Neuer Chrome-Adblocker: Googles Marketingkampagne für Online-Werbung

Diese Formen von Werbung am Handy setzt Google auf die schwarze Liste – Alle Rechte vorbehalten Coalition for Better Ads

Der Chrome-Browser von Google soll ab heute allzu nervige Online-Werbung mit Hilfe eines integrierten Adblockers unterbinden, etwa Popup-Werbung oder Autoplay-Videos mit Ton. Die Maßnahme ist der sichtbarste Schritt der „Coalition for Better Ads“, die Google mit Facebook und anderen initiiert hatte. Kernanliegen des Zusammenschlusses, dem auch Axel Springer und der Bundesverband der Digitalwirtschaft angehören, ist es, die Akzeptanz von Reklame im Netz zu erhöhen und den immer weiter verbreiteten Adblockern das Wasser abzugraben. Das Bündnis hat hierfür eine Liste von 12 Werbeformen erstellt, die Werbeanbieter im Internet künftig vermeiden sollen. Bei Webseiten, die sich nicht daran halten, wird die Werbung im Chrome-Browser automatisch geblockt.

Damit setzt Google, dessen Chrome weltweit den halben Browsermarkt kontrolliert, nicht ganz uneigennützig neue Standards für Werbung im Internet, fasst die Nachrichtenseite Gizmodo lesenswert zusammen:

Es gibt auch Gründe, die altruistischen Ziele von Google in Zweifel zu ziehen. Natürlich, [Google] schreibt Werbeanbietern vor, nichts Böses zu machen, aber es hofft auch darauf, dass ein besseres Erlebnis dazu führt, dass weniger Leute Adblocker von Drittanbietern herunterladen. Das ist gut fürs Internet, das sich wesentlich aus Werbung finanziert. Aber es ist besonders gut für Google, das 42 Prozent des digitalen Anzeigenmarktes in den USA und 75,8 Prozent des Anzeigenmarkts bei der Internet-Suche kontrolliert, laut Zahlen von eMarketer. Es wäre nicht so toll, wenn Google sich mit all seiner Macht nun dafür entscheidet, in die Fußstapfen von Diensten wie Adblock Plus zu treten, die Firmen die Möglichkeit bieten, sich einen Platz auf der Liste der akzeptablen Werbekunden zu erkaufen. [Eigene Übersetzung]

Überschaubare Effekte

In einer Analyse auf heise.de weist Torsten Kleinz darauf hin, dass Googles Haupteinnahmequellen – Suchmaschinenwerbung oder Preroll-Werbung auf Youtube – von den Standards nicht betroffen sind. Abgesehen davon wird die öffentlichkeitswirksame Maßnahme zunächst kaum einen echten Effekt haben. Lediglich auf unter einem Prozent der untersuchten Webseiten habe Google unzulässige Werbung entdeckt, die Chromes Adblocker künftig unterbinden werde, so Kleinz. Google hat seinen Partnern im Better-Ad-Netzwerk viel Vorlauf und Spielraum gegeben, sich auf die Maßnahme einzustellen. So darf auf Springers Welt.de auch weiterhin Autoplay-Werbung mit Ton laufen:

Am Mittwoch verkündete Google im Chromium-Blog einen ersten Erfolg: 42 Prozent der Betreiber von Websites, bei denen vorab unzulässige Werbeformen bemängelt wurden, haben ihre Angebote inzwischen an den Standard angepasst. Kein Wunder: Google hat ihnen genug Spielraum gelassen, die neuen Verbote ohne allzu große Verluste zu umgehen. So kann Axel Springer als einziger deutscher Verlag in der Coalition for Better Ads auf seinem Portal Welt.de weiterhin Autoplay-Werbung in seinen Artikeln deponieren.

Grund: Der Verlag hat unter diesen Videos einen Abschaltknopf eingebaut. „Wird diese Funktion genutzt, merkt Welt.de sich das und Autoplay bleibt bei zukünftigen Besuchen der Seite deaktiviert“, erklärt Carsten Schwecke von der Springer-Vermarktungstochter Media Impact. „Damit entsprechen wir den Anforderungen der Coalition for Better Ads“, betont Schwecke. Auch Autoplay-Werbung ohne Ton ist weiter erlaubt oder Pre-Roll-Werbung, die vor redaktionellen Videos eingespielt wird. Die Hürden, um auf Googles Sperrliste zu landen, sind zum Start sehr hoch.

Mit seinem Adblocker macht Google einen Schritt hin zum obersten Weltwerbepolizisten, der zunehmend bestimmt, wie Anzeigen im Internet funktionieren.

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4 Ergänzungen

  1. Ich hoffe,dass die ersten Klagen nicht lange auf sich warten lassen.
    Hier wirds ja noch ziemlich stark schoengeredet,aber was da auf laengere Sicht geplant ist,laesst sich leicht erkennen.
    Google will die Konkurrenz ausschalten!
    Nach und nach werden immer mehr konkurrierende Werbenetzwerke blockiert,weil sie irgendwelchen Richtlinien nicht entsprechen bis zum Schluss gar keine anderen mehr uebrig bleiben.
    Genau jetzt waere der richtige Zeitpunkt,um Chrome zu deinstallieren,wenn man es nicht schon lange getan hat.
    Und beim anderen Browser am besten die Werbung von Google blockieren und alle anderen erlauben,so wie ich es schon lange mache.
    Die haben am Browsermarkt und am Werbemarkt viel zu viel Macht und jetzt versuchen sie auch noch,das zu verbinden,um noch mehr Internetdiktator spielen zu duerfen.
    Mir schreibt niemand vor,wie meine Webseite aufgebaut sein muss,um in den Suchergebnissen oben zu landen und mir schreibt auch niemand vor,wie meine Werbung auszusehen hat!
    Es ist immernoch meine Webseite und nicht die von Google.
    Das Internet ist uebrigens auch nicht Googles Privateigentum,das sollte man nicht vergessen.

  2. „Nach und nach werden immer mehr konkurrierende Werbenetzwerke blockiert,weil sie irgendwelchen Richtlinien nicht entsprechen bis zum Schluss gar keine anderen mehr uebrig bleiben.“

    Diese Werbenetzwerke bieten im Gegensatz zu Google oder meinetwegen youtube keinerlei Nutzen für die Internetnutzer. Im Gegenteil, nicht selten werden über die sogar Schadprogramme verbreitet oder Kryptomining versucht. Der Internetkunde bezahlt seinen Zugang ganz real bei einem Zugangsprovider. Die Auswüchse des Kommerzes sind absurd. Warum sollte ich mir eine Blöd oder sonstwelche Medien im Internet antun, wenn ich glaube die zu brauchen, kaufe ich sie am Kiosk oder abonniere sie.

    Die dynamisch eingebundene „online-Werbung“ blocke ich ohne Google mit uBlock origin und noscript. Mein Zugang zum Internet ist bezahlt und mehr will ich nicht. Sogar auf solche „Höhenflüge“ geistigen Schaffens, wie die auch hier geforderte „Digitalisierung“, würde ich gern verzichten. Denn dazu gehören auch all die hier immer wieder beklagten Schnüffelgesetze, Zensuren, Blockungen von Inhalten, Verboten und weiteren staatlichen Repressionen.

    Meiner Meinung nach hat der Staat im Internet nichts zu suchen und auch nichts zu fördern. Wenn jemand der Überzeugung ist, irgendwas unbedingt zu brauchen, wird es mit Sicherheit private Investitionen geben. Die können ihre Netze für Amtsär*che betreiben und glücklich sein, dass niemand was mit solchen Figuren zu tun haben will.

  3. Ich weiß ja nicht ob Chrome wirklich Adblocking-Qualitäten hat, Vielleicht bezeichnet man das Update besser als Werbedimmer… Möglicherweise bin ich voreingenommen, weil ich für einen Adblocker arbeite, aber in einem Test, hat sich gezeigt, dass Google Chrome nur 16% der getesteten Anzeigen blockiert. Fürs ungestörte Surfen ist wahrscheinlich weiterhin ein „normaler“ Adblocker nötig. Darüber hinaus blockiert Chrome, wie der Autor schreibt keine YouTube Pre-Rolls und Facebook Anzeigen und auf vielen Seiten starten trotzdem automatisch Videos mit Ton, Welt.de ist also keine Ausnahme. Klar, ein erster Schritt Richtung Nutzerfreundlichkeit ist getan, aber zugleich ist und bleibt Google halt auch der Weltmarktführer im digitalen Werbebusiness :-)

  4. Mich würde vor allem mal interessieren, ob sich diese Funktion (im Grunde ein weiteres Kontrollieren aller besuchten Webseiten) deaktivieren lässt, oder ob da nur ein Umstieg auf Vivaldi oder Firefox hilft?

    Außerdem habe ich Bedenken, dass Google damit den installierten Adblocker „überschreibt“.

    Zu den genannten Sachen finde ich im Netz irgendwie gar nichts, weder über Google oder andere Suchmaschinen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.