Neuer RüstungsdealUkraine will Flotte von Kampfdrohnen aus der Türkei

Die Türkei ist eines der wenigen Länder, das bewaffnete Drohnen herstellt, exportiert, im Ausland und sogar im eigenen Land einsetzt. Die unbemannten Angriffswaffen könnten demnächst in der Ukraine hergestellt werden. Bald soll außerdem ein gemeinsam produzierter Drohnen-Bomber in Serie gehen.

Auch Serbien erwägt den Kauf von Kampfdrohnen der türkischen Firma Baykar. Sie gehört einem Schwiegersohn des Präsidenten Erdoğan. – Alle Rechte vorbehalten Baykar

Die Regierung der Ukraine will bis zu 48 türkische Kampfdrohnen und dazugehörige Kontrollstationen für das Militär einkaufen. Weil es sich bei der Bestellung um eine beträchtliche Menge handelt, erwägen die Regierungen in Kiew und Ankara ein Abkommen zur Produktion der Luftfahrtzeuge in der Ukraine.

Die Information stammt aus einem Interview mit Vadim Nozdrya, dem Leiter der staatlichen Organisation Ukroboronprom, das vom ukrainischen Webportal LB am Montag veröffentlicht wurde. Ukroboronprom ist die Dachorganisation von Rüstungsfirmen der Ukraine.

Einsätze in Syrien, Libyen und Aserbaidschan

Bei dem Großauftrag geht es um die Drohne Bayraktar TB2, von der das ukrainische Verteidigungsministerium unter dem früheren Präsidenten Petro Poroschenko bereits zwölf Exemplare für 62 Millionen Euro gekauft hat. Sie kann rund 50 Kilogramm Nutzlast transportieren und bis zu 24 Stunden in der Luft bleiben. Hersteller ist die Firma Baykar von Selçuk Bayraktar, der vor vier Jahren in die Familie des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan eingeheiratet hat. Er gilt als Gründervater der türkischen Drohnenindustrie.

Aserischer Drohnenangriff auf Stellung in Karabach. Im Bild eine mutmasslich armenische Drohne ("Orbiter").
Aserischer Drohnenangriff in Karabach. Im Bild eine mutmaßlich armenische Aufklärungsdrohne („Orbiter“) aus Israel. - Alle Rechte vorbehalten Verteidigungsministerium Aserbeidschan/ Screenshot YouTube

Die Hälfte der ukrainischen Bestellung ist inzwischen ausgeliefert, laut der Regierung in Kiew wurden sie im März erstmals erfolgreich probegeflogen. Im Juli soll die Bayraktar TB2 nahe der polnischen Grenze erstmals mit Raketen getestet worden sein. Vollständig einsatzbereit soll die ukrainische Drohnenflotte aber erst sein, nachdem genug Angehörige der ukrainischen Luftwaffe in der Türkei in der Bedienung ausgebildet worden sind.

Laut der staatsnahen Zeitung Daily Sabah hat allein das türkische Militär 107 Bayraktar TB2 im Bestand. Dort werden sie seit 2016 in mehreren unerklärten Kriegen eingesetzt. Die Kampfdrohne fliegt etwa regelmäßig Angriffe im türkischen Teil Kurdistans und in Nordsyrien. Operationen erfolgten in großem Stil aufseiten der Tripolis-Regierung in Libyen und mittlerweile auch für das Militär von Aserbaidschan in Bergkarabach. Im August hatte die Türkei erstmals zwei Kommandeure im Irak mit der Drohne getötet. Zur Abschreckung stationiert die türkische Luftwaffe zudem eine Bayraktar TB2 in Nordzypern.

Gemeinsame Produktion neuer Riesendrohne

Im Falle eines Regierungsabkommens für die Produktion der Kampfdrohne in der Ukraine könnten die Kosten für die Beschaffung um bis zu 35 Prozent reduziert werden. Zunächst will das ukrainische Militär die unbemannten Luftfahrzeuge aber unter heimischen Witterungsbedingungen testen.

In einem künftigen Vertrag würde auch der mögliche Export geregelt. So soll die Ukraine keine Verkäufe in Länder tätigen, an die die Türkei bereits verkauft. Hersteller Baykar liefert die Drohne unter anderem nach Katar. Inzwischen soll auch die Regierung in Serbien an einer Beschaffung interessiert sein. Im Interview mit LB schließt der Ukroboronprom-Direktor auch Exporte nach Aserbaidschan aus.

Erdoğans Schwiegersohn Baykar plant weitere Drohnendeals mit der Ukraine. Seine Firma steht kurz vor der Serienproduktion der Akıncı, einer Langstreckendrohne, die mit optischen Sensoren, Radaranlagen oder Technik zur elektronischen Kriegsführung ausgestattet werden kann. Ihre Triebwerke stammen von der ukrainischen Firma Ivchenko-Progress. In der bewaffneten Ausführung soll die Akıncı bis zu 900 Kilogramm Bewaffnung transportieren. Als erstes sollen die Armeen der Türkei und der Ukraine mit der tonnenschweren unbemannten Angriffswaffe ausgerüstet werden.

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6 Ergänzungen

  1. Es gibt kein türkischen Teil von Kurdistan! Was sind das denn für Aussagen? Dann könnten wir, die in Deutschland lebenden Türken sagen: so, es leben seit mehreren Generationen soo viele Türken in NRW oder in Berlin, das ist jetzt der deutsche Teil von der Türkei, Punkt.
    Dies wäre genauso unsinnig wie Ihre Aussage, schönes Wochenende!

    1. Doch, es gibt auch einen iranischen, irakischen und syrischen Teil Kurdistans. Fast überall wird die Bevölkerung dort von der türkischen Regierung völkerrechtswidrig terrorisiert, inzwischen auch mit bewaffneten Drohnen.

  2. „unbemannten Angriffswaffen“

    Och Leute, ob eine Waffe zum Angriff oder zur Verteidigung genutzt wird, entscheiden weder Aussehen noch Besatzung, sondern Auftrag und Taktik. Die Bundeswehr kann auch beides…

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