Corona-Warn-AppKeine PCR-Tests mehr bei roter Warnung

Mit der neuen Test-Strategie kommt eine drastische Einschränkung kostenloser PCR-Tests. Das hat auch Konsequenzen für Nutzer:innen der Corona-Warn-App: Wer eine rote Warnung erhält, hat künftig keinen Anspruch auf einen PCR-Test mehr.

Rote Warnung der Corona-Warn-App mit Schriftzug "erhöhtes Risiko", davor zwei Antigen-Selbsttests
Corona-Warn-App: Ab jetzt nur noch Antigen-Tests bei einer roten Warnung – Alle Rechte vorbehalten Imago / Lobeca

Wer in der Corona-Warn-App eine rote Warnung über einen Risikokontakt erhält, hat künftig keinen Anspruch mehr auf einen PCR-Test. Das haben die Regierungschefs von Bund und Ländern in ihrer heutigen Videokonferenz beschlossen. Stattdessen sollen Menschen mit professionell durchgeführten Antigen-Tests überprüfen, ob sie an COVID-19 erkrankt sind. Diese sogenannten „kostenlosen Bürgertests“ in Testzentren bleiben weiterhin kostenlos, sind jedoch weniger zuverlässig als PCR-Tests aus dem Labor.

Die Corona-Warn-App dokumentiert mithilfe von Bluetooth Begegnungen zwischen Smartphone-Nutzer:innen und kann die Kontaktpersonen von Menschen warnen, die positiv auf Corona getestet wurden. Bisher galt, dass Menschen mit einer roten Warnung entweder einen Antigen- oder einen PCR-Test erhalten sollen. Um den Test-Anspruch gab es im Herbst einiges Chaos, die Vorgabe wurde regional sehr unterschiedlich umgesetzt.

Mit etwas Mühe war es an vielen Orten bis vor kurzem aber möglich, kostenlos einen der zuverlässigeren PCR-Tests zu erhalten, wenn man die rote Kachel in der Warn-App vorzeigte. Damit ist es jetzt vorbei.

Weil die PCR-Testkapazitäten in Deutschland zu gering sind, schränken Bund und Länder den Anspruch auf PCR-Testung insgesamt drastisch ein. Die Details müssen Bund und Länder erst in der neuen Teststrategie festlegen, doch klar ist, dass PCR-Tests weitgehend auf verletztliche Gruppen beschränkt werden sollen. Auch Kontaktpersonen mit Symptomen könnten künftig möglicherweise keine kostenlosen PCR-Tests mehr erhalten. Priorisiert werden Menschen, die im Gesundheitswesen und in der Pflege arbeiten. Außerdem Menschen, die ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben.

Europas Test-Schlusslicht

Die 7-Tage-Inzidenz liegt in Deutschland derzeit bei rund 840, allein am gestrigen Sonntag wurden laut Robert-Koch-Institut mehr als 63.000 neue Fälle gemeldet. Gut 21.000 Personen verschickten am gleichen Tag Warnungen via Corona-Warn-App an mehr als 290.000 Kontaktpersonen. Entsprechend hoch ist der Bedarf an Klarheit durch PCR-Tests.

Laut Branchenverbänden arbeiten die Labore in Deutschland derzeit bereits am Limit, vor allem beim Personal gebe es Engpässe. Laut Robert-Koch-Institut konnten in der dritten Kalenderwoche 180 Labore in der gesamten Bundesrepublik täglich knapp 430.000 PCR-Tests durchführen. In Großbritannien könnten nach Regierungsangaben täglich fast eine Million Tests durchgeführt werden, allein die österreichische Hauptstadt Wien hat tägliche Kapazitäten von mehr als 900.000 Tests.

Dass in Deutschland nicht mehr PCR-Tests durchgeführt werden können, sorgt für heftige Kritik an der Ampel-Regierung und ihrer schwarz-roten Vorgängerin. Laut einer Statistik der Politsendung „Anne Will“ [Beitrag ab Minute 53:30] führt Deutschland derzeit etwa 22 PCR-Tests pro Woche pro 1.000 Einwohner:innen durch. Im europäischen Vergleich liegt die Bundesrepublik damit auf einem der hinteren Plätze, nur in Ungarn, Rumänien und Polen werde noch weniger getestet. In Italien werden laut der Statisik täglich etwa 128 PCR-Tests pro 1.000 Einwohner:innen durchgeführt, in Frankreich 131 und in Österreich 895 pro 1000.

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11 Ergänzungen

  1. „Weil die PCR-Testkapazitäten in Deutschland zu gering sind, schränken Bund und Länder den Anspruch auf PCR-Testung insgesamt drastisch ein.“

    Allein die STADT(!) Wien hat Kapazitäten für PCR-Tests die über denen von ganz Deutschland liegen. Das geht seit Tagen überall auf und ab…

    Spahn hat es in seiner Funktion verpennt auf Bundesebene durchzugreifen, Lauterbach kann es auch nicht.
    Dafür werden Ärzte nach Stunden in Impfzentren mit bis zu 175€/h bezahlt und in der Praxis gibt es je Impfung Honorare, bei denen einem die Luft weg bleibt.
    https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/corona-impfungen-108.html

    Was ist mit D in den letzten Jahren passiert?
    (Zwangsweise) Sozialleistungsempfänger müssen sogar ihre notwendigen Masken aus dem Regelsatz bezahlen und jetzt wird auch noch das testen zurückgefahren.
    Für mich ist das nicht mehr nachvollziehbar und klingt eher – auch nach dem Desaster mit der Liste zugelassener Testkits – nach einer indirekten Kapitulation vor einer Durchseuchung.

    1. Hi,
      das Testen wird ja nicht zurückgefahren, sondern es müssen auf einmal deutlich mehr Leute getestet werden. Darum, denke ich, die Beschränkung.
      Es wächst also nur die Testkapazität nicht schnell genug mit ihren Aufgaben, bzw. wächst gar nicht.

      1. „Es wächst also nur die Testkapazität nicht schnell genug mit ihren Aufgaben, bzw. wächst gar nicht.“

        Da winkt schon der internationale Vergleich…
        Masken, Impfstoffe, PCR-Tests, verbesserte Laien-Selbsttests, verbesserte Tests für Testzentren…

        Die kritischen Eckpunkte haben wir nicht so im Griff.

  2. Vor einem Jahr noch wurden Antigen Schnelltests als unzuverlässig verteufelt. Jetzt sollen sie die Regel werden. Wien alleine teste mehr als die ganze Bundesrepublik. Lauterbahch führt weiter was Spahn total verkackt hat. Wenn ich krank bin, habe ich Anspruch auf eine entsprechende Diagnostik. Na dann werden jetzt eben viel Bürger Symptome entwickeln, um an einen PCR Test zu kommen. Die Triage beim Testenist das Eingeständnis des totalen Versagens der Regierung.

    1. Nicht mal Symptome helfen mehr, aus dem Artikel:

      > […] doch klar ist, dass PCR-Tests weitgehend auf verletztliche Gruppen beschränkt werden sollen. Auch Kontaktpersonen mit Symptomen könnten künftig in den meisten Fällen keine kostenlosen PCR-Tests mehr erhalten. Priorisiert werden Menschen, die im Gesundheitswesen und in der Pflege arbeiten.

      Interessant ist die Einschränkung *kostenlose* PCR-Tests. Vielleicht kannst du ja wieder wie am Anfang der Pandemie 80€ bezahlen, wenn du unbedingt einen PCR-Test willst.

      1. „nicht kostenlos“

        Und die Kriterien wie „PCR-Test für ÖPNV“ o.ä. sind jetzt vom Tisch runter?

  3. In Indien schätzt man die Dunkelziffer bei Omikron auf 30-90, viele Infektionen bemerken nicht einmal die Infizierten selber. In Europa dürfte es ähnlich aussehen: Bei aktuellen Inzidenzen > 4000 in Frankreich und Dänemark, und Dunkelziffern zwischen 5 und 10 sind von 100 Einwohnern 20-40 akut infiziert. In einer Woche.

    Wenn jeder 20., jeder 10. oder gar jeder 5. infiziert ist, dem man begegnet: Dann läßt sich eine Infektion nicht mehr vermeiden. Egal, wie viel man testet, egal, was die Warn-App anzeigt.

    Beruhigend ist, dass in allen Ländern, in denen Omikron schneller ausbrauch als bei uns, die Krankenhäuser weniger stark ausgelastet sind als im vorigen Winter.

    Wir müssen da jetzt durch. Und haben gute Aussichten, dass es glimpflich abläuft.

  4. Laut Anthony Fauci sind weder Antigen-Schnelltests noch PCR-Tests zu gebrauchen.
    Nur lebende Viren wären Beweis für eine tatsächliche Infektion.

  5. Na wenn das mit dem inzenzidenzWert weiter in die Höhe geht, müssten wir ja auch ni mehr allzu weit von der Herdenimmunität entfernt sein. Dann ist das Thema Corona nun hoffentlich bald mal vom Tisch. Omikron ist nun schon eine Mildere Mutation. Die nächste wird vielleicht noch mal milderer und dann ist aus dem krassen Coronavirus am Ende auch nix weiter mehr als ne herkömmliche Grippe!
    Das mit den pcr Test ist dennoch ein Ding der Unmöglichkeit! Ergo wie will man dann noch den Genesenenstatus bekommen?!? Humbug alles nur Humbug!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.