OffeneGesetze: Bundesgesetzblätter erstmals frei zugänglich

Das zivilgesellschaftliche Portal OffeneGesetze.de veröffentlicht erstmals kostenlos alle Bundesgesetzblätter als frei zugängliche Dokumente, obwohl der Bundesanzeiger Verlag dies mit Verweis auf Urheberrechte verbietet. Der private Verlag diktiert als Monopolist bisher den Zugang zu den staatlichen Dokumenten.

Das erste Bundesgesetzblatt der Bundesrepublik enthielt das Grundgesetz CC public domain

Das heute gelaunchte Portal OffeneGesetze.de stellt erstmals alle Bundesgesetzblätter der Bundesrepublik seit 1949 frei zugänglich online bereit. Auf der Website, die von der gemeinnützigen Open Knowledge Foundation Deutschland betrieben wird, sind die Dokumente kostenfrei zum Download und zur freien Weiterverwendung verfügbar.

Bisher waren Bundesgesetzblätter nur über die Website bgbl.de des Bundesanzeiger Verlags verfügbar. Der private Verlag vertreibt die Gesetzblätter im Auftrag des Justizministeriums und verlangt für grundlegende Funktionen, zum Beispiel das Kopieren von Textteilen, die Durchsuchbarkeit oder das Drucken von Gesetzblättern, Abogebühren. Eine Weiterverwendung der Dokumente untersagt der Verlag mit Verweis auf das Urheberrecht.

Portal trotz Verbot der Weiterverwendung

Ein Teil des Vertrags zwischen Justizministerium und Bundesanzeiger Verlag – geht die Öffentlichkeit angeblich nichts an.

Bundesgesetzblätter sind wichtige Dokumente im Gesetzgebungsprozess. Gesetze können erst in Kraft treten, nachdem sie in den Gesetzblättern verkündet worden sind. Die Dokumente selbst sind als amtliche Werke gemeinfrei. Der Bundesanzeiger Verlag argumentiert aber, dass seine Online-Datenbank zur Darstellung der Gesetzblätter urheberechtlich geschützt sei.

Ob dieses Datenbankschutzrecht tatsächlich in dieser Weise von einem Monopolisten für gemeinfreie Werke in Anspruch genommen werden kann, ist bisher nicht gerichtlich geklärt worden. Der vergleichbare Fall des „Sächsischen Ausschreibungsdienstes“ sollte 2008 vom Europäischen Gerichtshof entschieden werden, wurde allerdings von den Klägern zurückgezogen. Auch um Gesetzes- und Urteilsdatenbanken von juris gibt es seit Jahren Auseinandersetzungen.

Vergaben ohne Ausschreibungen

Der Bundesanzeiger Verlag war seit seiner Gründung 1949 staatlich, wurde allerdings 2006 endgültig privatisiert, der Dumont-Verlag kaufte das Unternehmen zu einem geheim gehaltenen Preis. Die Kosten der Kooperation des Bundes mit dem Verlag hält das zuständige Justizministerium auf IFG-Anfrage mit Verweis auf angebliche Betriebsgeheimnisse des Unternehmens geheim. Neben dem Vertrieb des Bundesgesetzblatts erhielt der Verlag ohne Ausschreibung auch den Auftrag zum Betrieb von anderen staatlichen Plattformen, zum Beispiel dem Transparenzregister.

OffeneGesetze.de bietet im Gegensatz zu bgbl.de die Möglichkeit, alle Bundesgesetzblätter seit 1949 gesammelt herunterzuladen. Die Dokumente können verlinkt und durchsucht werden. Dies könnte es beispielsweise (wie schon in Österreich) ermöglichen, den Textbestand der Gesetzblätter zu analysieren und Veränderungen in Gesetzen der letzten Jahrzehnte nachzuvollziehen. Auf der offiziellen Seite des Bundesanzeiger Verlags ist hingegen zum Beispiel das erste Bundesgesetzblatt, die Verkündung des Grundgesetzes 1949, nur als schiefer Bilderscan vorhanden.

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12 Ergänzungen

  1. Vielen Dank, lieber Markus!

    Leider ist die z.Z. [auf https://offenegesetze.de/%5D angebotene Weboberfläche weder mit Opera v12.18 noch mit FireFox v33.x.y sinnvoll nutzbar (trotz aktiviertem JavaScript).
    Ausserdem scheinen auch noch nicht alle Dokumente (Bspw. BGBl II, Nr. 60 vom 20.11.1973) zugänglich oder vorhanden zu sein.

    Ich hoffe aber, dass es sich hier nur um übliche Anfangsprobleme handelt, die mit der Zeit behoben werden (können), denn grundsätzlich ist diese Idee absolut unterstützenswert!

    Spannend wäre eine solche „Datenbank“ auch für bisher nicht veröffentlichte Gerichtsurteile, deren Kenntnis in Bürgerhand möglicherweise „Schaden“ anrichten könnten…

      1. > Ich würde behaupten wollen, die von dir benutzten
        > Browser sind wohl leider zu sehr betagt.
        Damit liegst Du richtig.
        Nur leider ist neuer gerade in dieser Sparte selten besser, speziell was die zunehmenden Tracking-Fähigkeiten und andere „nette“ Features angeht… ;-)

        1. Ich würde dringend empfehlen Firefox zu aktualisieren. Ich sehe >10 verschiedene Sicherheitslücken in Firefox 33 mit denen problemlos dein Computer übernommen werden kann:

          https://www.cvedetails.com/vulnerability-list.php?vendor_id=452&product_id=3264&version_id=177537&page=1&cweid=0&order=3&trc=315&sha=fb4d134737d29571bacff76ae89fa3c7181743d9

          Man kann noch so wenig von neuen „Features“ halten. Software nicht zu aktualisieren ist eindeutig die schlechtere Wahl, besonders bei exponierten Programme wie Browser.

  2. “ nur als schiefer Bilderscan vorhanden.“ – na ja, na ja …

    „(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, in den Ländern Baden, Bayern, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, Bremen, Hamburg, He·ssen, Nie- seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, s.einer dersachs,en, Nordrhein-West-: religiösen oder politischen Anschauungen benach- falen, Rheinland-Pfalz, Schles- teiligt o4er bevorzugt werden. wig-Holstein, Württemberg-Ba- den und Württemb,erg-Hohen· Artikd 4 zollern, “

    ich denke, eine Investition in bessere OCR wäre hier anzuraten.

  3. „erstmals frei zugänglich“ – SRLY?

    Ich verstehe die ganze OpenAlles Bewegung und stehe diese auch eher wohlwollend gegenüber.
    Aber dann; Überschriften wie diese, irgendwelche kruden Theorien hier würde jemand diktatorisch irgendwelche Einsichtnahme verwehrt. Bitte.

    Das Bundesgesetzblatt ist (seit vielen Jahren) frei zugänglich, als Kopie der gedruckten Ausgabe. Wenn man mehr braucht (weil man RechtswissenschaftlerIn ist), muß man für die Redaktionelle Aufarbeitung und Datenbankzugriff Geld zahlen. Wie im Text richtig erwähnt wird, ist die normative Ausgabe das gedruckte Blatt und da zahlt man iE für den Postversand.

    1. „Das Bundesgesetzblatt ist (seit vielen Jahren) frei zugänglich, als Kopie der gedruckten Ausgabe.“

      Und wenn man das im Jahre 2005 nicht als grundsätzliches Problem erkennt und nach Jahrenlangen Lippenbekenntnissen zur notwendigen Digitlaisierung, sich dann im Jahre 2018 immer noch nichts getan hat, dann müssen halt ein paar Aktivisten handeln.

    2. Im Jahre 2018 kann man nicht von „frei zugänglich“ reden, wenn man es nur offline in Bibliotheken bekommt.

  4. Leider sind nicht alle Gesetze veröffentlicht. Die Sammlung zu BGBl 3 ist schon einige Jahre unter Verschluss, damit keiner diese Gesetze nachverfolgen kann. Dazu gehört das gültige vorkonstitutionelle, nachkonstitutionelle und Nazi- Recht. Da die Regierung unter Adenauer am 29.05.1956 durch die Aufhebung von Besatzungsrecht vorgenanntes Recht wieder gültig wurde, sie aber selber nicht mehr durchsehen, wurden die Gesetze in die Versenkung gebracht, falls Rechtswissenschaftler mal nachlesen wollen. BGBl 3 gibt es noch in vereinzelnen Bibliotheken wie Landesbibliothek in Stuttgart, aber nicht mehr öffentlich im Internet.

    1. Schmarrn. Alternativ: Bitte belegen.

      BGBl. Teil III diente der Rechtsbereinigung. Was nicht drin war (abgesehen von Verweisen, Übergangsvorschriften und den offensichtlichen Ausnahmen Berlin und Saarland), trat außer Kraft.

      Von „nicht mehr öffentlich“ kann keine Rede sein, dass das BGBl. nicht ausreichend frei ist, ist ja der Grund für das Projekt. Es war in Kraft getreten durch via Papierform, es ist nicht unter Verschluss, nur (noch) von niemandem online gestellt worden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.