Gegen Fake News: WhatsApp will „oft weitergeleitete“ Nachrichten kennzeichnen

Mehr als fünfmal weitergeleitete Nachrichten werden in einer Betaversion von WhatsApp mit zwei Pfeilen markiert. Der Messenger versucht damit, gegen die Verbreitung von Gerüchten und Falschinformationen vorzugehen. In Indien und Brasilien gibt es schon länger Forderungen zur Regulierung.

Ein Frau hält sich ein Smartphone mit dem WhatsApp-Logo vor den Mund.
In vielen Ländern werden Gerüchte und Falschinformationen auf WhatsApp verbreitet. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Rachit Tank

Nachrichten auf WhatsApp werden in Zukunft gekennzeichnet, wenn sie mehr als fünf Mal weitergeleitet wurden. „Oft weitergeleitete“ Nachrichten werden in Zukunft statt einem Pfeil zwei Pfeile anzeigen, schreibt BuzzFeed News. Das wird den Nutzer:innen auch vor dem Senden angezeigt.

Die Änderung ist der letzte Teil einer Reihe von WhatsApp-Updates, die sich gegen Falschinformationen richten. WhatsApp stand nach Skandalen unter anderem in Brasilien und Indien in der Kritik, dort wurde die App massiv zur Verbreitung von Gerüchten eingesetzt.

In Betaversionen von WhatsApp von März und April können Nutzer:innen unter den genauen Informationen zu Nachrichten auch nachsehen, wie oft diese schon weitergeleitet wurden. Wenn eine weitergeleitete Nachricht an zwei unterschiedliche Empfänger weitergeleitet wird, zählt das als zwei Weiterleitungen. Das berichtet die Seite wabetainfo.com. Außerdem können Gruppenadministratoren einstellen, ob ihre Gruppen „oft weitergeleitete“ Nachrichten erlauben sollen.

Indien fordert Nachverfolgbarkeit von Nachrichten

In Indien, wo das Internet vor allem mit Smartphones benutzt wird und WhatsApp bei Weitem die populärste App ist, wird dessen Regulierung seit Jahren diskutiert. Immer wieder werden Nachrichten verbreitet, in denen Personen als Kindesentführer bezeichnet wurden. Darauf folgten Mobs, die innerhalb von 18 Monaten mindestens 100 Verletzte und 33 Tote forderten.

Vor zwei Wochen forderte ein Gericht WhatsApp zu einer offiziellen Einschätzung auf, ob Nachrichten mit der Nummer des Originalabsenders gekennzeichnet werden können. WhatsApp hatte vorher gesagt, dass das technisch unmöglich sei und die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung untergraben würde. Eine solche Maßnahme richte sich gegen das freie Internet und würde unnötige Überwachung ermöglichen, protestierte auch ein Bündnis aus Organisationen und Expert:innen in einem offenen Brief.

WhatsApp testete letztes Jahr in Indien eine Beschränkung von gleichzeitigen Weiterleitungen auf fünf Chats. Nach sechs Monaten weitete der Konzern diese Limitierung weltweit aus und entfernte auch die Option, Mediendateien aus einem Chat heraus schnell weiterzuleiten.

Zero-Rating begünstigt Falschinformationen

In Brasilien kam WhatsApp während der Präsidentschaftswahlen letztes Jahr in die Kritik. Dort wird seine Popularität durch Zero-Rating-Dienste gefördert, durch die das Nutzen von WhatsApp nicht auf monatliche Datenvolumen bei Mobilfunkverträgen aufgerechnet wird. Dadurch können Nachrichten schnell verbreitet, aber nicht auf anderen unabhängigen Quellen verifiziert werden, schrieb der brasilianische Forscher Luca Belli letztes Jahr: „Im Wesentlichen ist Fact-Checking zu teuer für den durchschnittlichen Brasilianer.“

Er fürchtete ähnliche Folge auch in anderen Demokratien, denn „die Bedingungen, die es Falschinformationen erlauben, in Brasilien zu blühen, existieren in vielen lateinamerikanischen, afrikanischen und asiatischen Ländern.“ Auch dort sind Zero-Rating-Dienste weit verbreitet – zum Beispiel durch Facebooks Initiative internet.org, das freien Zugang auf Facebook-Dienste anbietet.

Die Verantwortung liegt also bei WhatsApp. Brasilianische Forscher:innen stellten letztes Jahr drei Forderungen an den Konzern: Die maximale Anzahl von Weiterleitungen, gleichzeitige Weiterleitungen und die Größe von neuen Gruppen sollten eingeschränkt werden. Die erste und zweite Forderung sind umgesetzt. Im April kündigte WhatsApp außerdem eine neue Einstellung an, mit der gegen Spameinladungen in Gruppen vorgegangen werden soll.

Aber: Die Forscher:innen hatten WhatsApp damals aufgefordert, diese Änderungen bis zur Präsidentschaftswahl durchzuführen. Nun sind die meisten zwar da, aber Bolsonaro ist auch Präsident.

Alternativen zu WhatsApp

Neben WhatsApp, das Facebook gehört und das Nutzerinformationen mit dem Mutterkonzern teilt, gibt es zahlreiche Alternativen auf dem Markt der Messenger. So gibt es Threema, das zwar nicht quelloffen ist, aber dafür erlaubt pseudonym zu kommunizieren oder etwa das quelloffene Signal, das mittlerweile von einer Stiftung betrieben wird. Wer alternative Messenger nutzt, schützt seine Privatsphäre. Ein Garant gegen Falschmeldungen sind die Alternativen natürlich nicht.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

4 Ergänzungen

  1. Wie lange dauert es, bis die Nutzer begriffen haben, dass die Nachrichten mit den zwei Pfeilen die interessanten sind?

  2. Verzeihung, aber der Abschnitt über Alternativen zu WhatsApp passt hier nicht wirklich. Es geht eindeutig um ein soziales Problem, nämlich dass Menschen gerne explosive Informationen ungeprüft weiterleiten. Dies schränkt eine andere IM-App keinesfalls ein.

    > So gibt es Threema, das zwar nicht quelloffen ist, aber dafür erlaubt pseudonym zu kommunizieren oder etwa das quelloffene Signal, […].
    Signal erlaubt keine „pseudonyme“ Kommunikation. Dafür stand die Anwendung auch schon oft in der Kritik. Threema gehört ebenfalls einer kommerziellen Firma.

    > Wer alternative Messenger nutzt, schützt seine Privatsphäre.
    [citation needed]

  3. Ich habe die Sache bereits Dezember 2018 nach einem Vorfall bei WhatsApp Support adressiert. Die Antworten waren einfach nur erbärmlich, sprich „SPAM“ markieren und sowas. WhatsApp ist aber schon längst DAS Massenkommunikationsmedium von Opa bis Millennial ohne Ausnahme. Wenn rechtsradikale Inhalte, z.B. Bilder, nicht markiert werden können, und diese dann auf den Geräten laden, ist das noch gruseliger als Facebook & Co. selbst wo man noch Reporten kann.
    Interessanter Artikel auch zum Thema: https://fee.org/articles/should-can-fake-news-be-regulated/

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.