RegistermodernisierungEine Nummer für alles und jeden

Mehrfach benannte das Bundesverfassungsgericht ein einheitliches Personenkennzeichen ausdrücklich als Negativbeispiel einer verfassungswidrigen Rechtslage. Doch der Bundestag will heute die Einführung eines solchen Kennzeichens beschließen. Damit könnten künftig die Daten vieler Behörden auf Knopfdruck zusammengeführt werden.

Die Gefahr einer einheitlichen Personennummer liegt darin, dass sie die Daten der Menschen zentral abrufbar machen kann. CC-BY-NC-ND 2.0 Photon™

Dieser Beitrag von Dirk Burczyk ist eine aktualisierte Fassung eines Beitrags in der Zeitschrift „CILIP – Bürgerrechte & Polizei“ (Nr. 123). Er ist Referent für Innenpolitik der Linksfraktion im Bundestag und Redakteur bei CILIP.

Heute im Bundestag: Der Bundestag stimmt heute nach halbstündiger Aussprache über den Entwurf der Bundesregierung zur Einführung und Verwendung einer Identifikationsnummer in der öffentlichen Verwaltung ab, Liveübertragung ab 19.40 Uhr.


Am heutigen Donnerstag wird der Bundestag mit den Stimmen der Koalition einen weiteren „Meilenstein“ in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung beschließen: Mit dem „Gesetz zur Einführung und Verwendung einer Identifikationsnummer in der öffentlichen Verwaltung“ wird er die ab 2008 vergebene Steuer-ID als „Identifikationsnummer“ aller in Deutschland lebenden Personen etablieren. Damit soll der Datenaustausch zwischen Behörden vereinfacht werden. Neu sind die Pläne für ein solches Personenkennzeichen nicht, wie ein Blick in die Geschichte zeigt.

Was das Registermodernisierungsgesetz regelt

Mit dem „Registermodernisierungsgesetz“ (RegModG) genannten Werk wird ein wesentlicher Schritt in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung gegangen werden, so lobt die Koalition sich selbst. Die scheitere bislang, so suggeriert die Begründung des Gesetzentwurfs, nicht nur an der geringen digitalen Verfügbarkeit der Daten von Bürger*innen in der Verwaltung; fragten die Behörden untereinander Daten ab, so könnten sie dies bislang nur mit alphanumerischen Daten wie Name/Vorname, Geburtsdatum und -ort. Gerade Namen seien heutzutage aber eine große Fehlerquelle – sei es wegen unterschiedlicher Transkription nicht lateinisch geschriebener Namen, Übertragungsfehlern, Namensänderungen infolge von Heiraten oder dem Wechseln des Geschlechts.

Daneben werden noch weitere vorgeblich datenschützerische Argumente ins Feld geführt. Die „redundante Datenhaltung“ – die Bundesregierung geht von insgesamt bis zu 220 zentralen und dezentralen Datenregistern in der Bundesrepublik aus – führe neben Fehlern in der Datenhaltung auch dazu, dass Daten neu erhoben werden müssten, die bereits bei anderen Behörden vorhanden seien. Dies widerspreche dem Gebot der Datenminimierung. Außerdem müssten Daten zu Identifizierungszwecken erhoben werden, die zur eigentlichen Aufgabenerfüllung überflüssig seien. Dies treffe auf Unverständnis bei den Bürger*innen, wenn diese Daten immer neu angeben und Nachweise (Geburts- und Heiratsurkunden, etc.) über bereits vorhandene Daten erbringen müssten.

Ein eineindeutiges Identifizierungsmerkmal sei darüber hinaus für ein registerübergreifendes Identitätsmanagement erforderlich, um nutzerfreundliche und medienbruchfreie Verwaltungsverfahren anbieten zu können. Das kann man sich so vorstellen, wie es mit dem Gesetz zur Digitalisierung von Familienleistungen (Elterngeld) bereits eingeführt wurde: Wer Elterngeld beantragt, muss der Elterngeldstelle nur noch die Freigabe zum Abruf von erforderlichen Daten bei anderen Behörden und öffentlichen Stellen erteilen. Die Elterngeldstelle holt sich dann die Daten zur Bestätigung der Identität der Antragstellenden (bei der Meldebehörde), zur Geburt eines Kindes (beim Standesamt) und zur Verdiensthöhe der letzten Monate (über die Rentenversicherung).

In Bund, Ländern und Kommunen gibt es insgesamt etwa 575 Verwaltungsleistungen, die nach dem Onlinezugangsgesetz bis Ende 2021 digitalisiert sein sollen. Das sei ohne ein solches registerübergreifendes Identitätsmanagement nicht umsetzbar, so die Koalition. Tatsächlich wurde für die Digitalisierung des Familienleistungsverfahrens ein eher komplizierter Weg gewählt, der nicht auf alle anderen Verfahren übertragbar ist.

Last but not least ließe sich so auch der Zensus (sprich: Volkszählung) in Zukunft ohne das aufwendige Verfahren durchführen, das derzeit für den auf 2022 verschobenen EU-weiten Zensus 2021 auf den Weg gebracht wird. Hier war es zunächst nötig, mit einer Auswahl des Datenbestandes einen Testlauf durchzuführen, um dann (in diesem Jahr) einmalig alle bei den Meldebehörden vorhandenen Daten zusammenzuführen und abzugleichen, um Dubletten und „Karteileichen“ identifizieren und weitere Abgleiche und Prüfungen vornehmen zu können. Mit einem einheitlichen Personenkennzeichen (PKZ) könnten die Daten auch bei einer weiterhin im föderalen System dezentralen Führung der Melderegister quasi auf Knopfdruck zusammengeführt werden.

Einführung eines Zentralregisters durch die Hintertür?

Darin liegt selbstverständlich die Gefahr, zu allen anderen möglichen Gelegenheiten die Daten der Bürger*innen zu bestimmten Sachverhalten zentral abzurufen. Das technische Rückgrat für den zukünftigen Datenaustausch zwischen den Behörden bildet ein zentrales Register der Identifikationsnummern beim Bundesverwaltungsamt (der „Registermodernisierungsbehörde“). Im Zentralregister sind zur Identifikationsnummer keine weiteren Daten gespeichert. Weitere wesentliche Angaben wie Namen, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, Anschrift und weitere Daten sind als „Basisdaten“ beim Bundeszentralamt für Steuern gespeichert und werden von dort abgerufen. Abrufbar sind anhand von Familienname, Wohnort, Postleitzahl und Geburtsdatum die Identitätsnummer, anhand von Identitätsnummer und Geburtsdatum wiederum alle übrigen Daten, soweit sie zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind.

Behörde A kann dann anhand der Identifikationsnummer über ebenfalls neu zu schaffende Vermittlungsstellen alle für einen Verwaltungsvorgang erforderlichen Daten bei den verschiedenen weiteren Behörden anfordern. Die Daten werden dabei verschlüsselt und bei jedem Transport die Übermittlungsberechtigung abstrakt (anhand eines Zertifikats) kontrolliert und protokolliert. Innerhalb der abrufenden Behörden werden Berechtigungen für die jeweilige Datenverarbeitung an die Beschäftigten vergeben, die diese Berechtigung durch ein Authentifizierungsverfahren nachweisen müssen.

Diese Form der Datenübertragung wird auch „4-Corner-Modell“ genannt und ist in der Privatwirtschaft bereits etabliert, um Zahlungsanweisungen sicher abzuwickeln: Eine Stelle (Corner 1) überträgt Daten, die vor dem Versand verschlüsselt und mit einem Zertifikat versehen werden (Corner 2), über eine dritte Stelle („man in the middle“), die die Authentizität des Senders prüft, beim Empfänger werden die Daten entschlüsselt (Corner 3) und können dann an den eigentlich Empfangsberechtigten (Corner 4) übergeben werden. Die Berechtigung des Datenabrufs wird durch die Registerbehörde stichprobenhaft oder auf Anlass kontrolliert.

Die Registerbehörde ist außerdem für Verfahren zur Qualitätssicherung verantwortlich, die eine hohe Aktualität und Glaubwürdigkeit der Daten gewährleisten sollen: Werte zur Glaubwürdigkeit beziehungsweise „Validität“ werden ebenfalls im zentralen Identitätenregister des Bundeszentralamts für Steuern gespeichert; die Übertragung auch dieses Wertes bei der Datenübermittlung an die Fachbehörden ist im Gesetzgebungsverfahrens gestrichen worden. Das 4-Corner-Modell gilt nach dem Entwurf des RegModG jedoch nur für bereichsübergreifende Übermittlungen, nicht innerhalb der Behörden oder Bereiche (also etwa zwischen zwei Meldebehörden). Die Bereiche werden vom Bundesinnenministerium im Verordnungswege festgelegt und sollen nach den im Innenausschuss vorgenommenen Änderungen so zugeschnitten sein, dass Daten aus einem Bereich nicht ausreichend zur Profilbildung sind.

Mit diesem komplizierten System der Speicherung der Daten in zwei parallelen Systemen und des Abrufs über das System, in dem nur die Identitätsnummern gespeichert sind, versucht die Bundesregierung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Genüge zu tun. Schon 1969 hatte das höchste Gericht in seinem „Mikrozensusurteil“ befunden, es widerspräche „der menschlichen Würde, den Menschen zum bloßen Objekt im Staat zu machen […]. Mit der Menschenwürde wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen zwangsweise in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren, sei es auch in der Anonymität einer statistischen Erhebung, und ihn damit wie eine Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme in jeder Beziehung zugänglich ist.“ Diese Linie des Gerichts wurde im Volkszählungsurteil 1983 ausdrücklich bestätigt, das BVerfG nannte die Verwendung eines Personenkennzeichens darin ausdrücklich als Negativbeispiel einer verfassungswidrigen Rechtslage.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hält mit Blick auf diese Rechtsprechung und entgegen der Ausführungen der Bundesregierung im Gesetzentwurf an seiner klaren Kritik an der geplanten Identifikationsnummer fest. Ein Personenkennzeichen sei „mit der Verfassung nicht vereinbar. Es schafft ein system-inhärentes, übermäßiges Risiko der Katalogisierung der Persönlichkeit“ und biete „keinen ausreichenden Schutz vor Missbrauch“. Es reiche mit Blick auf das Mikrozensus- und das Volkszählungsurteil des BVerfG bereits der subjektive Eindruck des Bürgers/der Bürgerin, dass seine/ihre Persönlichkeit, der besonders geschützte „geistige Innenraum“, nicht mehr frei von staatlicher Beobachtung, Katalogisierung und totaler Erfassung sei und er/sie darauf mit einer äußeren Anpassung seiner Verhaltensweisen beginne.

Der BfDI verweist darauf, dass die Identifikationsnummer auch von der Privatwirtschaft als zentrales Ordnungsmerkmal benutzt werden könne, um die Datenverarbeitung (beispielsweise bei der Vermietung von Fahrzeugen, der Authentifizierung in Finanzgeschäften, etc.) zu vereinfachen. In dem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass im Identitätenregister gespeicherte unrichtige Daten dann in allen beteiligten Behörden verwendet werden. Ihre Korrektur ist hingegen nur in einem komplizierten Verfahren möglich, für die Korrektur sind unterschiedliche Behörden zuständig. Dass Bürger*innen sich direkt an die registerführenden Behörden wenden können, ist nicht vorgesehen.

Dass nun ausgerechnet die Steuer-ID, die seit 2008 alle Einwohner*innen mit dauerhaftem Aufenthalt und Kinder mit Geburt erhalten, nun als PKZ dienen soll, bestärkt die berechtigten Sorgen vor einer Zweckentfremdung von PKZ und Zentralregister. Denn schon die Einführung der Steuer-ID war umstritten und konnte erst durchgesetzt werden, als die alleinige Nutzung für Steuerzwecke zugesichert wurde. Allerdings enthielt die damalige Neuregelung im § 139 a-c Abgabenordnung (AO) bereits Öffnungsklauseln für eine zweckändernde Nutzung der Steuer-ID.

In den aktuellen Beratungen des Innenausschusses wurde eine gesetzliche Klarstellung getroffen, dass die Identifikationsnummer nur für die Zwecke des Identifikationsnummerngesetzes und für die Durchführung eines registergestützten Zensus genutzt werden darf. Dies wurde gleich noch in einem Entschließungsantrag des Ausschusses deklaratorisch mit der Aufforderung an künftige Bundesregierungen versehen, es dabei auch wirklich zu belassen. Die Büchse der Pandora öffnen und dem Bösen sagen, dass es nicht rauskommen soll – hat ja schon immer gut funktioniert. Die Oppositionsfraktionen hielten deshalb an ihrer Kritik fest, die Einführung eines PKZ sei verfassungsrechtlich zumindest schwierig, und Alternativen wie bereichsspezifische PKZ, die in Österreich verwendet werden, nicht ausreichend geprüft worden.

Noch eine weitere Änderung nahm die Koalition bei den Beratungen im Innenausschuss an: Schon im ursprünglichen Entwurf war ein sogenanntes Datencockpit vorgesehen, in dem für die Inhaber*innen der Identifikationsnummer die Protokolldaten der Datenübertragungen zwischen den Behörden einsehbar sind. Neu eingefügt wurde nun die Einsicht auch in die übermittelten Daten. Ein echtes „Cockpit“ ist das weiterhin nicht: Denn die Bürgerinnen und Bürger können weiterhin nicht steuern, welche Behörden untereinander ihre Daten austauschen können. Hierin wird die Verwaltungszentriertheit des ganzen Ansatzes der Verwaltungsdigitalisierung sichtbar – reibungslose Verwaltungsabläufe stehen im Mittelpunkt, nicht die Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger im Kontakt mit den Behörden.

Nicht der erste Versuch: Historische Vorläufer

Die Vergabe von Personenkennzeichen als eindeutigere Alternative zu Name/Vorname plus Geburtsdatum zur Erschließung von Registern und Verknüpfung von Daten in unterschiedlichen Registern, also als Mittel zur Verwaltungsrationalisierung, ist selbstverständlich nicht neu. 1944 wurde in Berlin eine Reichspersonalnummernkartei aufgebaut, deren Zweck die Kompletterfassung der Bevölkerung mit dem Ziel ihrer Heranziehung zur Beteiligung am „totalen Krieg“ war. Vom Aufbau her ähnelte die Nummer dem, was bis heute im Sozialversicherungssystem verbreitet ist: Geburtsdatum und vierstellige Nummer in Kombination mit einer Kodierung für Geschlecht und Staatsangehörigkeit.

Es sollte zweieinhalb Jahrzehnte dauern, bis es in Deutschland erneut zur Einführung eines Personenkennzeichens kam. Am 1. Januar 1970 führte die DDR die Personenkennzahl (PKZ) ein, die aus Geburtsdatum, einer Ziffer für das Jahrhundert der Geburt und dem Geschlecht, einer dreistelligen Zahl für die zuständige Meldebehörde, einer fortlaufenden Nummer für den Geburtstag und einer Prüfnummer bestand. Sie war zugleich wesentliches Element für den Aufbau einer Zentralen Personendatenbank in Berlin-Biesdorf. Ab 1984 war sie voll funktionsfähig und sammelte und verwaltete die Daten des „Zentralen Büros für Personalangelegenheiten“. Die Nummer wurde in alle Personaldokumente, Sozialversicherungs-, Renten-, Wehrdienst- und Impfausweise eingetragen. Über die Personenkennzahl können noch heute Stasi-Akten erschlossen werden.

Zur gleichen Zeit wurde auch in der Bundesrepublik die Einführung eines bundeseinheitlichen Personenkennzeichens diskutiert. Beteiligt waren neben dem Bundesinnenministerium die Kommunalen Spitzenverbände, die „Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung“ und der „Ausschuss für wirtschaftliche Verwaltung im Rationalisierungskuratorium der deutschen Wirtschaft“ eingebunden. Es war ebenfalls als zwölfstelliges Personenkennzeichen mit Geschlecht, Geburtsdatum, vierstelliger fortlaufender Nummer für alle am selben Tag Geborenen und Prüfziffer konzipiert. Mit der Einfügung von Geburtsdatum und einer Ziffer für das Geschlecht sollte das Kennzeichen leichter merkbar sein, außerdem hätten diese beiden Angaben dann in den Registern entfallen können. Die Vergabe war für das Jahr 1973 an alle Einwohner*innen der Bundesrepublik vorgesehen. Im Blick hatte das Bundesinnenministerium die damals auf allen staatlichen Ebenen neu entstehenden Datenverarbeitungszentren, in denen Daten zu einer Person weiterhin händisch zusammengeführt werden mussten.

Das Vorhaben sollte im Rahmen einer grundlegenden Reform des Meldewesens umgesetzt werden, das aber über eine erste Beratung im Bundestag nicht hinauskam. Erst 1980 wurde das Melderechtsrahmengesetz zur Vereinheitlichung des Meldewesens eingeführt. Es enthielt genauso wenig eine PKZ wie später das 2015 in Kraft getretene Bundesmeldegesetz, das nach der Föderalismusreform (2006) die Meldegesetze der Länder ablöste.

Ausländerzentralregister als Feldversuch

Wie immer ist die Politik bei Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen weniger zimperlich, wenn es um die datenmäßige Erfassung und Katalogisierung von „Ausländer*innen“ geht. So wird für alle Personen, die im Ausländerzentralregister (AZR) gespeichert sind, eine AZR-Nummer zu ihrem Datensatz gespeichert. Diese diente lange nur dem Austausch zwischen der zuständigen Ausländerbehörde und dem AZR, blieb aber auch nach einem Umzug in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Ausländerbehörde gleich. Mit dem „Datenaustauschverbesserungsgesetz“ und der Einführung eines neuen „Kerndatensystems“ für neu ankommende Geflüchtete wurde zusätzlich eine Nummer für den „Ankunftsnachweis“ (AKN-Nummer) vergeben, die dann auch für den Datenaustausch weiterer Behörden mit dem AZR genutzt werden kann.

Mit dem „Zweiten Datenaustauschverbesserungsgesetz“ wurde eine Grundlage geschaffen, die AZR-Nummer aller Ausländer*innen auf ihren Aufenthaltstitel beziehungsweise Bescheinigungen aufzudrucken, um den Datenabruf (zunächst nur) der Ausländerbehörden zu erleichtern. Mit der kürzlich vom Bundestag beschlossenen Änderung des Bundesmeldegesetzes wurde – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit – der Gebrauch der AZR-Nummer durch alle möglichen Behörden beim Datenabruf bei den Meldeämtern zugelassen. Hierdurch wird die enge Zweckbindung der AZR-Nummer aufgeweicht und faktisch für „Ausländer*innen“ zumindest ein wesentlicher Schritt in Richtung einer PKZ gegangen.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht besonders abwegig davon auszugehen, dass sich auch die Identifikationsnummer irgendwann auf Pässen, Personalausweisen und weiteren amtlichen Dokumenten wiederfinden wird. Während der Verweis auf genau diese staatliche Praxis in der DDR in den 1970er Jahren noch ausreichte, um die damaligen PKZ-Pläne zu Fall zu bringen, scheint diese Erinnerung dreißig Jahre nach ihrem Ende ausreichend verblasst, um sie ignorieren zu können.

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19 Ergänzungen

  1. Danke für den Artikel.

    Seht es doch ein: Wir sind alle Verbrecher (Gedankenverbrecher), die überwacht werden müssen (siehe einheitliche PKZ, Fingerabdrücke im Perso). Setzen wir uns zu Winston ins Cafe, trinken unsern Gin und fangen damit an, den Großen Bruder zu lieben…

  2. Aber haben wir nicht bereits eine Personalausweisnummer? Ist die denn nicht schon eindeutig? Oder wechselt diese mit einem neuen Perso?

    1. Der Schaden rankt sich ja um die Gestze herum, wenn er auch inzwischen immer öfter auf solchen reitend direkt ins Wohnzimmer gekippt wird.

      Welche Nummer also welchen Schaden anrichten kann, wird noch eine interessante Sache, auch im Zusammenspiel mit Korruption.

      Ich glaube man darf es jetzt Korruption nennen.

    2. „haben wir nicht bereits eine Personalausweisnummer? [..] wechselt diese mit einem neuen Perso?“

      Du bist offensichtlich noch sehr jung. Denn spätestens mit dem zweiten Ausweis nach der Jugendlichkeit würde sich die Frage erübrigen.
      Von daher:
      Das ist eine sich nicht wiederholende und eineindeutige Dokumentennummer. (bijektiv)

      Zudem: Es ist niemand verpflichet einen Personalausweis zu besitzen.
      Den las ich mal unbegründet stehen.

      1. Man ist in D sehr wohl verpflichtet, einen gültigen Perso zu besitzen – es besteht nur keine Pflicht, ihn mit sich zu führen (auch dazu gibt es Ausnahmen).
        Selbst die verspätete Beantragung des Folgeaausweises kann eine Strafe nach sich ziehen.

        1. Diese Aussage ist falsch. Das hält sich leider seit vielen Jahren als falsche Information, die ich zum gefühlt hundertsten Male hiermit korrigiere: Das Personalausweisgesetz enthält nur insofern eine Regelung zur Ausweispflicht, nämlich gleich in § 1, dass die Pflicht darin besteht, einen Personalausweis oder einen Reisepass zu haben. Also braucht man gerade keinen Personalausweis zu haben, wenn man einen Pass hat.

          Ich zitiere gern nochmal direkt aus dem Gesetz:
          „Die Ausweispflicht nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erfüllt auch, wer einen gültigen Pass im Sinne des § 1 Absatz 2 des Passgesetzes besitzt..“

          Siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/pauswg/__1.html

  3. In der Presse ist nichts zu lesen!?
    Das Thema ist wohl w/Corona aus dem Blickwinkel verschwunden.
    Zusammen mit den vorhandenen biometrischen Daten ergibt sich in Zukunft ein perfektes Überwachungsinstrument.
    Besonders erschütternd für mich ist die Zustimmung der SPD.

    1. Die Zustimmung der SPD ist unter Merkel reine Formsache. Es wird von der SPD zwar immer gewarnt und gedroht, aber dann doch zugestimmt. Selbst bei Dingen, die der Koalitionsvertrag ausschließt z.B. Upload-Filter!

  4. Ich rege hiermit eine Verfassungs-Sammelklage sämtlicher für die Bewahrung der Grundrechte eintretenden Institutionen, entsprechender Parteien und Privatleute an. Eine solche Klage gegen dieses Gesetz dürfte – wie bereits ausgeführt – mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben und auch finanziell stemmbar sein.
    Auffällig ist, dass gerade jetzt auf die Durchsetzung der Personenkennziffer gedrungen wird. Warum wohl? Weil damit gerechnet werden muss, dass die Machtverhältnisse nach der Bundestagswahl anders aussehen können und bis dahin noch möglichst viele grundrechtseinschränkende Gesetze beschlossen werden müssen.

  5. Hallo, wieso darf das eonfach so gemacht werden. Wieso gibt es nirgends Abstimmungen dagegen, oder etwas wie wir Bürger uns dagegen wehren können?

  6. Grundsätzlich sehe ich einige Vorteile solch einer Nummer, jedoch fehlen hier noch einige Regeln wer, wann und wie auf die Daten zugreifen darf.
    Man muss halt erkennen der größte Teil der Bevölkerung kümmert sich nicht wirklich um Datenschutz, ist leider so. Sonst wären Firmen wie Facebook, Amazon usw. schon seit langen Pleite.
    Und mal ehrlich wer die Daten wirklich will bekommt sie auch ob mit oder ohne Nummer, große Datensätze zu durchsuchen ist dank moderner Technik kein wirkliches Problem mehr

    1. Fragt doch nach: Ausser einer gewissen Bequemlichkeit für Behörden sehe ich keine Vorteile. Wenn man Bürokratie innerhalb der Behörden abbauen will, liegen die Baustellen bei ganz anderen Dingen. Seltsamerweise wird hier kaum etwas getan.
      Bei sehr gut konfigurierten Systemen und entsprechenden politischen Vorgaben ist sowohl eine direkte als auch eine indirekte Datenübermittlung (wie z. B. durch Telemetrie an Mozilla, Microsoft u. a.) mit sehr hoher Sicherheit vermeidbar. Das gilt auch für einfaches Durchsuchen von aussen.
      Dass ein großer Teil der Bevölkerung sich nicht um Datenschutz kümmert, berechtigt die Politik noch lange nicht, diesen nicht zu praktizieren und entsprechende Regelungen zu negieren oder zu dessen Umsetzung erst gar nicht zu erlassen.

  7. „Vor diesem Hintergrund ist es nicht besonders abwegig davon auszugehen, dass sich auch die Identifikationsnummer irgendwann auf Pässen, Personalausweisen und weiteren amtlichen Dokumenten wiederfinden wird.“
    In der Aufzählung fehlt noch ‚als Strichcode auftätowiert‘.
    Offizielle Begründung könnte lauten : Geht nicht so schnell verloren. Und ist für den Bürger doch auch viel einfacher, wenn er beim Ausweisen kein Dokument mehr rauskramen sondern sich nur scannen lassen muss. [/Sarkasmus]
    Obwohl: Bis dahin wohl eher ‚unter die Haut gechipt‘.

  8. Aus dem Katalog eines Zeitreisenden, historische Verschwörungsduelle mit der Realität: Förderung statt Forderung! sagt:

    Ok eine Nummer ist schon mal. Dann kann doch bald das Chippen folgen, oder?

    Im Zuge der Verbesserung kognitiver Fähigkeiten, Früherkennung von Krankheiten, sowie Abmilderung von Schwierigkeiten wie Epilepsie, Psychopathie, oder u.a. allgemein auch zur Konzentration, wird die neueste Chiptechnologie zunächst zu horrenden Preisen als wartungsfreies Implantat angeboten.

    Als dann das Verwenden dieser Chips zur Pflicht wurde, dauerte es nicht mehr lange, bis der nächste rechtsfreie Raum u.a. im Kampf für das Gute und die Urheberschaft an sich, mittles DRM-Add-In ziel einer Forderung unserer geliebten Verwertungs- Musik- und Verlagsindustrien (u.s.w) wurde…

    (Forderung – meinten die Förderung?)

    1. Oh ja, ich rieche es schon – kein DRM-Signalgeber in der Nähe? Wie lebt es sich mit extra Rauschen und Tinnitus zur Musik, Herr… äh … Moment… Yo-Yo Ma?

      Keine Sorge, dafür gibt es eine extra Lizenz, sie müssen dann allerdings regelmäßig den Datenträger mit der Umgebungsaufnahme an die GEMA einschicken, damit die Lizenzkonformität geprüft werden kann, zu Ihrem eigenen Schutz!

    2. Schneidet man mit so einem Chip das Zusammenspiel von Arealen und Impulsgebung mit, natürlich mittels Low-Power-KI-Modul, so wird es bald aus der Rückschau Daten über Verbrechen geben.

      Die Aufklärungsrate wird massiv steigen, da jetzt auch die Hersteller von Chips und der darauf laufenden experimentellen Pandemieanwendung dabei helfen, alle straffällig gewordenen Individuen ausfindig zu machen. Die Rate sinkt dann wieder mit der nächsten Generation an Chips, die direkt mit der Zentrale kommunizieren können, da einfach auch nicht mehr die Notwendigkeit besteht, da auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse das Impulsverhalten nun präemptiv-präventiv normalisiert werden kann, so dass die Gesamtzahl vernachlässigbar wird.

      Eines Tages wird bei einem gewissen“Ripper von Grevenbroich“ der Chip in dessen Hamster gefunden. Hernach wurden alle Hamster ab Werk gechipped, um weiteren Mißbrauch zu verhindern.

      1. In seiner nicht enden wollenden Eleganz hat unsere geliebetes Justizministerium einen weiteren rechtsfreien Raum geschlossen: arbeitslose Golfer nehmen sich nun des Hamsterproblems an. Sie erhalten damit temporär die Wohznungsdurchsuchungszugangsberechtigung A38b.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.