Uploadfilter: Jetzt hilft nur noch Protest auf der Straße

Mit den Uploadfiltern wird Europa eine Technik einführen, die schnell in eine Kontroll- und Zensurinfrastruktur umzubauen ist. Noch können wir dieses gefährliche Projekt stoppen. Hashtags und Petitionen sind ganz nett. Aber um Uploadfilter noch zu verhindern, braucht es mehr: Verbündet Euch und geht für Demokratie und freie Gesellschaft auf die Straße. Ein Kommentar.

Petitionen sind gut, Demos sind besser. CC-BY 2.0 Francisco Osorio

Gestern Abend haben sich EU-Staaten, Kommission und Parlament auf die Einführung von verpflichtenden Uploadfiltern geeinigt. Die Reform schreibt vielen Internetseiten und Apps vor, von Nutzerinnen und Nutzern hochgeladene Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen zu prüfen. Praktisch allen Plattformen, die Nutzerinhalte hosten, droht damit die Pflicht, Uploadfilter einbauen zu müssen. Das Europarlament stimmt über diese automatisierte Inhaltskontrolle in wenigen Wochen final ab. Nur massiver Druck auf der Straße kann diese Reform jetzt noch stoppen.

Fast fünf Millionen Menschen haben eine Petition gegen die Zensurfilter unterschrieben. Doch das reicht jetzt nicht mehr aus. Darauf können sich die Kritiker nicht mehr ausruhen. Die Verwendung eines Hashtags wie #niemehrCDU macht Spaß, aber bringt wenig nachhaltige Wirkung. Der Protest muss sichtbarer werden. Es braucht Kundgebungen, Demos und kreative Aktionen. Am besten in mehreren Städten. In ganz Europa. Das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA, das übrigens seinerzeit schon Uploadfilter bringen sollte, wurde damals auf der Straße gestoppt – und bei den Uploadfiltern ist das auch noch möglich.

Meme sind gute Mittel, um für Aufmerksamkeit zu sorgen. - CC-BY 2.0

Als Aktionstag ist nun der 23. März geplant. Erste Demonstrationen werden jetzt gerade angemeldet. Eine Übersicht findet ihr hier. Und davor könnt ihr natürlich auch schon Aktionen machen. Tut Euch zusammen mit anderen Menschen, verbündet Euch mit Initiativen, diskutiert, plant, schließt Rechtsradikale aus Euren Bündnissen aus, habt Spaß – und meldet bei der örtlichen Versammlungsbehörde, beim Ordnungsamt oder bei der Polizei eine Demo an. Mobilisiert im Freundeskreis, erklärt Euren Eltern und Kollegen, warum Uploadfilter gefährlich sind. Malt Schilder, entwerft Meme, schreibt Aufrufe, postet Videos – und ruft Eure Abgeordneten an. Ein höflicher Anruf am Telefon ist dabei viel wirksamer als eine vorgeschriebene E-Mail, die schnell im Spamordner landet.

Verbündet Euch – und klärt auf!

Uploadfilter sind gefährlich für das freie Netz. Sie richten sich direkt gegen netzkulturelle Phänomene, gegen Meme, Youtube-Videos, Remixe und all den Spaß, den viele so lieben. Sie richten sich gegen Innovation, gefährden neue und alte Projekte. Sie stärken die Macht der großen Konzerne gegenüber Newcomern. Und das sind nur die unmittelbaren Auswirkungen.

In einem zweiten Schritt kann die jetzt aufzubauende Upload-Infrastruktur auch für ganz andere Zwecke missbraucht werden: Was heute für die Durchsetzung von Urheberrechten genutzt wird, kann morgen schon für die Unterdrückung missliebiger politischer Meinung und Information genutzt werden. Sind die Uploadfilter einmal da, werden sie Begehrlichkeiten wecken bei allen, denen Demokratie und Meinungsfreiheit schon immer ein Dorn im Auge war. Die geplante EU-Verordnung gegen Terrorpropaganda ist da nur der erste Schritt.

Uploadfilter können massive Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit haben. Es fehlen dabei sämtliche demokratische Kontrollmöglichkeiten, um Missbrauch zu verhindern. Die Einführung einer automatisierten Inhaltskontrolle auf vielen Internetplattformen und Apps legt den technischen Grundstein für eine mögliche Zensur- und Kontrollinfrastruktur. Und sie hilft dabei wahrscheinlich noch nicht einmal den Urheberinnen und Urhebern, eine faire Entlohnung zu bekommen.

Deshalb sollten wir im Namen der Demokratie und der freien Gesellschaft gegen Uploadfilter in Europa auf die Straße gehen!

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20 Ergänzungen

  1. Also eigentlich ist das doch eine gute Sache, denn wenn große Plattformen wie facebook, google, twitter usw. für nichts anderes nicht mehr genutzt werden können als Werbung und anderen Mist, dann melden sich die Leute dort ab und suchen nach Alternativen.
    Alles lebendige wird sich also früher oder später in das sogenannte Darkweb verlagern und autonom-dezentral organisieren.
    Diesen Zeitpunkt wird man in den zukünftigen Geschichtsbüchern als den Beginn des Siegeszuges des global agierenden Anarchismus über jegliche Herrschaft beschreiben!

    #HostAnOnion

  2. Wir sollten das ganze Ding ab sofort »ACTA 2.0« nennen. Das passt einfach zu gut. Und wir brauchen jeden, der damals gegen ACTA war.

  3. Vielen Dank für den Artikel und den Aufruf sich zu organisieren.
    Ich möchte kurz auf folgenden Inhalt eingehen:
    „schließt Rechtsradikale aus Euren Bündnissen aus“
    Sollte man bei solch wichtigen Themen – die die Freiheit aller Menschen betreffen – nicht die Gesinnung außer Acht lassen?

    1. Wenn ich für Grundrechte wie Meinungsfreiheit eintrete oder demonstriere, dann kann ich das nicht mit Leuten zusammen machen, welche die Meinungsfreiheit nur als strategisches Vehikel sehen, um an die Macht zu kommen. Einmal an der Macht werden Rechtsradikale alles tun, um Meinungsfreiheit (und viele andere Grundrechte) einzuschränken/abzubauen bzw. bestimmte Menschengruppen von Grundrechten auszuschließen. Rechtsradikale können deswegen niemals Bündnispartner von denjenigen sein, die für Menschenrechte/Bürgerrechte eintreten.

      1. Danke für deine schnelle Antwort.
        Bei dem Thema „Ergreifen von Macht“ gebe ich dir vollkommen Recht. Aber hier geht es um den Schutz der Grundrechte. Wenn sich die Menschen immer wieder gegeneinander aufreiben, selbst bei allgemeingültigen Themen, schwächen wir unsere Position um gegen Politische Probleme anzugehen.

        1. Nein, wir schwächen unsere Position und Glaubwürdigkeit, wenn wir mit Rechtsradikalen für Grundrechte demonstrieren. Es gibt genügend Demokratinnen und Demokraten, mit denen man für eine freie Gesellschaft demonstrieren kann. Und es ist überhaupt „gegeneinander Aufreiben von Menschen“, wenn man Abstand zu denen hält, die gegen demokratische Werte stehen. Im Gegenteil!

          So, genug dazu diskutiert. Lass mal lieber Demos an den Start kriegen.

          1. Da fallen aber auch alle anderen Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung drunter, also auch Linksextreme, die nicht geduldet werden sollten. Entweder werden alle geduldet wie etwa in den USA, oder nur Demokraten (FDGO). Ich bevorzuge Letzteres, es gibt auch falsche Toleranz. Diese Heuchelei im linken Spektrum (Mehrheit, nicht zu übersehen) hat mich schon immer gestört, und das sage ich als Zugehöriger (!) dieses Spektrums. Als wir letztes Jahr gegen PAG in München demonstriert haben, scheint sich dort kaum einer außer mir am schwarzen Block gestört zu haben, nur noch der FDP Sprecher vorne, und das sage ich als jemand, der die FDP nicht leiden mag. Schaut mal über euren eigenen Tellerrand, sprengt eure Filterbubbles. Meine konservativen Freunde sind auch gegen Artikel 13, nachdem ich sie drauf kurz aufmerksam gemacht habe und sie sich weiter selbst informieren ließ. Die meisten Leute wissen einfach nicht, was da gerade passiert, ich glaube es gibt hier sehr viel Potenzial zum Widerstand. Gemeinsam sind wir stärker. Neue, radikale Ideen sind nicht per se schlecht. Sie geben Impulse, die unsere Gesellschaft voranbringen oder schädigen können. Und da liegt die Gefahr. Ein Freigeist ist so manchem nicht geheuer, weil er den Status Quo in Frage stellt. Anders ist Fortschritt jedoch nicht bzw. nur sehr träge möglich. Was Zensur mit diesen Ausflüchten zu tun hat, ist euch eh klar.

  4. Dann organisiert doch von Netzpolitik aus eine Demo in Berlin, Frankfurt oder in anderen Städten, statt nur andere auf zu fordern.

    Meine E-Mail hast du im System ich bin gerne mit dabei! ;)

  5. Nichts gegen euch Netzpolitik, aber ihr beschreibt euch als „Nachrichten-Website“ was ich absolut inakzeptabel finde, da Neutralität bei vielen euren Artikel nicht gegeben ist – es ist zwar bekannt daß ihr das linke Spektrum bedient, aber ich finde ihr solltet auch nicht nur die negative Seiten des „Uploadfilters“ auflisten wie ihr es bezeichnet. Erwähnenswert wäre das der „Uploadfilter“ nicht mal als Maßnahme im Gesetz vorkommt. Ich spende monatlich eine nicht unerhebliche Summe, da erwarte ich ein wenig mehr Neutralität, da ich eure Arbeit größtenteils schätze. Gez. heimlicher Leser

    1. Auch wenn das Wort Uploadfilter im Text nicht vorkommt, so werden die Anforderungen nicht ohne eine automatisierte Filterung, also Uploadfilter, möglich sein. Zudem weiß ich nicht, woher die Idee kommmt, dass wir neutral sein sollen. Im Text über uns heißt es: „Wir verstehen uns als journalistisches Angebot, sind jedoch nicht neutral. Unsere Haltung ist: Wir engagieren uns für digitale Freiheitsrechte und ihre politische Umsetzung.“ https://netzpolitik.org/ueber-uns/

      1. > Auch wenn das Wort Uploadfilter im Text nicht vorkommt,
        > so werden die Anforderungen nicht ohne eine automatisierte Filterung, also Uploadfilter, möglich sein.

        Wie begründest Du das? Hast Du den Text lesen dürfen? Wo können wir ihn lesen und die Interpretation überprüfen? (Dein Kollege Alexander schrieb am 14. um 12.46 noch, der Text sei noch nicht öffentlich.)

    2. Ihre Aussage Herr Reuter ist korrekt; das man qualifiziert (was ich Ihren Beiträgen zugestehe)eine Position vertritt schließt aber nicht aus, das man et altera pas auch die Gegenargumente beleuchtet. Das fehlt in diesem Fall. Auch Netzpolitik schafft originäres Wissen und hat ein Recht darauf, das man dessen Leistung nicht kostenfrei verwendet und damit dann Geld verdient. Das versucht das Gesetz sicherzustellen. Und das der Upload Filter nicht genannt ist ist gut. Denn sowohl Rechtsprechung als auch die Anwender sollen die Möglichkeit haben eine Lösung für die Frage zu entwickeln. Wer der vollständigen, unbeschränkten Nutzung der geistigen Leistung das Wort redet kann im Prinzip auch die Raubkopie legitimieren. Kann das richtig sein?

    3. Woher kommt dieser plötzliche, vollkommen aus der Luft gegriffene Anspruch? Netzpolitik.org war noch nie „neutral“ und hat das von Anfang an immer deutlich klar gestellt. Zum Beispiel liest man im Abschnitt „Über uns“ immer noch:

      | Wir verstehen uns als journalistisches Angebot, sind jedoch nicht neutral. Unsere Haltung ist: Wir engagieren uns für digitale Freiheitsrechte und ihre politische Umsetzung.

      Ich weiß zwar nicht, ob das der exakt gleiche Wortlaut wie damals ist, aber in den Anfangszeiten von Netzpolitik.org hatten sie auch schon genauso so eine Haltungsbekundung in ihrer Selbstbeschreibung.

      — ein langjähriger Leser, der noch die Zeit kennt, in der Marcus Beckedahl im Newthinking-Store in der Tucholskystr. unterwegs gewesen ist.

      1. Wir haben ja so langsam den Eindruck, dass der Ruf/Wunsch nach Neutralität nicht immer, aber sehr oft von denen kommt, die ihre rechtsradikale Meinung gerne als ganz normal und in der politischen Mitte verorten würden. Diesem Wunsch nach „Neutralität“ werden wir als Autorinnen und Autoren, die für den Erhalt und Ausbau von Grund- und Freiheitsrechten schreiben, natürlich nicht nachkommen. Wir halten Rechtsradikalismus in seinen unterschiedlichsten Schattierungen und unser Eintreten für Menschenrechte für unvereinbare Gegensätze.

  6. Was mich interessieren würde: Ist der Uploadfilter eigentlich eher ein linkes oder rechtes Vorhaben ?

    Der Schutz von urheberrechtlichem Eigentum ist sicher eher rechts anzusiedeln, die mit der Filterung einhergehende Verminderung staatsferner Inhalte im Netz dürfte hingegen doch eher der linken Seite gefallen.

    Also ursächlich konservativ, aber in seiner Wirkung progressiv ?

    1. Ich glaube nicht, dass eine Rechts-Links-Einordnung hier so holzschnittartig möglich ist.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.