Ampel-RegierungDigitalausschuss tagt weiter hinter verschlossenen Türen

Im Koalitionsvertrag der Ampel steht, dass bestimmte Ausschüsse des Bundestages in Zukunft öffentlich tagen sollen. Doch beim Ausschuss für Digitales setzt die Ampel auf den Ausschluss der Öffentlichkeit. Sie verpasst damit eine Riesenchance. Ein Kommentar.

Türe mit Aufschrift "Nicht-öffentliche Sitzung"
Die Bürger:innen müssen draußen bleiben. (Symbolbild) – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / HRSchulz

Der Digitalausschuss, bei dem auch Digitalminister Volker Wissing zugegen ist, tagt heute trotz eines gegenteiligen Antrages nicht-öffentlich. Das ist schade, denn die Ampelkoalition ist mit großen Worten angetreten. Im Koalitionsvertrag steht prominent gleich auf Seite 10: „Wir wollen mit Transparenz unsere Demokratie stärken.“

Und nicht nur das. Auf Seite 174 des Koalitionsvertrages heißt es noch deutlicher:

Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages soll reformiert, die Fragestunde und die Befragung der Bundesregierung dynamischer und interaktiver gestaltet, das Parlament bei internationalen Angelegenheiten insbesondere durch Regierungserklärungen gestärkt und für bestimmte Ausschüsse sollen öffentliche Sitzungen, die in Echtzeit übertragen werden, zur Regel werden.

Transparenz ist, wenn die Bürger:innen in einer Demokratie nicht nur alle vier Jahre wählen dürfen, sondern die Entstehung von Gesetzen, die Beratungen und Ausschüsse auch live verfolgen können. Hier hätte gerade der Digitalausschuss ein Zeichen setzen können – und ein interessiertes Publikum gehabt.

Nun also wieder nicht. Alles wie immer. Der Digitalausschuss tagt standardmäßig nicht-öffentlich. Das hat die Ampel so beschlossen. Die gleiche Ampel, die allen bei Amtsantritt eine Modernisierung des Landes versprochen hat. Sie kommt mit der Entscheidung jetzt furchtbar altbacken daher. Und sie verpasst eine Chance, denn sie hätte mehr Transparenz schaffen können.

Bedenken first, Transparenz second

Dabei sind die Themen der heutigen Sitzung wirklich spannend: Bundesminister Wissing berichtet über digitale Projekte in seinem Ministerium, die Bundesregierung zum Stand der EU-Regulierung rund um den Digital Market Act und den Digital Services Act. Alles Themen, welche die Bürger:innen und ihre digitale Realität betreffen. 

Die Ampel hat sich die Digitalisierung groß auf die Fahnen geschrieben, sie hat viele gute Ankündigungen zur Digitalisierung im Koalitionsvertrag gemacht. Dass sie sich dabei von der Öffentlichkeit im Digitalausschuss über die Schulter schauen lassen sollte, wäre modern, transparent und zeitgemäß gewesen. Es wäre ein Zeichen des Aufbruchs. Die verschlossene Tür hingegen erinnert an die bleiernen Zeiten der großen Koalition. Und die will mindestens in Digitalfragen doch wirklich niemand mehr.

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3 Ergänzungen

  1. … aber Lesen allein reicht nicht. Man sollte auch verstehen können. Und dann muss man auch noch verstehen wollen.

    >> für bestimmte Ausschüsse sollen … <<

    1. "bestimmte" heißt nicht alle.
    2. "sollen" heißt nicht müssen.

    Fazit: Mit der Polit-Prosa kann man bei Gutgläubigen Stimmung machen und Hoffnungen wecken. Machen und Entscheiden kann man dann was man will und was in den Kram passt.

  2. Es gab da ja die schöne Formulierungshilfe des CCC (https://www.ccc.de/de/updates/2021/ccc-formulierungshilfe-regierungsprogramm), was dann auch vom Fefe gefeiert wurde, dass die Ampel es übernommen hatte (https://blog.fefe.de/?ts=9f60b12e). Die Öffentlichmachung der Ausschüsse wird nicht erwähnt, aber zeigt doch gut, dass Abschreiben zwar das Papier füllt, aber noch lange nichts zur Substanz hinter dem Papier sagt. Am Ende ist es dann doch nur heiße Luft gewesen.

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