Neue TechnologienEuropol errichtet ein „Innovationslabor“

Die EU-InnenministerInnen wollen auf „Herausforderungen und Chancen“ neuer Technologien reagieren. Im Fokus stehen 5G-Mobilfunknetze, künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge, Drohnen, 3D-Druck sowie verbesserte Möglichkeiten zur Entschlüsselung.

Die Polizeiagentur Europol in Den Haag. Viele dort entwickelten Maßnahmen tragen die Handschrift des Bundeskriminalamtes. CC-BY-SA 3.0 OSeveno

Die Polizeiagentur Europol wird sich verstärkt mit neuen Technologien im Bereich der inneren Sicherheit befassen. Europol richtet hierfür ein „Innovationslabor“ ein, das neue Möglichkeiten zum Abhören, Entschlüsseln und Überwachen suchen soll. Das haben die europäischen InnenministerInnen auf ihrer letzten Ratstagung Anfang Oktober einstimmig beschlossen. Auch die Bundesregierung hatten den Vorschlag zuvor unterstützt.

Das neue Zentrum verfolgt einen „proaktiven Ansatz“. Es soll neue Produkte und Verfahren möglichst schon analysieren, bevor diese auf den Markt kommen. Derzeit stehen bereits verfügbare Geräte im Mittelpunkt, darunter 3D-Drucker zum Herstellen von Waffen. Das „Innovationslabor“ befasst sich außerdem mit dem „Internet der Dinge“. Dabei geht es um „Herausforderungen und Chancen“, also die kriminelle Nutzung der Technologien und ihr möglicher Einsatz zur Strafverfolgung.

„Disruptive Technologien“

Europol soll außerdem zum Einsatz von Robotik und Drohnen sowie zu deren Abwehr forschen. In einem Papier sprechen Europol sowie die finnische Ratspräsidentschaft hierzu von „disruptiven Technologien“. Der Begriff wird benutzt, seitdem sich der Rat, die EU-Kommission und das Parlament zu einer entsprechenden Konferenz in Frankreich getroffen hatten. Zu „disruptiven Technologien“ zählt Europol auch die Biotechnologien, etwa die Manipulation biometrischer Merkmale wie DNA oder Fingerabdrücke sowie das sogenannte Morphing.

Das „Innovationslabor“ soll auf vorhandene Abteilungen bei Europol aufbauen. Zu seinen Aufgabenbereichen zählt der polizeiliche Umgang mit Anonymisierung und Verschlüsselung im Internet und im Darknet. Hierzu hat Europol bereits eine „Entschlüsselungsplattform“ errichtet, die von der EU-Kommission mit 5 Millionen Euro gefördert wird. Europol forscht zur Nutzung von Quantencomputern, die im Rahmen des „Innovationslabors“ für Anwendungen zu künstlicher Intelligenz genutzt werden könnten.

Auch die Suche nach Verfahren zum Abhören der eigentlich abhörsicheren 5G-Mobilfunknetze wird dem „Innovationslabor“ übertragen. Europol hat hierzu bereits mehrere „Expertentreffen“ organisiert. Dokumente der Agentur sowie des Anti-Terrorismusbeauftragten der Europäischen Union tragen die Handschrift des Bundeskriminalamtes (BKA), das hierzu Vorschläge beigesteuert hat.

Integration bestehender Netzwerke

Auf einer der nächsten Tagungen der InnenministerInnen sollen Einzelheiten des „Innovationslabors“ endgültig beschlossen werden. Vorher sollen sich die Innenministerien der Mitgliedstaaten zu seinen Aufgaben und Zielen äußern. Die Bereiche des „Innovationslabors“ könnten sogar ausgeweitet werden, etwa auf die Automatisierung des Informationsaustauschs, wie sie derzeit vom BKA entwickelt wird, das sogenannte „Predictive Policing“ oder Verfahren zur Gesichts- und Nummernschilderkennung.

Die Abteilung könnte den Plänen zufolge weitere, bestehende Strukturen integrieren, darunter das ENLETS-Netzwerk, an dessen Kerngruppe sich auch die deutsche Polizei beteiligt und das für den Rat neue Technologien zur Strafverfolgung beforscht.

ENLETS gehört zur Ratsarbeitsgruppe „Strafverfolgung“, die auch für den Aufbau des „Innovationslabors“ bei Europol zuständig ist. Auch die Kommission betreibt mit der „Gemeinsamen Forschungsstelle“ eine Einrichtung, die Technologien begutachtet und auf ihre Nutzung für Grenzkontrollen oder zur Strafverfolgung untersucht.

„Dialog“ mit der Privatwirtschaft

Das neue „Innovationslabor“ wird außerdem mit Internetfirmen, Banken und Finanzdienstleistern kooperieren. Die InnenministerInnen sprechen hierzu von einem „Dialog“, der „intensiviert“ werden soll. Unter finnischer Ratspräsidentschaft hatte die Ratsarbeitsgruppe „Strafverfolgung“ im Juli bereits mehrere Firmen zu einem Treffen eingeladen. Um etwa mit Banken Personendaten auszutauschen, soll im nächsten Jahr die Europol-Verordnung geändert werden.

Dass Europol die polizeiliche Forschung zentralisieren will, hatte die Agentur vor einem Jahr in seiner „Strategie 2020+“ skizziert. Bislang ist aber unklar, wie das „Innovationslabor“ finanziert wird. Die Europäische Union entscheidet derzeit über den Mehrjährigen Finanzrahmen, der den Haushalt der Kommission und ihrer Agenturen bis 2027 festlegt.

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