Von wegen KlimaschutzDie Bundesregierung macht eine Milliarde Euro für die Autoindustrie locker

Der sechste Autogipfel endet mit einem milliardenschweren Zukunftsfond, der die Automobilindustrie transformieren soll – insbesondere im Bereich der Digitalisierung. Klimaschützer:innen kritisieren diese Investition und fordern den Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs.

Geldbündel liegen auf der Haube eines schwarzen Autos.
Auf der Haube der deutschen Autoindustrie räkeln sich milliardenschwere Subventionen. (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Brian Lundquist

Die Automobilindustrie ist eine tragende Branche für die Wirtschaft Deutschlands. Die Autogipfel, eingerufen von der Kanzlerin, bestimmen über deren zukünftige Entwicklung mit. Gestern verkündete der Finanzminister Olaf Scholz das Ergebnis des sechsten Gipfels: Bis 2025 stellt die Bundesregierung eine Milliarde Euro für die Autoindustrie bereit, 410 Millionen Euro sollen in die Digitalisierung fließen.

Ein unabhängiges Gremium erarbeitete schon seit November 2020 detaillierte Vorschläge zu der umfassenden Transformation der Automobilbranche. Auf dem gestrigen Autogipfel verabschiedete Angela Merkel den Abschlussbericht der Expert:innen. Diese legen besonders viel Gewicht auf die Ausarbeitung von „digitalen Lösungen“, die das vernetzte und automatisierte Fahren voranbringen sollen. Das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie betont in einer Pressemitteilung: „Die Digitalisierung der Automobilindustrie ist existenziell für deren Zukunft.“

„Konsequenter Klimaschutz für wirtschaftlichen Erfolg“

Ganz konkret unterstützt der Fond mit 120 Millionen Euro die Entwicklung von offenen Betriebssystemen und offenen Standards, um den Zugang zu automatisiertem Fahren zu erweitern. Dabei steht noch zur Debatte, wie der Zugang zu Fahrzeugdaten geregelt werden soll. Außerdem sollen weitere 120 Millionen in Entwicklungsmethoden für neue Software, die auch Künstliche Intelligenz beinhaltet, investiert werden. Weiteres Geld fließt in die Prüfung und Absicherung von autonomem Fahren (100 Mio. Euro). Diese Schwerpunkte sammeln sich gemeinsam unter dem Projekt „Zukunftsinitiative Digitalisierung“. Zusätzlich fördert die Bundesregierung mit 70 Millionen Euro Start-ups und die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften im Bereich der Digitalisierung der Autoindustrie. 

In den genannten Schwerpunkten sieht die Regierung das Potenzial für eine erfolgreiche und nachhaltige Transformation der Automobilindustrie. Die Bundesregierung äußert sich mit den Worten: „Es bestand Einigkeit, dass konsequenter Klimaschutz eine Voraussetzung für zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg ist“

Die bevorstehende Internationale Automobilausstellung (IAA) in München steht ebenfalls unter den Sternen einer „zukunftsorientierten Mobilität“, die den Klimaschutz mit neuen Technologien verbinden möchte. So gibt es dieses Jahr etwa eine „Sustainability Lounge“, in der Firmen wie LinkedIn über das Thema Nachhaltigkeit sprechen können.

#blockIAA: die Automobilindustrie in der Kritik 

Vielen umweltpolitischen- und zivilgesellschaftlichen Organisationen geht dieses Engagement nicht weit genug. Das Bündnis aus „Sand im Getriebe“ und weiteren Kooperationspartner:innen rufen mit dem #blockIAA zu Protestaktionen gegenüber der Automobilausstellung auf. In ihrem Statement fordern sie eine gerechte öffentliche Mobilität für alle und damit das Ende des Autozeitalters. Der globalisierungskritische Verein Attac schließt sich den IAA-Protesten in München an. Der ehrenamtliche Attac-Aktivist Hermann Mahler kritisiert gegenüber netzpolitik.org die einseitige Förderung der Automobilindustrie durch den Zukunftsfond. Er meint:

Verstopfte Strassen und Städte werden durch E-Autos nicht entlastet. Die Erwartungen an eine klimagerechte und sozialgerechte Mobilität können nur erfüllt werden, wenn der Sparkurs im öffentlichen Personenverkehr beendet wird. Hier muss massiv in die Erneuerung und den Ausbau von Infrastruktur und Personal investiert werden. Dies deutlich zu machen, wird auch unser Ziel bei den IAA-Protesten in München sein.

Der Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer forderte in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk eine finanzielle Investition in die Verkehrswende – und damit in die Schiene. Laut Krischer ist der milliardenschwere Zukunftsfonds aus Steuergeldern nur nötig, da der Regierung in der Vergangenheit Fehler in der Autobranche passiert seien – etwa der lange Glaube an den Dieselmotor. 

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28 Ergänzungen

  1. „Laut Krischer ist der milliardenschwere Zukunftsfonds aus Steuergeldern nur nötig, da der Regierung in der Vergangenheit Fehler in der Autobranche passiert seien – etwa der lange Glaube an den Dieselmotor. “

    Der Automobilindustrie wird aber keine Eigenständigkeit abverlangt, oder wie?
    Könnte meinen, die Tabakindustrie sei über die Folgen als erste informiert gewesen, wie die Ölbranche ja auch. Jetzt plötzlich (Kyoto trappsen anyone?) die Autoindustrie durch extern fachfremd induzierten Glauben fehlerhaft aufgestellt?

    1. Hallo! Der Inhalt dieser Meldung zielt eben auf den beschlossenen Zukunftsfond der Bundesregierung zur Förderung der Automobilindustrie. Deswegen lasse ich hier auch eine Oppositionspartei zu den Autogipfeln zu Wort kommen. Das heißt nicht, dass die Automobilindustrie nicht eigenständig handeln soll.

    2. Es ist von Fehlern der Regierung die Rede. Und natuerlich ist der Glaube an den Dieslmotor ein Fehler der Regierung, auch wenn dieser Fehler eher der Korruption als des Versagens geschuldet ist.

      Die Autoindustrie hat da keinen Fehler gemacht: deren Gewinne sind top und bei Bedarf zieht sie halt wieder mal Geld aus der Regierung, also den Buergern.

      1. Das war in der Tat nicht als Kritik am Artikel gedacht, sondern sollte eine zugegeben ziemlich offensichtliche Perspektive beleuchten :). Eigentlich gehört noch die Frage dazu, wie locker denn das Geld nun sitze, im Sinne der Verwendungsdreiheit (noch einen bodenständig fossilen Hybrid-Jeep mit freundlichst doppelt subventioniertem Kohlestrom herausbringen?).

        Der Fokus saß so gesehen tatsächlich in dem Einschlagsbereich von PR und Korru(m)ption „Hand in Hand“, und wie ein Beitrag unten andeutet, sind gehörige Investitionen an allerlei Stellen ja durchaus nötig, um irgendwohinzukommen. Die Frage „wohin und wie?“ ist allerdings mit „etwas Softwareentwicklung also *Autoindustrie*“ nicht unbedingt abschließend zufriedenstellend beantwortet. Stützt man jetzt z.B. monolithische Konstrukte, handelt man sich auch wieder Problem-chen ein, zudem bleibt die Fragestellung mit dem „eigenständigen Denken“ auf Seiten der Industrie auch hier unangetastet, tatsächlich ergibt sich so unweigerlich die Frage, wie eigenständig die Handelnden auf Regierungsseite vorgehen, wenn der Industrie keine Gegenleistung abverlangt wird. Denn bzgl. der Aufgaben, die die Wirtschaft aus Sicht einer Regierung idealisiert gesehen innehaben sollte, gehört auch die Vorbereitung auf die Zukunft. Inwiefern also wird das Land hier vorwärts gebracht, bzw. inwiefern wird einer solchen Aufgabe… oder ist das keine Aufgabe sondern PR?

  2. Die Investition für Software zum „autonomen Fahren“ und zur Vernetzung der Autos beinhaltet noch einen riesigen Rattenschwanz, der hier leider nicht mit erwähnt wurde. Aktuell sollen wohl pro Auto 1,1 Personen mitfahren (also fast immer nur eine einzelne Person pro Autofahrt). Wenn die Dinger einmal autonom unterwegs sind, könnte diese Zahl unter 1 fallen und damit den Stadtverkehr weiter belasten, was gleichzeitig auch Auswirkungen auf die Umwelt hat.

    Des weiteren haben voll vernetzte Autos mit Kameras rund ums Auto einen massiven Eingriff in die Privatsphäre aller Bürger. Wer kann mir versichern, dass die Daten wirklich nur für die KI zum autonomen Fahren genutzt werden und nicht etwa später als Vorratsdaten für polizeiliche Ermittlungen gespeichert werden? Bei dem Willen der Regierung autonomes Fahren so sehr zu pushen schleicht die Befürchtung mit, dass bereits heute darauf abgezielt wird (was natürlich nur reine Spekulation ist). Mindestens geht es hier aber um die Wirtschaft und weniger um den Klimaschutz.

    Insgesamt sehe ich den digitalen Teil des Fonts nochmal deutlich kritischer als im Artikel dargestellt. Digitalisierung zum Klimaschutz wäre beispielsweise Open Data für öffentliche Verkehrsmittel um einerseits diese zu pushen und andererseits diese effizienter zu machen (etwa bei der Fahrplangestaltung).

  3. Umweltschutz sieht anders aus, mit 1.000.000.000 wird in Österreich zumindest für 5 Jahre das NOW Ticket finanzieren.

    Dafür bekommt man um 1.095 Euro eine Jahreskarte mit der sich alle öffentlichen Verkehrsmittel zukünftig (ab etwa Mitte 2022) nutzen lässt. Aktuell ab 26. Oktober sind es 6 Bundeländer und das gesamte ÖBB Netz, inklusive ICE, RJ, REX S-Bahn, etc…

    In Berlin kostet die Jahreskarte (ABC) schon mehr, das General Abo in der Schweiz mehr als 3 mal so viel. Und das bei etwa halber Fläche die die Schweiz hat und etwas weniger Einwohner und obendrein ist auch noch die Gesamtnetzlänge kleiner ist.

    Ob und in wie weit sich der Autoverkehr reduzieren lässt wird man sehen, erfahrungsgemäß dauert es ein paar Jahre das sich die Auswirkungen zeigen.

    Innovation sieht auch sonnst anders aus, von Österreich aus werden in Zukunft Hochgeschwindigkeitsnachtzüge (vMax 230 km/h) rollen und Europa versorgen, damit das zweite Land weltweit nach China mit derartiger Innovation. Eine Nacht durch Europa von Rom nach Stockholm…

    Österreichischer Konzern errichtet Seilbahnen in Lateinamerika als alternative zur U-Bahn, inzwischen ganze Netzwerke wie in La Paz, Caracas und Medellín, Innovation ganz ohne Staatsförderung.

    Es gibt so viele wunderbare Dinge die gefördert werden könnten, die Umwelt schützen von denen viele was haben, das Automobil zu fördern ist wohl das Dümmsten und Einfältigsten.

  4. Im Text/Schlagworte kommt 4x der Begriff „fond“ vor. In Geldangelegenheiten wird der Plural „Fonds“ benutzt von lat. fundus (Grund, Boden) und steht für einen größeren Vorrat. Der Singular „Fond“ ist nur für eine einfache Menge wie Brühe oder den Rückraum beim PKW gebräuchlich.

  5. Auch E-Autos zerstören die Umwelt. Auf dem Land zerschneiden Straßen Biotope und ermöglichen Zersiedelung und Flächenverbrauch, in der Stadt nehmen sie Platz für wichtige Grünflächen weg.

    Verkehrswende muss heißen: 90 % weniger motorisierter Individualverkehr und 50 % weniger Asphaltfläche.

    Das E-Auto ist Teil des Problems, nicht Teil der Lösung. Vollkommen gaga, dass diese Sackgasse soviel Steuergeld erhält..

    1. Auf dem Land ist ein Leben ohne Auto nicht möglich, außer Sie fordern, dass alle Landbewohner wieder wie vor 60 Jahren leben. Dafür ist es meist einfach möglich ein e-Auto daheim zu laden und somit ist die Kaufschwelle deutlich niedriger, als in der Stadt.

      1. @ Anonymous

        Das Artensterben ist eine ökologische Katastrophe, die sich seit den 70er durch unser Land frisst, und die Hauptursache ist die Zersiedelung. Und die wird durchs (E-)Auto ermöglicht. Landleben muss teuer und unbequem werden, und zwar schnell. Die Stadt ist die ökologischste Lebensform für den Menschen. In der Stadt sind Autos auch nicht nötig.

        Viele haben noch nicht begriffen, wie schlimm es beim Artensterben wirklich schon aussieht.
        Das E-Auto ist wirklich das Allerletzte, was gefördert werden muss.

      2. 1961 also vor 60 Jahren waren in Österreich 475.000 PKW zugelassen, heute sind es ltd. Statik Austria 5.092.000 PKW somit über eine ein 10er Potenz mehr. Interessant ist das einspurige Kraftfahrräder in diesem Zeitraum um nur 142.872 oder 16,8 Prozent angestiegen ist.

        Außerdem ist es ein Urbane Legende, in Österreich haben wir typisch ländliche Regionen einen Motorisierungsgrad von 780 PKW/1000 EW in St. Johann im Pongau, dem steht gegenüber Zwettel mit 1.308 PKW/1000 EW.

        Viel, viel mehr Rolle spielt der politische Wille, in Niederösterreich lautet das Motto, eine Niederösterreicher ohne Auto ist keine Niederösterreich, während der Motorisierungsgrad in Vorarlberg, Tirol und Salzburg viel geringer ist, obwohl die geographische Lage und Gesamtsituation westlich extremer ist. Das zeigt sich auch daran das in Tirol bis heute keine einzige Nebenbahn abgetragen wurde, im Gegenteil es wird von der Reschenbahn geträumt. Ganz anders die Situation in Niederösterreich wo mehr als die hälfte aller Bahnen abgetragen wurde.

        Mobilität war damals schon wichtig. Das Landleben geprägt von vielen Nebenbahnen die längst verschwunden und Geschichte sind. 1961 hat auch der Bus nur eine sehr untergeordnete Rolle im öffentlichen Verkehr gespielt.

        Und so schlecht war das Landleben 1961 auch nicht, damals funktionierte noch die Mikrowirtschaft mit all den Kreislern die ebenso verschwunden sind, heute kann eine Marktgemeinde froh sein wenn es einen Bankomaten gibt.

        Ein Landleben ohne Auto geht sehr wohl, wenn es politisch mitgetragen wird!

        1. Entschleunigt ginge überall auf der Welt viel mehr. In der derzeitigen Realität ist man mit wenig Perspektive und bis zu schwerem Nachteil gesegnet.

          Der Übergang zu weniger Autos erfordert auch andere Konzepte, die Änderung in allerlei Bereichen benötigen, um den Menschen etwas zu bringen, ohne sie zu verraten oder zu versklaven. Rechtlicher Rahmen, Haftung, Versicherung, Carsharing ohne Datenabfluss (ganz kritisch), autonome Fahrzeuge, die zu dir hinfahren (wegen Zeitverlust und Planung). Einfach teurer machen gibt Leuten, die viel Verdienen oder sehr viel haben um Magnituden größere Möglichkeiten.

          Aufgrund der Inflexibilität durch „kein Auto“ gibt es auch Bereiche, in denen nur noch Selbständige oder Firmen mit Autos agieren können. Naturaufnahmen ad hoc? Wir brauchen einen Fotografen – sorry hier auf dem Land läuft gerade ein Softwareupdate, bestellen sie den Typen aus Miami mit dem Hyperschallschrauber, dann klappt es in zwei Stunden…

          Es können natürlich Organisationsformen entstehen, dass Leute sich zusammentun, und sich unterstützen. Das gehört aber explizit mit modelliert (was wie, was mit, was ohne). Das ist nichts für die Politikersorte, die mal eben ein Fantasieministerium aus dem Arm schüttelt um gut auszusehen.

          1. Hier sei angemerkt, dass weniger individuelle Mobilität das Internet wieder noch wichtiger machen wird. Das ist eigentlich auch nicht schlecht, da man interessante Themen und Menschen dort treffen kann, was schon in einer Großstadt mitunter nicht möglich ist oder in der Regel einfach nicht passiert. Der Schwenk zur totalen Trojanisierung ist hier allerdings Gift.

    2. @Anonymous
      „Auf dem Land ist ein Leben ohne Auto nicht möglich“
      Prust!
      Die größte Stadt im Landkreis Dahme-Spreewald, mit fast 40.000 Einwohnern, hat tatsächlich keinen eigenständigen Innerorts-Bus(*)verkehr, der die Ortsteile verbindet. (*Den Rest gibt es nicht)

      Ein Überlandbus, der 4 Ortsteile und zwei weitere Ortschaften anfährt, kommt alle Stunde mal vorbei. Aber Achtung: Abends nach Hause kommen – ganz schlecht.
      Ohne Auto? Hier? Undenkbar!
      Und ich denke, das ich nicht auf dem Land lebe.

      1. Ich frage mich bei der Diskussion um das Leben ohne Auto oft, ob auch mal dran gedacht wird, dass viele Menschen physisch nicht so beweglich sind wie der jüngere Teil der Bevölkerung, sei es aus Gründen des Alters oder wegen Krankheiten. Auch können berufliche, ehrenamtliche oder familiäre Pflichten ein Leben ohne Auto wirklich ziemlich schwer machen. Ich hab oft den Eindruck, dass dieser doch recht große Anteil von Menschen zu wenig bedacht wird.

        1. Und wenn man keinen Job hat, ist es mit Auto einfacher, wieder einen zu bekommen. Wenn man kein Auto hat, ist so einiges nur noch mit deutlichen Zeitverzögerungen möglich, und vieles ganz nicht. Und der Arbeitgeber soll jetzt Firmenwagen bereitstellen oder wie läuft das dann? Schön für ganz ganz kleine Arbeitgeber :). Irgendwie leben… kann man auch auf einer Raumstation oder sogar in einem Kellerverlies. Und dann das Potential… Führerschein ohne jegliche Praxis? Oder Autonom… als Datenschleudern mit zusätzlichen Haftungsrisiken (auch Innenraum, Wäsche, Benzin) und weiteren Komplexitäten?

          Wieder ist die Übergangsphase irgendwie kritisch.

          1. Wobei Benzin dann durch Steckdose am Parkplatz ersetzt wird. Dann könnte das Konto eben diesbezügl. belastet werden, und kann zeitlich sogar effizienter sein, als Nutzer das Auto laden zu lassen. Das ist dann möglich(er), da das Tanken dann halbautomatisch funktionieren könnte (Einstecken vielleicht noch Manuell, Ablösung und Weiterfahrt automatisch). Auf dem Land vielleicht nicht so effizient, bzw. die (ad-hoc- / Fremd-) Ladezeiten und Unsicherheiten müssen von Anfang an mit in die Algorithmen einbezogen werden. Datentechnisch potentiell schlimmer (wer hat welche Lademöglichkeiten, Bewegungsdaten etc.), preistechnisch muss das natürlich Kommunismus werden, da „Wahlfreiheit“ dann kein Argument mehr sein wird (sollen 10000 Anbieter bestimmen wo wieviele Autos angeboten werden, vieleicht mehr als es vorher gab?).

        2. Ja und Nein. Richtig ist, dass durch die mafiösen Strukturen zwischen Autokartell und Politik derzeit sagen wir mal Abhängigkeiten bestehen, die auf dem Land (also nicht so dicht besiedelten Räumen) stärker zum Tragen kommen.
          Das hindert uns als Gesellschaft allerdings nicht daran, wieder neue Wege zu gehen bzw. zu diskutieren. Für die älteren/unbeweglicheren Mitmenschen z.B. muss es ja nicht das eigene Auto sein. Mobilität ist öffentliche Daseinsvorsorge. Das Autokartell mitsamt der Politik versteht darunter, derzeitig leider nur den Straßenbau und die Pendlerpauschale. Das überholte Anreize.
          Von daher, ein Weiter-So kann es in der Tat nicht geben. Konzepte zu datensparsamen Car-Sharing und Steuergelder für den Ausbau des ÖPNV (günstigere Taxifahrten/Rufbusse usw.) gerade auch auf dem Land wären vielleicht geschicktere Massnahmen. Auch die Förderung/Ausbau der angesprochenen Micro-Kreisläufe (Einkaufsmöglichkeiten, andärzte usw.) sollten unbedingt angegangen werden.
          Es muss auch ohne eigenes Auto auf dem Land gehen, sonst straft der Klimawandel uns alle ab (tut er im übrigen ja eh schon…)

      2. @ Constanze

        „Ich hab oft den Eindruck, dass dieser doch recht große Anteil von Menschen zu wenig bedacht wird.“

        Das Problem ist genau umgekehrt: Viel zu lange wurde das Leben auf dem Land als völlig unproblematisch dargestellt, durch Unsinn wie die Pendlerpauschale wurde es sogar noch gefördert. Doch genau die gegenteilige Politik ist notwendig. Das Landleben ist durch den riesigen Platzverbrauch der Umweltkiller Nr. 1 in Deutschland, stark angetrieben durch den umweltschädlichsten aller Grundgesetz-Artikel (Art. 72, „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“).

        Am besten als Notmaßnahme wäre eine bundesweit geregelte Grundsteuer, die sich am Naturverbrauch orientiert: je geringer die Bevölkerungsdichte, desto höher die Grundsteuer. Das ist nicht schön für die Betroffenen, aber der Zusammenhang zwischen Platzverbrauch und Artensterben ist nun wirklich nicht neu. Es hat halt nur nie jemanden gejuckt. Klar: Die Menschen zeigen lieber gern mit dem Finger auf andere (Regenwald-Abholzung in Brasilien, bäh!), statt bei sich selbst etwas zu tun.

        Für viele Tier- und Pflanzenarten wird das alles leider zu spät kommen, aber für viele andere müssen wir jetzt handeln.

        1. @Tim, ich kann deiner Argumentation nicht ganz folgen, aber wahrscheinlich wohne ich zu lange am Land …

          Die Pendlerpauschale wurde eingeführt um die Kosten für den Arbeitsweg steuerlich geltend zu machen. Wenn du zu Hause arbeitest, bekommst du keine Pendlerpauschale, wenn du 12km durch die Stadt mit dem Fahrrad zur Arbeit fährst bekommst du Pendlerpauschale.

          Das Artensterben ist zum Großteil auf die industrialisierte Landwirtschaft und ihren Einsatz von Giften zurückzuführen, nicht auf die Besiedlung der Fläche. Gegenbeispiel ist hier immer die Anpassung von Wildtieren an städtische Bebauung.

          Der Flächenverbrauch ist (aber das ist vielleicht nur meine Oberbayerische Perspektive) getrieben durch Gewerbeansiedlung und dort speziell durch sehr freie Gestaltung der Bebauungspläne. Wenn überall zB Lagerhäuser/Fabriken immmer 2-3 stöckig gebaut werden würden, wär das mit dem Flächenverbrauch handhabbar.

          Unabhängig davon, das Landleben nicht so genau definiert ist, die Bebauungsdichte in DE ist sehr selten städtisch (es gibt da einen Richtwert für Geschossflächenzahl?). Selbst im Ruhrgebiet, einem Verdichtungsraum hast du manchmal eine dünne Bebauung. Berlin kann an den Rändern nach Dorf aussehen.

          Wenn wir es schaffen würden, das die Menschen in Verdichtungsräumen auf Autos verzichten (45 Autos in DE, jeder 2. städtische Haushalt hat ein Auto) wär schon viel gewonnen. Ich hatte lange Zeit kein eigenes Auto, sondern habe halt ausgeliehen, in meinem jetzigen Haushalt sind wir Teilnehmer an einem Autoteilerverein und haben im August noch kein Auto belegt.

          1. @P. Engstrand: “ sondern habe halt ausgeliehen, in meinem jetzigen Haushalt sind wir Teilnehmer an einem Autoteilerverein….“ –> geht doch :-) Wenn wir hier als Gesellschaft und Kräfte vor Ort (meinetwegen auch in Oberbayern :-) weiter dran arbeiten , dass dieses Modell „normal“ wird, dann wäre schon eine Menge geholfen. Koppeln wir das mit einem stärkeren ÖPNV wären wir ggf. wieder einen Schritt weiter.
            Im übrigen schaffen solch neue Modelle auch neue Arbeitsplätze und ggf. Werschöpfung vor Ort…

          2. Zumal Auto in der Stadt weniger Sinn ergibt als Auto auf dem Land. Klar kann es eine anlandige Flucht geben, vor allem im betuchten Bereich, im Sinne einer Erstwohnung auf dem Land o.ä. :). Diskutieren kann man da alles, und jede Regelung muss Flucht- und Mirgrationsaspekte mit berücksichtigen, kurz- bis mittelfristig muss aber schon auch nach der Größe und Wirkung der Sache entschieden werden. Da wird man an Industrie, Landwirtschaft, Ballungsräume, Militär, u.ä. mit zuerst drangehen müssen. Es ist nicht per se einsehbar, dass kleine Posten wegen übergeordneter Summen zuerst plattgemacht werden, z.B. weil Wähler nicht so schnell vergrauelt werden sollen. Beim Auto gibt es ohnehin allerlei Spezialregelungen, und der Übergang wird ziemlich lange dauern.

            So eine Land-Stadt-Regelung (China anyone?) hätte sicherlich auch weitergehendes Potential, die Frage zu klären, wer überhaupt noch bauen oder besitzen kann (Stadt: Land/Stadt/Konzern/Reiche, Land: Land/Konzern/Reiche). Am Besten erst einmal die Badewannen ausschütten und dann später „nachbessern“.

            Welche Variante wird wohl eher kommen…

          3. @Constanze, bei der letzen ‚bis zur Milchkanne‘ Diskussion hatte ich schon mal geschrieben ’südliches Oberbayern‘ und ganz, ganz, ganz lang vorher hab ich mal erwähnt, das ich die berühmte Abhörstation in Bad Aibling in 1h mit dem Fahrrad erreiche …

          4. Das hielt ich natürlich für false flag, vollkommen klar. :}
            Aber jetzt kann ich endlich mit einem Zirkel überlappende Kreise auf eine ausgedruckte OSM-Karte malen und die dann beschriftet an meine Korkwand im Keller anpinnen..

        2. @ Philip Engstrand

          „Das Artensterben ist zum Großteil auf die industrialisierte Landwirtschaft und ihren Einsatz von Giften zurückzuführen, nicht auf die Besiedlung der Fläche.“

          Es gibt in der deutschen Bevölkerung bei Ökologiethemen stets einen sehr starken Hang zum Fingerpointing. Schuld haben gern immer die anderen, bevorzugt Bauern und natürlich die böse Chemie. Aber die Hauptursache für das Artensterben ist unsere Vernichtung von Lebensraum. Seit Jahrzehnten werden immer weniger Pflanzenschutzmittel im Grundwasser nachgewiesen, trotzdem sterben immer mehr Arten aus und Populationen gehen zurück. Vielerorts hat das Angebot an Lebensraum die nötige Schwelle schon unterschritten, dort können dann abrupt die Restpopulationen aussterben.

          Es ist auch nicht nur die Besiedlung, sondern zusätzlich auch die Zerschneidung der Landschaft durch Straßen. Versuch in Deutschland mal geographische Punkte zu finden, von denen die nächste Straße mehr als 1 Kilometer entfernt ist. Klingt banal? Du wirst feststellen, dass es das überraschend selten gibt! Wenn man aber ein Biotop mit einer Straße zerschneidet, reduziert man zugleich seinen ökologischen Wert und seine Widerstandskraft. Wir brauchen nicht nur insgesamt mehr natürlichen Lebensraum, sondern größere Biotopflächen! Das alles geht nur mit einem Besiedlungsrückbau.

          Hier muss eine Umkehr stattfinden, und zwar schnell. Wir haben durch die Digitalisierung ja alle Möglichkeiten, müssen sie aber auch alle nutzen.

  6. Es ist auch etwas bewundernswert hinsichtlich der Tatsache das der Markt von VW, beispielsweise, zu 50% sich in China befindet.

    Die Zahlen, BMW, Mercedes und co. kenne ich nicht, aber sind wahrscheinlich nicht so weit ab …

    Vielleicht ist dies ein Versuch die IP Vergabe nach China zu verhindern mit ‚offenen Betriebssystemen und offenen Standards, um den Zugang zu automatisiertem Fahren zu erweitern. ‚

    Who knows?! Ich frage mal bei VW nach.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.