LGBTQ: Tinder zeigt ab jetzt in 69 Ländern Reisewarnungen an

Mal eben als Schwuler in Uganda tindern? Keine gute Idee. Weil in vielen Ländern Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung kriminalisiert werden, führt die Dating-App Reisewarnungen ein und versteckt die entsprechende Kategorie.

– Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Jean Sabeth

69 Länder auf der Welt haben Gesetze, die Homosexualität kriminalisieren. Die Dating-App Tinder, bei der User seit Juni dieses Jahres ihre sexuelle Orientierung einstellen können, will in Zukunft die Nutzer:innen aufgrund der Geolocation vor Risiken warnen. Das teilte das Unternehmen in seinem Blog mit. Reist eine Frau, die sich als lesbisch bei Tinder eingetragen hat, beispielsweise in Kenia ein, dann erscheint eine rote Warnung.

Diese Warnung erscheint in bestimmten Ländern. - Alle Rechte vorbehalten Tinder

Die Nutzer:innen können sich beim Alert entweder komplett unsichtbar machen oder weiterhin auf Tinder angezeigt werden. Ist letztere Option gewählt, wird die sexuelle Orientierung nicht mehr angezeigt. Die Liste der betroffenen Länder wird zusammen mit dem weltweiten Dachverband der Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen-, Trans- und Intersexorganisationen ILGA aktuell gehalten.

Reale Gefahr in Ländern wie Ägypten

Der sogenannte Traveller Alert ist wichtig, weil es durch die Nutzung von Dating-Apps immer wieder Fälle gab, bei der die Polizei mittels Lockvögeln LGBTQ-Personen ausfindig machte und diese mit Repressionen überzog. In Ägypten wurden mehrere solche Fälle bekannt, betroffen war vor allem die ägyptische LGBTQ-Szene, aber auch ein deutscher Tourist wurden festgenommen und ausgewiesen. Unbedarfte Personen können sich mit der Nutzung von Dating-Apps in Gefahr bringen. In vielen Ländern stehen Haftstrafen, in anderen sogar die Todesstrafe auf homosexuelle Handlungen.

Die schwule Dating-App Grindr hatte nach mehreren Vorfällen und massiver Kritik die Ortungsfunktion in bestimmten Ländern schon im Jahr 2014 abgeschaltet. Grindr bietet auch einen Passwortschutz und die Option das Grindr-Symbol auf die Bildschirm zu einem unauffälligen Icon zu verändern. Dies soll bei Straßenkontrollen der Polizei schützen.

Eine sinnvolle Weiterentwicklung des Alerts wäre, wenn Personen zusätzlich noch die Option hätten, sich unsichtbar zu machen – auch in Regionen, die keine festgeschriebene rechtliche Diskriminierung oder Kriminalisierung haben. Die Nutzer:innen von Tinder könnten so selbstbestimmt Diskriminierungen in Gebieten mit beispielsweise hoher Homophobie vorbeugen.

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3 Ergänzungen

  1. Auffallend ist das meist religiöse Gründe für die Staatliche Verfolgung vorhanden sind. In den meisten Islamischen Ländern, aber auch einigen Christlichen.

    Leider sehe ich im Moment kaum mehr eine Bewegung welche sich der Religionskritik und der Infragestellung religiös motivierten Hasses beschäftigt. Im Grunde wird hier mit Verweis auf die „Toleranz“ mitnichten einfach zu viel toleriert. Auch im Westen scheint somit der Elan weltweit für progressive, aufgeklärte Werte einzutreten somit weitgehend erlahmt zu sein.

    1. In vielen nicht-europäischen Ländern ist die Wurzel der Trans- und Homophobie in der Kolonialzeit zu suchen, in der vorhandene gesellschaftlich akzeptierte sexuelle Orientierungen und Gender jenseits von heterosexuell, Mann/Frau kriminalisiert wurden. Oftmals wurde und wird dies bis heute mit der Religion begründet. Allerdings ist Religion in der Regel das Vehikel aber nicht die Ursache von Trans- und Homophobie. Daher hilft Religionskritik alleine sicher nicht weiter.

  2. > Eine sinnvolle Weiterentwicklung des Alerts wäre, wenn Personen zusätzlich noch die Option hätten, sich unsichtbar zu machen – auch in Regionen, die keine festgeschriebene rechtliche Diskriminierung oder Kriminalisierung haben.

    Mindestens genauso sinnvoll wäre der Ratschlag, seine Identität inklusive der sexuellen Orientierung nicht an ein Werbenetzwerk zu geben, welches diese Informationen in der Vergangenheit bereits mehrfach menschenfeindlichen Regimen offengelegt hat.

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