EU-StudieUmweltbonus durch einheitliche Handy-Ladegeräte

Vor einem Jahrzehnt versprach die EU-Kommission einen universellen Standard für Ladeanschlüsse von Handys. Doch bislang zögert sie, einen solchen auch vorzuschreiben. Dabei nennt eine neue Studie im Auftrag der EU-Behörde klare Vorteile.

Ladekabel
USB-C ist der häufigste Anschluss für Handys – er könnte bald verpflichtend werden – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Marcus Urbenz

Eine neue Studie im Auftrag der EU-Kommission rechnet mit positiven Folgen für die Umwelt, wenn Ladegeräte und -kabel für Handys per Gesetz vereinheitlicht werden. USB-C als universellen Standard einzuführen, soll Elektromüll sparen und den Energieverbrauch senken. Noch verstärkt werde der positive Effekt für die Umwelt, wenn zusätzlich verboten werde, jedem neuen Handy auch ein neues Ladegerät beizulegen, heißt es in der am heutigen Donnerstag veröffentlichten Studie.

Eigentlich hat die EU-Kommission bereits vor mehr als zwölf Jahre ein einheitliches Ladegerät angekündigt. Damals setzte die EU-Behörde auf eine freiwillige Übereinkunft mit Handy-Herstellern, um gemeinsame Standards durchzusetzen. Die meisten Hersteller führten daraufhin USB-Anschlüsse ein, allerdings widersetzte sich Apple und verbaut in seine iPhones einen selbstentwickelten Anschluss namens Lightning. Ein verpflichtender Standard hemme die Innovation, argumentiert der Konzern. iPhones machen in Europa rund ein Fünftel der verkauften Handys aus.

Eine Umstellung auf USB-C könne für Apple erhebliche Kosten bedeuten, heißt es in der Studie. Denn der Konzern müsste dann seine iPhones für den etwas dickeren USB-Anschluss umbauen, auch verdient Apple bislang an den Lizenzen für die Herstellung seiner Lightning-Anschlüsse. Nicht zuletzt deshalb lobbyiert der Konzern seit Jahren die Kommission, um einen verpflichtenden Standard für Ladegeräte und -kabel zu verhindern.

„Freiwilliger Ansatz hat die Erwartungen nicht erfüllt“

Umweltschutzorganisationen drängen hingegen seit längerem auf eine Vereinheitlichung der Ladegeräte – nicht nur für Handy, sondern auch für andere Geräte wie Tablet, Spielekonsolen oder tragbare Lautsprecher. Auch EU-Abgeordnete haben immer wieder kritisiert, dass die Kommission noch immer keinen verpflichtenden Standard für Ladegeräte eingeführt hat. „Der freiwillige Ansatz hat die Erwartungen – der Konsument:innen, des Europäischen Parlaments und unsere eigenen – nicht erfüllt“, gestand ein Sprecher der EU-Kommission ein.

Auf einen Zeitplan für weitere Schritte will sich die Kommission allerdings nicht festlegen. Ein möglicher Vorschlag sei nach dem Ende des Sommers zu erwarten, sagte der Kommissionssprecher. Bereits im Januar veröffentlichte netzpolitik.org Überlegungen der Kommission, mit einer Reform der Ökodesign-Richtlinie ein einheitliches Ladegerät für Handys, Tablets und andere Geräte einzuführen. Die Richtlinie könnte auch ein Recht auf Reparatur festschreiben.

Freilich: Nicht immer folgen detaillierten Plänen aus Brüssel auch Taten. Bei der nun vorgelegten Studie handelt es sich um die zweite zum einheitlichen Ladegerät binnen zwei Jahren.

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10 Ergänzungen

  1. Tolle Studie und schön, dass Kapitän Offensichtlich bei der EU vorbeigeschaut hat. Nur die Frage, was das wert ist, wenn die EU sich von Apple seit Jahre an der Nase herumführen läßt. Selbstverschuldet muss man hinzufügen, da hier jahrelang dummerweise auf freiwillige Selbstverpflichtungen gesetzt wurde. Dumm oder korrupt – ich bin da noch unentschieden.

  2. Bitte noch die Pflicht, Kabel immer mit Standards zu beschriften, Frequenz oder USB Standard, immer Leitungsquerschnitt, mindestens USB 2 3c o.ä.

    Überall sind jetzt schwarze Kabel :(.

  3. So ist das eben, wenn politische Gremien neoliberal geprägt sind, sie werden immer versuchen, Regeln zu Gunsten der Hersteller zu erstellen und nicht zu Gunsten der Kunden. Erst wenn es gar nicht anders geht, ändern sie das, und dann auch nur scheibchenweise. Da kann man hinschauen, wo man will, immer das gleiche Muster. Die App-Stores sind das jüngste Beispiel.

  4. Es sind immer Katastrophen die zu Normen und Standards zwingen.

    Die Titanic löste bekanntlich eine ganze Kaskade an Normen und Standards aus, ohne der die heutige moderne Seeschifffahrt undenkbar wäre. Vollkommen unbekannt ein kleiner in damaligen Zeit an der Tagesordnung stehender Eisenbahnunfall in Timelkam (Oberösterreich) im Jahr 1875 der ebenso seine Spuren in der Welt der Normen und Standards hinterlassen hat.

    Dahingehend stellt sich die Frage welche Katastrophe braucht es das beim USB ein Umdenken stattfindet. Das Apple ständig seine eigene Normen und Standards anstrebt hat durchaus das Potential einer Großkatastrophe.

    1. Das verstehe ich nicht ganz. Wo hat Apple außer bei Lightning eigene Standards? Nur mal als Beispiel: Apple setzt auf den offenen Standard AAC (kommt vom MPEG-Konsortium), die Android-Konkurrenz auf den proprietären Aptx (AAC wird teilweise nur qualitativ sehr schlecht unterstützt) und wird dafür sogar noch gelobt und das obwohl zumindest Aptx Classic keine wirklichen Vorteile bietet.
      Aptx sorgt nur dafür, das Qualcomm-Sound-Chips einen unnötig hohen Marktanteil haben wodurch andere behindert werden…das wird komischerweise nie kritisiert.
      Ich bin wahrscheinlich kein Apple-Fan, aber entweder ich kritisiere alle für ähnliches Verhalten oder ich lasse es gleich.

      Zurück zum Thema:
      auch ich finde es bräuchte einen einheitlichen Anschluss, allerdings sehe ich es kritisch, wenn ein langsames Bürokratiemonster wie die EU entscheidet welcher Anschluss den jetzt erlaubt ist. Dann gibt es irgendwann einen alles überlegenen Anschluss und wir bekommen den dann 10 Jahre nach dem Rest der Welt oder wie?

  5. Nun, immerhin haben wir schon lange USB als Standard sowohl fürs Aufladen als auch fürs Verbinden von Handys. Warum rund um den USB immer wieder neue, minimal andere Stecker erfunden werden mussten ist eine gute Frage, aber eines kann man Apple nicht absprechen: Lightning ist ein extrem kompakter Anschluss, und er kann wasserdicht ausgeführt werden. USB-C ist für wesentlich höhere Ladeleistungen gedacht und dementsprechend klobig. Warum dies nun die Universal-Schnittstelle für alle Kleingeräte werden soll weiß der Himmel.

    1. Also die Ladegeräte sind doch in der Regel mit einer USB-A Buchse, oder einer USB-C Buchse ausgeführt. Was man braucht ist ein passendes Kabel.
      Das ist jetzt nichts Neues. Auch lassen sich die Geräte mit verschiedensten USB-Ladegeräten aufladen. Aber wahrscheinlich hat die EU diesen Trend verschlafen, auch das viele Hersteller keine Ladegeräte mehr mitliefern.

      1. „Passendese Kabel“

        Da hätte man auch noch Kabeltypen spezifizieren dürfen, sowie das Verbot, ein Nichtstandardkabel „USB-C“ o.ä. zu nennen. Das muss auch implizieren, dass z.B. ein dünnerer Stecker nicht schützbar sein darf usw.

        Geschlossene „kommerzielle“ Standards flächendeckend zuzulassen ist sowieso eine Sackgasse. Kannste die Doomsdayclock nach stellen, sie wird dann zwar ungenauer, HÄTTE aber letztlich auch definitionsgemäß funktioniert.

  6. Warum nur der Wirbel um einheitliche Ladegeräte. Inzwischen ist doch klar, dass USB-C der Standard ist, der sich immer mehr bei den Herstellern durchsetzt. Auch Apple macht da mit. USB 3.0 ist gut durchdacht und die Schnittstelle „kann“ sehr viel. Wichtig ist nur, dass sich die Politik nicht einmischt und künftig durch überbordende Bürokratie wieder mal Nachteile schafft.

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