xHamsterJugendschützer wollen Porno-Plattform beim Hoster sperren

Porno-Plattformen wollen keine Altersverifizierung einbauen, weil sie einen Rückgang bei den Nutzer:innenzahlen fürchten. Die Kommission für Jugendmedienschutz will deswegen die Plattform xHamster direkt beim Host sperren. Das könnte aber nur ein Zwischenschritt sein, um letztlich Netzsperren durchzusetzen.

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Netzsperren sind weiterhin umstritten. (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Nick Wright

Aufgrund von Verstößen gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) hat die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) in einem von der Landesanstalt für Medien NRW geführten Verfahren die Sperrung der Porno-Plattform xHamster in Deutschland angeordnet. Hauptgrund der Sperranordnung ist, dass xHamster keine Altersverifikation seiner Nutzer:innen vornimmt.

Seit der Verschärfung des Jugendmedienschutzes gibt es kaum noch Porno-Anbieter, die ihren Firmensitz in Deutschland haben. Der jetzigen Anordnung geht eine lange Auseinandersetzung voraus, bei der die Jugendschützer zuerst auf die umstrittene Maßnahme der Netzsperre setzten, bei Providern wie Telekom oder Vodafone aber auf Gegenwehr stießen

Zwischenschritt zu Netzsperren

In einem neuen Anlauf wollen die Jugendschützer die Sperrung für Deutschland nun direkt beim dem Dienstleister vornehmen, der die Plattform xHamster hostet. Die Kommission für Jugendmedienschutz erhofft sich von der Maßnahme „Wirkung über den jetzigen Einzelfall hinaus“. Laut einem Bericht der Berliner Zeitung (€) aus dem März gilt es aber als unwahrscheinlich, dass der Host-Provider die Sperrverfügung der KJM umsetzen wird. Dann könnten die Jugendschützer als nächsten Schritt wieder Netzsperren anordnen – und damit erfolgreich sein. 

Netzsperren, also die Zensur einer Webseite über ihre Internetadresse, sind seit den erfolgreichen „Zensursula“-Protesten ein Thema, das hierzulande regelmäßig zu Protesten und Widerspruch führt. Zuletzt setzte aber die Musikindustrie Netzsperren ohne Gerichtsbeschluss durch, ein Instrument mit gefährlichen Nebenwirkungen.

Instrument mit gefährlichen Nebenwirkungen

Grundsätzlich gibt es bei jeder Form der Porno-Sperrung das Problem, dass eine Sperrung alle Nutzer:innen über 18 Jahren ausschließen würde. Also auch Nutzer:innen, die das Angebot anschauen dürfen und bei denen die Sperre einen deutlichen Eingriff in die Grundrechte bedeutet.

Auch die Altersverifikation bei den Porno-Plattformen kann aus Perspektive des Datenschutzes problematisch sein, wenn hier sexuelle Vorlieben der Nutzer:innen mit dem Klarnamen und Geburtsdatum in Zusammenhang gebracht werden können. Davor fürchten sich auch die Nutzer:innen, was wiederrum zu einem Rückgang der Nutzungszahlen bei den Plattformen führen könnte.

Manche Medienpädagog:innen zweifeln laut einem Bericht von netzpolitik.org am Konzept der Netzsperre. Sie fordern stattdessen eine bessere Aufklärung der Jugend in Sachen Sex und weisen darauf hin, dass lokale Sperren an Smartphones oder Routern vor allem Kinder unter 14 Jahren vor dem zufälligen Besuch solcher Seiten schützen können. Jüngere Kinder seien allerdings gar nicht an Porno-Plattformen interessiert. Ältere würden bei Interesse sowieso Wege finden, die Sperren zum Beispiel mit VPNs zu umgehen.

xHamster in der Kritik

An xHamster gab es in der Vergangenheit immer wieder Kritik. So fand Vice in einer Recherche heraus, dass die Plattform Freiwillige für die Moderation von einsetzte, die nach Bauchgefühl entscheiden sollten, ob die gezeigten Menschen schon 18 Jahre alt waren. (netzpolitik.org berichtete). Auf xHamster waren auch Spannervideos zu sehen, die auf einem Festival in Deutschland illegal entstanden waren.

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13 Ergänzungen

  1. Es gibt einen Punkt, in dem Deutschland im 21sten Jahrhundert fuehrend ist: Zerstoerung des freien Internets. Da kann man sich locker mit China messen. Nur funktioniert das Rest-Internet natuerlich nur weit unter chinesischem Level.

  2. Die selbsternannten „Jugendschützer“ glauben doch nicht allen Ernstes, dass Netzsperren oder ähnliche Instrumente irgendwelche Jugendlichen davon abhalten, Pornos anzuschauen?

    Seit Generationen haben so ziemlich alle Jugendlichen, die an sexuellen Darstellungen Interesse hatten oder haben, Pornos konsumiert, erst recht in multimedialen Zeiten wie den heutigen.

    Das Vorhaben ist nicht nur deshalb ein zum Scheitern verurteilter Schuß in den Ofen, sondern auch, weil Sperren umgangen werden können und ausserdem seit der Massenpräsenz des Internets so viel Material im Umlauf ist, dass die Jugendlichen alles ohne Netz tauschen oder ansehen können.

    Wovor genau sollen die Jugendlichen eigentlich geschützt werden?? Ist jemals bewiesen worden, Pornos seien schädlich?

    1. Da geht es primaer um Moralvorstellungen und Medienregulierung. Da braucht man keine Wissenschaft, man weiss ja, dass man Recht hat.

      Es gibt Untersuchgungen, und ganz trivial: die ganze Generation U30 ist mit einfachst verfuegbarem Porn aufgewachsen, innerhalb und ausserhalb der BRD. Aber wie gesagt: stoerende Realitaet spielt bei der Frage- und Zielstellung keine Rolle. Sexuelle Gewalt gegen Kinder wird ja auch durch Netzueberwachung „bekaempft“.

    2. Derzeit werden die Jugendlichen vieleicht noch am stärksten vor altesgemäßem Aufklärungsmaterial geschützt.

      Natürlich gibt es schädliche Aspekte an Pornographie, die im Wesentlichen darin bestehen, dass es an adäquatem Aufklärungsmaterial, auch im Sinne von realistischer Interaktion- und Rollenvorstellung, mangelt. Will man ansonsten die „natürliche“ Entwicklung der Kinder in den Vordergrund stellen, also z.B. „Vorbild 50er“, oder Schimpansen o.ä.? Natürlich müssen die Möglichkeiten der Zeit für Informationsangebote genutzt werden, bitte aber auch in dem jeweiligen Alter angemessener Darstellungs- und Sprachform. Tauschen die Schüler solches Material untereinander „illegal“ aus, ist es eher noch ein Gewinn, als wenn der unrealistische Pornoblödsinn (vom erzieherischen Aspekt gesehn) geteilt wird. Das sollte bei der Erstellung des Materials bereits bedacht werden.

    3. Diese sogenannten „Jugendschützer“ müssen doch irgendwie ihre Existenzberechtigung nachweisen. Und sei es durch völlig wirkungslose und somit sinnlose Maßnahmen. Nach dem Motto, wir machen uns gern öffentlich lächerlich, was zählt ist das monatliche Gehalt.

      1. Nein, die haben einen Plan: natuerlich wirkt das alles nicht, und dann braucht man eben verpflichtend Filter auf Betriebssystemebene, die sich nicht deaktivieren lassen.

        Das finden Hersteller wie Apple mit ihrem Walled Garden genauso gut wie die Content-Mafia. Der Buerger wird damit online endgueltig zum Konsumenten, die freie Kontrolle des Benutzers ueber sein Endgeraet, die Allzweckmaschine Computer im Allzweckmedium Internet ist Geschichte. Da will man hin.

    4. Ich frage mich schon seit langer Zeit, warum es erlaubt ist, tagtäglich im TV zu zeigen wie man einen Menschen töten kann, es aber verboten ist, zu zeigen, wie ein Menschen gemacht/gezeugt wird.

      Wir driften hier langsam in die Doppelmoral der US Amerikaner ab.

      1. Das mit dem Toeten faellt in Deutschland genauso unter den Jugendschutz. Gerne uebrigens auch „hacker content“ und sowas.

        Die entsprechenden Filter wuerden eben nicht nur Porno treffen, ganz im Gegenteil: Porno ist letztlich die Branche, die explizit fuer ueber 18 produziert, anbietet und mit Kundschaft erzwungen ueber 18 kein Problem hat.

  3. Ich frage mich wie genau die Sperrung beim Hoster aussehen soll? Soll dieser „einfach mal“ eigene Infrasktruktur zur Überprüfung des Alters von Deutschen vorschalten, die den Anforderungen genügt? Soll ein Geoblocking für Deutschland erfolgen? Soll die Seite ganz gelöscht werden? Da sollte es nicht verwunderlich sein, dass sich der Dienstleister wehrt.

    Anscheinend hat das Hosting-Unternehmen bzw. Dienstleister nicht einmal den Sitz in Deutschland, daher verstehe ich nicht wie deutsche Behörden überhaupt auf die Idee kommen da irgendeine Befugnis für derartige Eingriffe zu haben. Und wenn das deutsche Behörden machen: Kommen dann bald russische oder chinesische Behörden und verlangen die Durchsetzung ihrer Regeln auf deutschen Servern?

    Es scheint ganz so, als ob mal wieder jemand nicht verstanden hat wie das Internet funktioniert. Aber anstatt auf Aufklärungsarbeit zu setzen, wird schon der Weg für Maßnahmen geebnet, die greifbarer sind: DNS-Sperren bei deutschen Providern („Netzsperren“). Dass dieses Mittel durch den Wechsel des DNS-Servers von jedem Kind mit etwas Google-Fähigkeiten umgangen werden kann, ist ein ein weiteres Indiz für fehlende Kompetenz und Weitsichtigkeit bei solchen Entscheidungen.

    Es bleibt nur zu hoffen, dass deutsche Behörden nicht auf noch mehr dumme Ideen kommen, wie z. B. verpflichtende Jugendschutzfilter auf (Heim)-Router oder noch schlimmer: Zensurinfrasktur à la China damit sie ihrem Kontrollwahn fröhnen können.

    1. „Soll ein Geoblocking für Deutschland erfolgen“

      Ja.

      „Anscheinend hat das Hosting-Unternehmen bzw. Dienstleister nicht einmal den Sitz in Deutschland, daher verstehe ich nicht wie deutsche Behörden überhaupt auf die Idee kommen da irgendeine Befugnis für derartige Eingriffe zu haben.“

      Marktortprinziep. Arbeitet der Hoster nciht wie gewünscht mit, erfolgt eine Anordnung zu DNS-Sperren bei allen deutschen Providern.

      „Es bleibt nur zu hoffen, dass deutsche Behörden nicht auf noch mehr dumme Ideen kommen, wie z. B. verpflichtende Jugendschutzfilter auf (Heim)-Router oder noch schlimmer:“

      Witzig, genau das sind die aktuellen Gesetzesvorhaben über die gestern erstmalig breit berichtet wurde.

  4. Das Endziel sind Sperren in allen Endgeraeten, die nur durch amtlichen Altersnachweis beim login per Personalausweis freigeschaltet werden koennen.

    Der Traum der deutschen Innenpolitik: jeder Netzzugriff hart authentifiziert und ueberwacht.

  5. Mir fällt gerade -zum x-ten Male- das Beispiel UK ein: Die überwachungsfreudigen (bzw. -fanatischen) Briten haben ihre Pornofilter doch still und heimlich wieder deaktiviert, weil sie gemerkt haben, dass es nichts bringt.

    Im Übrigen ist das Internet nun doch schon einige Jahrzehnte alt und hat seit ca 20-25 Jahre auch eine massenhafte Verbreitung gefunden – inklusive der allgegenwärtigen „Pornographie“. Damit müsste es bereits eine ganze pornographiegeschädigte Generation geben. Wo ist die denn?

    Interessanter finde ich allerdings, welche Sau denn nun diesmal durchs Dorf getrieben wird: Erst war es die Kinderpornographie mit der Lüge, dass Löschen nichts bringen würde, dann kamen die Terroristen. Und diesmal: „nur“ Jugendschutz? Mir scheint, als gingen denen die Argumente aus.

    Außerdem ganz aktuell:
    „Länder wollen Zwangsfilter in allen Betriebssystemen“ – gefunden bei Heise: https://www.heise.de/news/Laender-wollen-Filter-in-allen-Betriebssystemen-Verbaende-laufen-Sturm-6116452.html

    1. „Jugendschutz“ geht halt ueber Medienregulierung und ist daher von jeglichem Strafverdacht oder sonstigen Anlass unabhaengig. Zieht also immer, ueberall, fuer jeden Anbieter und Geraet.

      Das ist viel umfassender als alles, was ueber Strafverfolgung oder Strafabwehr machbar waere, und ist letztlich voellig sinnlos in Hinsicht auf das vorgebliche Ziel. Gibt ja gute Gruende, warum das nur die deutsche Demokratiesimulation hat, und alle anderen Jugendlichen anscheinend auch nicht mehr Schaden nehmen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.