Wochenrückblick KW 2Gute Vorsätze und alte Probleme 

Backgroundchecks bei Airbnb, Vorratsdatenspeicherung von Kennzeichen in Brandenburg und den türkis-grünen Koalitionsvertrag in Österreich – dieses Jahr hatte für sein zartes Alter netzpolitisch schon einiges zu bieten. Ein Überblick über die Themen der Woche.

Ein Vogelküken ist zu sehen.
Was plant die neue österreichische Regierung für ihre Netzpolitik? (Symbolbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Prince Abid

2020 ist erst zwei Wochen jung und dennoch gibt es Einiges, auf das wir schon jetzt mit euch zurückblicken möchten. Auf jeden Fall berichtenswert aus dieser Woche in eigener Sache ist, wie wir auf dem Hackerkongress 36c3 mit Vorträgen aufgestellt waren, die jetzt auch online sind. Sehr ans Herz legen möchten wir euch auch die Berichterstattung unserer Autorin Anna Biselli, für die sie den Surveillance Studies Preis gewonnen hat – herzlichen Glückwunsch!

Schlechte Stimmung und eine kleine Überraschung

Wer auf Brandenburgs Autobahnen unterwegs ist, wird beobachtet. Deshalb hat die Landespolizei jetzt Ärger mit der Datenschutzbeauftragten der Landesregierung bekommen. Dagmar Hartge fordert ein Ende der nahezu flächendeckenden Überwachung mit Kennzeichenscannern und will, dass die Polizei ihren Datensatz löscht.

Die Konservativen möchten jetzt mehr Freie Software, wer hätte das gedacht! Dazu gehört auch das Versprechen, dass öffentliche Gelder für Freie Software eingesetzt werden. Wir lassen uns überraschen, ob man das auch in die Praxis umsetzen wird. Zeit wird es.

Zehntausend Menschen, denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihre Herkunftsangabe nicht glaubte, mussten sich schon als Teil ihres Asylverfahrens einem computergestützten Dialekttest unterziehen, wie Anna Biselli als Teil ihrer preisgekrönten Recherche herausfand. Was eigentlich Aufgabe von Wissenschaftler:innen und anderen Sprachexpert:innen ist, wird in vielen Bundesländern jetzt an Computer ausgelagert. Das ist sehr umstritten, denn es ist nicht belegt, dass diese Tests eine ausreichende Trefferquote haben, so das Fazit von Biselli.

Woher kommt sie nur, die schlechte Stimmung bezüglich deutscher Digitalpolitik? Im Digitalreport 2020 steht unter anderem, dass nur ein Viertel der Deutschen die Bundesregierung für kompetent hält, was Digitalisierung angeht. Tomas Rudl hat sich die Studie angesehen und zweifelt an ihrer Aussagekraft.

Kurzweilige Netzpolitik

Immer wieder Österreich: Philipp Maderthaner war bereits zweimal der Wahlkampfchef von Sebastian Kurz, dem österreichischen Kanzler. Nebenher hat er Mails an Cambridge Analytica geschrieben, wie nun bekannt wird. Die umstrittene Firma war wegen ihres Einflusses auf die US-Wahlen und das Brexit-Referendum zuletzt wieder in aller Munde. Spannend also, dass eine nun geleakte E-Mail den Kontakt von Maderthaner mit Cambridge Analytica belegt.

Digitale Sprachtests auch für Menschen, die in Österreich Asyl beantragen, ein Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene und „Justiz 3.0“ – was steht im Koalitionsvertrag von ÖVP und Grünen in Österreich? Einiges Netzpolitisches auf jeden Fall oder, wie es die Politiker:innen im Nachbarland sagen würden: viel Cyber.

Amazons und Airbnbs Dystopie

AirBnB hält ein Patent auf ein Tool, mit dem es innerhalb von Sekunden ausführliche Background-Checks von Kund:innen durchführen kann. Wer Buchungsanfragen stellt, wird erstmal gründlich auf bestimmte vermutete Persönlichkeitsmerkmale geprüft. Wenn mit dem Tool Hinweise auf unerwünschte Eigenschaften (zum Beispiel Bilder vom Feierabendbier auf Facebook) gefunden werden, senkt das die Chancen auf eine Vermietung.

Leider passiert das immer wieder, wenn Nutzer:innen ihre persönlichen Daten einem Unternehmen anvertrauen: Angestellte betreiben Schindluder mit Kund:innendaten. Ring, ein Amazon-Unternehmen, das Überwachungskameras für den Heimgebrauch herstellt, musste Angestellten kündigen, weil diese Videos von Kund:innen angesehen hatten.

Offene Briefe für ein offenes Netz

Zum Jahresbeginn gibt es zwei netzpolitische Kampagnenstarts: Über 50 Nichtregierungsorganisationen, die sich für digitale Grundrechte einsetzen, haben eine Petition und einen offenen Brief an Google-Chef Sundar Pichai veröffentlicht. Vorinstallierte Apps lassen sich nicht löschen und unterliegen de facto keinen transparenten Sicherheitsvorgaben von Google. Die NGOs um Privacy International und Amnesty International fordern Pichai auf, das zu ändern.

Die in die Jahre gekommenen EU-Regeln für Privatsphäre in der digitalen Kommunikation sollen durch eine zeitgemäße ePrivacy-Verordnung ersetzt werden. Das fordert eine Gruppe von datenschutzfreundlichen Unternehmen in einem offenen Brief an die EU. Sie wendet sich damit gegen die Argumentation von Gegner:innen einer solchen Regulation, strengere Regeln würden der europäischen Wirtschaft schaden.

Telekolleg Netzpolitik

Es soll die Innovationskraft und gemeinschaftliche Belange in Kommunen stärken. Open Government ist das dritte Konzept, das wir euch in unserer Montagsreihe ABC der Offenheit vorstellen. Ihr könnt einen guten Überblick über die wichtigsten Ziele und Instrumente von Open Government gewinnen.

Wir wünschen euch ein schönes Wochenende!

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

2 Ergänzungen

  1. Wenn ich auf „alle Artikel chronologisch“ klicke, sehe ich den letzten Stand zu 2019,
    also noch nicht die Artikel aus dem neuen Jahr: ist das ein Handlingsfehler von mir, oder habt Ihr noch einen Jahresfilter nicht auf 2020 ergänzt ?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.