Artikel 13: EU-Urheberrecht geht in die nationale Umsetzung

Hunderttausende sind im Frühjahr gegen die EU-Urheberrechtsreform auf die Straße gegangen. Die CDU hatte damals als Beruhigungspille angekündigt, Uploadfilter in der deutschen Umsetzung zu verhindern. Jetzt geht die Regierung die ersten Schritte zu einem nationalen Gesetz.

Etwa 200.000 Menschen demonstrierten in ganz Europa gegen die Urheberrechtsreform. (Archivbild) – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Christian Wiediger

Uploadfilter und Leistungsschutzrecht: Das EU-Parlament hat die Urheberrechtsrichtlinie bereits beschlossen, doch sie muss noch in nationales Recht umgesetzt werden. Dafür haben die Mitgliedstaaten noch zwei Jahre Zeit. Das Bundesjustizministerium führt nun bis zum September eine erste öffentliche Konsultation durch.

Die EU-Urheberrechtsrechtlinie führte zu den größten Internetprotesten, die Deutschland seit Langem gesehen hat. Bei den Massenprotesten Anfang des Jahres haben sich europaweit etwa 200.000 Menschen beteiligt. Die Wikipedia schaltete einen Tag auf schwarz, 130 Technologieunternehmen aus ganz Europa protestierten.

Trotz der Proteste schaffte es die Reform durch das Europaparlament. Eine Folge der Proteste war zur Europawahl sichtbar: Viele junge Wähler:innen wandten sich von SPD und CDU ab.

„Umsetzung muss Schäden begrenzen“

Elisabeth Niekrenz von der Digitalen Gesellschaft sagt gegenüber netzpolitik.org: „Insbesondere die verpflichtende Anwendung von Uploadfiltern wird Kunst-, Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet beschädigen. Die nationale Umsetzung der nunmehr beschlossenen Richtlinie sollte diese Schäden möglichst begrenzen.“

Die CDU hatte kurz vor den Großprotesten versprochen, auf die umstrittenen Uploadfilter in der nationalen Umsetzung zu verzichten, ein Schritt, der vielerseits als Beruhigungspille angesehen wurde. Zur Richtlinie gab die Bundesregierung eine Protokollnotiz ab. Laut dieser will sie Uploadfilter „weitgehend unnötig“ machen. Rechtlich bindend ist die Protokollnotiz allerdings nicht. Überhaupt steht die erklärte Absicht europarechtlich auf wackligen Beinen.

Die Digitale Gesellschaft fordert europaweite Pauschallizenzen und Ausnahmen für privat und nichtkommerziell genutzte Inhalte. Außerdem müsse bei der Umsetzung sichergestellt werden, dass die Verbreitung von gemeinfreien Werken und solchen unter freier Lizenz nicht behindert wird. Der Gesetzgebungsprozess müsse außerdem die Datenschutzfolgen von Uploadfiltern sorgsam abwägen. „Es braucht außerdem einen effektiven Rechtsschutz, damit sich Bürgerinnen und Bürger gegen Fehlfilterungen wehren können“, so Niekrenz.

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8 Ergänzungen

  1. Ich fürchte ja das die Interessen der Nutzer in diese Lobbyistenschlacht weitgehend untergehen werden. Es sei denn es gibt erneuten öffentlich sichtbaren Widerstand gegen dieses Vorhaben breitflächige Zensur einzuführen !

  2. „Internetproteste“ – die auf der Straße stattgefunden haben. Sonst denk noch einer, es handelte sich um Clicks.

  3. Die Lippenbekenntnisse und Friedlichkeitsphantasien kann man sich sparen. Der Richtlinientext liquidiert zunächst alle öffentlichen privacy-aware community-based Plattform-Dings, weil die keine Uploadfilter haben wollen + können (No-Go).

    Vielleicht bilden sich Netze von und für Plattformen hinter Login-walls, mit speziellen Suchmaschinen für „hinter die Wand“, so dass man zumindest mittels Metasuchmaschine wissen kann, ob sich ein Login für eine Informationsbeschaffung lohnt (Suchmaschinentoken?).

    Vielleicht entscheidet ein Gericht, dass bitweiser Vergleich ausreichen muss, weil es kein anderes wirklich „funktionierendes“ Verfahren gibt (Vollbit-Ära?).

    Vielleicht entscheidet ein Gericht, dass es rechtens ist, von Software automatisiert signierte Screenshots ohne Uploadfilter hochzuladen, während gefakte Signaturen andere Sorten von Verbrechen zu sein haben (Fabrizierte Verletzung?).

    Es gibt so viele Möglichkeiten, trotz Uploadfilter interaktive Plattformen zu betreiben – platter als vorher ja, aber MÖGLICH, popöglich.

  4. Ich befürchte das Schlimmste.
    Ich denke dass die großen Miedenkonzerne und Verwertergesellschaften hier kräftig Lobbyarbeit leisten (so wie vor der Abstimmung im EP) und unsere Regierung nur auf diese Leute hört und die Bürger einfach gekonnt ignoriert…

    Und wenn es nicht so läuft wie die großen gerne hätten, werfen sie den Gegnern Lobbyismus und den Digitalkonzernen Astroturfing vor.
    „Es kann ja nicht sein dass gegen uns protestiert wird. Das kann ja nur fremdgesteuert sein.“

    1. Genau deswegen ist es wichtig das die entsprechende Diskussion um mögliche Entwürfe breit geführt wird. Bzw. notfalls auch Proteste wieder auf der Strasse stattfinden und sichtbar sind. Das kann dann von Medien und Politik weniger leicht ignoriert werden als z.B. eine Empörungswelle auf Twitter.

      Gerade Fridays for Future zeigt ja das man durchaus viel Aufmerksamkeit für sein Anliegen erzeugen kann von man regelmäßig vom Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit gebrauch macht.

  5. Habt ihr schon mitgrkriegt, das die polnische Regierung gegen die EU-Urheberrechtsreform geklagt hat? Vor dem EuGH?
    Es ist eine sogenannte Nichtigkeitsklage, d.h., wenn dem stattgegeben wird, ist die komplette Reform tot, als hätte es sie nie gegeben. Es wird mit vielen uns bekannen Argumenten argumentiert, aber vorallem damit, dass die Reform inkompatibel mit vielen existierenden EU-Rechtsnormen und -vorschriften ist.

    https://www.youtube.com/watch?v=uVlJFDe4GHk

    Werden vom Verein DigiGes oder sonst irgendwo in Deutschland ähnliche Klagen angestrengt? Oder dürfen die das gar nicht?

    Nach dem Motto »Doppelt gemoppelt hält besser«, schon klar, oder? ;-)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.