Deutsche Großflughäfen: Gesichtserkennung jetzt auch für Kinder

Beim Passieren einer EU-Außengrenze sollen bald alle Reisenden biometrische Daten abgeben. Das führt zu langen Wartezeiten, die Grenzkontrollen werden deshalb zunehmend automatisiert. Davon profitieren zuerst Personen, die Gesichtsbilder bereits auf dem Chip ihres „ePass“ hinterlegt haben.

"EasyPASS"-Grenzkontrollschranken
In „EasyPASS“ werden derzeit nur Gesichtsbilder verarbeitet. Die Bundespolizei testet aber schon das automatische Einlesen von Fingerabdrücken. – Alle Rechte vorbehalten Bundespolizei

Die Bundespolizei weitet die Nutzung ihrer sogenannten „eGates“ auf Kinder aus. Seit Beginn der Ferienzeit in Deutschland ist die dort eingesetzte Technik „EasyPASS“ bundesweit für Personen ab einem Alter von 12 Jahren freigeschaltet. Mit dem teilautomatisierten Grenzkontrollsystem wird der Übertritt einer Außengrenze der Europäischen Union kontrolliert. Es kann von Staatsangehörigen aller EU-Mitgliedstaaten sowie der Schweiz freiwillig genutzt werden. Wer nicht automatisch gescannt werden möchte, muss mitunter Warteschlangen an den gewöhnlichen „manuellen“ Kontrollspuren in Kauf nehmen.

Alle sieben deutschen Großflughäfen sind mit „EasyPASS“ ausgestattet. Mit Stand von letztem Monat sind dort 230 „eGates“ installiert, über 73 Millionen Reisende haben die Anlagen bereits durchschritten. Minderjährige können das System zunächst aber nur in Frankfurt am Main, Düsseldorf, Hamburg und München nutzen. Weitere Anlagen sind an den Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Schönefeld sowie Köln/Bonn installiert. Im nächsten Jahr sollen auch Stuttgart und Hannover an „EasyPASS“ angeschlossen werden.

Abgleich mit Fahndungsdatenbanken

Eine Nutzung von „EasyPASS“ ist lediglich mit dem sogenannten „ePass“ möglich, der biometrische Daten auf einem Chip speichert. In den Kontrollkabinen wird das Dokument auf einen Dokumentenleser gelegt. Anschließend wird überprüft, ob der Reisepass für „EasyPASS“ geeignet ist. Dann wird das Gesichtsbild des Reisenden mit einer Kamera aufgenommen und mit einer Gesichtserkennungssoftware überprüft, ob die Personen mit den in den Pässen gespeicherten Lichtbildern übereinstimmen. Der Abgleich mit dem Chip dauert nach Angaben des Bundesinnenministeriums drei Sekunden, die Dauer der gesamten Kontrolle wird mit 30 Sekunden angegeben.

Die Passdaten der Reisenden werden mit einschlägigen Polizeidatenbanken abgeglichen, darunter die deutsche INPOL-Datenbank und das Schengener Informationssystem. Mittlerweile ist an den EU-Außengrenzen auch die Abfrage von Interpol-Dateien für gestohlene Ausweisdokumente verpflichtend. Diese systematische Überprüfung auch von Personen, die von der Freizügigkeit im Schengenraum profitieren, wurde nach den November-Anschlägen von 2015 in Frankreich eingeführt.

Wenn „EasyPASS“ keine Beanstandung meldet, können die Reisenden die Schleuse passieren. Andernfalls warten BeamtInnen der Bundespolizei neben den Anlagen und greifen bei Bedarf ein. Auch wenn von dem automatischen System keine Auffälligkeiten festgestellt werden, können die Personen mit weiteren Kontrollmaßnahmen behelligt werden.

Überprüfung von Zertifikaten

Die „EasyPASS“-Technik stammt vom einem Herstellerkonsortium der Firmen Bundesdruckerei und Secunet. Die Gesichtserkennungssoftware liefert die Firma L-1 Identity Solutions, die mittlerweile zum französischen Idemia-Konzern gehört und an verschiedenen deutschen Biometrieprojekten beteiligt ist. Eine direkte Abfrage der Gesichtsbilder mit polizeilichen Informationssystemen erfolgt derzeit nicht. Die aufgenommenen Fotos werden dem Bundesinnenministerium zufolge nicht gespeichert oder in Ermittlungsverfahren verwendet.

Das System überprüft in drei verschiedenen Verfahren die Echtheit des Ausweises („Passive Authentication“, „Chip Authentication“, „Active Authentication“). Auch „ePässe“ können gefälscht werden, als mögliche Manipulationsverfahren nennt das Bundesinnenministerium das Klonen oder Simulieren von RFID-Chips und das Verfälschen von Inhalten. In „EasyPASS“ werden deshalb die Zertifikate der Chips analysiert. Diese werden mit einer „Schengen Masterlist“ abgeglichen, zu der jeder Schengen-Mitgliedstaat beiträgt. Die deutsche Masterliste wird vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik geführt und der Bundespolizei zur Verfügung gestellt. Auch die EU-Agentur für den Betrieb von IT-Großsystemen (eu-LISA) und die Grenzagentur Frontex sind in das „Schengen Masterlist Projekt“ eingebunden.

Ausgleich für zunehmende Kontrollzeiten

„EasyPASS“ wurde 2009 als „GAnGes“ (Grenzkontollsystem für die Anwendungserprobung von Gesichtserkennungsverfahren) am Flughafen Frankfurt am Main getestet und dort seit 2014 in einem Pilotprojekt erstmals betrieben. Die Installation an den übrigen Flughäfen wird aus dem „Fonds für die innere Sicherheit“ der Europäischen Union gefördert.

Die Einführung von „EasyPASS“ wurde damals mit der Reduzierung der Kontrollzeit begründet. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit, denn mit der Einführung neuer Grenzkontrollverfahren durch die Europäische Union wird eine Zunahme von Wartezeiten befürchtet: Das bereits beschlossene „Ein-/Ausreisesystem“ (EES) sieht vor, dass von allen Reisenden ohne ePass Fingerabdrücke und Gesichtsbilder abgenommen und gespeichert werden müssen. „EasyPASS“ verfolgt deshalb dem Bundesinnenministerium zufolge „kompensierend bereits jetzt das Ziel, dass freizügigkeitsberechtigte Personen verstärkt automatisierte Kontrollspuren nutzen“.

Seit 2015 beteiligt sich die Bundespolizei außerdem auf EU-Ebene an Tests zur Nutzung von „EasyPASS“ im neuen EES, ein entsprechendes Pilotprojekt hat die Bundespolizei sogar in eigener Verantwortung verlängert. Am Flughafen Frankfurt am Main und am Kreuzfahrt-Terminal in Rostock-Warnemünde wurden dabei von der Agentur eu-LISA vorgegebene Testszenarien durchgespielt.

Weitere Pilotprojekte

Zur geplanten Einführung des EES in 2022 könnten die „eGates“ mit Fingerabdruckscannern nachgerüstet werden. Reisende könnten dann vor dem Durchschreiten der Kontrollspuren an einem „Kiosk“ ihre biometrischen Daten automatisch einlesen lassen. Bei den Tests in Frankfurt und Warnemünde kam deshalb auch Technik zur Abnahme von Fingerabdrücken zum Einsatz. Genutzt wurden vorhandene Geräte der Firma Crossmatch, die Bundespolizei testete außerdem kontaktlose Fingerabdruckscanner der französischen Firma Morpho (jetzt Idemia). Möglich wäre auch der Einsatz von Iris-Scans in „EasyPASS“.

Die Firma Secunet ist in weitere Pilotprojekte zum Auslesen chipbasierter Ausweisdokumente involviert. Die Bundespolizei hat in Magdeburg und Halle eine Smartphone-App zur Fahndungs- und Dokumentenprüfung mit dem Smartphone getestet, die bundesweite Einführung ist geplant. Derzeit wird hierfür nur das das Gesichtsbild ausgelesen und lokal auf dem Smartphone angezeigt. Auf diese Weise soll die Verifizierung von Personen bei einer mobilen Polizeikontrolle erleichtert werden. Die ebenfalls auf dem Chip gespeicherten Personendaten werden wie in „EasyPASS“ für eine Fahndungsabfrage genutzt.

2 Ergänzungen

  1. Wenn man das so liest, dann kommt man sich als Reisender wie ein Krimineller vor. Kein Wunder, dass die Menschen keinerlei Vertrauen mehr in Behörden und staatliche Organisationen haben, denn der Staat hat auch keinerlei Vertrauen in seine Bürger.

    1. Insbesondere dann, wenn man sich der automatisierten Gesichtskontrolle verweigert.

      Ich glaube kaum, dass die Mehrzahl der Reisenden sich Gedanken machen wird. Im Gegenteil: Das Verfahren ist bequem und schnell. Außerdem will man zügig in den Urlaub und keine Zeit daran verschwenden in einer langen Schlange anstehen zu müssen.

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