Was vom Tage übrig bliebAtombomben, Telefone und ein Witz mit Koks

Wie uns die großen Digitalkonzerne am Handy überwachen, wie Algorithmen selbst über Umwege noch diskriminieren und wie ein Nebensatz dem Kraftfuttermischwerk gefährlich wird. Düster. Doch immerhin gibt es ein schönes neues Wort zu lernen. Die besten Reste des Tages.

Mit NUKEMAP könnte man auch einen Atombomben-Einschlag am Fernsehturm simulieren. Aber wer will das schon?

Digitale Privatsphäre: Überwacht und verkauft (Süddeutsche Zeitung)
Die SZ hat eine umfassende Recherche zur kommerziellen Überwachung über Smartphones veröffentlicht. Viele Artikel sind hinter der Paywall, aber in dem frei zugänglichen Video erklären die Reporter:innen ziemlich anschaulich, wie Facebook, Google & Co. rund um die Uhr Informationen über uns sammeln – dank Software Development Kits auch in Apps, die eigentlich gar nichts mit den Datenkonzernen zu tun haben.

EU-Kommissarin warnt vor Energiebedarf des Internets (Spiegel Online)
Digitalisierung braucht Energie. Erst recht, seit Videostreaming zum Alltag geworden ist. In diesem Jahr haben wir mit der Artikelserie „Bits & Bäume“ bereits einen Blick auf Nachhaltigkeit in der Digitalisierung geworfen. Die neue Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager beschäftigt das Thema auch. Sie findet, dass der Energieverbrauch durch digitale Technologien zwar verringert werden müsse, gleichzeitig aber der Klimawandel ohne digitale Lösungen nicht zu verhindern sei. Eine Herausforderung für die Kommission, die sich vorgenommen hat, den Kontinent bis 2050 klimaneutral zu machen.

Algorithms drive online discrimination, academic warns (Financial Times)
Eine noch unveröffentlichte Studie von Sandra Wachter vom Oxford Internet Institute beschäftigt sich mit Diskriminierung durch Algorithmen. Wachter wendet das Konzept der Diskriminierung durch Assoziation auf Algorithmen an an. Selbst wenn diskriminierende Kategorien verboten sind, bliebe ein einfacher Umweg, so die Wissenschaftlerin: Es würden einfach neutrale Kategorien, wie „Leser:in des Cosmopolitan Magazins“, gebildet, die trotzdem sehr eindeutig auf persönliche Merkmale wie Geschlecht oder Ethnie schließen lassen. Wachter folgert, dass jede Einteilung von Nutzenden in Gruppen zu Diskriminierungen führen kann. Sie ruft deshalb dazu auf, ein solches Vorgehen rechtlich zu verbieten.

Why NUKEMAP isn’t on Google Maps anymore (nuclearsecrecy.com)
NUKEMAP gibt es seit 2012. Mit dem Tool kann man den Einschlag einer Atombombe an jeder beliebigen Stelle der Welt simulieren. Einfach ein paar Eckdaten eingeben, schon kann man sich die potentielle Wucht und Opferzahlen anzeigen lassen. Der Geschichtswissenschaftler Alex Wellerstein hat das Tool hobbymäßig gebaut und dafür die Google Maps API genutzt. In seinem Text fasst er zusammen, wie Googles neueste Änderungen es ihm und anderen kleinen Entwickler:innen unmöglich machen, diese API weiter zu nutzen. Zu viele Änderungen, undurchsichtige und zu hohe Preise und mangelhafte Nonprofit-Regeln haben Wellerstein nun zu Mapbox wechseln lassen.

Ein koksender Koch im TV, ein Joke in einem Nebensatz, eine Abmahnung der Kanzlei Höcker – und warum ich vielleicht ein bisschen Unterstützung gebrauchen könnte (Das Kraftfuttermischwerk)
Ronny Kraak vom Kraftfuttermischwerk hat im Jahr 2016 mal etwas launiges gebloggt. Es ging um Koks und einen Koch. Und dann gefiel ein Halbsatz diesem Koch offenbar nicht. Jedenfalls will Ronny Kraak jetzt die Sache vor Gericht klären lassen – und das könnte mehrere tausend Euro kosten. Und da kommt ihr ins Spiel, um dem allseits beliebten Blog unter die Arme zu greifen…

How these Toronto sleuths are exposing the world’s digital spies while risking their own lives (Toronto Star)
Wir lernten ein neues englischsprachiges Wort: sleuths, oder auch Detektiv. Und wir lernten viel über die Arbeit von dem Citizen Lab an der Universität von Toronto. So analysiert das Team rund um Ron Deibert Handy-Trojaner wie die der israelischen NSO Group. Spannendes Portrait über die wichtige Arbeit dieses Projektes. Lesenswert.

Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb“, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.

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Eine Ergänzung

  1. Hinweis: Wenn man den Artikel der Süddeutschen Zeitung „Digitale Privatsphäre: Überwacht und verkauft“ aufruft, veweist diese Seite auf http://www.googletagmanager.com . Heißt im Klartext: Wenn du diesen Artikel anklickst, wirst du überwacht werden. Nicht zwangsläufig, aber weil die Süddeutsche Zeitung eben Google in Ihre Seite einbindet, ist das ganz einfach so. (Ich verwende µMatrix und kann das nicht nur sehen, sondern kann das auch blockieren.)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.