Preview #14np: „Schatz, wir haben Polizei in der Wohnung“

Wohin entwickelt sich Deutschland, wenn ein Überwachungsgesetz nach dem anderen beschlossen wird? Wie steht es weltweit um die Pressefreiheit? Und was ist zu tun, wenn die Polizei in der Wohnung steht und Computer beschlagnahmen will? Um diese Fragen und um viel mehr geht es am 21.9. auf unserer Konferenz „Das ist Netzpolitik“. Heute in der Programmvorschau: Staatliche Überwachung und Repression.

Leider kein Spiel, wie hier im Bild. Trojaner sind auf vielfache Art schädlich. CC-BY 2.0 hsingy, Schriftzug: netzpolitik.org

Computer und Smartphones machen viele Dinge in unserem Leben einfacher. Informationen nachschlagen, Bilder machen oder mit anderen Menschen kommunizieren. Noch nie war es so einfach, sein Leben zu dokumentieren und mit anderen zu teilen. Das weckt auch die Neugier von Strafverfolgungsbehörden. Sie interessieren sich brennend für die Unmengen an anfallenden Daten, die wir wissentlich oder unwissentlich (Stichwort Metadaten) anhäufen. Die Folge: Keine Durchsuchung ohne Polizisten, die beschlagnahmte IT-Geräte aus dem Haus schleppen.

Schatz, wir haben Polizei in der Wohnung

Das durfte vor drei Monaten Jens Kubieziel erleben, Netzaktivist und Vorstandsmitglied des Vereins Zwiebelfreunde. Die Polizei durchsuchte im Juni seine Wohnung und beschlagnahmte mehrere Datenträger. Grund dafür: Sein Verein sammelt Spenden für den E-Mail-Anbieter Riseup, dessen Dienste auch militante AfD-Gegner nutzten, über deren Identität die Polizei mehr erfahren wollte. Die haarsträubende Aktion sorgte für Empörung und breite Berichterstattung. Auf unserer „Das ist Netzpolitik“-Konferenz wird Zwiebelfreund Kubieziel in einem Vortrag die Ereignisse zusammenfassen und erzählen, welche neuen Entwicklungen sich seitdem ergeben haben.

Der Talk ist Teil unseres Schwerpunkts zu staatlicher Überwachung auf der Konferenz am 21. September in der Volksbühne in Berlin. Dort ist auch der Rechtsanwalt Ulrich Kerner zu Gast. In seinem Vortrag erklärt er, wie man sich bei einer Hausdurchsuchung am besten verhält. Zudem informiert der Jurist über den aktuellen Stand beim Thema IT-Durchsuchungen.

Polizei ist auch das Stichwort für eines der wichtigsten bürgerrechtspolitischen Themen des Jahres: die überall im Land geplanten oder schon verabschiedeten verschärften Polizeigesetze. Präventivhaft, Trojaner-Einsatz, Handgranaten – auf netzpolitik.org haben wir die Vorhaben intensiv und von Anfang an begleitet. Auf der Konferenz werden wir in unterschiedlichen Vorträgen und Gesprächen beleuchten, wohin der fortwährende Ausbau staatlicher Befugnisse auf Kosten von Freiheitsrechten uns als Gesellschaft führt – und warum es wichtig ist, dass wir dagegen aufstehen. Denn ein Gutes hat die Welle der maßlosen Polizeigesetze ja doch: Die feuchten Fantasien der Innenminister setzten fast verloren geglaubte Energien der Zivilgesellschaft frei. Seit langem hat kein digitales Bürgerrechtsthema mehr so viele Menschen auf die Straßen gebracht. Das wollen wir nutzen und bieten deshalb vor Ort auch ein Vernetzungstreffen an: für alle, die gegen die verschärften Polizeigesetze aktiv sind oder es gerne werden wollen.

69 Jahre Überwachungsausbau

Historisch gesehen sind die verschärften Polizeigesetze ein weiterer Schritt in eine lange eingeschlagene Richtung. Mindestens siebzig Gesetze haben deutsche Regierungen seit 1949 beschlossen, die Überwachung auf verschiedenste Weise ermöglichen. Wer behält da noch den Überblick? In der „Chronik des Überwachungsstaates“ hat Lennart Mühlenmeier alle bekannten Gesetze aufgelistet. Auf unserer Konferenz wird er die Gesetze analysieren. „Dabei geht es nicht um die Effektivität der Gesetze. Viel mehr soll die Analyse herausfinden, welche Parteien Überwachungsgesetze erlassen, mit welchen Mustern sie dies tun und inwiefern der derzeitige Status Quo bedeutet, dass wir in einem Überwachungsstaat leben“, sagt Mühlenmeier.

Mit der internationalen Dimension von staatlicher Repression beschäftigt sich Jillian C. York in ihrem Vortrag „Offline Repression is Replicated Online“. Darin spricht sie über die weltweit zunehmenden Verhaftungen von Journalisten. York ist Director of International Freedom of Expression bei der US-amerikanischen Electronic Frontier Foundation (EFF). In ihrer Ankündigung heißt es: „In Zeiten, in denen Einzelpersonen sich zu Wort melden können, ohne Institutionen oder Gatekeeper zu benötigen, wählen die Staaten den direktesten Weg, um ihnen ihre Macht wegzunehmen: sie einzusperren und vom Internet zu trennen.“

Eine Schutzmaßnahme für Menschen hierzulande und überall auf der Welt ist das Verschlüsseln von elektronischen Geräten. Wie das geht und wie man andere darin schult, wird auf der Konferenz in einem Crypto-Party-Workshop erklärt. Der Workshop ist „offen für alle, insbesondere für Menschen ohne Vorwissen oder ​jene, die sich bislang noch nicht getraut haben“.

 

Am Freitag, 21. September, findet in der Berliner Volksbühne unsere diesjährige Konferenz „Das ist Netzpolitik“ statt. Von 10:00 bis 18:30 Uhr geht es auf diesem Treffen der digitalen Zivilgesellschaft darum, wie wir alle eine lebenswerte, faire und offene digitale Gesellschaft gestalten können – und um die politischen Kämpfe auf dem Weg dorthin. Neben Vorträgen und Podien gibt es auch ein feines Kunst- und Workshop-Programm. In den Tagen bis zur Konferenz stellen wir euch in dieser Preview-Reihe das Programm vor. Bisher veröffentlicht:

Der Hashtag für die Veranstaltung lautet #14np, denn wir feiern mit dieser Konferenz unser 14-jähriges Bestehen. Kommt vorbei und diskutiert und plant und feiert mit uns!

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2 Ergänzungen

  1. Kleiner Tipp an alle Interessierten:
    Alle Vorträge der Konferenz sind auch auf media.ccc.de als Videos verfügbar:
    https://media.ccc.de/c/14np

    Das könnte die Redaktion auch gern etwas mehr bewerben. Oder hab‘ ich da irgendwo ein großes Banner übersehen?

    1. Das steht auf unser To-Do-Liste. Da die Konferenz jedoch gerade erst ein paar Stunden her ist, dauert das noch etwas.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.