Stiftung WarentestNutzende von E-Scootern zahlen hohe Gebühren und dazu mit ihren Daten

Wenig überraschend und trotzdem gut zu wissen: Neben nicht gerade niedrigen Gebühren zahlen die Nutzer*innen von gemieteten E-Scootern mit ihren Daten. Das bemängelt nun auch Stiftung Warentest.

Beine einer Person auf E-Scooter
Welchem Anbieter überlassen wir unsere Daten? Am bestem keinem. (Symbolbild) CC-BY 2.0 Marco Verch

Beim Thema Elektroroller scheiden sich die Geister: Die eine Seite bewirbt sie als umweltfreundliche, schweißfreie Alternative zum Auto in den Innenstädten. Sie seien praktisch für den letzten Kilometer zwischen U-Bahnstation und Arbeitsplatz. Kritiker*innen beschweren sich über Unfälle, teils von alkoholisierten Lenker*innen verursacht, und die Sperrigkeit der Roller auf den Gehwegen. Außerdem ist weder belegt, dass für die Roller das Auto stehen gelassen wird, noch, welche Lebensdauer die Geräte eigentlich haben – beide Faktoren spielen bei der Umweltfreundlichkeit ein große Rolle.

Nun hat sich auch Stiftung Warentest den E-Scootern gewidmet und in Berlin den Service von den vier Anbietern Tier, Voi, Lime und Circ getestet. Dabei bewertete die Stiftung den Nutzungspreis, die Sicherheit der Fahrer*innen, die Umweltbilanz der Roller und die Arbeitsbedingungen, unter denen die Geräte eingesammelt und aufgeladen werden. Der Test nahm aber auch die Nutzerfreundlichkeit der Apps und den Umgang mit den Nutzer*innendaten unter die Lupe.

Die Frage nach dem Datenschutz

Es sei vorweg genommen, dass die Roller in keinem Testbereich besonders gut abschneiden: Sie sind weder besonders sicher, noch lassen sie sich gut auf nicht-asphaltierten Flächen fahren. Auch die Umweltbilanz sieht eher schlecht aus, die Lebensdauer der Roller müsste verlängert und die (Auto-)Transportwege für die Aufladung unter noch dazu fragwürdigen Arbeitsbedingungen verkürzt werden. Außerdem ist das Mieten der Roller nicht gerade günstig: Eine kurze Fahrt kostet mit bis zu 3,50 Euro für zehn Minuten schnell mehr als die gleiche Strecke mit dem Nahverkehr oder einem der vielen, schon länger verfügbaren Mietfahrräder.

Wenigstens sind die Apps zur Freischaltung der E-Scooter benutzerfreundlich. Aber: Sie verarbeiten mehr Daten, als nötig und die Nutzer*innen zahlen Stiftung Warentest zufolge neben den hohen Gebühren auch mit ihren Daten. Dass Zahlungs- und Standortdaten für den Dienst selbst nötig sind, leuchtet ein. Allerdings wird neben der Handynummer oder E-Mail-Adresse überflüssigerweise auch der Device-Fingerprint an die Apps übermittelt, mit dem das Smartphone der Nutzer*innen identifiziert werden kann.

Dazu kommt, dass die Tester*innen in allen vier getesteten Apps Tracker entdeckten, die mitlesen, wie wir uns in der App bewegen. Tracker sind Programme, die in Internetseiten oder Apps eingebunden sind und unsere Daten analysieren. Stiftung Warentest kommt zu dem Fazit: „Die Apps senden mehr Daten als notwendig und sind auch darauf ausgelegt, viele Nutzerdaten einzusammeln.“

Die Nutzer*innen zahlten also nicht nur einen hohen Preis für die Fahrten, sondern darüber hinaus mit ihren Daten. Und die AGB, in denen Nutzer*innen dem zustimmen, sind noch dazu nur schwer zu finden, wie die Stiftung Warentest zusätzlich bemängelt.

Mobilitätsdaten als Zukunftsmarkt

Dass persönliche Daten als Ware gehandelt werden, ist nichts Neues. Ist ein Dienst umsonst, bezahlen wir meistens mit unseren Daten. Mit jedem Klick hinterlassen wir Informationen über uns, die zusammengeführt ein Verhaltensprofil ergeben, das die Plattformen an Interessierte weiterverkaufen können. Unsere Daten werden zum Hauptprodukt von Gratisdiensten im Internet. Und, wie am Fall der E-Scooter deutlich wird, nicht nur von Gratisdiensten.

Dabei sind auch Mobilitätsdaten „ein neuer Zukunftsmarkt“, wie Ilija Radusch vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme bemerkt. Sie können Informationen über unseren Arbeitsweg liefern und darüber, wo und wie wir unsere Freizeit verbringen und mit welchem Verkehrsmittel. Diese Informationen können beispielsweise für Entwickler*innen neuer Verkehrs-Geschäftsmodelle von Wert sein.

Weil der Datensatz einer einzelnen Person nur etwa 25 Cent Wert ist, ist das Verkaufen der eigenen Daten eigentlich keine Alternative zu ihrer automatischen Weitergabe. Welche Möglichkeit bleibt dann, möchte man den letzten Kilometer von der U-Bahn zur Arbeit schweißfrei und umweltfreundlich zurücklegen, ohne seine Daten an eine App weiterzugeben? Wahrscheinlich nur der Fußweg.

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4 Ergänzungen

  1. „Dazu kommt, dass die Tester*innen in allen vier getesteten Apps Tracker entdeckten, die mitlesen, wie wir uns in der App bewegen.“

    An dem Punkt wird es knifflig. Anbieter brauchen zur Verbesserung einer App (Usability, Funktionsumfang) Informationen darüber, wie Nutzer*innen sie verwenden – und das am besten unter Realbedingungen. Ist das aus netzpolitischer Sicht selbst fragwürdig, wenn Tracker die Daten anonymisiert erheben? Wie machen das die Apps der Scooter Firmen?

  2. Welche Daten werden denn nun an den Anbieter übertragen? Der Anbieter hat meinen Namen, Zahlungsmitteldaten und weiß auf welchem Gerät ich die App benutze. Auch trackt die App, wie ich durch die Oberfläche navigiere. Soweit so gut.

    Aber macht das nicht jede App? Wichtiger wäre zu erfahren, ob die Daten weiteren Firmen zur Verfügung stellt werden. Steht im Kleingedruckten was dazu?

    Aber das tracken der Navigation, das macht selbst heise.de auf ihrer Seite.

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