Noch mehr Netzpolitik auf bayerisch: Andreas Scheuer wird Infrastrukturminister, Dorothee Bär Staatsministerin

Nun hat auch die CSU ihre Ministerposten verteilt: Dorothee Bär soll Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt werden, neuer Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur wird Andreas Scheuer. Er erbt von Amtsvorgänger Dobrindt einen Scherbenhaufen.

Der neue Infrastrukturminister Andreas Scheuer (Mitte) mit seinem Vorgänger Alexander Dobrindt (links) und dem designierten Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). CC-BY-NC-SA 2.0 Hubert Burda Media

Mit Andreas Scheuer wird ein weiterer Ex-CSU-Generalsekretär Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. Die bisherige Staatssekretärin im BMVI, Dorothee Bär, wechselt als Staatsministerin für Digitalisierung ins Bundeskanzleramt in eine eigens für sie neu geschaffene Stelle. Damit besetzt die bayerische CSU beinahe alle netzpolitischen Schlüsselministerien.

Ab ins Gigabit-Zeitalter

Scheuer war bereits von 2009 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär im BMVI. Damals lag die Verantwortung für den Breitbandausbau allerdings noch im Wirtschaftsministerium. In den darauffolgenden Jahren hat sich Scheuer als CSU-Generalsekretär eher in einer angriffslustigen Parteirolle profiliert und weniger als Fachpolitiker. Netzpolitisch ist der 43 Jahre alte Niederbayer, der von seinem Vorgänger Alexander Dobrindt eine umfängliche Baustelle erbt, entsprechend unbeschrieben.

In einem Gastkommentar für die Welt umriss Scheuer Ende Januar zumindest die Eckpunkte seiner künftigen Arbeit. Die neue Regierung soll Deutschland ins „Gigabit-Zeitalter führen“ und mit einer flächendeckenden Glasfaserversorgung bis 2025 dem ländlichen Raum die Sorge nehmen, an der Digitalisierung nicht teilhaben zu können. Wie schon im Koalitionsvertrag festgeschrieben, soll der Netzzugang „universell“ ausfallen und wohl auch gesetzlich verankert werden. „Taten statt Ängste, das ist der Schlüssel zur Akzeptanz der Digitalisierung“, schrieb Scheuer, der in den kommenden Jahren viel zu tun haben wird.

Digitale Koordinierung im Kanzleramt

Die neue Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär, bei der Tagung „Arbeitswelt, Selbstbestimmung und Demokratie im digitalen Zeitalter“ - CC-BY-ND 2.0 BMVI

Dorothee Bär wiederum, der als Staatssekretärin seitens der Industrie eine hohe Fachkompetenz nachgesagt wurde (deren Perspektive sie jedoch gern übernommen hat), arbeitet künftig unter dem Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) als Staatsministerin für Digitales. Noch ist unbekannt, ob sie im Alleingang eine koordinierende Aufgabe übernehmen oder sich diese Rolle mit ihrem Vorgesetzten teilen wird. Zuletzt hieß es Ende Februar, dass Braun für einen Kabinettsausschuss verantwortlich sein soll, der sich mit Digitalisierungsfragen befasst. Eine verbesserte Abstimmung zwischen den Ressorts ist dringend erforderlich, schließlich sind die einschlägigen Aufgaben auf insgesamt 244 Teams in allen denkbaren Ministerien verteilt.

Auf der Agenda Scheuers steht nun einerseits eine rasche Verbesserung des BMVI-Förderprogramms, das die weißen Flecken bei der Breitbandversorgung in Deutschland schließen soll. Bislang ist dies noch nicht gelungen, immer noch verfügen gut ein Viertel aller Haushalte über keinen zeitgemäßen Internetzugang, der ihnen von der Vorgängerregierung bereits 2013 versprochen wurde.

Union muss schleunigst Position zu Deregulierung klären

Andererseits muss Scheuer dafür sorgen, dass Deutschland auf europäischer Ebene beim Breitbandausbau mit einer Stimme spricht. Derzeit verhandelt die EU eine weitreichende Reform der Rahmenbedingungen für den Telekommunikationssektor. Einer der meist umstrittenen Knackpunkte ist dabei die Frage, ob marktbeherrschende Unternehmen wie die Telekom Deutschland von der Regulierung freigestellt werden sollen, wenn sie Glasfasernetze errichten.

Obwohl der Koalitionsvertrag wichtige Details offen lässt, ist dort immerhin die Forderung nach einem „diskriminierungsfreien Zugang“ im „Sinne des Open-Access“ enthalten. Dies hat freilich den bisherigen Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), Matthias Machnig (SPD), nicht davon abgehalten, erst kürzlich Briefe an deutsche EU-Parlamentsabgeordnete zu verschicken, in denen er für Regulierungsferien beim Ausbau von Glasfasernetzen warb. Im EU-Ministerrat vertritt nicht das BMVI, sondern weiterhin das BMWi, welches nun vom Ex-Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) geführt wird, die Position Deutschlands.

Dass Deutschland von dieser abrücken wird, ließ der Unionspolitiker Thomas Jarzombek durchblicken: „Was Machnig hier schreibt, das ist im Koalitionsvertrag explizit anders geregelt“, wunderte sich Jarzombek auf Twitter. Altmaier und Scheuer müssen sich nun beeilen: Die entsprechenden Trilog-Verhandlungen mit der Kommission und dem Parlament stehen in den kommenden Wochen und Monaten auf dem Programm. Die Auftaktrunde zum Thema 5G-Frequenzen fand bereits letzte Woche statt.

Pauschale Regulierungsferien für die nationalen Ex-Monopolisten in der EU dürfe es nicht geben, erklärte der Industrieverband Bundesverband Breitbandkommunikation in einer Pressemitteilung, in der er die Regierungsbildung begrüßte. „Besonders kritisch an dem aktuellen Entwurf aus Brüssel ist die Tatsache, dass er im Zweifel auch dann Regulierungsferien zulässt, wenn Ex-Monopolisten ihre längst abgeschriebenen Kupfernetze lediglich aufrüsten und den zukunftssicheren Glasfaserausbau bis in alle Gebäude damit weiter verzögern“, sagte der Geschäftsführer Stephan Albers.

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17 Ergänzungen

  1. Ist der Posten „Staatsministerin für Digitales“ neu? Wenn ja: Woher kommt der? Wenn nein: Wer war das vorher und was wurde dort getan?

    1. Danke für den Hinweis, das ist beim Redigieren offenbar rausgefallen (der zweite Satz im Artikel ist nun angepasst). Die Stelle wurde extra neu geschaffen. Noch ist unklar, was dort genau geschehen soll und wie viele bzw. welche Kompetenzen Helge Braun wird abgeben müssen.

      1. Ah, dann ist das der Ersatz für das diskutierte Internet-Ministerium. Was st denn die offizielle Aufgabenbeschreibung der Stelle, über „was mit Digital“ hinaus?

  2. Dorothee Bär ist in der Vergangenheit durchaus positiv aufgefallen, in dieser Hinsicht könnte das tatsächlich eine gute Entscheidung sein!

      1. @Fragender
        „Womit“

        Das sie ihren Lebenspartner auf Kosten der Steuerzahler beschäftigt hat,das zeugt von gesunden Familiensinn,denn wie heißt es doch in der Bibel „gebet,so werdet ihr auch etwas bekommen…oder so ähnlich“ Aufgrund ihrer großen Nestwärme hat der CSUGOTT sprich Horst sich erbarmt und ihr den Job gegeben,was braucht ein bayerisches Madl denn Qualifikationen, wenn sie das Herzl auf der richtigen Stelle hat,sagte der Horstl,Amen.

      2. @Fragender

        Aufgrund ihres schlechten Gewissens, weil die Bayern 2006 den Braunbären Bruno „Problembär“ so niederträchtig erschossen haben,hat man wenigstens die Namensvetterin Dorothee Bär mit einem guten Posten versorgt ,damit sie im Leben keine Existenzängste und Hunger leiden muss und was passt besser als ein Bär nach Berlin,der eitel und pentrant in jede Kamera glotzt und ständig etwas von sich gibt,Inhalt nebensächlich,da wird von der Leyen notgedrungen demnächst die Kameras teilen müssen ,wenn die Dorothee Bär in Berlin steppt.
        Ja.Ja,Barmherzigkeit und Bauernschläue hat die „C“ Partei aus Bayern schon immer ausgezeichnet ,auch wenn man den Bürgern hiermit einen Bärendienst erweist.

  3. Es sagt sehr viel ueber die konservativen Parteien der GroKo aus, wenn nur eine kleine Regionalpartei den Anspruch auf grundlegende Zukunfstbereiche erhebt und durchsetzt.

    Die CSU ist da eine Katastrophe, aber die anderen sind noch viel katastrophaler, das zuzulassen.

  4. Ihr habt Stephan Mayer vergessen, Parlamentarischet Staatssekretär im Super-Innenministerium. Der ist ein Hardliner, damit wird die Überwachungs-Front nochmal stärker als schon unter Seehofer allein. Brace for Impact.

    1. Ehrenrettung für Stephan Mayer,der ist kein Hardliner ,der ist sogar gegen Vorratsdatenspeicherung,zumindestens was ihn selbst betrifft.
      Als er am 01.03.2013 mit 170 statt erlaubten 80km/h fuhr, dabei ein anderes Fahrzeug ummähte und den Fahrer krankenhausreif rammte.
      „Original-Ton Mayer: Die Scheiß-Kameraaufzeichnung dürften die überhaupt nicht so lange aufheben.“
      Quelle :wochenblatt.
      „Nach der Enthüllung im Wochenblatt bedrohte er unsere Redaktion, ebenso wie Kollegen einer anderen Zeitung, auf wirre und völlig inakzeptable Weise, um danach wochenlang einfach unterzutauchen.“Quelle wochenblatt.

      Willkommen bei der guten CSU Tradition im Geiste von Otto Wiesheu CSU,bitte nachgoogeln.

  5. Von der schwarzen Doppel-Null Scheuer / Bär ist nicht zu erwarten.

    Wer den Kampf des Österreicher Max Schrems gegen Facebook in den letzten Jahren verfolgt hat, fragt sich spätestens an dieser Stelle: In welchem bayrischen Funkloch hat Bär in den letzten Jahren auf Schiefertafeln geschrieben?

    Nichts anderes als die Durchsetzung von elementaren Grundrechten gegenüber dem Überwachungskapitalismus der Internet-Giganten ist das Gebot der Stunde. Stattdessen wird wieder von Deregulierung geschwafelt.

    Und da haben wir jetzt noch nicht einmal über #flugtaxi und den Angriff Russlands auf das Bonn-Berlin-Netz der Regierung gesprochen.

    https://electriceye.info/wordpress/?p=400

  6. Zitat Bär von gestern: „Datenschutz in Deutschland wie im 18. Jahrhundert“ – Vielleicht sollten jemand der Guten mal stecken, dass da in etwas mehr als zwei Monaten was Neues kommt :-).

    1. Auf gar keinen Fall. Heroischen Irrsinn in Tateinheit mit totaler Faktenunkenntnis bitte nicht mit Bodenkontakt zur Realität ausbremsen.

      Da geht sonst extra3, Anstalt und Heute-Show der Brennstoff aus.

      „Bätschi – #Flugtaxi statt #Diesel“
      Dorothee Bär, erste Sitzung der Bundesregierung, 01.04.2018

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.