Millionenfach installierte AppsPorno-Deepfakes per Knopfdruck

Ein Foto genügt, um ein fremdes Gesicht per Deepfake in einen Porno zu montieren. Unsere Recherche mit dem SPIEGEL zeigt: Auch mit populären Smartphone-Apps lassen sich innerhalb von Sekunden sexualisierte Deepfakes erstellen. Passende Videovorlagen finden Nutzer:innen direkt in den Apps.

Gesichter tauschen mit populären Smartphone-Apps
Für schlichte Deepfakes braucht es bloß das Profilbild von einem Online-Account. – Gesicht: thispersondoesnotexist.com; Hintergrund: FacePlay/ FaceMagic; Montage/ Bearbeitung: netzpolitik.org

I. produziert Pornofilme, aber seine Darsteller:innen wissen davon nichts. Für seine Produktionen nutzt er Material aus dem Internet. Er kombiniert die Körper von Pornodarsteller:innen mit den Gesichtern anderer Menschen. Eine Software erkennt Mimik und Bewegungen und lässt das neue Gesicht mit der Videovorlage verschmelzen. Solche Videos nennt man Deepfakes. Und die Software dafür musste er nicht etwa in einer geheimen Ecke des Internets auftreiben. Er benutzt einfach eine populäre Smartphone-App.

In einem Forum für Deepfake-Pornos schwärmt I. von der App, die im Google Play Store mehr als eine Million mal heruntergeladen wurde. Es gibt sie auch für iOS. „FaceMagic ist die beste kommerzielle Deepfake-App, die ich je benutzt habe!“, schreibt er auf Englisch. Er bezeichnet sie als „godsend“, Geschenk des Himmels.

Mit FaceMagic können Nutzer:innen innerhalb weniger Sekunden beliebige Gesichter in beliebige Videoclips montieren. Wer genau hinschaut, kann den Fake oft erahnen. Die Gesichter haben weich gezeichnete Konturen, manche Bewegungen wirken verzögert. Dennoch ist die Qualität der Clips gut genug, um Deepfake-Fans ins Schwärmen zu bringen. Und sie reicht aus, um Personen herabzuwürdigen, etwa wenn ihr Gesicht gegen ihren Willen in einem realistischen Porno auftaucht.

„Übergriffige und gewaltvolle Erfahrung“

Wer Menschen ohne Einverständnis in sexualisierte Aufnahmen montiert, verletzt ihre Persönlichkeitsrechte, wie Josephine Ballon von HateAid erklärt. Die gemeinnützige Organisation hilft Betroffenen von digitaler Gewalt im Netz. Ballon beschreibt es als „übergriffige und gewaltvolle Erfahrung“, wenn andere Bildmaterial über einen in Umlauf bringen, ohne dass man das kontrollieren kann. Fachleute nennen das bildbasierte, sexualisierte Gewalt. Unter diesen Sammelbegriff fallen auch sogenannte Rachepornos.

Gemeinsam mit dem SPIEGEL haben wir untersucht, wie drei der populärsten Deepfake-Apps mit bildbasierter Gewalt umgehen. FaceMagic, Reface und FacePlay. Die drei Gratis-Apps wurden millionenfach heruntergeladen und können beliebige Gesichter in bewegte Clips montieren. Unsere Recherche zeigt: Die Betreiber setzen sich nur bedingt dagegen ein, dass ihre Apps für bildbasierte Gewalt missbraucht werden. So ließen sich bei unserem Test mit der Bezahl-Version von FaceMagic problemlos Deepfake-Pornos erstellen.

Der Konkurrent Reface verhindert so etwas. Die App scannt hochgeladene Videovorlagen automatisch – erkennt sie dabei Nacktheit, wird kein Deepfake erstellt. Dennoch ermöglicht auch Reface sexualisierte Deepfakes. Wer die App öffnet, bekommt Videoclips angezeigt, Vorlagen für eigene Deepfakes. Unter der Überschrift „Trending“ sehen Nutzer:innen im August etwa Vorlagen, um fremde Gesichter auf Cover des Erotik-Magazins Playboy zu platzieren. Die dritte untersuchte App, FacePlay, schlägt unter anderem Clips mit Bikini-Models vor.

FaceMagic äußert sich nur anonym zu den Vorwürfen

Wir haben der Beratungsstelle HateAid die Ergebnisse der Recherche vorgelegt. „Wir sind sehr besorgt“, schreibt HateAid-Juristin Josephine Ballon. „Die Tatsache, dass Deepfakes der breiten Masse auf diese Weise zugänglich werden, birgt aus unserer Sicht diverse Gefahren.“ Deepfakes könnten Betroffene psychisch und gesellschaftlich belasten. „Vor allem Frauen sind hier besonders im Fokus.“

Das Team hinter FaceMagic schreibt auf Anfrage, es würde das Hochladen pornografischer Inhalte weder erlauben noch dazu ermutigen oder es befürworten. „Nutzer:innen sollten für die von ihnen hochgeladenen und produzierten Inhalte verantwortlich sein.“ Die E-Mail kam von einer Sammeladresse und wurde nicht namentlich unterzeichnet. Es ist unklar, wer sie verfasst hat. Auch auf unsere direkte Nachfrage hin wollte die Person ihre Identität nicht offenlegen.

iOS-Hersteller Apple teilt mit, im App Store habe man noch nie Pornografie zugelassen. Zu einzelnen Apps wie etwa FaceMagic wollte sich der Sprecher nicht äußern. Google hat auf unsere Fragen bloß mit einem Link zu den eigenen App-Richtlinien reagiert.

Deepfake-Pornos millionenfach geklickt

Seit einigen Jahren berichten auch große Nachrichtenmedien über Deepfakes. Häufig geht es dabei um die Sorge, dass Deepfakes für politische Desinformation genutzt werden könnten. Was, wenn ein gefälschter Präsident Unfug über einen Krieg verkündet?

Deutlich seltener sind Berichte über sexualisierte Deepfakes. Dabei lässt sich die Szene in Echtzeit beobachten. In teils öffentlichen Foren tüfteln Nutzer:innen daran, Menschen möglichst realistisch in pornografische Bilder und Videos zu montieren. Ihre Kreationen werden teils millionenfach abgerufen.

Die Technologie selbst ist nicht verwerflich. Wenn alle Beteiligten zustimmen, können Deepfakes ein kreatives Stilmittel sein. Der Knackpunkt ist, ob eine Person überhaupt in einem Deepfake auftauchen möchte. Eine Frage, die in den Foren für Deepfake-Pornos offenbar keine Rolle spielt. Ohne Einverständnis erstellte Deepfakes können eine enorme Belastung sein, wie Josephine Ballon erklärt – und eine Straftat, beispielsweise eine Verleumdung.

Wenn Deepfakes beim Arbeitgeber landen

Videovorlagen bei FaceMagic; Bikini-Models und eine twerkende Rapperin
Deepfake-Vorlagen bei FaceMagic. Einige sind nur für zahlende „Pro“-Kund:innen verfügbar. - Alle Rechte vorbehalten Screenshot: FaceMagic

Ein Deepfake mit einem Hardcore-Porno hat wohl eine andere Dimension als ein Bikini-Deepfake. Beides kann für Betroffene jedoch psychische und gesellschaftliche Folgen haben, wie Ballon erklärt. Es möchte eben nicht jeder freizügige Bilder von sich veröffentlichen. Selbst wenn ein Deepfake nicht den eigenen Körper zeigt – Betroffene könnten dadurch in der Öffentlichkeit bloßgestellt werden. Die Bilder könnten sich rasend schnell verbreiten.

„Wir haben Fälle gesehen bei denen die Betroffenen von den Bildern erfuhren, nachdem der Arbeitgeber kontaktiert wurde“, sagt Ballon. Das sei demütigend. Man wisse nie, ob jemand die Deepfakes vielleicht doch für echt hält. Ballon sagt, auch heutzutage müssten Frauen negative Reaktionen fürchten. Beispiele dafür sind der Freundeskreis, die Familie, der Job. Noch Jahre später könnten die Aufnahmen auftauchen, „wenn sich die Frau für einen Job bewirbt oder ein*e neue*n Partner*in kennenlernt“. Es könne auch sein, dass die eigenen Kinder oder Eltern sie im Netz finden.

Viele Fälle dieser Art gebe es in der Beratung von HateAid jedoch nicht. „Insgesamt müssen wir hier ebenfalls von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, weil die Schamgrenze enorm hoch ist“, sagt Ballon.

FaceMagic: Deepfake-Pornos aus dem Google Play Store

Nicht für „illegale Zwecke“ nutzen: Diese Warnung zeigt die App FaceMagic an, bevor man mit ihr ein Deepfake-Video erstellt. Ausführlicher wird es im Kleingedruckten. Laut Nutzungsbedingungen dürfen FaceMagic-Nutzer:innen nichts hochladen, was „diffamierend, obszön, beleidigend, (…) pornografisch unanständig“ oder „belästigend“ ist.

Wirksam überprüft wird das offenbar nicht. Wie unsere Recherche zeigt, ist es Mitte August problemlos möglich, mit FaceMagic einen Deepfake-Porno zu erstellen. Dafür braucht es jedoch einen Premium-Account für rund 10 Euro im Monat. Wie das US-Magazin VICE berichtet, soll FaceMagic auf Pornoseiten damit geworben haben, dass die App Deepfake-Pornos erstellen könne. FaceMagic widerspricht: „Wir haben niemals selbst für Pornografie geworben oder eine Werbe- oder Personalagentur dazu ermächtigt.“

Ungeachtet dessen wird FaceMagic offenbar für Pornos genutzt. Auf der eingangs genannten Plattform für Deepfake-Pornos gibt es nicht nur den euphorischen Erfahrungsbericht von I. über FaceMagic. Auch zwei Deepfake-Pornos sind mit FaceMagic getaggt. Beide wurden mehr als zehntausend Mal abgerufen. „Die FaceMagic-App ist die beste aller Zeiten“, steht unter einem der Videos.

Werbeclips mit Striptease-Szene

FaceMagic-Werbung
Werbeclips vom YouTube-Kanal „FaceMagic“. - Alle Rechte vorbehalten Screenshot: YouTube/ FaceMagic; Verpixelung: netzpolitik.org

Darüber hinaus bietet FaceMagic Videovorlagen für mögliche Deepfakes an. Darunter waren bei unserem Test der App auch eine twerkende Rapperin und ein Oben-Ohne-Model am Strand. FaceMagic teilt mit, Videovorlagen in der App würden teils von Nutzer:innen erzeugt, allerdings vom Inhalte-Team überprüft.

In öffentlich einsehbaren Werbeclips führt FaceMagic selbst vor, wie sich die App für sexualisierte Deepfakes einsetzen lässt. Sie wurden auf dem YouTube-Kanal „FaceMagic“ hochgeladen. Ein Clip zeigt einen Striptease aus einem Kinofilm.  Ein anderer hat den Titel: „Upload anything, deepfake anyone“ – alles hochladen, alle deepfaken.

Ein dritter Clip zeigt einen Chatverlauf, in dem ein FaceMagic-Nutzer seinem Kumpel einen Deepfake schickt. Darin posiert eine Darstellerin im Pool, offenbar nackt, das Wasser steht ihr bis zu den Schlüsselbeinen. Die Frau hat aber nicht ihr eigenes Gesicht, sondern das des Kumpels. „Ich bin sprachlos“, schreibt der Kumpel. „Kannst du auch das Gesicht meiner Freundin montieren?“

Die flüchtige Szene stellt es als alltäglich dar, dass Männer ohne Einverständnis sexualisierte Deepfakes von Frauen erstellen und untereinander tauschen. Das Einverständnis der Freundin wird in dem Clip nicht einmal thematisiert. Nachdem wir FaceMagic auf diesen YouTube-Clip angesprochen haben, war er plötzlich offline.

Hinter FaceMagic steckt Firmengruppe aus Hongkong

Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, in welchem Land die Firma hinter FaceMagic ihren Sitz hat. Als Betreiberin im Google Play Store ist eine Firma namens „Insight Technology LTD“ verzeichnet, im App Store eine „Deepart Limited“. Doch die populäre Deepfake-App kommt nicht etwa aus dem Silicon Valley, sondern aus Hongkong.

„Insight Technology LTD“ ist schlicht der neue Name der „Deepart Limited“, wie aus Berichten chinesischer Wirtschaftsportale hervorgeht. Die Betreiber-Firma von FaceMagic gehört einem Geschäftsbericht zufolge über ein weiteres Tochterunternehmen zum Hongkonger Konzern „Shenzhen Xinguodu Co“. Im Geschäftsbericht wird FaceMagic ausdrücklich erwähnt, und zwar als erfolgreiches Produkt für Überseemärkte.

Andere Produkte aus dem Portfolio der Firmengruppe sind elektronische Bezahlgeräte, die unter dem Namen Nexgo vertrieben werden. Kund:innen können mithilfe von Nexgo-Geräten nicht nur mit ihrer Kreditkarte zahlen, sondern auch mit ihrem Gesicht. Die Firmengruppe setzt Biometrie also nicht nur für Deepfakes ein. Das FaceMagic-Team bestätigt auf Nachfrage, dass sie zur selben in Hongkong ansässigen Firmengruppe wie Nexgo gehören. Verwaltung und Betrieb der beiden Firmen seien nicht miteinander verbunden. Von Gesichtserkennung in Nexgo-Produkten wisse man nichts.

Privacy International äußert Bedenken zu FaceMagic

Wer mit FaceMagic zum Spaß Deepfakes erstellt, lädt Porträtfotos hoch und schickt der App damit auch biometrische Daten. Wie sicher ist es, diese Daten preiszugeben? Immerhin werden die Grundrechte in der Sonderverwaltungszone zunehmend auf Druck der autoritären Regierung in China abgebaut.

Wir haben Privacy International um eine Einschätzung gebeten. „Die Erhebung biometrischer Gesichtsdaten sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden“, schreibt ein Sprecher. Laut Datenschutzbestimmungen verwendet FaceMagic Daten zwar nur für die Funktionen der App. Privacy International gibt allerdings zu bedenken, dass außerhalb der EU weniger hohe Standards für Datenschutz gelten.

„Unternehmen können der Willkür autokratischer Regierungen ausgeliefert sein, die beschließen könnten, die von den Unternehmen gesammelten Daten abzugreifen“. Nutzer:innen könnten zurecht davon abgeschreckt werden, einem undurchsichtigen Unternehmen ihre Daten anzuvertrauen.

FaceMagic teilt mit, man erfülle die Richtlinien der App-Marktplätze von Google und Apple. Falls die Regierung von Hongkong die Herausgabe von Daten verlange, halte man sich an die gesetzlichen Bestimmungen. Unsere Frage, ob und wie oft das bereits passiert sei, blieb unbeantwortet.

FacePlay: Eigene Kategorie für Bikini-Deepfakes

Screenshot von FacePlay
Deepfake-Vorlagen bei FacePlay. - Alle Rechte vorbehalten Screenshot: FacePlay

Zumindest Hinweise auf eine Verbindung zu China gibt es auch bei der Deepfake-App FacePlay. Sie wurde mehr als 10 Millionen Mal im Google Play Store heruntergeladen. Einige Bereiche der App sind auf Chinesisch. Innerhalb der App wird eine WhatsApp-Gruppe für interessierte Nutzer:innen beworben. Die Admins der Gruppe haben Telefonnummern mit einer chinesischen Vorwahl.

Unsere per E-Mail verschickten Fragen zur Herkunft der App hat FacePlay nicht beantwortet. Falls FacePlay tatsächlich aus China kommt, würden auch auch auf diese App die Datenschutz-Bedenken zutreffen, die Privacy International über FaceMagic geäußert hat.

Im Gegensatz zu FaceMagic bietet FacePlay nicht die Möglichkeit, eigene Videovorlagen für Deepfakes hochzuladen. Nutzer:innen müssen sich an einer Reihe vorgeschlagener Clips bedienen. Die Clips sind in Kategorien unterteilt. Eine dieser Kategorien heißt „Swimsuit“ und zeigt Bikini-Models.

Bei FacePlay dürfte es jedoch nicht erlaubt sein, daraus Deepfakes ohne Einverständnis zu erstellen, denn laut Nutzungsbedingungen untersagt sind unter anderem „anstößige“ und „herabwürdigende“ Inhalte, die möglicherweise einer Person „unangenehm“ sind. FacePlay hat sich nicht zu den Videovorlagen geäußert.

Reface: Gesichter aufs Playboy-Cover montieren

Playboy-Cover und Unterwäsche-Models bei Reface
Vorlagen für Deepfakes bei der App Reface. - Screenshot: Reface

Eine Konkurrenz zu FaceMagic und FacePlay ist die App Reface. Sie wurde mehr als 100 Millionen Mal heruntergeladen und ist damit die populärste der drei untersuchten Apps. Das Entwicklerteam stammt aus der Ukraine und bloggt darüber, was es bedeutet, während des Angriffskriegs durch Russland eine Deepfake-App zu betreiben.

Auch Reface war schon Thema im Forum für Deepfake-Porno-Fans. Ende 2020 beschwert sich ein Nutzer, dass er mit Reface keine Pornos mehr erstellen kann. „Um ehrlich zu sein, das war die beste App, die ich je getestet habe, und sie hatte funktioniert“, schreibt er betrübt. Ob diese Aussage stimmt, konnten wir nicht überprüfen. Reface schreibt, man habe nicht-einvernehmliche Deepfakes von Anfang an „sehr ernst“ genommen.

Möchte man heute mit Reface einen Porno erstellen, erscheint ein Hinweis: „Möglicherweise unangemessener Inhalt entdeckt“. Einen Deepfake erstellt die App dann nicht. Auf Anfrage erklärt eine Sprecherin: Wer mehrfach versuche, Pornos mit Reface zu generieren, werde gebannt.

In den Richtlinien von Reface steht unter anderem, „nicht-einvernehmliche sexuelle Bilder” seien nicht erlaubt. Dabei präsentiert Reface Nutzer:innen selbst sexualisierte Vorlagen für Deepfakes. Unter der Überschrift „Trending“ sind das etwa Cover des Erotik-Magazins Playboy. Es gibt auch eine Kategorie an Deepfake-Vorlagen mit Unterwäsche-Models der Marke Victoria’s Secret.

Diese Bilder sind zwar jugendfrei, aber durchaus sexualisiert. Ohne Einverständnis der gezeigten Personen können auch sie unter bildbasierte Gewalt fallen. Das heißt, Menschen können damit andere herabwürdigen und Macht über sie ausüben. Ist das im Sinne von Reface? Eine Sprecherin erklärt, Videovorlagen aus der App würden auch aus externen Quellen stammen. Nur ein Teil werde von Reface selbst entworfen. Um problematische Inhalte zu entfernen, würden Vorlagen auf Nacktheit gescannt; außerdem könnten Nutzer:innen Inhalte melden.

Auch Darsteller:innen werden nicht gefragt

Pop-up bei Reface
Entdeckt die App Reface Nacktheit, erscheint ein Pop-up und kein Deepfake wird erstellt. - Alle Rechte vorbehalten Screenshot: Reface

In Berichten über Deepfake-Pornos wird eine Personengruppe oft vergessen. Bei dem Thema geht es nicht nur um die Produzent:innen der Clips oder um die Menschen, deren Gesichter montiert werden. Es gibt auch noch die Darsteller:innen aus den Videovorlagen. Auch sie haben nicht unbedingt zugestimmt, ihren Körper für Deepfakes herzugeben. Was bedeutet das für betroffene Porno-Darsteller:innen, deren Aufnahmen beispielsweise mit FaceMagic bearbeitet werden können?

Einerseits könnten Deepfakes für Porno-Darsteller:innen ein finanzielles Problem darstellen, schreibt Yigit Aydin, Sprecher der European Sex Workers‘ Rights Alliance (ESWA). Darsteller:innen verdienen oft ihr Geld mit kostenpflichtigen Inhalten hinter Paywalls. „Wenn es viele kostenlose Deefakes gibt, möchten Kund:innen möglicherweise nicht für exklusive Inhalte zahlen“, schreibt Aydin.

Das Problem sei aber nicht nur finanziell. Auch Sexarbeiter:innen wünschen und erwarten Privatsphäre, wie Aydin erklärt. „Es ist immer belastend und manchmal traumatisierend, wenn man feststellt, dass die eigenen Daten ohne Zustimmung entwendet und genutzt wurden“. Es sei noch nicht oft Thema bei ESWA gewesen, schreibt Aydin, aber: „Deepfakes haben das Potenzial, Sexarbeiter:innen emotional zu verletzen, genauso wie andere Menschen.“

Für den SPIEGEL recherchierte Theresa Locker.

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16 Ergänzungen

  1. Es ist dann doch wohl auch einer Urheberrechts Verletzung wenn Pornos so verändert und weiter getauscht werden. Da könnten die betroffenen Filmstudios ja durchaus mal Kasse machen indem Abmahn Anwälte beauftragt werden jene zu verfolgen welche solchen Content tauschen !

    1. Ich sehe hier nur bei der Veröffentlichung eine Handhabe – sowohl von Rechteinhabern über das Urheberrecht als auch von betroffenen Opfern (Beleidigung ff.). Erfolgt der Tausch im privaten sehe ich allerdings keine effektiven Möglichkeiten dagegen vorzugehen (hier stellt sich dann überhaupt die grundlegende Frage wie Betroffene Kenntnis davon erlangen sollten).
      Prinzipielle Probleme die sich aus solchen Technologien ergeben muss der Gesetzgeber lösen. Leider ist der bisher zu beobachtende Ansatz i.d.R. ein erwünschtes „Technologieverbot“. Die Umsetzbarkeit von solchen Verbote bezweifel ich.

    2. Insbesondere in den USA fällt das unter „transformative use“, eine Form von „fair use“. Da ist mit Zensurheberrecht Nichts zu machen. In Deutschland sieht die Lage freilich anders aus, aber mehr als lokale Netzsperren sollte man sich auch da nicht erhoffen.

      1. Die USA haben wegen ihrer „Free Speech“ grundsätzlich sehr viel höhere Hürden um gegen Äußerungen anderer vorzugehen. „Free Speech“ ist recht weit gefasst, und umfasst auch noch fast alles was in Deutschland bereits unter die Beleidigung fällt. Der Tatbestand „slander“ (Beleidigung/Verleumdung) ist darüber hinaus in angelsächsischen Rechtssystemen oft nicht einmal Straftat, sondern muss zivilrechtlich verfolgt werden.

  2. Die Sache hat einen Schönheitsfehler, die Mimik des Gesichts passt schlicht nicht zu den Szenen.

    Dieser Umstand lässt sich auch nicht manipulieren. Damit wäre das gleichzeitig eine Möglichkeit derartige Fake-Pornos zu filtern, ohne das damit den Fundamentalisten mit dem Thema Porno in die Hände gespielt werden.

    Das das auch für die Darstellerinnen entwürdigend ist stimmt, es ist eines ein Photo zu montieren, und es ist was ganz anders selbst am Set zu sein, und diese Erlebnis kann garantiert nicht geklaut, kopiert, und geraubt werden.

    Der finanzielle Verlust für die DarstellerInnen sei allerdings zu Hinterfragen, den Verlust erleiden vor allem die Plattformen und Studios. Die DarstellerInnen werden sofort mit „Fixpreisen“ bezahlt, Beteiligungen an den Einnahmen sind eher die Ausnahme. Das ist der große unterschied zur restlichen Filmbranche, wo die meisten DarstellerInnen von den lukrierten Einnahmen abhängig sind.

    1. Hi Peter, Danke fürs Lesen! o/
      Die Mimik aus der Vorlage lässt sich zunehmend realistischer auch in den Deepfake übertragen. Spätestens seit OnlyFans bieten viele Darsteller:innen ihre Inhalte auch selbstständig hinter Paywalls an.

      1. An Sebastian Meineck, 15. September 2022 um 14:30 Uhr

        Ich lese die Artikel immer ;-)))

        Bei BDSM Szenen zweifle ich an das das so einfach geht mit der Mimik, wobei da hinzukommt ob das gespielt ist oder real*)

        Das mit dem Selbstvertrieb hat seine Grenzen bei BDSM Szenen, es braucht dafür den Platz und das Equipment, sowie auch eine passende Umgebung. Personal und Rechtssicherheit, in Eigenregie kommen DarstellerInnen dabei schnell an seine Grenzen.

        *) Berühmt berüchtigt war Insex, das ausschließlich real arbeitete, Anzumerken ist das InSex Standards schuf die heute selbstverständlich sind.

        Intersec Interactive Inc.
        https://de.wikipedia.org/wiki/Intersec_Interactive_Inc.

        Fundamentalisten haben hier erreicht das heute nur mehr noch sehr entschläft gespielt wird, Striemen bei Peitschenhieben die mit Schminke dargestellt werden, warmes Wasser bei Wasserszenen, für jene die der Leidenschaft wegen als Darstellerinnen arbeiten ein Alptraum.

  3. Gar nicht diskutiert wurde bisher der Umstand, daß derartige Bilder (und auch Filme) gleichzeitig eine Nötigung zu Plattformteilnahmen sind. Es gibt viele Internetnutzer, die generell diverse Social-Media-Plattformen meiden und sich generell auch nicht auf irgendwelchen anderen fragwürdigen Plattformen anmelden. Wenn aber genau auf solchen Plattformen derartige Deepfakes auftauchen und ein Zugriff darauf nur möglich ist, wenn man sich dort anmeldet bzw. wenn jemand nur mittels Anmeldung herausfinden kann, daß sich ein solches Deepfake mit seinem Gesicht dort findet, dann stellt das bereits eine Nötigung zur Teilnahme an solchen Plattformen dar.

  4. Falls ich zu einer Person einen Doppelgänger anheuere, mit diesem Doppelgänger einen Porno drehe und den dann veröffentliche, ist dass dann ohne Einverständnis der Originalperson eine „übergriffige und gewaltvolle Erfahrung“? Warum sollte es einen Unterschied machen, ob ich den Porno, welcher oberflächlich betrachtet die Originalperson zeigt, mithilfe eines Doppelgängers oder mithilfe einer KI erstellt habe?

    1. Formal ist das ein signifikanter Unterschied: der Doppelgänger kann nichts für sein Aussehen und seine Freiheit ist gegenüber der Verwechslungsgefahr idR höher einzustufen.

      1. Subjectiv duerfte es fuer den Betroffenen auch ein Unterschied sein: der Doppelgaenger ist eine andere, eigenstaendige Person. Beim deep fake hingegen wird das eigene Bild missbraucht.

    2. Der Doppelgänger dürfte schwieriger zu finden und teurer sein, was es wesentlich unwahrscheinlicher macht, genutzt zu werden. Im Gegensatz zur industriellen (millionenfach heruntergeladen) und günstigen Deepfake-App.

    3. Plausible deniability – ok.

      ABER: Benutzen Sie das Gesicht des Originals als Basis -> Kopf ab! Daran ändert sich also nichts.

      Ansonsten: Sie können zwar abstreiten, haben aber offensichtlich versucht – mit welchen Mitteln auch immer -, einen Porno zum Schaden der Originalperson zu bauen. Dann sind Sie vielleicht immer noch dran, wenn z.B. der Text suggeriert es handele sich um die Originalperson. Ansonsten schlägt vielleicht oder vielleicht nicht eine (legale?) Gesichtssuchmaschine an, sonst findet das keiner, wenn Sie kein großes wichtiges Studio/Person/Produzent sind. Interessant wäre vielleicht noch das Double, und das Double wird nur so weit verändert, dass es weniger nicht wie das „Original“ aussieht, d.h. es werden Unsicherheitsmomente erzeugt bzw. verstärkt, die eine Unterscheidungs sonst einfacher gemacht hätten. Kann vielleicht auch detektiert werden, wäre aber eine Nummer komplizierter und teurer als der direkte Weg.

      Wirklich interessant ist das vielleicht eher zur Erpressung, bzw. Erzeugung illegaler Pornos, die man dem Opfer dann anhängt. Das Opfer hat vielleicht selbst Pornos oder „Clips“ im Internet und wird z.B. Opfer fundamentalistischer Abtreibungsgegner o.ä.

    4. Entscheidend für den Impakt (eher oder):
      – Original hat bereits selbst Pornos einsgestellt (Pech).
      – Original ist sehr bekannt (Pech?).
      – Textuelle oder andere Referenzen deuten auf das Original (legal?).

      Schon ein Casting in Richtung von Person X wird verdächtig sein. Bei sehr bekannten Stars vielleicht weniger (weil prinzipiell nicht verboten?), bei x-beliebigen „Originalen“ allerdings mindestens schon dubios.

    1. Wofür sind die „Anbieter der Stores“ haftbar zu machen? Und warum dazu noch „als einzige“?
      Mir erschließt sich nicht ganz was man damit erreichen würde.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.