Neues aus dem Fernsehrat (60)Öffentlich-rechtliche Medien zwischen Neutralität und Haltung in der Corona-Krise

Die öffentlich-rechtlichen Wissenschaftspopstars Christian Drosten und Mai Thi Nguyen-Kim diskutieren über ihre medialen Expert:innenrollen und adressieren dabei Fragen von Neutralität und Haltung, die öffentlich-rechtliche Medien ganz prinzipiell betreffen.

Mit diesem Bild illustriert die ARD Informationen zu ihrem öffentlich-rechtlichen "Auftrag"
Mit diesem Bild illustriert die ARD Informationen zu ihrem öffentlich-rechtlichen „Auftrag“

Seit Juli 2016 darf ich den Bereich „Internet“ im ZDF-Fernsehrat vertreten. Was liegt da näher, als im Internet mehr oder weniger regelmäßig Neues aus dem Fernsehrat zu berichten? Eine Serie.

Seit Corona können öffentlich-rechtliche Medien auch Podcast. Diesen Eindruck könnte man zumindest angesichts des Hypes um Deutschlands Virologen Nr. 1 Christian Drosten und seinen NDR-Podcast bekommen. Dabei bieten öffentlich-rechtliche Radiosender schon lange zahlreiche Podcast-Formate als Download an. Schon vor Corona war Mai Thi Nguyen-Kim mit ihrem FUNK-Format „Mailab“ ein öffentlich-rechtlicher Wissenschaftspopstar. Obwohl keine Virologin, erzielen ihre Videos zum einzigen Thema dieser Tage – unter anderem ihr „Virologen-Vergleich“ – Reichweiten im Millionen-Bereich.

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Am Ende dieses Vergleichs hat Nguyen-Kim sogar mit Drosten ein Hühnchen zu rupfen, bei dem es nicht um das Virus, sondern um die mediale Rolle von Expert:innen und die Frage nach politischen Ableitungen auf Basis ihrer Einschätzungen geht. Drosten wird darin u.a. wie folgt zitiert (ca. ab Minute 14:45):

„Kein Wissenschaftler will überhaupt so Dinge sagen wie ‚diese politische Entscheidung, die war richtig‘ oder ‚diese politische Entscheidung, die war falsch‘ oder ‚diese politische Entscheidung muss jetzt als nächstes getroffen werden‘. Sie hören das von keinem seriösen Wissenschaftler. Und dennoch wird weiterhin immer weiter das Bild des entscheidungstreffenden Wissenschaftlers in den Medien produziert. Und wir sind, glaube ich, hier langsam an einem Punkt, wo dann demnächst auch die Wissenschaft in geordneter Weise den Rückzug antreten muss, wenn das nicht aufhört.“

Nguyen-Kim hakt hier ein, sorgt für ein wenig öffentlich-rechtlichen Binnenpluralismus und warnt vor so einem Rückzug:

Auch wenn die Politik am Ende natürlich die Entscheidungen treffen muss, so sollten wir die Bewertungen der Entscheidungen (…) nicht nur anderen Politikern und Journalisten überlassen, sondern auch den Experten. Und wenn das öffentlich passiert, profitieren wir alle von der Expertise. (…) Deswegen, liebe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, bitte natürlich keinen geordneten Rückzug aus den Medien antreten.

Abgesehen davon, dass ich in dieser Frage ganz klar „Team Nguyen-Kim“ bin, würde ich in meiner Kritik an Drostens Position noch weiter gehen. Gerade weil Christian Drosten in seinem Podcast große und ehrenwerte intellektuelle Vorsicht walten lässt, die Vorläufigkeit seiner Analysen und Einschätzungen sowie die Grenzen seiner Expertise betont, ist er als Experte so glaubwürdig. Diese Glaubwürdigkeit wiederum macht seine Einschätzungen in polit-medialen Diskursen – Entscheidungsfindungsprozessen – enorm wirkmächtig. Die Grenzen zwischen entscheidungsinformierend und entscheidungstreffend sind dementsprechend fließend.

Grundlegende Fragen von „Neutralität“ und „Haltung“

Diese Auseinandersetzung betrifft aber noch ein viel grundlegenderes Thema, mit dem Medien im Allgemeinen und öffentlich-rechtliche Angebote im Speziellen immer (wieder) und auch jenseits von Corona-Berichterstattung konfrontiert sind: dem Anspruch „neutral“ und „objektiv“ zu berichten. Genau das fordert zum Beispiel der Marburger Medienwissenschaftler Andreas Dörner in einem kürzlich veröffentlichten Beitrag für die Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema „Gemeinsamer Gesprächsraum. Wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Diskurs fördert“ (PDF) vehement ein.

Wie schon der Titel nahelegt, ist Dörner ein Befürworter eines starken öffentlich-rechtlichen Angebots. Ihm zufolge haben „in einer zunehmend segmentierten und polarisierten Gesellschaft vor allem die Öffentlich-Rechtlichen das Potenzial, als neutrale und unabhängige Institution integrativ und vermittelnd zu wirken.“ Deshalb sei es so wichtig, dass diese „möglichst neutral und objektiv eine verlässliche Wissensbasis liefer[n]“, während gleichzeitig „Neutralität und Objektivität ein kostbares Kapital darstellen“ würden. Öffentlich-rechtlichem Haltungsjournalismus erteilt Dörner eine klare Absage, denn diesen „sollte es nur da geben, wo er als kommentierende Bewertung auch klar gekennzeichnet ist.“

Die Parallelen zu Drostens Ideal von neutralen, vermeintlich haltungslos informierenden Expert:innen sind hier klar erkennbar. Ich fürchte jedoch, dass Dörner mit so einem Anspruch – entgegen seiner Intention – öffentlich-rechtlichen Medien einen Bärendienst erweist.

Wertfreien Journalismus und wertfreie Wissenschaft gibt es nicht

Erstens ist „Neutralität und Objektivität“ kein „kostbares Kapital“, es ist ein Ding der Unmöglichkeit. Alleine schon die Entscheidung, etwas – und alles andere damit notwendigerweise nicht – zum Thema zu machen, ist eine normative, wertbasierte Entscheidung. Selbst wenn ich widerstreitenden Positionen Raum gebe, erfordert auch das eine Auswahl – ganz abgesehen von Problemen wie „false balance“, also dem Eindruck von Gleichwertigkeit von keineswegs vergleichbaren Positionen (z.B. wenn Aussagen einer Klimaforscherin jenen eines Klimawandel-Leugners gegenüber gestellt werden). Nicht nur öffentlich-rechtliche Medien können an so einem Anspruch nur scheitern, was wiederum Kritik an ihrer Berichterstattung (allzu) einfach macht.

Zweitens taugt „Neutralität und Objektivität“ in vielerlei Hinsicht nicht einmal als unerreichbares Ideal oder Ziel für öffentlich-rechtliche Medien – auch wenn der Begriff der „Objektivität“ im Rundfunkstaatsvertrag steht. Öffentlich-rechtliche Medien folgen einem grundgesetzlich fundierten, demokratischen Auftrag, um gem § 11 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag (PDF)

durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen.

All das basiert auf einer klaren politischen Haltung, die beispielsweise deliberative Demokratie sowie Meinungsfreiheit und -vielfalt als prinzipiell erstrebenswert ansieht. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass es keine Neutralität gegenüber Angriffen auf ebendiese Prinzipien geben kann. Sie einzufordern wäre absurd.

Bedeutet das einen Freibrief für parteiliche Berichterstattung? Natürlich nicht. Es bedeutet die Einsicht in die Unmöglichkeit eines haltungslosen Journalismus ebenso wie die Unmöglichkeit einer wertfreien Wissenschaft und Experteneinschätzung. Gleichzeitig eröffnet genau diese Einsicht die Möglichkeit, über Werthaltungen und deren (bisweilen gescheiterte) Realisierung in öffentlich-rechtlichen Kontexten konkret zu diskutieren:

Wie gut werden die demokratischen Bedürfnisse der Gesellschaft mit dem derzeitigen Angebot bedient? Wie kann Binnenpluralismus im Auge einer Pandemie gelebt werden? Und wie müssen sich öffentlich-rechtliche Angebote ändern, um diesen Ansprüchen auch im Zeitalter digitaler Plattformöffentlichkeiten besser zu entsprechen?

23 Ergänzungen

  1. Die Maßgabe für öffentlich-rechtliche Medien könnte einfach lauten, immer möglichst faktenbasiert zu berichten. Wenn bei einem Thema (bitte Streitthema hier gedanklich einsetzen) eine Seite untermauert mit wissenschaftlichen Studien und sonstigen nachprüfbaren Fakten argumentiert und die andere Seite weitgehend nach dem Bauchgefühl und überwiegend faktenfrei, dann landen die Öffentlich-rechtlichen, wenn sie sachlich berichten, natürlich auf der faktenbasierten Seite der Auseinandersetzung. Das entspricht dem Bildungsauftrag und so sollte es auch sein.

  2. Ich wäre sehr froh, wenn einmal irgend jemand zu den Kreuzfahrtschiffen in der Corona Krise Stellung nehmen könnte. Diese Branche ist m.E. besonders betroffen, denn man hat in den letzten Jahren einen wahren Boom an neuen Schiffen gekauft, gebaut, renoviert und nun kann sich niemand mehr vorstellen, in dieser Zeit der Ansteckungen auf ein Kreuzfahrtschiff zu gehen. Aber in den Medien ist absolut nichts über diese Branche zu hören.
    Ab wenn könnte es denkbar sein, dass die evtl. zuerst nur kleineren Hochsee-Schiffe wieder auf Reisen gehen dürfen. Von den Reedereien hört man teilweise, dass Reisen ab August wieder stattfinden könnten. Ich kann mir dies aber auf keinen Fall vorstellen. Danke für eine Beantwortung offener Fragen auch einmal im Fernsehen.

    1. Ja voll schlimm und so!1!
      Voll die armen Drecksschleudern die jetzt gar nicht mehr die Luft verpesten können…
      Boah hab‘ grad voll Mitleid mit denen, lass mal einen Spendenmarathon starten und eine Stiftung für die gründen.
      #IchBinKreuzfahrt

      Kann die nächste Pandemie bitte nur die Volliditoten ausrotten?

      1. > Kann die nächste Pandemie bitte nur die Volliditoten ausrotten?

        Dann würden uns folgende Klugheiten fehlen:

        Tübingen – Der Grünen-Politiker Boris Palmer hat den weltweiten Lockdown der Wirtschaft wegen der Corona-Krise erneut scharf kritisiert. „Ich sage es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einen halben Jahr sowieso tot wären – aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen“, sagte der Tübinger Oberbürgermeister am Dienstag im Sat.1-Frühstücksfernsehen.

        1. Ein halbes Jahr oder 20 oder 80… who cares.

          Zusätzlich kommen mir in den Sinn:
          – „Rente“ mit 67.
          – Wer braucht noch Medikamente gegen Bluthochdruck, Diabetes, HIV, Krebs?
          – CRISPR für Babies: jetzt für alle!
          – Strafverfolgung bei Delikten gegen genetisch Imperfekte wird aus Kostengründen zurückgefahren!

        2. Ja echt ey, rettet gefälligst den alles Leben verachtenden Kapitalismus und nicht irgendwelche Menschen!1!

  3. Letztlich beeindrucken widerstreitende Meinungen ein Virus herzlich wenig.
    Mit einem Virus lässt sich weder argumentieren noch ist es zur Gnade befähigt.
    Dafür dass es eigentlich nichts kann ist es aber super erfolgreich. Dieser Erfolg beruht aber einzig auf dem Verhalten jener, die es übertragen.

    Es geht also um das Verhalten eines jeden Einzelnen, ob er Virusträger wird und ob er Verbreiter wird. Wenn es nun um kluges Verhalten von sehr vielen Menschen geht so hilft nur grenzenloser Optimismus, um nicht schon an der Zugehörigkeit zu seiner Gattung zu verzweifeln.

    Vielleicht hilft ja ein mediales okkultes Tischrücken, wenn Verstand und Wissenschaft so ungeeignet erscheinen?

    1. Was wissen wir, was wissen wir nicht? Über Reaktionsweisen von Menschen in Ausnahmesituationen und auch sonst, ist schon eine Menge bekannt. Über Regime allerlei Couleur auch. Über das Virus haben wir einige Erkenntnisse und Hinweise, aber wir wissen vieles auch noch nicht.

      Der Handlungsaufforderung, „das Richtige“ zu tun, kann ich nicht vollumfänglich nachkommen.

    2. Hier die Lösung durch spirituellen Okkultismus:

      Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) fordert von den Kirchen und Religionsgemeinschaften *keine* Maskenpflicht, wenn bald wieder Gottesdienste stattfinden.

      1. Beten ist unterspezifiziert!

        Es gibt Formen des Betens, die überhaupt nichts ausschließen. Schwieriger wird es beim schon recht konkret geformten Glauben…

  4. Bitte mehr Fakten im öffentlichen Debattenraum, weniger Meinungen und Halbwissen. Leute vom Fach müssen die Tatsachen und Zusammenhänge präsentieren und erklären, weil Politiker und Journalisten nicht die entsprechende Kompetenz haben (siehe Spahn und Co.).
    Das wäre ein erster Schritt hin zu einer ‚richtigen‘ Demokratie.

    1. Fachleute mit Gehaltslisteneintrag bei ______________.

      Bitte zutreffendes ausfüllen und sich ausmalen, wozu das so führen kann. Es ist gerade in so einer Situation doch notwendig, „Fachjournalismus“ zu haben, also recht versierte Journalisten, die journalistisch tätig werden und hinterfragen.

        1. Wissenschaftsjournalismus ist eine etablierte Fachrichtung, und es waere gerade an den OeR, das zu betreiben. Haben sie zunehmend vernachlaessigt fuer Quote, Meinung und Show, aber das waere ja behebbar.

      1. Journalisten sollten kritisch und investigativ hinterfragen, und ihre Ergebnisse ebenfalls veröffentlichen, das ist richtig. Diese Arbeit kann aber keinesfalls die von kompetenten Fachleuten ersetzen. Ihr Zweck ist ein anderer, nämlich die Robustheit der Fakten zu prüfen und Missstände aufzudecken, z.B. Panama Papers, Cum Ex.
        Leider sind viele Journalisten aber ebenfalls nur noch das Sprachrohr bestimmter Geldgeber oder politischen Parteien.

        1. Also geht es um ein Wechselspiel, bei dem Geld eher eine untergeordnete Rolle spielen sollte, während die Auswahl der zu bestreichenden Gebiete und die Darstellung der Fakten im Wechselspiel von Journalisten und Fachleuten passieren sollten. Ich vermute das geht bei komplexeren Themen nur mittels des Iterationsprinzips, weniger mittels einer Email und deren Antwort.

          Da wären ja ÖR-Medien und Wissenschaftsformate per definitionem prädestiniert für. In der Realität bröckelt es an allen Enden, während der wirtschaftliche Zwang als Beschwerung dient. Hoffentlich wachsen nebenbei auch vernünftige Sachen nach, ein bischen Restauration hier oder da vielleciht, früher war es ja bei weitem nicht perfekt – als Euphemismus für „auf der Basis sterben wir auf jeden Fall aus“ :).

  5. >> das Bild des entscheidungstreffenden Wissenschaftlers

    Wird uns nur geschickt vorgegaukelt von denen, die im Hintergrund Entscheidungen treffen (und in den Medien propagieren).

    Was Herr Drosten, Herr Streek und viele andere Wissenschaftler zu sagen haben, interessiert niemanden, solange sie es in der Kaffeeecke mit ihren Doktoranden besprechen. Interessant werden Experten erst, wenn sie von Politikern und Medien auf ein Podest gestellt werden.

    Manipuliert werden wir also nicht von Wissenschaftlern, sondern von denjenigen, die sich gezielt Wissenschaftler mit passenden Meinungen herauspicken.

    Im Falle von Prof. Drosten stellt sich erstens die Frage, warum seine Videobotschaften öffentlich-rechtlich geadelt und mit Zwangsgebühren promotet werden müssen. Zweitens die Frage, warum sich die öffentlich-rechtlichen genau einen Wissenschaftler herauspicken, statt die Bandbreite der wissenschaftlichen Meinungen dar zu stellen, und den Zuschauer dann dabei zu unterstützen, sich daraus eine eigene Meinung zu bilden. Und drittens stellt sich die Frage, warum man Herrn Drosten – der seine Meinung ja schon öffentlich-rechtlich gefördert über seine Podcasts kundtut – auch noch zu Interviews und Talkshows einladen muss, anstatt den Sendeplatz Wissenschaftlern zur Verfügung zu stellen, die andere Meinungen vertreten.

  6. Das Erfrischende an dem Corona-Diskurs war die von den Wissenschaftlern deutlich gezogene Trennung zwischen Fakten, Bewertung, Meinung und Entscheidung. Das habe sie besser gemacht, als die Mehrzahl aller Journalisten!

    Wenn trotzdem der Eindruck aufgekommen sein sollte, dass Wissenschaftler entscheiden, dann war das offensichtlich falsch. Dieser Eindruck hat zwei Ursachen:

    1. Mangelnde Sprachbeherrschung der Rezipienten, die es verlernt haben, die oben genannten Kategorien von Aussagen zu erkennen.
    2. Die Medien, insbesondere die öffentlich-rechtlichen, haben einerseits diesen wenigen Wissenschaftlern eine herausgehobenen Position eingeräumt (aufs Podest gehoben) und andererseits eine emotionalisierende Berichterstattung betrieben, die die Grenzen zwischen Fakten, Bewertung und Meinung ganz bewusst vermischen. Wohl niemand beherrscht dieses Methode besser als Marietta Slomka, ZDF.

    Es sollten sich also nicht die Wissenschaftler zurückhalten, sondern die Journalisten. Oder noch besser: Beide gemeinsam finden neue Methoden der Information und der Moderation von Meinungs- und Willensbildung. Dazu dürfte es letzteren aber häufig an Intellektualität fehlen.

    Zur Diskussion um Neutralität und Objektivität noch Folgendes:

    Kaum jemand bestreitet ernsthaft, dass auch ein Journalist eine Werteorientierung und eine grundlegende politische Haltung haben mag und dieser Bias nicht entgehen kann. Darum geht es aber bei der Forderung nach mehr Neutralität und Objektivität gar nicht. Insofern geht Dobusch zu weit.

    Dörner wehrt sich nämlich gegen offenen „Haltungsjournalismus“, sofern er nicht als kommentierende Bewertung kenntlich gemacht ist. Dieser beherrscht inzwischen weitgehend den öffentlichen Rundfunk im negativen Sinne: „Wir bleiben zuhause“ stand jetzt wochenlang bei jedem Sendeformat als Bubble im Fernseher. Dem lag ein überzogenes Sendungsbewusstsein, ein vorauseilender Gehorsam von verfassungsfeindlich gesinnten Gutmenschen zugrunde. Es gab nämlich aus verfassungsrechtlichen Gründen gerade keine Ausgangssperren! Diese Art von „Haltungsjournalismus“ ist inakzeptabel. So etwas gehört nicht in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk! Damit verliert er seine Redlichkeit und seine Glaubwürdigkeit. Und da hat Droste Recht!

    Dabei wäre es doch so einfach: Klar und deutlich differenzieren zwischen Fakt, Bewertung, Meinung und Entscheidung. Dann darf ein Journalist auch seine Haltung darlegen – als SEINE Meinung.

  7. Vielleicht einfach mal in ein Alters- oder Pflegeheim gehen? Doch das tut niemand, außer in einem Zustand schon weit jenseits von Gut und Böse.

    Und dann melden die Medien plötzlich – oh Schreck, oh Grauen – den Tod zahlreicher Bewohner dieser Heime. Geht es noch?

    Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben wurde erkämpft, um die Würde sterbender Menschen zu wahren. Was derzeit passiert, ist gotterbärmlich. Und dann aber mit SO einem Heiligenschein auf dem Kopf. WIR retten Menschenleben. Das geht aber nicht vom Schreibtisch aus. Und es geht eben manchmal einfach überhaupt nicht mehr, ein Menschenleben zu retten. Was dann noch geht, ist die Würde zu wahren. Derer, die sterben, und derer, die, soweit es geht, dann (noch) da sind. Ohne die Hand eifrig aufzuhalten. Um mitzuverdienen an der Krise.

  8. #heinsbergprotokoll wird hinsichtlich Deutsche Glasfaser, und ihrem in Rheinsberg, als »einer der ersten und wichtigsten Ausbauregionen«, »kurzfristig eingerichtete[n] Zentrum für Coronatests mit Glasfaserleitungen« noch eine beachtliche Rolle spielen, in den zugrundegelegten Fragen nach (Netz?)Neutralität und Haltung.
    Sorry für die Schachtel. Hier der Link:
    https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/corona-studie-deutsche-glasfaser-verteidigt-umstrittene-finanzierung-von-heinsberg-protokoll/25773462.html?ticket=ST-319442-7ZfYERUX9zMFjpCBnLha-ap2

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