Gewalt im NetzSchuldzuweisung statt Opferschutz

Einer jungen Frau wird im Internet mit ihrer Ermordung gedroht. Als sie Strafanzeige stellt, gerät sie an einen Polizisten, gegen den wegen seines Verhaltens nun ein Disziplinarverfahren läuft. Die Schilderungen der Bremer Streamerin Powny stehen für ein grundsätzliches Problem der Polizei mit digitaler Gewalt.

Kritiker:innen werfen der Polizei vor, sie nehme digitale Gewalt häufig nicht ernst. (Symbolbild)
Kritiker:innen werfen der Polizei vor, sie nehme digitale Gewalt häufig nicht ernst. (Symbolbild) CC-BY 2.0 Konrad Lembcke | Bearbeitung netzpolitik.org

Die Streamerin Powny erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bremer Polizei. Eine unbekannte Person hatte am Samstag im Netz gedroht, sie zu ermorden. Deshalb hat Powny, die wohl eigentlich Janin heißt, am Montag bei einer Dienststelle Strafanzeige gestellt. Der Beamte, der den Fall bearbeitet hat, habe sie allerdings nicht ernst genommen und ihr stattdessen geraten, sie solle „in Zukunft einfach die Kamera auslassen“. Das schreibt sie auf Twitter, in einem Tweet, der inzwischen Tausendfach geteilt worden ist. Die Polizei will die Beschwerde untersuchen und kündigt an, daraus Konsequenzen zu ziehen. Doch was der Streamerin widerfahren ist, scheint kein Einzelfall zu sein, sondern Symptom eines grundsätzlichen Problems.

„Ich habe deine Adresse und werde dich vergewaltigen und anschließend in der Badewanne ertränken“, schrieb die unbekannte Person öffentlich einsehbar im Chat auf Twitch. Auf der Plattform überträgt Janin Videos, die sie dabei zeigen, wie sie Computerspiele wie „Dark Souls“ spielt. Mehr als 7000 Menschen folgen ihrem Kanal. Mit Spenden und Abos verdient sie dort auch etwas Geld.

Was sie in der Folge bei der Polizei erlebt hat, hat sie öffentlich gemacht. „Meine Erfahrungen mit dem Beamten: Ich wurde null ernst genommen.“ Der Mann habe ihr zu verstehen gegeben, dass sie keinen Schutz erwarten könne: Es bestehe „eine kleine Bedrohung“, dennoch seien „keine Maßnahmen nötig“.

„Sollte man Sie tot in Ihrer Badewanne finden, haben wir zumindest einen Ermittlungshinweis.“

In einer Serie von Tweets gibt sie Aussagen wieder, die der Beamte ihr gegenüber getroffen habe, etwa: „Sollte man Sie tot in Ihrer Badewanne finden, was für Sie natürlich der schlechteste Ausgang wäre, haben wir zumindest einen Ermittlungshinweis.“

Bremens Polizeipräsident Lutz Müller bezeichnet das Verhalten seines Mitarbeiters in einem Interview mit der Regionalfernsehsendung buten un binnen später als fehlendes „Fingerspitzengefühl“.

Über mehrere Kanäle hat netzpolitik.org schon am Montag versucht, die Streamerin zu kontaktieren, aber keine Antwort erhalten. Gesprochen hat sie inzwischen mit der Bremer Regionalzeitung Weser-Kurier.

Disziplinarverfahren gegen einen Polizisten

Mehr als Tausend Mal wurden Janins Tweets zu dem Fall geteilt. Öffentlicher Druck, der gewirkt zu haben scheint: Die Polizei Bremen hat erneut Kontakt mit ihr aufgenommen. An diesem Mittwoch hat sie ein weiteres Mal ausgesagt. Wegen der Drohung hat die Kriminalpolizei jetzt die Ermittlungen aufgenommen. Das bestätigt eine Sprecherin der Polizei Bremen. Doch die Beschwerde der Streamerin beschäftigt die Behörde auch intern.

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„Das geschilderte Verhalten des aufnehmenden Beamten entspricht nicht unserem Verständnis von einer bürgernahen Polizeiarbeit“, teilt Sprecherin Franka Haedke schriftlich mit. „Wir arbeiten intensiv an der Aufklärung des Sachverhaltes.“ Der beschuldigte Beamte sei bis zur Klärung „von seinen derzeitigen Aufgaben mit Bürgerkontakt entbunden“. Gegen ihn habe die Polizei Bremen ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Fragen zu einzelnen Aussagen, die der Mann getroffen haben soll, wollte Haedke am Dienstag nicht beantworten.

Erklären müssen wird sich die Behörde wohl trotzdem. Der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Mustafa Öztürk hat die Polizei Medienberichten zufolge aufgefordert, noch in dieser Woche in der Innendeputation Bericht zu erstatten.

Gesetze existieren, aber Polizei und Justiz versagen

Der Umgang der Polizei mit den Betroffenen von digitaler Gewalt ist ein grundlegendes Problem. HateAid zufolge sind die Strafverfolgungsbehörden in solchen Fällen überfordert und nehmen das Thema nicht ernst genug. Das schreibt die Organisation, die Opfer von Hass im Netz berät, auf ihrer Website.

„Das Hauptproblem ist, dass Gesetze existieren, aber Polizei und Justiz versagen, sie umzusetzen“, sagt auch die Linken-Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg. Sie übt harsche Kritik am mutmaßlichen Verhalten des Bremer Polizisten. „Ich habe auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht und stelle deshalb inzwischen eigentlich schon gar keine Anzeigen mehr.“

Der Fall, wie ihn die Streamerin Janin schildert, stehe exemplarisch für das, was vielen Frauen überall in Deutschland passiere, so Domscheit-Berg. Sie warnt davor, Gewalt im Netz zu unterschätzen. Denn: Auch digitale Gewalt habe physische Folgen. Sie verdränge Menschen aus dem öffentlichen Raum, verursache etwa Angst- und Schlafstörungen. Zudem sei digitale Gewalt häufig eine Vorstufe von physischer.

Der Weser-Kurier schreibt, die unbekannte Person habe auch Janins Nachnamen gekannt. „Man denkt sich: ,Ach, das wird ein Idiot gewesen sein, der sowieso nicht weiß, wo ich bin‘“, sagte sie der Zeitung. „Ein kleiner Teil denkt sich aber eben auch: ,Was, wenn nicht?‘“

Die Aussagen, mit denen die Streamerin den Polizisten zitiert, bezeichnet Politikerin Domscheit-Berg als typisch. Hierbei handele es sich um sogenanntes Victimblaming: Der Beamte suche die Schuld im Verhalten der Frau anstatt beim Täter. „Sie spielen Spiele im Internet? Na, sie müssen ja viel Zeit haben“, soll er gesagt haben. „Wenn Sie das nicht machen würden, hätte Ihnen auch niemand geschrieben und wir würden hier jetzt nicht sitzen.“

Die Bremer Polizei kann nicht sagen, wie sie Beamt:innen für solche Fälle ausbildet

Auch in Bremen ist es nichts Ungewöhnliches, dass Menschen im Netz bedroht werden: Aktenkundig sind der Polizei zufolge 52 Fälle aus dem vergangenen Jahr, auch in diesem Monat sind es bereits fünf. Ob Janins Fall nun ein Wendepunkt sein kann? „Die Polizei Bremen nimmt diesen Sachverhalt zum Anlass, um die internen Prozesse bei der Anzeigenaufnahme von Straftaten im Internet auch noch mal grundsätzlich zu überprüfen“, teilt Sprecherin Haedke mit.

Netzpolitik.org hat die Bremer Polizei gefragt, inwiefern sie ihre Mitarbeiter:innen für solche Fälle überhaupt ausbilde. Die Sprecherin teilt mit, die Behörde könne diese Frage nicht beantworten – angeblich, weil dies „in der Kürze der Zeit“ nicht möglich sei.

In einem Positionspapier, das HateAid im November gemeinsam mit dem Verein ichbinhier veröffentlicht hat, fordert die Organisation Schulungen sowie bessere technische und personelle Ausstattung für die Ermittler. Sie erachtet diese als Voraussetzungen dafür, dass sich tatsächlich etwas ändert.

Auch die Streamerin Janin hat diese Hoffnung. An diesem Morgen twitterte sie, sie wünsche sich, „dass in Zukunft besser in die Richtung Medienkompetenz und Cyberkriminalität geschult wird und somit solche Sachen direkt ernster genommen werden.“

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11 Ergänzungen

  1. Ich hatte vor 20 Jahren eine ähnliche Sache. Nur ohne Internet. Ich möchte daher empfehlen sich mit einer Beschwerde bei der Polizei nicht nur an eine Adresse zu wenden, sondern gleich an mehrere. Auf den Fachbereich angepasst, je nach dem worum es geht. Hat damals Wunder gewirkt und ist heute nicht anders, wie man sieht.

    Das mache ich auch so, wenn ich z.B. im Staßenverkehr gefährdet werde und mir das LKW-Kennzeichen nicht schnell genug merken konnte. Direkt Beschwerde bei der Firma mit Kopie an Innung und Gewerbeaufsicht.

    P.S. Ich denke, dass Personen mit der Haltung ‚Selber Schuld, wenn du am Leben teilnimmst‘ grundsätzlich im Behördendienst nichts verloren haben. Das ist schlichtweg assozial und vergleichbar mit bescheuerten Rechtfertigungsversuchen wie „Wenn ichs nicht mache, macht es ein anderer“.

  2. Es ist ja überhaupt keine Frage, dass der Verrottung der Sitten im Internet und insbesondere auch solchen Drohungen entsprechend entgegen getreten werden muss. Aber zum einen ist es schwierig, solche Ermittlungen zu führen, zum anderen enden die Ermittlungsarbeiten wegen der weitreichenden Anonymität im Netz oftmals im Frust für Betroffene und Polizei.

    Der Punkt ist aber: Es gibt hier eine Aussage, nämlich die der Betroffenen. Und es gibt sicherlich eine andere Sicht, nämlich die des Polizisten. Und bevor man die nicht gehört hat, sollte man sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen mit Beschuldigungen.

  3. Wie ist das eigentlich generell bei Drohungen?
    Wenn die z.B. Mündlich(Analog) erfolgen oder eben Digital(„Schriftlich“) kann man ja nix nachweisen es heißt ja im Zweifel für den Angeklagten also muss ja erstmal der genutzte Dienstleister(Twitch, YouTube, …) beweisen das der Kommentar oder die Chat nachricht usw. nicht verändert wurde oder wie? Andernfalls kann es ja maximal ein Indiz sein.
    Ich kann ja auch keinen Vertrag über Telegram abschließen.

    Mal abgesehen davon Frage ich mich welcher nicht Troll:innen so etwas ohne VPN/Proxy im internet Absetzt?
    Womit wir wieder bei der KlarNamenPflicht sind: „Ja, Nein, Vielleicht?“ Wobei ich ja auch Analog Anonym sein kann/darf(noch) einen Brief kann ich ja auch ohne Absender verschicken egal, ob Drohung oder Kommentar/Leserbrief,… .

    Aber Prinzipiell muss man natürlich anerkennen das es durch das Internet sozusagen auch „Lokale“ Prominente gibt deren „Fan Gemeinde“ bzw. Bekanntheit zwar von der Größe her „Lokal“ ist aber dessen Publikum Global verteilt sein kann.
    Solche Personen verdienen dementsprechend auch von Behörden entsprechend Gleichwertige Unterstützung wie die „Oldschool“ Promis vom Dorf(ja nach Größe der „Fan Gemeinde“).

    1. Fragen Sie dazu am besten einen Anwalt oder bei einer Polizeidienststelle nach. Ich sehe mich ausserstande zu erkennen, worum es ihnen genau geht. Ich empfehle auch, dort weniger wild und verwirrend zu kommunizieren.

  4. Man kann dem „einfachen“ Beamten anscheinend nicht mal eine Schuld geben.
    Das ist mit Sicherheit ein gewaltiges Führungsproblem, wenn keine konkreten Abläufe und Prozesse festgelegt sind, wie man solche Fälle behandelt und wie die abgehandelt werden. Das Thema Victimblaming hat der Beamte mit Sicherheit auch noch auf keiner Weiterbildung gehört.

    „Der Fisch stinkt vom Kopf.“ Aber passt schon. Das Internet setzt sich eh nicht durch.

    1. Natürlich ist eine Entscheidung darüber, ob eine Anzeige gegen unbekannt aufgenommen werden soll, weil sie begründet erscheint oder nicht, eine (kleine) Aufgabe. Die Aufgabe wäre Anzeigende beratend vor Verleumdungsklagen zu schützen und zu empfehlen offen-offensichtlich nichtige Sachverhalte nicht anzuzeigen.
      Dafür aber werden Polizeiangestellte geschult.

      Es geht hier zusätzlich um ein Offizialdelikt, dass bei Bekanntwerden auch ohne Anzeige verfolgt werden muss, zumal hier die Konkretheit der Umsetzbarkeit der Drohung durch die vermeintliche Nennung des vollen Realnamens vorliegt.

      Für die juristische Beurteilung des Erfolgs einer Anzeige ist die Polizei nicht zuständig.
      Für die Beurteilung und Abmahnung des Verhaltens der Bediensteten ist die Dienstaufsicht zuständig.
      Was hier durchscheint ist eine Haltung des Polizisten wie etwa „Mord- und Vergewaltigungsdrohungen verschickt doch jeder im ‚Internet‘ – das meint man doch nicht so ganz ernst …“. Seit wann ist das Internet ein rechtsfreier Raum?

  5. Die beschriebene Art von Internetkriminalität stellt die Polizei und die Ermittlungsbehörden vor völlig neue Aufgaben, die hier überhaupt nicht zur Kenntnis genommen werden:

    Zum Teil wird der Polizei die Eingriffsermächtigung bestritten (hier bei Netzpolitik.org z.B. dadurch, dass man völlig legale Ermittlungsansätze als rassistisch verleumdet). Es wird hier auch als kritisch angesehen, wenn die Polizei überhaupt im Internet agiert. Teils verbieten die Länder ihren Beamten, ihre „Klientel“ in sozialen Netzwerken zu kontaktieren. Wie sollen sie so die notwendigen Ermittlungs-Kompetenzen erwerben?

    Die Polizei ist mit Ermittlungsarbeit zugeschüttet, die von vornherein ins Leere läuft:

    Da stellen massenweise „Opfer“ Strafantrag weil sie mittels Spam aufgefordert wurden, einen Vorschuss zu zahlen, um ihren „Gewinn“ abzuholen. Strafanträge werden gestellt wegen echter oder vermeintlicher „Hassrede“ und fragwürdigem Rassismus ohne vorher eine eigene Schlüssigkeitsprüfung vorgenommen zu haben. Da entsteht ein riesiger Ermittlungsaufwand, der niemals zu einer Strafe führen wird, weil nicht tatbestandsmässig, nicht beweisbar, nicht mit relevanter Strafe bedroht oder weil das Gericht frei spricht (Beleidigung einer früheren Ministerin).

    Hier stellt sich auch die Frage, wann eine im sozialen Netzwerk ausgedrückte Bedrohung wirklich bedrohlich ist? Reicht ein „ich bring Dich um“ oder muss dazu auch die Möglichkeit erwiesen sein, dass der Täter das Opfer namentlich und seine Anschrift kennt? Oder braucht es auch eine persönliche Kontaktaufnahme /Nähe?

    Kurz gesagt: Die Menschen werden lebensunfähiger und erwarten von den Ermittlungsbehörden, dass diese ihre Probleme lösen – und zwar schon im Vorfeld von „echter“ Kriminalität.

    1. „Zum Teil wird der Polizei die Eingriffsermächtigung bestritten (hier bei Netzpolitik.org z.B. dadurch, dass man völlig legale Ermittlungsansätze als rassistisch verleumdet).“

      WTF! Tatsächliche Eingriffe von Staatsbediensteten gegen Grundrechte zu durchleuchten, bewerten und kritisieren hat keinen Einfluss auf bestehende Kompetenzen (Arbeitsfähigkeit) von Ermittlern, sondern ist Pflichtbestandteil von Organen die Berichterstattung betreiben. Mir scheint, Sie wollen ein Tabu etablieren und halten ein Plädoyer dafür, angezeigten Rassismus nicht mehr zu verfolgen.

      „Strafanträge werden gestellt wegen echter oder vermeintlicher „Hassrede“ und fragwürdigem Rassismus ohne vorher eine eigene Schlüssigkeitsprüfung vorgenommen zu haben.“

      Belege bitte. Woher wollen Sie wissen, dass Kläger selber keine zumutbare Abwägung getroffen haben? Eine Schlüssigkeitsprüfung findet vor Gericht statt, also zeitlich deutlich abgesetzt nach einer Anzeige bei der Polizei. Von Nichtjuristen zu verlangen auf Schlüssigkeit zu prüfen ist unzumutbar.

      Die Polizei hätte mehr Zeit, wenn sie nicht soviel Zeit für Abschiebungen und die Verfolgung von Kiffern verschwenden würde. https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Millionen-Ueberstunden-Deutsche-Polizisten-sind-ueberlastet-id55287521.html
      „„Es tauchen immer wieder neue Phänomene auf, mit denen sich die Polizei beschäftigen muss.“ Besonders belastend seien aktuell etwa Abschiebungen.“

      Weniger Autofahren und langsamer würde deutlich weniger Unfälle verursachen, was Zeit einspart. Auch da könnte der Gesetzgeber tätig werden: Tempolimit auf Autobahnen und Tempo 40 innerorts und Einführung einer PS-Obergrenze. 70 PS reichen, wenn man keinen Anhänger ziehen muss.

      1. @ Anarchist
        Mitnichten habe ich Anlass zu der Unterstellung gegeben, ich wolle ein Tabu etablieren. Selbstverständlich ist die Recht-, Verfassungsmässigkeit und sogar die Zweckmässigkeit von behördlichem Handeln zu diskutieren. In einem Beitrag zu dem Artikel von Hamich, Miderheiten im Visir vom 29.12.19 habe ich sehr genau dargelegt, warum der Beitrag von Beckmann und Reuss methodische Mängel aufweist.

        Und genau das ist auch hier meine Kritik: Netzpolitik.org befasst sich in anerkennenswerter Weise mit Rechts- und Grundrechtseingriffen, verzichtet aber stets auf eine angemessene Abwägung. Die Wahrung von Freiheitsrechten ist ein Staatsziel, der notwendige Eingriff zur Durchsetzung von Recht das andere. So auch dieser Artikel hier, er stellt den Schutzbedarf des Bürgers in den Mittelpunkt und vernachlässigt die von mir vorgetragenen Gesichtspunkte.

        Ich fordere keine Rechtsprüfung, sondern eine Schlüssigkeitsprüfung. Das ist nicht nur zumutbar, sondern von einem verantwortlich handelnden Bürger auch zu erwarten. Er kann das Denken nicht einfach an die Polizei delegieren.

        Woher ich weiss, dass Bürger möglicherweise nicht vorher selbst eine Schlüssigkeitsprüfung vorgenommen haben? Aus eigener, täglicher Anschauung. Es gibt verschiedene Muster: Mangelnde Einsicht in das eigene vorgelagerte Tun; Egozentrik, keine Fähigkeit zu Abstraktion und kritischer Bewertung, methodische Unfähigkeit zur Schlüssigkeitsprüfung.

        Und ja, es gibt auch andere Gründe für die Überlastung der Polizei. Es gilt aber das Legalitätsprinzip, es müssen alle Delikte sachgerecht verfolgt werden. Deshalb ist es unzulässig, wie es Anarchist tut, das eine gegen das andere auszuspielen.

        1. „Mitnichten habe ich Anlass zu der Unterstellung gegeben, ich wolle ein Tabu etablieren.“
          Was verstehen Sie an der Begrifflichkeit „Mir scheint“ nicht? Ihr Vorwurf einer Unterstellung ist unbegründet.

          Einen vergleichbaren Fehler haben Sie schon in ihrem ersten Kommentar gemacht, als sie Netzpolitik unbegründet bezichtigt haben, eine Verleumdung begangen zu haben. Ihre Anschuldigen auch in diesem Kommentar sind unbegründet. Sie können gar nicht wissen, wie die jeweiligen Autoren gearbeitet haben. Sie mutmaßen nur und hauen dann so Klopper raus wie: Netzpolitik.org habe „völlig legale Ermittlungsansätze als rassistisch verleumdet“, womit Sie selbst üble Nachrede oder ggf. Verleumdung begangen haben. Ob polizeiliche Maßnahmen legal sind oder nicht, wird die Justiz feststellen, in einer Einzelfallprüfung. Nicht Sie. Die journalistische Freiheit ist ein hohes Gut. Und Verstöße gegen Sorgfaltspflichten sind mir bei Netzpolitik.org noch nicht untergekommen.

          Da wir uns auf dem Feld der Rechtslehre befinden, müssen wir uns auch der Sprache des Rechts bedienen. Sie haben eine Schlüssigkeitsprüfung gefordert und ich sage, dass das unzumutbar ist.
          Das liegt daran, dass nur die wenigsten Menschen Jura studiert haben. Eine Schlüssigkeitsprüfung wird von Gerichten durchgeführt. Und zwar, um sich u.a. vor Prozessaufwänden zu schützen, die keinen Erfolg haben können, z.B. weil schon Verjährung vorliegt. Vorgelagert sind dazu auch Rechtsanwälte geeignet, wenn es sich um relativ einfache Zusammenhänge handelt.

          Eine Rechtsprüfung ist nocheinmal etwas ganz anderes. Dabei werden Gesetze und andere Rechtsvorschriften auf Konsistenz geprüft. Es werden z.B. Gesetzesentwürfe einer Rechtsprüfung unterzogen. Es geht dabei nicht um eine Korrelation von Ereignissen und Rechtsvorschriften.

          Diesen Aufwand auf den Bürger abzuwälzen ist nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Es würde ein zu großes Hemmnis bei Bürgern verursachen eine Anzeige zu erstatten. Und da haben wir auch wieder die Frage auf dem Tisch, ob Sie ein Tabu etablieren wollen.

          Und wie wollen Sie eine solche Rechtsvorschrift ‚Schlüssigkeitsprüfung vor Anzeige‘ durchsetzen? Strafe? Bußgeld? Kostenübernahme für ALLES? Das würde nur dazu führen, dass quasi jede:r nur noch mit einem Rechtsanwalt im Schlepptau eine Anzeige machen werden wollen wird.

          Aber mal was anderes. Belegen Sie bitte, dass die Polizei über einen unzumutbar grossen Aufwand klagt, sich mit Rassismusanzeigen beschäftigen zu müssen. Ich höre immer nur von Großlagen, die Überstunden verursachen oder halt Abschiebungen, wie im von mir angeführten Beispiel.

          Sie halten ein Plädoyer für Probleme, die es gar nicht gibt. Und mit Jura kennen Sie sich nicht die Bohne aus.

  6. Wundert mich null. Als ich Opfer von stalking wurde, kassierte ich von unser bremer Justiz auch eine Ohrfeige. Bis auf Geld, Zeit und Panikattacken sowie Depressionen haben mir das ganze Verfahren und Anzeigen nix gebracht. Der Täter musste nicht einen Cent zahlen und kam unbescholtene aus allem raus.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.