Kooperation mit GoogleNationales Gesundheitsportal soll sichtbarer werden

Das Gesundheitsministerium kooperiert mit Google, um zuverlässige Gesundheitsinformationen zur Verfügung zu stellen. Bei Suchanfragen zu den häufigsten Krankheiten sollen Beiträge des Nationalen Gesundheitsportals prominent angezeigt werden. Ob die Informationen so verunsicherte Betroffene besser erreichen, ist zweifelhaft.

Lupe auf der Startseite der Google-Suchmaschine.
Ob die Kooperation des Nationalen Gesundheitsportals mit Google wirklich bei der Suche nach verlässlichen Informationen hilft, darf bezweifelt werden. – Vereinfachte Pixabay Lizenz 422737

Seit das Bundesgesundheitsministerium im September mit dem „Nationalen Gesundheitsportal“ eine Informationsplattform für Patient:innen startete, blieb es relativ ruhig um die Initiative. Gegenüber schon lange bestehenden privaten oder kommerziellen Informationsangeboten zu Medizin und dem Gesundheitsssystem konnte die Website im Ranking der Suchmaschinen noch keinen Boden gut machen.

Die dem Ministerium zufolge verlässlichen und unabhängigen Informationen tauchten bei einer Online-Suche immer sehr weit hinten in der Ergebnisliste auf und erreichten deshalb vermutlich nicht besonders viele Bürger:innen. Ändern soll das eine neue Kooperation, die das Ministerium mit dem Konzern Google eingeht.

Bei einer Suchanfrage zu verbreiteten Krankheiten, die im Nationalen Gesundheitsportal gelistet sind, erscheint bei den Ergebnissen jetzt ein sogenanntes „Knowledge Panel“, in dem erste Informationen vom Portal aufgeführt und ausführlichere Texte verlinkt sind, vergleichbar mit der prominenten Platzierung von Wikipedia-Informationen in den Google-Ergebnissen. Das funktioniere derzeit bei den 160 häufigsten Erkrankungen in Deutschland, berichtete Gesundheitsminister Jens Spahn auf einer Pressekonferenz.

Keine Informationen bei kombinierten Suchbegriffen

Die Suchmaschine greift die Informationen über eine offene Schnittstelle ab, die prinzipiell auch anderen Suchmaschinen offen steht, erklärt Philipp Justus, Vizepräsident von Google in Zentral-Europa. Auf Anfrage von netzpolitik.org erklärte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums, dass man Anfragen von anderen offen gegenüber stehe. Über eine aktive Kooperation wie mit Google gibt es aber bislang keine Informationen.

Obwohl die Kooperation dem Gesundheitsportal auf dem Weg zu größerer Bekanntheit sehr zugute kommen könnte, bleibt offen, ob die Informationen die erreichen, die sie eigentlich benötigen. Bei der Google-Suche mit dem Begriff „Brustkrebs“ taucht das Knowledge Panel zum Beispiel sofort auf. Auch in Kombination mit Wörtern wie Symptom, Behandlung oder Therapie, die im Text des Info-Kastens vorkommen, funktioniert die Schnittstelle. Doch kombiniert man Brustkrebs mit „Medikament“ oder „Diagnose“, erscheint die Info-Box derzeit nicht. Auch in der Kombination mit „Früherkennung“ oder „Mammographie“ gelangt man nicht zu den Informationen des Nationalen Gesundheitsportals.

Wenn man den Begriff Brustkrebs mit Worten wie „Homöopathie“, „Naturheilkunde“ oder „Heilpraktiker“ kombiniert, erscheinen die Informationen ebenfalls nicht. Hier wären evidenzbasierte Information aber besonders entscheidend, da vermeintliche alternative Behandlungsmethoden für Krebspatient:innen lebensgefährlich sein können.

Bislang gibt es keine transparente Auflistung, welche Suchbegriffe genau das Erscheinen des Knowledge Panels auslösen. Auf Anfrage erklärte das Ministerium nur, dass mit der Zeit immer mehr Themen und Krankheiten hinzukommen sollen. Zu den Suchbegriffen gab die Sprecherin keine Informationen.

Verbesserungsbedarf bei der Suchmaschinenoptimierung

Im normalen Ergebnis-Ranking bei der Suche nach Erkrankungen oder der Kombination von Erkrankungen mit anderen Suchbegriffen spielt das Gesundheitsportal weiterhin keine Rolle. Klassische Optimierungsstrategien bei Suchmaschinen scheint das Ministerium noch nicht erfolgreich zu verfolgen. Zum Start der Kooperation betont die Pressesprecherin zwar, Suchmaschinenoptimierung sei ein wichtiger Aspekt, der berücksichtigt werde. Details zu geplanten oder bereits realisierten Maßnahmen nannte sie nicht.

Finanzieren sollte sich das gesamte Portal mit 4,5 Millionen Euro, die über vier Jahre verteilt aus dem Haushalt des Gesundheitsministeriums zur Verfügung stehen sollen. Im Anbetracht der Mittel, die Unternehmen aus der Branche für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stehen, ist dieser Betrag verschwindend gering. Für die Anzeige der Knowledge Panels erhalte Google kein Geld, so die Pressesprecherin des Gesundheitsministeriums.

Bei der Pressekonferenz zur Kooperation betonte Minister Spahn, dass die Kooperation keine Einbußen beim Datenschutz bedeute. Google wisse jetzt nicht mehr über die Nutzer:innen als ohnehin schon, wenn diese eine Suchanfrage stellen. Google-Vertreter Justus erklärte, es würden keine personenbezogenen Daten an das Ministerium weitergegeben. Das ist aber auch gar nicht nötig, da die Betreiber „für die Nutzung und Verbesserung des Nationalen Gesundheitsportals“ selbst einige Daten der Nutzer:innen erheben, unter anderem, von welcher Website sie zum Portal weitergeleitet wurden.

Zweifel an der politischen Unabhängigkeit

Aus der Verlagsbranche kommt derweil Kritik an der Kooperation. Google als mit großem Abstand meistverwendete Suchmaschine habe eine quasimonopolistische Stellung, beklagt Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger gegenüber heise.de. Dass staatlich finanzierte Informationsangebote so prominent platziert werden, benachteilige die privaten Presse-Angebote.

Gerade auch die Zweifel an der politischen Unabhängigkeit des Portals lassen die Privilegierung zweifelhaft erscheinen. Zwar betont Jens Spahn gerne, dass die Redaktion vom Ministerium getrennt arbeite. Doch die Informationen des Portals bilden politische Kontroversen nicht zuverlässig ab.

So wird beispielsweise im Beitrag zur elektronischen Patientenakte nicht erwähnt, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber die derzeitige Ausgestaltung für rechtswidrig hält. Es gibt zwar im Augenblick kein Knowledge Panel bei einer Google-Suche nach der elektronischen Patientenakte, doch dürfte auch dieser Beitrag mit einer wachsenden Bekanntheit des gesamten Portals an Bedeutung und Reichweite gewinnen.

Mit der Diagnose, dass Patient:innen besser vor medizinischer Desinformation im Netz beschützt werden müssen, mag das Gesundheitsministerium richtig liegen. Doch ein Portal, das Kontroversen nicht abbildet, kann das Problem nicht lösen.

6 Ergänzungen

  1. Ich habe die Pressekonferenz gesehen. Jens Spahn hat durchaus einige kritische Bemerkungen zu Google gemacht. Er kennt also die Problematik um die Sensibilität von Gesundheitsdaten. Und was Google mit Suchanfragen zu Krankheitssymptomen und nach Arztpraxen tut, das weiß er wohl auch.

    Der Gesundheitsminister beteuerte eifrig, es gehe lediglich um eine privilegierte Position der Website des Ministeriums, um den Zugang zu validen Informationen für Suchende zu erleichtern. Faktisch ist es nichts anderes als eine priorisierte Werbeposition der BMG website.

    Andererseits ist es aber auch eine unglaubliche Werbung und Förderung von Google durch den Staat. Der Google-Manager genoss den Auftritt sichtlich. Das BMG kann man auch über Wikipedia suchen und finden, für deren Leistung wurde aber noch nie eine Pressekonferenz mit einem solchen Tam-Tam organisiert.

    Google ist so ein übermächtiger, globaler, steuervermeidender Konzern, dass sogar das US-Justizministerium seine Macht mittels Wettbewerbsrecht beschneiden will.

    Partnerschaften von deutschen Ministerien mit solchen Unternehmen sind höchst problematisch, kommen zur falschen Zeit und signalisieren nichts als die Bereitschaft, sich der faktischen Übermacht von Google anzubiedern. Solche Staatshandlungen stärken unsere Interessen nicht.

    Die Aussichten von Jens Spahn, einen lukrativen Posten bei Google/Alphabet Inc. nach seiner Polit-Karriere zu bekommen sind jedoch deutlich gestiegen.

    1. Die meißte Reichweite hat nun mal Google, allerdings ist das auch Heldenideologie (Marktführer, die Besten der Besten).

      Eine freie trackingfreie Suchmaschine auf europäischem Boden sollte parallel aufgebaut werden. Da kommt dann Nützliches strukturiert rein, mit Auswahlmöglichkeiten für Behörden, Länder (Sitz der Behörde, Unternehmen etc.). Damit kann dann auch Forschung betrieben werden, sowie strukturiertes Katastrophenformat verteilt werden. Digitalisierung staatlicher Stellen via Google? Sogar registrierte Unternehmen können da rein, natürlich mit strukturellen Daten, auch wenn keine Webpräsenz vorhanden ist (keine Metaseiten mit eigener Sammelei mehr). Und und und…

      Prinzipiell ist es eigentlich Infrastruktur. Das derzeitige Klima scheint nicht so geeignet, allerdings ist eine einfache Suchmaschine nicht so teuer, und wenn man Ranking weglässt, sondern Behörden und was alles noch folgt strukturiert (geschickt natürlich) einbaut, dann ist es nicht einmal so komplex, dafür aber nützlich!

      Eingetragene Vereine, alles kann da rein, aber eben nicht als „Kaufe Krebsvorsorge e.V. bei Kackladen.com.doppelcom“, sondern aus den Registern. Dazu Filter nach Ort (Sitz v. unternehmen, Stellen, Vereinen), Land, Staat, Fluss etc. Natürlich ohne Tracking.

      1. Eine „angepasste“ Frage wäre z.B. „Und woher weiß ich dann, ob die Daten noch aktuell sind?“.

        Und die Antwort kann natürlich kein grünes Zertifikatssiegel auf dem Bildschirm sein, sondern eine Referenzsektion, die jeder Verweis mitliefert, also Datum der Einstellung, Aktualisierung, Stelle bzw. Quelle.

        Natürlich können Firmen nicht direkt die eingestellten Daten alterieren, sondern müssen Anfragen stellen, die dann nach Priorität abgearbeitet werden.

        Eine Nachrichtensuche geht natürlich mit dem Konzept nicht, da keine Konkurrent bestehen darf. Ein Ranking ergibt sich ausschließlich aus den Suchbegriffen und der Strukturierung. Nach Nachrichtenseiten und deren selbsternannten Themen (als Filter) suchen, ginge hier natürlich schon.

        Also Medienkompetenz könnte man mit sowas auch zum Teil üben, auch wenn einem einige Schritte abgenommen werden (Datum z.B., aber ist die Seite auch aktuell?), so könnte der Kontrast zu kommerziellen Maschinen interessante Ergebnisse liefern.

        Mit 1-2 Milliarden Startgeld bei 0-5 Mio. Unterhalt +- Skalierung seid ihr dabei, Schnäppchen!

  2. Wunderbar passend auch, dass sowohl die Pressemeldung als auch die Site zum Coronavirus des BMG http://www.youtube.com einbindet (ohne den Nutzer vorab eine informierte Entscheidung dazu treffen zu lassen) und damit gegen die DSGVO verstößt:

    https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus.html

    https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/2020/4-quartal/bmg-google.html

    Behörden haben keine Strafen zu fürchten. Bloss ihren Ruf…

  3. Die klassischen Google Ranking Systeme sind jedoch auch kritisch zu sehen. Vor allem wenn die Ergebnisse nach Backlinks sortiert werden (welche sich mit einigem Aufwandt Faken lassen). Kommerzielle Akteure schaffen es dann so meist ihre Werbung bei Google viel weiter vorne erscheinen zu lassen als seriöse wissenschaftliche Fakten.

    Ich denke hier müsste dann Google ganz allgemein nochmal beim Ranking nachbessern damit die Ergebnisse die Angezeigt sind besser für den gesamt gesellschaftlichen Zusammenhalt sind.

    1. Verstehbar ist, dass eine Seite so gebaut sein muss, dass die Suchmischine sie „versteht“, im Rahmen dessen, was die Suchmaschinen halt so machen. Aber darüber hinaus das Ergebnis optimieren zu können…

      Ich habe auch den Eindruck, dass die Suche nicht immer stabil ist, sowie oftmals Kaufvorschläge bevorzugt. Eine kleine Zeit später findet man einen Hertsteller mit der selben Suche nicht mehr, später mal wieder. Ich vermute, da spielt einfach das googelsche Vitamin-B mit rein, also wer Google wie viel nützt, zusammen mit einer Wahrscheinlichkeitsverteilung (nicht alle die in einem Bereich sind, können gleichzeitig auf den ersten 10 Seiten landen o.ä.). Vielleicht war es auch einfach Zufall (Webseitenwartung direkt vor Krabbeln, Bug in der Suche zu der Zeit).

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