SpendenaktionWir versteigern Bilder von Timo Wuerz

Der preisgekrönte Comiczeichner und Illustrator Timo Wuerz hat uns drei Bilder gemalt, die wir zu Gunsten der Arbeit von netzpolitik.org versteigern. Wir haben bei der Gelegenheit auch gleich noch ein kurzes Interview mit ihm gemacht: über Artenschutz und Netzpolitik.

Zeichnung von Timo Würz (Aquarell und Acryl)

Gemeinnützige Arbeit findet selten im Vakuum statt. Wie bereits im Adventskalender der guten Orte beschrieben, sind wir eine Zivilgesellschaft mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Schnittmengen. Jede:r leistet einen Teil – und am Ende kommt hoffentlich die ein oder andere Verbesserung für die Welt dabei heraus.

Als wir Timo Wuerz kontaktierten und von unserem Spendenaufruf erzählten, war er sofort begeistert und wollte wissen, wie er uns unterstützen kann. Natürlich mit Bildern. Wer Timos Arbeiten kennt, weiß, dass dabei kein Pinsel geschont und kein Farbton ausgelassen werden darf. Der Comic-Zeichner, Illustrator und Maler verschönert so ziemlich alles, was ihm vor die Nase kommt: unzählige Albencover, Bucheinbände und sogar Autos. Er arbeitete unter anderem für Disney, Marvel und DC Comics, seine Werke sind in Museen und Ausstellungen zu sehen. Sehr wahrscheinlich seid ihr ihm visuell schon mal begegnet. Aber das ist noch nicht alles. Timo setzt sich insbesondere für Umweltthemen und den Artenschutz ein.

Am Ende hat er uns in rasantem Tempo gleich mehrere Bilder in A3 zur Verfügung gestellt, welche wir jetzt unter die Leute bringen dürfen. Wir haben uns dazu entschieden, die Originale zu versteigern. Da wir möglichst vielen von euch die Möglichkeit geben wollen, mitzusteigern, haben wir uns gegen diverse Onlineplattformen entschieden und werden eine stille Auktion per E-Mail abhalten. Zusätzlich werden wir hochwertige Prints des Hirschbildes in unserem Merch-Shop einbinden.


Wir haben die Gelegenheit gleich genutzt und mit Timo ein kleines Interview geführt.

Netzpolitik.org: Du setzt dich insbesondere für den Artenschutz und Umweltthemen im Allgemeinen ein. Wie kamst du dazu, dich so aktiv einzubringen? Wann begann das?

Timo Wuerz: Selbst die allerersten Zeichnungen, die ich ab knapp zwei Jahren machte, stellten Tiere dar. Nichts male ich lieber. Die meisten Ausstellungen, die ich seit ich 14 Jahre alt bin im ganzen Land, bald auch international machte, waren Tierausstellungen. Schon immer ging der Erlös von einem oder zwei Bildern an einen guten Zweck, an eine Organisation, die ich jeweils unterstützte. Doch das war immer meine Privatsache.

Das änderte sich mit der Zeit. Da das Anliegen um unsere Welt und die Erhaltung der Natur mir viel zu wichtig war, um weiterhin zu schweigen, redete ich vermehrt davon. So fing es an, dass ich zu Konferenzen und Vorträgen eingeladen wurde. Dort redete, schrie ich ab und zu und wenn es nötig war, schrieb ich sogar, wenn ich die Gelegenheit hatte und darum gebeten wurde. Wenn das gesprochene und das geschriebene Wort als Ergänzung meiner Bilder dienen kann: bitte sehr. Wenn ich auf diesen Wegen meine Anliegen anders und anderen nahebringen kann, fühle ich die Verantwortung, das auch zu tun. Schweigen ist keine Option.

Wir sind viele. Wir werden immer mehr und können uns vernetzen. Jeden Tag überlege ich, was ich tun könnte. Man tut immer zu wenig, das ist mir klar. Ich tue immer zu wenig, aber ein bisschen mehr als am Tag zuvor. Inspirieren und motivieren wir uns gegenseitig. Tun wir einfach etwas.

Netzpolitik.org: Netzpolitik ist nicht die Hauptquelle deines künstlerischen Schaffens. Warum hast du dich dennoch dazu entschieden, uns mit deinen Bildern zu unterstützen?

Timo Wuerz: So viele Themengebiete hängen zusammen. Die sind schwer zu trennen. Auch wenn ich versuche, mich auf eben den Artenschutz zu konzentrieren, unterstütze ich immer mal wieder gern Projekte außerhalb dessen. Das hat oft mit dem Timing der Anfrage zu tun. Eure Anfrage kam zu einem Zeitpunkt, als ich mir eh beim Arbeiten eine Reihe Vorträge anhörte, die zu euren Themen passen, etwa antike von Konrad Lorenz oder aktuelle von Jaron Lanier. So musste ich nicht lange überlegen, euch zu unterstützen. Ich halte eure Arbeit für sehr wichtig und wertvoll, selbst wenn ich mich nicht täglich damit befasse. Vermutlich eben deswegen.

Netzpolitik.org: Wie schwierig ist es, etwas „Netzpolitisches“ zu malen? Taugen Gesichter eher als Themen?

Timo Wuerz: Das kommt auf den Einzelfall an. Ich zeichnete zwanzig Jahre lang Karikaturen zu Politik und Wirtschaft für verschiedene Magazine und Websites. Da sind die Themen oft abstrakt, und ich hatte so reichlich Übung. In eurem Fall war die Vorgabe „Male irgendwas“. Das machte es etwas schwieriger. Portraits lagen nahe. Etwas zum Dilemma Natur – Mensch/Technologie/Kultur musste natürlich aber auch sein.

Netzpolitik.org: Wie stehst du zu der allseits beliebten Visualisierung von Hackern als Menschen mit Handschuhen, Hoodie und Sonnenbrille vor dem PC? Plakativ genial oder ahnungslos?

Timo Wuerz: Ach, es ist wie mit allen Klischees: Meist sind sie falsch, haben sich aber als sofort erkennbar bei einer großen Anzahl von Leuten etabliert. Sie sind gut für eine schnelle visuelle Kommunikation, aber sind natürlich auch überholt und zeugen oft von der Denkfaulheit der Bildschaffenden. Im Zweifelsfall gilt es wohl, solche Klischees zu vermeiden.

Netzpolitik.org: Du hast auch schon Autos verschönert. Siehst du einen Widerspruch zu deinem Einsatz für die Umwelt?

Timo Wuerz: Mich auch in drei Dimensionen auszutoben, macht einfach Spaß. Hier arbeite ich ausschließlich mit Signal Design GmbH zusammen, deren Grundstein ich 1998 in einem Zimmer des Belvedere Hotels in New York mit CEO Markus Schäffler legte. Unsere Zusammenarbeit ist Bestandteil unserer langjährigen Freundschaft.

Unsere Autodesigns holten mehrfach Europa- und Weltmeistertitel. Die meist sehr teuren Luxussportwagen, die ich gestalten darf, sind keine Alltagsautos und werden wohl recht wenig bewegt. Wer pendelt schon in einem zweieinhalb Millionen Euro teuren Bugatti zur Arbeit? Sportwagen haben ein auffälliges und extravagantes Design. Als Fan von Formen ist eine so faszinierend gestaltete Skulptur eine tolle Arbeitsgrundlage für mich. Da bin ich Ästhet.

Netzpolitik.org: Technik, Umwelt, Gesellschaft – ein Trilemma?

Timo Wuerz: Natürlich. Und natürlich bin ich selbst ein Teil des Problems. Ich lebe in dieser Gesellschaft, in diesem Wirtschaftssystem und profitiere davon. Hätte ich eine simple Lösung für die Misere, in die wir uns und unseren blauen Heimatplaneten gebracht haben, würde sie hier stehen. Tut sie nicht, wie man sieht.

Ich bin nicht technologiefeindlich, doch halte ich es mit Thoreau, der sagte, dass es bereits genug Verfechter der Zivilisation gibt. Was wir brauchen, ist eine Kultur mit einer tiefen Liebe zur wilden Mutter Erde.

Naturwissenschaft wird in den Medien und von der Politik meist dann erwähnt und gelobt, wenn es sexy Innovationen und neue Technologien vorzustellen gilt. Wenn etwas neu erscheint und man damit Geld verdienen kann. Selbst bei guten, sozial und ökologisch nachhaltigen Ideen und Produkten wird schnell skaliert und optimiert, die Rendite erhöht, Marktführerschaft oder Monopolstellung zu erlangen gesucht. Technologische Lösungen werden meist um ihrer selbst Willen eingesetzt, weil sie eben machbar, grad im Trend und sexy sind. Der extrem hohe Energieverbrauch und die Frage nach ihrer Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit werden meist vernachlässigt. Was machbar ist, wird irgendjemand machen. Um Geld damit verdienen können. Technologische Innovationen samt den mit ihnen oft einhergehenden Allmacht- und Kontrollfantasien haben uns in diese Misere gebracht. Dieselben werden uns nicht herausführen. Das zunehmende Klimachaos ist das größte Marktversagen. Unsere westlichen Werte und Freiheiten haben uns verraten.

Naturwissenschaftliche Erkenntnisse, die zu Zurückhaltung, Änderungen unseres Lebenswandels, unseres Konsums oder dem Überdenken unseres Verhältnisses zu Technologie drängen, werden weit weniger publiziert und gefeiert. Das Natürliche gilt weiterhin als von Menschen verbesserungsfähig, als zu unorganisiert, zu unaufgeräumt und zu wild. Auch mein neues Buch „Give A Fuck“ dreht sich unter anderem um diese Problematik.

Netzpolitik.org: Deine Bilder findet man unter anderem im Netz, in Büchern und auf Musikalben – wie häufig beschäftigst du dich mit Urheberrechtsfragen?

Timo Wuerz: Das Thema Urheberrecht beschäftigt mich natürlich eh ständig wegen Verwendungsrechten meiner Bilder, wer welche wie lange bekommt und in der Tat gelegentlich als Grundlage von Streits oder notwendigen Zurechtweisungen.

Speziell im Internet ist allerdings die Auflösung der Bilder fast immer zu gering, um wirklich etwas anderes damit anstellen zu können, als sie zu teilen und im schlimmsten Fall den Urheber nicht zu nennen. Ein paar Mal musste ich jedoch aktiv werden, auch mit Anwalt. Glücklicherweise bin ich immer noch (oder eher wieder) hauptsächlich traditioneller Maler und Originalgemälde lassen sich online schlecht klauen. Die Qualität von Scans und Drucken kann zudem niemals mit Originalen mithalten.

Netzpolitik.org: Mit welchem netzpolitischen Thema könnten wir dich zu einem geneigten Leser machen?

Timo Wuerz: Als das neugierige Kerlchen, das ich bin, interessiert mich beinahe alles. So kann ich bei vielen Themen bis auf die paar wenige, die ich mir ausgesucht habe, oft nicht sehr in die Tiefe gehen, sondern nur Ausgewähltes lesen. Bei netzpolitischen Themen sind das eben oft die Bücher, Vorträge und Essays von Jaron Lanier, eine der wenigen vernünftigen Stimmen der Technologieszene, wie ich finde.

Netzpolitik.org: Bei welchem netzpolitischen Thema schläfst du sofort ein?

Timo Wuerz: Bei keinem. Wie gesagt, mich interessiert fast alles. Auch Dinge, von denen ich dachte, dass sie mich nicht interessieren würden. Oft vor allem die.

Netzpolitik.org: Vielen Dank für das Gespräch!

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7 Ergänzungen

    1. Ja, wir werden die Auktionsergebnisse veröffentlichen, sobald die Bestätigung der Höchstbietenden bei uns eingegangen ist. So viel können wir schon verraten: Wenn alles ernst gemeint ist, ist der Erlös fünfstellig.

  1. Schade, das Netzpolitik.org für eine Auktion, eine typische Art des Charity Fundings, ihren Status als rein spendenfinanziert aufgeben. Ich hätte es klar besser gefunden, auf solche Einnahmequellen zu verzichten und wirklich sagen zu können, dass es spendenbasiert ist. Dann kann man eben nicht so gross sein, wie man es gerne wäre. (Ist nicht die reine Größe der Rech-Firmen ein Fehler? Ist Größe erstrebenswert?)
    Wo sind die Grenzen? Werden jetzt, nur um an das liebe, benötigte Geld zu kommen, auch Netzpolitik-Schlüsselanhänger verkauft? Oder Beckendahl handsignierte Porzellanteller?
    Das ist jetzt übertrieben, aber ich finde, hier wird eine Grenze überschritten, die ich nicht überschritten hätte.
    Dennoch: Danke für die gute Arbeit, ich schätze sehr, was Ihr macht!

    1. Lieber Hartmut,
      da die Bilder, die wir versteigert haben, uns von Timo gespendet wurden, ändert sich nichts an unserem Status. Die Spende bestand in dem Fall in den Bildern als Sachspende. Ob Timo die Bilder selbst versteigert und uns das Geld überweist oder wir die Bilder von ihm bekommen und veräußern, macht unterm Strich keinen Unterschied.
      Merchandise bieten wir übrigens schon länger an. Dass es dir noch nicht aufgefallen ist, liegt vermutlich dran, dass wir keine Werbung dazu schalten. Wer daran interesse hat, muss aktiv Ausschau halten. Die Marge daraus ist sehr gering und für unsere Arbeit nicht nennenswert. Wir sind schließlich keine Merchplattform. Außerdem darf es auch kein essenzieller Bestandteil unserer Finanzierung sein, da das Gemeinnützigkeitsrecht da klare Anforderungen stellt und Grenzen setzt. Es handelt sich also lediglich um ein Angebot für diejenigen Leser und Leserinnen, die sich das wünschen und hat keinen Einfluss auf unsere Arbeit. Ich hoffe also, du machst dir mit diesem Wissen etwas weniger Sorgen, dass wir in den Kommerz abdriften. :)
      Es geht uns nicht darum „groß zu sein“ – schon gar nicht um des reinen Selbstwillen. Es geht um guten Journalismus und darum, möglichst vielen Menschen Informationen anzubieten, die sie betreffen. Die Bandbreite an Themen und deren Relevanz für das tägliche Leben nimmt stetig zu. Deshalb wächst netzpolitik.org seit Jahren: es gibt einfach so vieles, über das berichtet werden muss! Dafür braucht es Ressourcen: Menschen mit entsprechender Ausbildung, Quellen, Equipment, Infrastruktur, etc. – und das kostet nun mal Geld. Da du deine generelle Zufriedenheit mit dem Ergebnis unserer Arbeit zum Ausdruck bringst (lieben Dank dafür!), scheint unsere Arbeit inhaltlich nicht unter unserer „Größe“ gelitten zu haben. Und wir arbeiten hart daran, dass das so bleibt.

      In diesem Sinne: Lest! Spendet, wenn ihr könnt! Bleibt uns gewogen! Netzpolitik.org gibt es nur dank euch und für euch!

      Liebe Grüße
      Tina

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.