Polizeiarbeit in Los Angeles Verdächtigte müssen mit privaten Social-Media-Accounts rausrücken

Eine neunteilige Serie des Brennan Centers deckt auf, wie die Polizei von Los Angeles ihre Überwachungsinstrumente auf Sozialen Netzwerken schärft – allerdings verfolgen diese vor allem linke und antirassistische Gruppen, insbesondere die Bewegung Black Lives Matter.

Zwei Polizisten in Uniform schauen auf ihre Smartphones.
Polizist:innen checken den Instagram-Account von Verdachtspersonen aus. (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Matthias Kinsella

Zuerst die gescheiterte Prognosesoftware „Operation LASER“, dann die Vorwürfe von rassistischen Polizeikontrollen – die Polizei von Los Angeles (LAPD) stand in den letzten Jahren häufig in der Kritik. Nun gelangen brisante Dokumente der gemeinnützigen Organisation Brennan Center for Justice an die Öffentlichkeit. Sie legen die Polizeiarbeit im Bereich der Sozialen Netzwerke offen.

So sollen Beamt:innen des LAPD potenziell Verdächtige bei polizeilichen Kontrollen zu ihren Accounts auf Sozialen Medien befragen. Außerdem setzt die Polizei umstrittene Monitoringsoftware ein, um Aktivist:innen aus dem linken Spektrum zu verfolgen. Diese sehen in dem Vorgehen eine weitreichende Überwachungsmaßnahme und das Risiko einer heimlichen Infiltration auf Sozialen Medien. Bisher ist Los Angeles die einzige US-amerikanische Stadt, die zu solch drastischen Mitteln greift.

Das Tor zu problematischer Überwachung steht offen 

Die Organisation Brennan Center for Justice hat eine neunteilige Serie veröffentlicht, die sich mit verschiedenen Aspekten auseinandersetzt, wie die Polizei von Los Angeles Daten von Sozialen Medien sammelt und nutzt. Eine Entdeckung sticht besonders hervor: Die LAPD ist seit 2015 dazu angehalten, bei einer polizeilichen Befragung auch Angaben zu den privaten Social-Media-Accounts der befragten Person zu notieren. 

Solche Befragungen können selbst dann stattfinden, wenn kein konkreter Verdachtsfall vorliegt. Somit müssen Bürger:innen selbst bei gängigen Straßenkontrollen mit Informationen über Accounts bei Plattformen wie Twitter, Facebook und Instagram herausrücken. Es ist noch unklar, was die Polizei mit den gesammelten Daten anstellt. Allerdings liegt nahe, dass sie in einer Datenbank gespeichert werden und somit für digitale Überwachungsarbeit verfügbar sind – dabei führen viele Polizeikontrollen, etwa in der Metro, nicht zu Verurteilungen. 

Doch Polizeichef Michel Moore meint es mit der polizeilichen Befragung zur digitalen Identität ziemlich ernst. Laut Guardian kündigte er in einer internen Anweisung an, dass Vorgesetzte die entsprechenden Notizen der Polizist:innen auf ihre Vollständigkeit überprüfen würden. 

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Es mag sein, dass es Polizist:innen die Arbeit erleichtert, wenn sie Informationen über die Online-Aktivitäten von Verdachtspersonen haben. Allerdings bekommt die Polizei dabei auch Einsichten zu allen anderen Leuten, mit denen die verdächtige Person in Verbindung steht. Das skaliert das Datenschutzproblem drastisch. Rachel Levinson-Waldman, die stellvertretende Direktorin des Brennan Center meint gegenüber dem Guardian:

Es besteht eine echte Gefahr, wenn die Polizei all diese Informationen zur Identifizierung in den sozialen Medien zur Hand hat. (…) Es ermöglicht eine enorme Ausweitung der Netzüberwachung. 

Eine weitere Gefahr bestehe darin, dass die Polizei die Informationen nutze um mit Fake-Accounts Gruppen in Sozialen Netzwerken zu infiltrieren, so der Guardian. Schließlich verwendet die LAPD schon seit einigen Jahren verschiedene Überwachungssoftware, mit denen sie vor allem linke und antirassistische Gruppen wie Black Lives Matter verfolgt. Nach der Analyse des Brennan Center for Justice hat die Polizei von Los Angeles von 2014 bis 2017 das Programm Geofeedia verwendet, das Hashtags wie #fuckdonaldtrump oder #SayHerName überwachte. Auf ihrer Website veröffentlicht die gemeinnützige Organisation eine Liste der Schlüsselbegriffe, die die LAPD als verdächtig einstuft.

Diese Liste liegt dem Brennan Center for Justice vor.

Seit Beginn diesen Jahres nutzt die Polizeibehörde auch den Überwachungsservice „Media Sonar“. Dieser kann ebenfalls mit Hashtags arbeiten und die individuelle Profile von Nutzer:innen identifizieren und miteinander in Verbindung setzen. Die digitale Polizeiarbeit auf Sozialen Netzwerken nimmt somit kein Ende. 

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7 Ergänzungen

  1. Natürlich ist das per se schon sehr problematisch.
    Trotzdem fehlen mir einige Angaben, um mir eine weitergehende Meinung zu bilden:
    *Muss* man bei Routinekontrollen generell die Angaben zu Social-Media machen oder kann man schlichtweg Nein sagen? Dann Pflicht zur Wahrheit? Und Pflicht zur Vollständigkeit?
    Dann bei Verdächtigen: Gab es da nicht sowas wie das „Recht zu schweigen“ (siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Miranda_warning )
    Ich kann nachvollziehen, dass man jeweils Angaben zur Klärung der eigenen Identität machen muss. Aber es ist schwer zu nachzuvollziehen, dass selbstgepostete Infos auf Social-Media Profilen diesbezüglich eine größere Nachweiskraft haben sollen als Ausweise, Führerscheine oder US-Sozialversicherungskarten.

    1. Hallo, ich beziehe mich bei dieser Aussage auf den Bericht des Brennan Center for Justice, in dem steht: “ Unsere Überprüfung von Informationen über FI-Karten in 40 anderen Städten ergab, dass keine weiteren Polizeidienststellen die Karten zur Erfassung von Daten über soziale Medien verwenden.

  2. „potenziell Verdächtige“
    Ah ja … was soll das denn sein? Macht das überhaupt Sinn?? Aber ist egal, ommt bei uns sicher auch bald zur „drohenden Gefahr“ hinzu.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.