Klage von Max Schrems vor oberstem EU-Gericht droht „Privacy Shield“ zu spalten

Der Datenschützer klagt vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Facebooks Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten. Bei der Verhandlung in Luxemburg legten alle Seiten ihre Argumente auf den Tisch. Das Gericht entscheidet im Dezember.

Max Schrems
Der Österreicher Max Schrems klagt seit Jahren gegen Facebook – Alle Rechte vorbehalten European Union 2016 – Source : EP

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat gestern einen Fall angehört, dessen Ausgang den Schutz von Europäer*innen vor Überwachung durch US-Geheimdienste deutlich stärken könnte. Es geht um eine Klage von Max Schrems gegen den Transfer von Nutzerdaten durch Facebook in die USA.

Max Schrems klagt seit Jahren gegen Facebook. Der Österreicher brachte 2011 als Jura-Student seine erste Beschwerde gegen den Konzern vor der irischen Datenschutzbehörde ein. Sein Vorgehen brachte 2015 vor dem EuGH die Übereinkunft zwischen EU und USA zum Datenaustausch („Safe Harbor“) zu Fall. Er ist seither so etwas wie ein Star der Datenschutzszene.

Im Vorjahr gründete Schrems die Organisation noyb („None of your business“). Sie soll im Namen von Nutzerinnen und Nutzern in ganz Europa den Datenschutz durchsetzen. Dabei hofft Schrems auf die seit dem Vorjahr wirksame Datenschutzgrundverordnung.

„Die große Frage im Datenschutz in Europa ist, ob wir einen Kulturwandel sehen werden“, sagte Schrems im September bei unserer Konferenz „Das ist Netzpolitik!“ mit Verweis auf das Vorgehen von Facebook und anderen Datenkonzerne. Diese haben trotz der neuen Regeln ihren Umgang mit Nutzer:innendaten kaum geändert.

Klage gegen Massenüberwachung

Die nun verhandelte Klage von noyb vor dem EuGH richtet sich gegen die „Privacy Shield“-Übereinkunft der EU-Kommission. Der Nachfolger von „Safe Harbor“ attestiert den USA einen im Wesentlichen gleichwertigen Datenschutz mit der EU.

Das irische Höchstgericht hatte dem EuGH den Fall im Mai 2018 zur Entscheidung vorgelegt. noyb beruft sich in seiner Kritik am Datentransfer auf die Enthüllungen von Edward Snowden, die die Kooperation von Facebook und weiteren US-Firmen mit der NSA ans Tageslicht brachten.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, argumentiert Schrems Anwalt Eoin McCullough während der Verhandlung, dass die US-Behörden den Datenschutz mit den Gesetzen zur nationalen Sicherheit „aushebeln“ würden. Die amerikanische Gegenseite beruft sich auf die Unumgänglichkeit des freien Datenflusses für Wirtschaft und Sicherheit. Die Anwältin der US-Regierung betonte, dass dabei das Wohlbefinden von US- und EU- Bürger:innen gleichermaßen im Fokus stehe.

Gegenüber netzpolitik.org sagt Max Schrems, dass die Richter während der Verhandlung die richtigen Fragen gestellt hätten. Den Generalanwalt der Europäischen Union befand der Datenschützer hingegen als „sehr freundlich“ gegenüber den USA. Aus Sicht von Schrems ist nach der Verhandlung „das Privacy Shield absolut vom Tisch“, es werde wohl vom Gericht für unwirksam erklärt. Eine Konsequenz, die die Europäische Kommission vermeiden wollte.

Eine nicht-bindende Stellungnahme des EU-Generalanwalts erwartet das Gericht für 12. Dezember, hieß es nach der Verhandlung. Das bindende Urteil des Gerichts erfolgt meist einige Wochen später.

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2 Ergänzungen

  1. Rechtschreibkorrekturen:
    Seine Vorgehens -> Sein Vorgehen
    Safe Habor -> Safe Harbor
    Nutzerinnen und Nutzer -> Nutzerinnen und Nutzern

  2. im dezember kommt erst die stellungnahme des generalanwalts, nicht die endgültige entscheidung des gerichts. auf die werden wir wohl noch länger warten müssen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.