkraeften Ihre Position mehr als es noetig gewesen waere..

    Die Debatte in diesen Kommentaren hier ist sehr unausgeglichen, mir faellt es schwer Ihre Argumentation ernst zu nehmen, wenn Ihre Quellen dem wissenschaftlichen Anspruch nicht genuegen. Zu jede Thema gibt es verschiedenste Meinungen. ABER: die Meinung einer Person staerker zu gewichten als alle anderen hier genannten Quellen, wirkt sehr unserioes. Es tut mir Leid, aber Sie scheinen nicht zugaenglich fuer eine neutrale, sachliche Diskussion. Sollten Sie, oder jemand anders wirkliche Studien zu diesem Thema haben, die eine Nachahmungsgefahr bestaetigen dann freue ich mich wenn sie jemand verlinkt.

  13. Mittlerweile gibt es Antworten auf die Anfragen via FragDenStaat bezüglich der Entscheidung. Siehe hier https://fragdenstaat.de/anfrage/indizierung-archive-of-our-own/ und https://fragdenstaat.de/anfrage/filterung-der-website-archiveofourown-org-bei-google-deutschland/#nachricht-762124

    Die Antwort lautet bei beiden recht ähnlich:
    „Sehr <>

    Ihrem Antrag wird stattgegeben. Im Anhang erhalten Sie die anonymisierte Entscheidung. Diese wurde mittlerweile aufgehoben. Schwärzungen betreffen personenbezogene Daten. Gebühren werden nicht erhoben.

    Mit freundlichen Grüßen“

    Leider kann man den „nicht-öffentlichen“ Anhang nicht öffnen. Ich hatte diese Anfrage extra abonniert, um mehr Informationen zu erhalten und finde das ziemlich enttäuschend.

    Herr Dachwitz, könnten Sie da bitte noch einmal nachhaken? Ich fände es ja schon interessant zu wissen mit welcher Begründung diese Entscheidung ursprünglich getroffen wurde.

    1. Der Anhang ist für mich öffentlich. Die Begründung lautet:

      „Das Internetangebot beinhaltet Texte in russischer Sprache, die sexuelle Handlungen von, an oder
      vor einer Person unter 14 Jahre beschreiben.
      Jugendschutz.net hat mit Schreiben vom 21.10.2022 die Indizierung des Angebots beantragt, da der
      Inhalt kinderpornografisch sei. Löschungsbemühungen seien bislang nicht erfolgreich gewesen.“

      Der Kunstgehalt wurde auch beurteilt:

      „Bei der Abwägung der Belange des Jugendschutzes mit den Auswirkungen des Grundrechts der
      Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) ist festzustellen, dass hier die Kunstfreiheit hinter dem
      Jugendschutz zurückzustehen hat. Den Abbildungen sexueller Handlungen im Zusammenhang
      mit Kindern, die lediglich sexuelle Bedürfnisse des potentiellen Betrachters befriedigen wollen, ist
      allenfalls ein geringer Kunstwert zuzusprechen. Demgegenüber ist der Grad der
      Jugendgefährdung als hoch einzustufen, was bereits aus der Wertung des Gesetzgebers hervorgeht,
      der entsprechende Inhalte als schwer jugendgefährdend bewertet (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1 JuSchG).

      Eine Entscheidung wegen Geringfügigkeit gemäß § 18 Abs. 4 JuSchG verbietet sich im Hinblick auf
      die Tatsache, dass das Angebot im Internet frei abrufbar und damit für Kinder und Jugendliche
      leicht zugänglich ist, sodass nicht von einem nur geringen Verbreitungsgrad ausgegangen werden
      kann“

      Grüße

  14. Mittlerweile ist auch die Entscheidung A/63 durch FragDenStaat öffentlich geworden. Dort wird als Grund der Aufhebung folgendes geschrieben:

    „Die Entscheidungsgründe der Entscheidung Nr. 15899 (V) vom 13.12.2022 lassen erkennen, dass
    im Rahmen einer Anhörung des Anbieters etwaig gewonnene Erkenntnisse mit überwiegender
    Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung berücksichtigt worden wären. Infolge einer Abwägung zwischen den Schutzinteressen des Jugendschutzes und den Grundrechtspositionen der Anbieter ist es rechtsstaatlich geboten, die ergangene Entscheidung aufzuhe-
    ben und das Verfahren in den Stand vor der Anhörung zurückzusetzen. Auch schwer jugendgefährdende Inhalte sind ins Verhältnis zum Gesamtangebot, einschlägigen Grundrechtspositionen
    und den Vorsorgemaßnahmen der Anbieter zu setzen. Die Aufhebung soll bewirken, dass der Ver-
    fahrensbeteiligten die Möglichkeit gegeben wird, von ihrem Anhörungsrecht aus § 21 Abs. 7
    JuSchG Gebrauch zu machen und entsprechend Stellung zu nehmen. So wird auch dem verfassungsrechtlichen Gebot auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) Geltung verschafft. Die Anhörung ist im Sinne des Kinder- und Jugendmedienschutzes unmittelbar einzuleiten.“

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