NPP161: Kann man Ethik standardisieren?

Sarah Spiekermann, Professorin für Wirtschaftsinformatik in Wien, will nicht den Maschinen die Moral beibringen, sondern Ingenieur*innen und Unternehmen. Wir sprachen mit ihr darüber, wie man ethische Standards für Algorithmen festlegt und warum diejenigen, die Maschinen und Programme entwickeln, sich so selten verantwortlich fühlen.

Portrait
– Alle Rechte vorbehalten David Payr

Lässt sich Ethik programmieren? Schwierig, sagt Sarah Spiekermann, denn Ethik sei eben mehr als ein Abwägen von Vor- und Nachteilen, wie eine Maschine dies vornehmen könne. Die Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik an der Wirtschaftsuniversität Wien forscht an der Schnittstelle von Informatik, Betriebswirtschaft und Philosophie. Bald veröffentlicht sie ein neues Buch zu digitaler Ethik. Ihre Kritik: „Maschinen sind so gut wie die Daten, die in ihnen stecken.“ Und so unvollständig und fehleranfällig, wie die Algorithmen arbeiten, ist es womöglich nicht weise, sie über den Einsatz von Polizeikräften oder die Verteilung von Ressourcen des Arbeitsamtes entscheiden zu lassen.

Wie sie in Zusammenarbeit mit dem weltweiten Ingenieursverband IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) versucht, einen Prozessstandard für das ethische Design von autonomen Systemen zu entwickeln, und was das bedeutet, erklärt Spiekermann im Gespräch mit Ingo Dachwitz und Chris Köver.

Den gesamten Netzpolitik-Podcast mit Sarah Spiekermann zum Nachhören gibt es hier:

Hier ist der Netzpolitik-Podcast #161 mit Sarah Spiekermann als mp3-Datei zum Download.

Alternativ bieten wir den Netzpolitik-Podcast #161 mit Sarah Spiekermann auch als ogg-Datei zum Download.

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3 Ergänzungen

  1. Hallo zusammen!

    Echt mal – man höre sich das mal genauer an. Ich habe es getan und bin echt ratlos.

    Ratlos, weil es offensichtlich Menschen gibt, die versuchen, etwas zu verwalten (man mag es auch gerne „standardisieren“ nennen)… etwas zu verwalten, das homo sapiens in den vergangenen 2000 Jahren – ach lasst mich nicht kleinlich sein, 3000 Jahren – vergeblich in den Griff zu bekommen versucht. Funzt aber nicht und da hilft dann auch agiler Neusprech nicht so richtig weiter, wenn mir diese lapsige Formulierung nachgesehen werden mag?!?

    Desweiteren will ich jetzt auch nicht völlig abturnen – aber hat jemand die Dame mal gefragt (im Interview jedenfalls nicht), was sie glaubt, wie viele Jahre wir diese (also, Ethik) totverwalten müssen, wie viele Ethiken bis dahin gebrochen sein werden, wie viele coder es auch einfach nicht verstanden haben. Nicht wollend oder könnend. Anyway. Ich bin der Auffassung: so wird die Diskussion um dieses Thema nix umd spielt der Industrie in Karten. Und leider ausschliesslich der.

    Eine geundlegende Misanthropie an dieser Stelle nicht unterschlagen wollend, aber nichtsdesdotrotz mit einem digitalen Gruß hintendran

    J.

    P.S.: danke für Eure Arbeit und Euren Journalismus!

  2. Vielen Dank für das interessante Interview!

    Ich finde den Hinweis, dass wir auf die Arbeitsbedingungen, die wir mit der Digitalisierung schaffen, achten müssen, sehr wichtig. Sarah Spiekermann erwähnt Amazon und foodora. Im „Industriezeitalter“ hat man lange daran geforscht und gearbeitet, den Taylorismus abzuschaffen. Müssen wir im „digitalen Zeitalter“ genau die gleichen Irrwege wieder gehen und dann aufräumen???

    Anders sehe ich die Diskussionen um moralische Aspekte beim autonomen Fahren. Sarah Spiekermann nennt sie „Nebelkerzen“. Klar, darf die Diskussion nicht bei der Entscheidung stehen bleiben, wer im Falle eines Unfalls zuerst geschützt werden soll. Ich finde aber, dass diese Diskussionen sehr wohl dazu beitragen, zu verdeutlichen, welche Entscheidungen wir auf Algorithmen verlagern.

    Ob uns die Initiative der IEEE bei all diesen wichtigen Themen tatsächlich weiterbringt, bleibt abzuwarten. Wichtiger ist wohl wie immer, dass die beteiligten Menschen über einen intakten ethischen Kompass verfügen.

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