Stand NewsBehörden stellen Hongkonger Online-Medium kalt

Die Hongkonger Behörden sind mit Durchsuchungen und Festnahmen gegen das unabhängige Online-Medium Stand News vorgegangen. Die pro-demokratische Publikation kündigte daraufhin an, ihren Betrieb einzustellen.

Protestierende halten eine Ausgabe der Zeitung Apple Daily hoch
Nach Apple Daily ist Stand News das zweite Hongkonger Medium, das in diesem Jahr nach Repressionen seinen Betrieb einstellen muss. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / ZUMA Wire

Die Polizei in Hongkong hat eine Razzia in den Büros des unabhängigen Onlinemediums Stand News durchgeführt und laut Berichten sechs ehemalige und aktuelle Mitarbeitende festgenommen. Laut Angaben der Polizei seien mehr als 200 Polizist:innen an der Aktion beteiligt gewesen. Zu den Festgenommenen sollen die frühere Parlamentsabgeordnete Margaret Ng Ngoi-yee und die Popsängerin Denise Ho Wan-see gehören, beide waren zuvor im Vorstand von Stand News.

Stand News berichtete seit 2014 über soziale und politische Themen und hatte eine pro-demokratische Ausrichtung. Die Reporter:innen informierten immer wieder über die Pro-Demokratie-Proteste in Hongkong, die im Jahr 2019 begannen. Dabei wurden Journalist:innen wiederholt von der Polizei angegriffen. Einige der Veröffentlichungen von Stand News sind auch auf Englisch verfügbar.

Alle Angestellten entlassen

Auf ihrer Facebookseite streamte das Medium, wie die Polizei vor der Tür des stellvertretenden Redaktionsleiters steht. Danach folgte ein Post, in dem Stand News ankündigt, die Arbeit einzustellen. Der aktuelle Chefredakteur sei zurückgetreten, alle Angestellten seien entlassen worden. Der Durchsuchungsbefehl war mit einer „Verschwörung zur Veröffentlichung einer aufrührerischen Publikation“ begründet. Bei einer Pressekonferenz warf die Polizei Stand News vor, Hass anzustacheln und falsche Behauptungen zu verbreiten. Die Behörden froren auch Vermögenswerte des Mediums ein.

Pressefreiheitsorganisationen verurteilen das Vorgehen der Hongkonger Behörden. Steven Butler vom Committee to Protect Journalists bezeichnet die Festnahmen als „offenen Angriff auf die bereits ramponierte Pressefreiheit in Hongkong“. Cédric Alviani von Reporter ohne Grenzen fordert die Behörden auf, die Journalist:innen freizulassen. Demokratien sollten „im Einklang mit ihren eigenen Werten und Verpflichtungen handeln und die Überreste der freien Presse in Hongkong verteidigen, bevor Chinas Modell der Informationskontrolle ein weiteres Opfer fordert“.

Bereits Mitte des Jahres musste die Redaktion von Apple Daily die Arbeit einstellen, da Behörden Konten des Mediums eingefroren hatten und Angestellte festnahmen.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

3 Ergänzungen

  1. Wenn die EU/Deutschland schlau wären dann würde man jetzt versuchen pro demokratische Fachkräfte aus China und HongKong für Deutschland abzuwerben und diese so dort heraus zu holen.

    1. Das würde wohl keinen guten Eindruck bei China machen, mit denen man es sich auch nicht verspaßen sollte. Eine rein heikle Situation, eigentlich müsste man nämlich genau das machen, andererseits ist das Verhältnis zu China auch wichtig – ob China das in 5 Jahren aber noch interessieren wird, ist auch fraglich.

      1. Genau. Appeasement ist ein Weg, der momentan nur zum Export der Zensur in die ganze Welt führt.

        Meiner Meinung nach müssen dem chinesischen Regime unbedingt Grenzen aufgezeigt werden. Seine demokratischen Handelspartner haben da eine gewisse Handhabe, wenn sie sich zusammentun.

        Jedes leere Lippenbekenntnis zu Menschenrechten wie eine Einladung an das Regime, genauso weiter zu machen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.