Alexa & Co.: Innenminister wollen Zugriff auf Daten aus dem „Smart Home“

Wo Daten anfallen, wecken sie Begehrlichkeiten: Künftig sollen Ermittler auf Daten aus dem „Smart Home“ zugreifen und sie vor Gericht verwenden dürfen. Medienberichten zufolge wollen die Innenminister ihre Pläne nächste Woche vorstellen.

Assistenzwanzen wie Amazon Echo Dot halten viel mehr von uns vor, als uns lieb ist. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Jan Antonin Kolar

Assistenzwanzen wie Amazons Alexa, „smarte“ Kühlschränke, Fernseher oder Temperaturregler: Daten, die bei der Nutzung solcher Helferlein im „Smart Home“ anfallen, sollen künftig als Beweismittel vor Gericht verwendet werden dürfen. Das berichtet das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) im Vorfeld der nächste Woche stattfindenden Innenministerkonferenz (IMK) in Kiel.

Einer Beschlussvorlage Schleswig-Holsteins zufolge komme digitalen Spuren „eine immer größere Bedeutung“ bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen und terroristischen Bedrohungslagen zu. Nach einer richterlichen Anordnung sollen Ermittlungsbehörden künftig auf diese Spuren zugreifen können, wünschen sich die Innenminister.

Erarbeitet hat die Beschlussvorlage laut RND der schleswig-holsteinische Innenminister und derzeitige IMK-Vorsitzende Hans-Joachim Grote (CDU), die Innenstaatssekretäre von Union und SPD sollen bereits ihre Unterstützung signalisiert haben.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Zwar gebe es derzeit noch verfassungsrechtliche Bedenken, diese sollen jedoch spätestens bis zum Herbst ausgeräumt werden. Dann soll eine konkrete Handlungsempfehlung folgen, an der auch das Bundeskriminalamt mitwirken werde. Dem RND nach rechnen die Innenminister mit Widerstand von Datenschützern in Bund und Ländern.

Assistenzwanzen wie Alexa haben regelmäßig mit Datenschutzproblemen zu kämpfen. So sendete das stets im Hintergrund lauschende Gerät etwa Privatgespräche an andere Personen, ein anderes Mal konnten Amazon-Mitarbeiter auf private Daten von Nutzern zugreifen. Doch selbst wenn all diese Löcher geschlossen werden sollten, gehört das Sammeln von Daten zum Sinn und Zweck solcher Smart-Home-Geräte. Auf diesen reichhaltigen Schatz aus Inhalts- und Metadaten greifen in den USA bereits Ermittler zu.

Angriff auf Verschlüsselung geplant

Auf der IMK-Tagesordnung der deutschen Innenminister soll zudem eine Aufweichung der im kommenden 5G-Mobilfunkstandard vorgesehenen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung stehen, berichtete jüngst der Spiegel. Laut einer Beschlussvorlage sollen Netzbetreiber staatlichen Stellen den Zugriff „auf die Kommunikationsinhalte als gesetzlich geregelte Ausnahme für ihre Nutzer gewährleisten“.

Sollte die Abschwächung des IT-Sicherheitsniveaus an dieser Stelle nicht gelingen, setzt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) den Hebel bereits woanders an: Anbieter von verschlüsselten Messengern sollen Ermittlern auf richterliche Anordnung hin die Nachrichten im Klartext ausliefern. Wie das technisch umgesetzt werden soll, bleibt derweil unbekannt.

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11 Ergänzungen

  1. In Anbetracht der Tatsache das smarte deivces die überall mithören in Zukunft standardmäßig in jedem Auto. Fernseher, Smartphone, Notebook usw mitgeliefert und aktiv sein werden hat das ganze doch schon eine enorme Tragweite.

    Selbst Menschen die diese Geräte nicht benutzen würden somit umfassend überwachbar sein, wenn nur eine ausreichende Anzahl an Menschen in ihrer direkten Umgebung entsprechende Technik unbedacht im Einsatz hat. Wenn nun all diese Daten von den Konzernen gespeichert werden und der Staat unlimitierten Zugriff darauf hat würde dies selbst die von Snowden aufgedeckte Überwachung weit in den Schatten stellen.

    Im Grunde bräuchten wir eine Netzpolitisch erfahrene Partei in den Parlamenten welche diese Themen vertritt und zur Diskussion stellt. Ich hoffe das es die 4 Piraten im EU Parlament schaffen dieser doch sehr schwierigen Aufgabe gerecht zu werden.

  2. Zu der 5G Geschichte oben, ein Zitat aus der SZ (im bezug auf den EU Anti-Terror-Koordinator)

    „Auch eine weitere Form der Verschlüsselung stört de Kerchove. Mobilfunkbetreiber planen, ihre Kunden besser vor einer Falle zu schützen, die bei Polizei und Geheimdiensten beliebt ist. Sie wollen im 5G-Netz die sogenannte International Mobile Subscriber Identity (IMSI) verschlüsseln. Sogenannte IMSI-Catcher könnten dann nicht mehr eingesetzt werden.“

  3. Die machen sich nicht die Mühe, tatsächlich zu „forschen“. Einfach irgendwie Zugriff auf die schönen Daten fordern, andere sollen es uns dann fachlich besorgen. Eher im Sinne einer Durchführung, möglichst nicht informieren, bitte.

    Der „Vorschlag“ behinhaltet doch die Kritikeingabemöglichkeit? Stimmt, aber zuerst geht’s voll auf die Fresse. Intern nach Kompetenz suchen war gestern. Demokratie…

    Freiwildig mopst Michel zur Wahlstelle [rüber]:
    Sie haben die Wahl!
    Was gibt’s denn Heute?
    Freiheitsragout.
    Gehen auch eineinhalb Portionen?

  4. Wieso sollten Ermittlungsbehörden aktuell nicht auf die von Amazon und Co. zugreifen dürfen? Den Anbietern wird ja in den wenigsten Fällen ein Zeugnisverweigerungsrecht zustehen. Allenfalls geht es da um Durchsetzungsmöglichkeiten, wenn die Daten im Ausland liegen.

    Letzteres wäre aus Datenschutzsicht im Übrigen begrüßenswert. Wenn die Datenkraken zusätzliche Kosten für die Beantwortung von Behördenanfragen haben, ist das ein Marktvorteil für datensparsame Alternativen.

  5. Mir scheint, dass beim Thema staatl. und privater Überwachung und Kontrolle das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist; auch oder gerade vor dem Hintergrund, dass viele Menschen im Glauben leben: „…der Ehrliche hat nichts zu verbergen.“ – damit lässt sich hervorragend Politik machen, welche bei vielen Bürgerinnen und Bürgern fast schon in eine Art “vorauseilenden Gehorsam“ mündet, wenn es darum geht freiwillig Grundrechte (inklus. Datenschutz) aufzugeben. Ade Volkszählungsurteil ’83.

  6. Dass das mit dem Zugriff überall und dauernd intern PR-bezogen funktionieren könnte, liegt daran, dass nicht mehr Beamte geschickt werden müssen, die dann nach dem „zwölften Mal Nichts finden“ sauer werden, und beginnen, die Gewerkschaft anzuspitzen. Das Ausweichszenario könnte eine Ausweitung der Zugriffsvoraussetzungen sein, und dann begleitende professionelle Kriminalisierung von allem Möglichen in der wiederum nächsten Ausbaustufe. So lässt sich immer etwas finden, und alle sind glücklich.

    Soweit übrigens zu den Regeln der analogen Welt. Balance gibt es nicht mehr, das Gesetz soll alles treffen.

    Zur Inspiration, morgen gibt es automatisch erkennbare Features, zunächst Serverseitig mit für die Regierungsflansch:
    – Häusliche Hassrede
    – Kinder er- bzw. ver-ziehen (einzelne Aspekte, durchreglementiert).
    – Lithiumbatterien unbeaufsichtigt laden (erkannt am autonomen Staubsauger).
    – Allgemeine Stichwortsuche und Trends.

    Die Externalisierung von Überwachung (Uploadfilter, Schnittstellen mit extremem Maß an Vorverarbeitung und „Bereitstellung“ seitens der Hersteller), macht den Staat natürlich nicht klüger – da werden ganze PR-Abteilungen „an den Schnittstellen“ (wiederum) sitzen, und das ist kein guter Ausblick.

  7. Klar macht Sinn. Wenn ich Terrorist wäre – das erste was ich täte, ist eine Alexa in der Terrorzelle aufzustellen. Ist doch klar. Meine „Kollegen“ hätten sicher auch nichts dagegen. So ein Gesetz würde Terroristen richtig hart treffen. Besonders in einem Staat, wo aus Sicht der Behörden jeder Bürger ein potenzieller Terrorist sein könnte. Kommt das jetzt irgend jemanden bekannt vor? #Gestapo #Stasi #1984

  8. Es geht doch wieder darum, zu wissen was der Bürger für eine freie Meinung hat!
    Hat er eine Adäquate Meinung wie die „Volksparteien“, so ist alles in Butter.
    Hat der Bürger eine abweichende freie Meinung. äußert sie auch noch öffentlich und verbreitet sich diese Meinung im sozialen Umfeld des Bürgers virusartig?
    Dann gefährdet er die öffentliche Meinung!
    Er ist also ein politisch engagierter Gefährder!

    Ja, unsere Innenminister würden sehr gerne das „NeuLand“ nutzen, um ihre politische Meinung zu ihrem persönlichem Wohl zu schützen!
    Die Europawahl hat es doch gezeigt, die falsche freie Meinung der Wähler, gefährdet die politische Freiheit unserer Volksparteien!

    Sie müssen, ja sie werden genötigt dieser Gefährdungslage präventiv entgegen zu wirken!

  9. Na absolut danke und Adé liebe Groko! Wenn die nächste Wahl ist, wird die CDU/CSU 1% und die SPD 0,5% bekommen!!!!
    Es wäre doch Aufgabe der Groko, dass Amazon & Co nicht in den Wohnungen mithören und keine heimlichen Kameras in TVs eingebaut sind! Und die wollen die Daten regierungsmäßig auch noch nutzen!

  10. Wer Alexa & Co verwendet ist selber schuld. Es ist sehr wohl ein Unterschied, ob ich eine Fernbedienung für mein TV-Gerät benutze oder für einen Lichtschalter ein Kommando an eine „Assistenzwanze“ (man müsste den Ausdruck gar nicht in Anführungszeichen setzen) verwende. Auch für Faulheit gibt es einen Preis – die persönlichen Daten.
    Solange die Bevölkerung ihre Daten freiwillig ungeschützt zur Verfügung stellt (Facebook & Co lassen grüßen), darf sich niemand wundern, wenn die Behörden dies nicht nutzen (wollen/werden… wie man das auch immer formuliert).
    Warum schreien diese Leute, welche den geplanten Zugriff auf Alexa & Co befürchten, nicht auf, wenn es um die aktuelle Cookie-Praxis auf Internetseiten geht? Warum muss der Besucher in den meisten Fällen zustimmen, um die Seite nutzen zu können? Wann kommt hier eine anwenderfreundliche Regelung (nicht so schwammig wie jetzt als „berechtigtes Interesse“ formuliert)? Dass es möglich ist gezielt ja und nein zu sagen, zeigen viele Firmen, welche sehr wohl die Abwahl der meisten Cookies anbieten.
    Ich habe auch nichts zu verbergen, aber mich regt fürchterlich auf, dass mit diversen Tracking-Maßnahmen Milliarden verdient werden, ohne dass die Betroffenen dies wissen bzw mit einem einigermaßen vertretbaren Aufwand nachvollziehen können.Wer macht sich schon die Mühe auf einer Seite nachzuverfolgen welch ein Rattenschwanz an Trackern bei jedem Klick beteiligt ist?
    Doch zurück zum Thema. Zugriff auf die Daten der eingangs erwähnten Assistenzprodukte ist technisch wahrscheinlich relativ einfach, rechtlich ist er immer noch an die Anordnung von Staatsanwaltschaft oder/und Gericht gebunden. So wie in den Medien gerne vollmundig präsentiert wird es wohl nicht sein. Ähnliches gilt ja auch für die Bankdaten. Die Behörden haben nicht grundsätzlich Zugriff auf Konten, erst mit einem entsprechenden Beschluss ist dies möglich – und der muss schon ausreichend begründet sein. Doch das interessiert offenbar die wenigsten, oder sie wollen es einfach nicht akzeptieren.

    1. Erzählen Sie mal ihren Bekannten und Verwandten, sofern die noch zu Reflektieren im Stande sind, dass Sie nichts zu verbergen haben.

      Die wären sicherlich begeistert, denn die hätten damit implizit auch nichts mehr zu verbergen, sofern Sie in irgendeiner Weise involviert sind.

      Witzigerweise stehen Ehre und Verschwiegenheit in Kreisen, die „nichts zu verbergen haben“, aber sich konkrete Vorteile versprechen, oftmals ganz oben auf der Agenda [damit meine ich nicht vordergründig Sie].

      Fakt ist, dass alle zur Wanze werden, und es für alle schlecht ist. Es betrifft ja nicht nur jeden isoliert, das ist ein ganz fieser und gemeiner PR-Trick, die Menschen sich in Eigenisolation wähnen zu lassen, um Pseudoakzeptanz für so einen überbordenen Überwachungsschwachsinn zu erzeugen. Das passiert halt mit profilierten „Erzeugern“ on top.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.