ZensurumgehungMit einem Klick unzensiertes Netz und Anonymität spenden

Eine Browser-Erweiterung und ein einfacher Klick, um Menschen in Ländern mit zensiertem Internet zu helfen: Wer sich Snowflake in seinem Browser installiert, spendet nicht nur den protestierenden Menschen im Iran anonymes und unzensiertes Netz, sondern unterstützt alle, die sich gegen Zensur wehren müssen.

Die Internetzensur ist auf dem Vormarsch. (Symbolbild) CC-BY-NC 2.0 Eric Constantineau

Die Proteste und Demonstrationen gegen das Regime im Iran werden seit dem Tod von Mahsa Amini in Gewahrsam der Polizei heftiger, über zahlreiche Festnahmen wird berichtet. Man kann sich schnell machtlos fühlen angesichts der Gewalt und der Menschenrechtsverletzungen, von denen Bilder über das Netz ins Wohnzimmer gespült werden. Dann hilft es manchmal, die eigenen Privilegien zu nutzen und den Opfern mit technischen Mitteln Unterstützung zu geben.

Zu unseren Privilegien in Deutschland gehört ein weitgehend zensurfreies Internet. Das kann man nutzen, um Menschen in stark von Zensur betroffenen Ländern effektiv zu helfen. Ein technisches Werkzeug zur Zensurumgehung ist die Browser-Erweiterung Snowflake. Bereits seit 2016 existierte die Idee dahinter als Projekt, wurde aber erst ab 2019 konkret für die Browser Chrome und Firefox angeboten.

Wer es installiert und nutzt, hilft damit nicht nur den Menschen im Iran, sondern allen Zensurbetroffenen. Denn auch Staaten wie China oder Belarus versuchen seit Jahren, die anonyme Internetnutzung zu blockieren.

Was ist Snowflake?

Tor-Browser-Nutzer können die Snowflake-Tor-Brücken verwenden, um die Zensur zu umgehen.

Die Browser-Erweiterung Snowflake ist Teil des Tor-Netzwerkes, welches anonymes Surfen und Zensurumgehung im Netz ermöglicht. Dabei stand die Abkürzung Tor ursprünglich für „The Onion Router“, weil das System technisch wie eine Zwiebel (englisch: onion) konstruiert ist, in der Schichten aufgebaut werden. Im Iran wird der Anonymisierungs- und Anti-Zensur-Dienst Tor seit Jahren im ganzen Land blockiert. Die iranische Telekommunikationsbehörde zensiert faktisch nach Belieben.

Erstellt wird durch die Browser-Erweiterung Snowflake eine Art Brücke in das Tor-Netzwerk. Als eine von mehreren Möglichkeiten der Zensurumgehung helfen solche Tor-Brücken denjenigen, die in Regionen leben, in denen das Tor-Netzwerk zensiert wird und damit die Nutzung des Tor-Browsers erschwert ist. Wenn sich viele Freiwillige beteiligen, ist eine solche Blockade kaum noch möglich. Denn die IP-Adressen der Tor-Brücken sind nicht öffentlich als Liste abrufbar. Das macht sie schwerer zu blockieren.

Wenn man es ganz untechnisch formulieren wollte: Der hiesige Freiwillige, der sich Snowflake installiert, fungiert als eine Art Stellvertreter für die Menschen in stark zensierten Regionen der Welt. Im Iran explodierten in den letzten Tagen die Tor-Nutzungszahlen, weltweit ist bei den Tor-Brücken eine Verdreifachung der Nutzung im Vergleich zum Beginn des Septembers zu verzeichnen. Aber auch in Russland werden die Snowflake-Tor-Brücken gern verwendet, um Zensur zu umgehen und um Kommunikation schützen.

Die Ideengeberin des Konzeptes hinter Snowflake ist übrigens die Informatikerin und hauptberufliche Konzertpianistin Serene. Sie hatte nicht nur das Konzept entworfen, sondern die Software auch teilweise mitentwickelt.

Warum ist Snowflake sinnvoll?

Snowflake kann in normalen Browsern installiert werden, etwa Chrome und Firefox. Die Browser-Erweiterung funktioniert auch auf dem Smartphone und ist mit einem einfachen Klick installiert.

Wichtig ist auch zu wissen, dass die Installation und Nutzung von Snowflake weitgehend risikolos möglich sind. Denn durch die Weiterleitung droht nicht der juristische Ärger, der leider manchmal auch hierzulande Anbietern von Tor-Infrastruktur droht.

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9 Ergänzungen

  1. Also ich hab Snowflake installiert, hab bei mir im Netzwerk Monitoring jedoch noch nicht feststellen können das darüber tatsächlich Daten oder Traffic laufen würden. Wie ist das zu erklären ?

    1. Kommt drauf an. Klick mal auf die Schneeflocke in der Symbolleiste deines Browsers. Es steht doch hoffentlich auf aktiv? Zudem wird dir angezeigt, wie viele Nutzer darüber bereits ins Netz gelangt sind. Was die im Detail gemacht haben, da kann es aber große Unterschiede geben. Unter Umständen haben die so wenig Datenverkehr erzeugt, das es nicht weiter auffällt.

  2. Snowflake läuft bei mir.

    Ich muss nur daran denken, den Firefox nicht nach jeder Sitzung zu beenden.

    Danke für die Erinnerung.

  3. Prima Vorschlag!

    Eine kurze Ergänzung zum letzten Satz des Artikels:

    Juristischer Ärger kann eigentlich nur drohen, wenn man über ein privates System einen Tor-Exit konfiguriert und anbietet.

    Da die Daten, die über diesen Exit laufen, grundsätzlich (bei fehlender Verschlüsselung) auslesbar sind, kann im Fall einer strafbaren und dort abgewickelten Handlung der entsprechende Rechner/Server beschlagnahmt werden. Es wird dann unterstellt, der Anbieter des Exits könne die strafwürdige Person sein.

    Daher besser einen Entry- oder Middle-Node anbieten, bei Exits sollten das nur Serverfarmen, Firmen o. ä. tun.

    Ansonsten für Interessierte noch dieser Link (engl.):

    https://snowflake.torproject.org/

    1. Hier ist vielleicht nochmal ein Zitat aus der verlinkten Projektseite hilfreich (nur dass keine Leute, die dem Link nicht folgen, abgeschreckt werden):

      > There is no need to worry about which websites people are accessing through your Snowflake proxy. Their visible browsing IP address will match their Tor exit node, not yours.

      Ein Snowflake-Proxy ist KEINE Exit-Node!

  4. Eine sehr sinnvolle Erweiterung, wie ich finde – gerade auch im Hinblick auf die aktuelle Lage und der hiesigen Zensur.

  5. Eine Frage: Will mir Snowflake unbedingt zur Unterstützung installieren, kann aber nichts ergooglen zu dem Datenverbrauch und bin technisch nicht fit genug, um die Funktionsweise dahingehend zu verstehen. Also:
    Wenn Menschen dann über mein Snowflake ins Internet gelangen, verbraucht das dann also mehr Datenvolumen? Sollte ich den Plugin also lieber nur auf dem Laptop installieren, der im WLAN ist und nicht auf dem Handy mit einem begrenzten Datenvolumen?

    Oder hat das nichts mit meinem Datenverbrauch zu tun sondern es geht rein um die ‚Unzensiertheit‘?

    Danke fürs Erklären!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.