EU-Mitgliedsstaaten für verpflichtende Fingerabdrücke in Ausweisen

Behörden könnten bald Fingerabdrücke von Millionen Bürgern sammeln. Die EU-Staaten stellten sich heute hinter einen Vorschlag der Kommission, der überall in Europa zur Sammlung biometrischer Daten verpflichten würde. Abgeordnete fürchten Abfluss der Fingerabdrücke in den großen EU-Datentopf.

Kickl Polizisten
Österreichs Innenminister Kickl freut sich über die Fingerabdruck-Pflicht – Alle Rechte vorbehalten European Union

Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich heute hinter einen Vorschlag der EU-Kommission gestellt, der künftig die Speicherung von Fingerabdrücken und Bildern in Personalausweisen verpflichtend vorschreiben würde. Bisher ist die Speicherung von Fingerabdrücken im Personalausweis in Deutschland freiwillig. Das könnte sich nun ändern. Alte Ausweise sollen spätestens binnen zehn Jahren nach Wirksamwerden der neuen Regeln ihre Gültigkeit verlieren.

Der österreichische Innenminister Herbert Kickl von der Rechtsaußen-Partei FPÖ äußerte sich nach Beschluss der gemeinsamen Ratsposition erfreut. In Österreich enthalten Personalausweise bisher keinerlei biometrische Daten, doch nun könnte das EU-Recht die Pflicht überall verankern.

Fingerabdrücke und Gesichtsbilder sollen nach Angaben der EU-Kommission Betrug und Identitätsdiebstahl verhindern. Allerdings sind bereits bisher genutzte Dokumente meist ohnehin äußerst fälschungssicher. Die deutsche Bundesregierung räumte bereits vor zehn Jahren ein, dass die Zahl der Betrügereien und Fälschungen von Personalausweisen äußerst gering ist.

Datenberge ohne Maß und Ziel

Die Bürgerrechtsorganisation Statewatch warnt vor dem Missbrauch der neu gesammelten Datenberge. In nur 15 EU-Staaten ist der Besitz eines Personalausweises verpflichtend und in nur zehn Staaten müssen Fingerabdrücke gesammelt werden. Die neue Regelung würde die behördliche Sammlung von Fingerabdrücken auf 175 Millionen weitere EU-Bürger ausdehnen, argumentiert Statewatch. Die Datensammlung sei weder notwendig noch gerechtfertigt.

Die gesammelten Fingerabdrücke und Bilder könnten sich bald in anderen behördlichen Datenbanken wiederfinden. Unter dem Stichwort „Interoperabilität“ legten die EU-Staaten bereits mehrere Datenbanken zusammen. Darin sind bereits 53 Millionen Fingerabdrücke gespeichert.

In Deutschland hatte der Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen, die biometrischen Daten aller Pass- und Ausweisbesitzer in einem automatisierten Zugriffsverfahren allen Polizeien und Geheimdiensten zugreifbar zu machen – sogar ohne Protokollierung dieser Zugriffe bei den Meldebehörden. Zusammen mit der zusätzlich bereits angedrohten flächendeckenden biometrischen Videoüberwachung ergibt sich ein enormer weiterer Ausbau der technisierten Überwachung.

Im EU-Parlament regt sich Widerstand gegen die Vorschläge. Abgeordnete von Linken, Grünen und Sozialdemokraten fordern, dass die gesammelten Fingerabdrücke nur für die Sicherung der Ausweise und nicht für andere Zwecke genutzt werden dürfen. Linken-Abgeordnete Cornelia Ernst stellt sich in Änderungsanträgen zu dem Vorschlag überhaupt gegen die verpflichtende Aufnahme von Fingerabdrücken in Personalausweisen. Auch liberale Abgeordnete äußerten Skepsis. Doch die Mehrheiten sind noch unklar. Bisher erhielt das Thema öffentlich wenig Aufmerksamkeit. Gut möglich, dass auch das Parlament den Vorschlag bald durchwinkt – und in ganz Europa die Pflicht zu Fingerabdrücken in Ausweisen verpflichtend wird.

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38 Ergänzungen

  1. Warum sollte man überhaupt einen Personalausweis haben, das Ding kostet doch nur unnötig Geld? Mit dem Personalausweis kann man nur in Länder die dem EWR, der EU oder Schengen angehören. Also braucht man einen Reisepass in dem die Daten sowieso enthalten sind.

    1. Selbst ohne Perso hält dich niemand in Europa davon ab, in irgendein Land einzureisen (auf dem Landweg). Aber wenn du in einem der Länder Privilegien (z.B. Sozialhilfe) genießen möchtest, dann möchte das Land (und dessen Leute, die für dich die Sozialhilfe erarbeiten und von ihrem Einkommen abtreten) dich als dich identifizieren (können).

      Und Fingerabdrücke sind individuell, können nicht erlogen werden, und sind kaum zu fälschen, wenn die Person direkt vor dir steht und du den Finger kontrollierst, der den Fingerabdruck abgibt.

      1. Entschuldigung für die Unterbrechung, und nur, falls Du hier noch tagelang Deine Freude über die geplante Massenspeicherung von Körperdaten ausdrücken wolltest: Die Fingerabdrücke werden auf einem Chip im Ausweis (und auch im Pass) gespeichert. Die Deaktivierung dieses Chips dauert ungefähr eine Sekunde. Das Dokument ohne funktionierenden Chip und damit ohne Biometrie behält über seine gesamte Laufzeit seine Gültigkeit (das ist auch die aktuelle Regelung in Deutschland).

        Das Projekt ist enorm teuer, weitgehend nutzlos und nicht ausreichend begründet, was im Artikel auch belegt ist (vor allem wegen der wenigen Fälschungen, aber wichtiger noch wegen der Eingriffe in Grundrechte).

        Nicht etwa diejenigen, die in ihren Grund- und Menschenrechten eingeschränkt werden, müssen begründen, warum ihnen das nicht gefällt. Sie stehen jedem Menschen einfach zu, er muss sich dafür nicht rechtfertigen oder entschuldigen. Der Mensch ist auch nicht etwa weniger wert, wenn er sie einfordert – im Gegenteil. Rechtfertigen und übrigens auch sinnvoll begründen müssen es diejenigen, die massenhaft und anlasslos Körperdaten speichern wollen und damit in seine Rechte und wie hier in Rechte von Millionen Menschen eingreifen.

        Das verquere Sicherheitsdenken, das sich offenbar wie eine Krankheit ausbreitet, tendiert zum Totalitären. Es ist seine Natur. Damit darf man sich nicht abfinden.

        1. Ich begründe eine sinnvolle Nutzung von Fingerabdrücken wie folgt:

          Merkmale wie Foto, Religion, Geschlecht, Alter etc. sind nicht so gut geeignet einen Menschen zu identifizieren, wie Fingerabdrücke. Demnach würde ich mich für weniger Daten, die Rückschlüsse auf dein persönliches Leben zulassen, einsetzen.

          D.h. keine DNA speichern, denn daraus lassen sich viel zu viele Details über eine Person ableiten, die mMn. nur wenige Leute was angehen, wie Gesungheitsrisiken, Familienstammbäume und anderes. Aber wir sollten auf der anderen Seite dafür auch etwas sparsamer sein mit Dingen wie Religion, Geschlecht, Wohnort. Denn die können sich ändern, und sind daher für die Identifikation ungeeignet und darüber hinaus mit einfachen Mitteln gegen uns zu verwenden.

          Aber was sagt ein Fingerabdruck über uns aus? Nichts, außer dass wir wir sind. Und darum geht es doch bei der Identifikation. Aus dem Fingerabdruck kann keine Versicherung ein erhöhtes Unfallrisiko ableiten und dich dann mehr zahlen lassen, noch kann Google damit angepasste Werbung schicken, auch Hautfarbe ist nciht im Fingerabdruck enthalten.

          Ich freue mich nicht über die massenhafte Speicherung von Daten. Ich WÜRDE mich aber freuen, wenn weniger gefährliche Daten und statdessen weniger und andere sinnvolle Darten verwendet/gespeichert werden würden. Und da finde ich die Fingerabdrücke eine gute Idee (basierend auf meinem derzeitigen Wissensstand).

          Die Umsetzung ist ja wie du und der Artikel beschreiben Murks, dem stimme ich absolut zu. Aber das ist mMn. nicht die „Schuld“ der Fingerabdrücke.

          Unter der Vorraussetzung, dass wir ein gutes Interesse daran haben, Menschen zu identifizieren, z.B. bei Einreise, beim Arbeitsamt, oder vor einer Operation: Welche Daten sind denn deiner Meinung nach gut und sinnvoll und sicher zur Identifikation?

          1. Es macht die verpflichtende Abgabe von Fingerabdrücken noch nicht sinnvoll, wenn andere Merkmale noch schlimmer wären. Die Geeignetheit ist auch nur ein sekundäres Argument, da schließlich zuerst die Frage im Raum steht, in welchem Verhältnis die Maßnahme, die faktisch Millionen Menschen betrifft, zu den Grundrechten dieser Betroffenen steht. Zu dieser Verhältnismäßigkeit würde auch die Frage gehören, welches „gute Interesse“ denn überwiegt. Nur weil ein biometrisches Merkmal zur Identifikation geeignet sein könnte (was ich nicht unterschreiben würde), kann man diese Abwägung nicht ignorieren.

            Wir identifizieren übrigens Menschen bei der Einreise, auf dem Arbeitsamt und im Krankenhaus heute sehr erfolgreich, jeden Tag millionenfach (und mit hohem Aufwand, der auch zuweilen in Sicherheitstheater ausartet).

          2. @Rainer Datenschutz,

            meine Fingerabdrücke sind verfälscht, mein Pass Bild habe ich nachbearbeitet!
            Anhand meines hinterlegeten (biometrisierten) Passfotos bin ich nur für Menschen identifizierbar!
            Meine Fingerabdrücke sind nicht lesbar/verwertbar.
            Wenn ich das als 08/15 Bürger kann, was kann dann ein Profi-Terrorist?
            Wem nützt dann diese Sammlung von biometrischen Merkmalen von unwissenden Bürgern?

            Den Diensten nutzen sie, sie können so z.B. echte Identitäten missbrauchen und unschuldige Menschen (z.B. Dissidenten oder politische Gegner) in den Knast bekommen, obwohl sie nichts getan haben!
            Der Nachweis für die real aber von Tätern mit gefälschter Identität verübten Taten, erfolgt dann über den sogenannten biometrischen „Fingerabdruck“ und der verweist dann auf die reale Person, dem der Abdruck gehört, nicht?
            Gut für unsere Regierung, wenn es ein unliebsamer „Protestantenführer“ wäre, der mit diversen Eingaben beim Bundesverfassungsgericht hin und wieder mal einige Gesetze torpediert!
            Es geht hier nicht um Terroristen, sondern Querulanten, die Identifiziert und gesellschaftlich Eliminiert werden sollen!

      2. Wie naiv bis Du denn??
        Schau Dir mal bitte die Dokumentation „Pässe für Kriminelle“ an, findest Du unter anderem in der ARD Mediathek, danach unterhalten wir uns mal. Es ist kinderleicht einen Finkerabdruck zu diplizieren, selbst der Irisscan ist kinderleicht zu manipulieren.
        Bitte anschauen und wir reden dann nochmal.

        Lieben Grüße

        1. Rainer Datenschutz sagt:
          15. November 2018 um 19:49 Uhr
          „Aber was sagt ein Fingerabdruck über uns aus? Nichts, außer dass wir wir sind. Und darum geht es doch bei der Identifikation. Aus dem Fingerabdruck kann keine Versicherung ein erhöhtes Unfallrisiko ableiten und dich dann mehr zahlen lassen, noch kann Google damit angepasste Werbung schicken, auch Hautfarbe ist nciht im Fingerabdruck enthalten.“

          Mal abgesehen von der schon in den anderen Antworten erwähnten Unzuverlässigkeit von Fingerabdrücken (und ja: selbst DNA lässt sich verfälschen, frag mal Archäologen was die für Probleme mit dem Zeug haben), lässt ein Identifikationsmerkmal das auf dich als Subjekt schließen lässt, sich ganz wunderbar verknüpfen mit deinen restlichen Daten, zum Beispiel denen die du durch deine digitalen Fingerabdrücke im Netz hinterlässt.
          Und schwupps ist deine Aussage negiert!

      3. Um mich als mich zu identifizieren, braucht es aber keinen noch so teuren Personalausweis. Das Ding sollte man ausgestalten wie einen Führerschein und ab 9 Euro verhökern (siehe Luxemburg), dann würde das Dokument einen Sinn ergeben. So muss ich immer mit meinem (sehr unhandlichen) Reisepass herum laufen.

        1. Wer gerne Krimis schaut wird mühelos erkennen, dass sich die nun folgenden Szenarien grundsätzlich von einander unterscheiden:

          1. Ein Tatort wird kriminaltechnisch auf Fingerabdrücke untersucht. Da es keine Datenbank gibt, können die Funde erst später mit denen von möglichen Tatverdächtigen verglichen werden.

          2. Ein Drogenermittler findet Kokain bei einer Hausdurchsuchung.

          Frage: Bei welchem Szenarium ist eine Beweiskraft gegeben?

  2. Schritt für Schritt in die digitale Leibeigenschaft.
    Könnt ihr nicht noch 30 Jahre warten, dann bin ich wahrscheinlich tot und ihr könnt dann gern das Mittelalter wieder aufziehen lassen.

  3. So langsam schafft es die EU mich davon überzeugen, dass ein Dexit vielleicht doch gar keine so schlechte Idee wäre. Es sind nicht nur die Fingerabdrücke, auch die Urheberrechtsreform und zahllose andere Bevormundungs-, Gängelungs- und Überwachungsgesetze.
    Oder sollte man solche Vorgaben der EU in Deutschland schlichtweg ignorieren sollte, und die Bußgelder einfach in Kauf nehmen? Freier Warenverkehr, offene Binnengrenzen und die Freizügigkeit aller EU-Bürger finde ich gut, aber ich sehe es immer weniger ein, das an eine Politik-Union in Form eines Mega-Staats zu koppeln.

    1. Ich fürchte die BundesreGierung würde das genauso machen. Vielleicht sogar auch DNS und andere Merkmale in die Ausweise mit aufnehmen. MfG Linksabbieger

    2. ein Jeder, der sich hier und anderswo, ueber „die Europaeische Union“ erzuernt, moege sich doch im Vorfeld mit den Gremien, deren Zusammensetzungen und Zustaendigkeiten befassen (um zu begreifen, dass selbstverstaendlich die nationalen Regierungen die Faeden fuehren). Die Europaeische Union ist nicht ein fuer sich stehendes Organ, das mehr oder minder sinnvolle Gesetze oder Gesetzesvorlagen erstellt und erlaesst, sondern stets die Repraesentans der nationalen Regierungen. Das Europaparlament ist demokratisch legitimiert aber ein zahnloser Tiger. Der Europarat und andere Gremien sind fuer Formulierungen und Initiativen verantwortlich. Und obgleich derlei Gestze soeben von nationalen Regierungen in europaeischem Kontext „erlassen“ wurden, erklaeren diese „ihren“ Buergern dann die nationale Umsetzung durch Vorgaben aus Bruessel fuer die man selbst nichts kann…
      Schauen Sie sich die Arbeit besonders der deutschen und franzoesischen Ratsmitglieder an, denken und verstehen Sie.
      Die Europaeische Union ist so wichtig und gut wie immer; sie ist nur vor Jahrzehnten von Verkrustungsapparatschiks verraten worden.

  4. Man spürt den zunehmenden Druck des rechten Denkens. Wie europabegeistert waren wir noch vor 30 Jahren – und was ist aus der EU geworden …

    Sie hätte die Union der Bürgerrechtsstaaten werden können.

  5. Da fühlt sich mancheiner schon etwas gegängelt von der eigenen und der „übereigenen“ Regierung. Unangenehmer wird das Gefühl, wenn diese Pflichten nicht für alle gelten sollten.

    Fingerabdrücke sind immernoch eine gute, weil biologischer und nicht invasive Methode, die Identität einer Person festzuhalten. Und Fingerabdrücke geben keine Infos über die Meinung zu Religion, Politik, sexueller Orientierung, Kaufverhalten, Aufenthaltsort etc. „Festhalten“ deshalb, weil man sich nicht auf die mündlichen Identitätsangaben von Personen verlassen kann und weil man die Fingerabdrücke nicht ohne Amputation verlieren kann. Und was ist schon Papier wert, welchem man nicht vertrauen kann (Spielgeld, Ausweispapiere von Robonia ;)

    Solange diese Fairness, dass von allen Fingerabdrücke lückenlos aufgenommen werden, die sich in Europa oder Deutschland aufhalten, gewahrt bleibt, kann ich mir vorstellen, dass viele mit diesem Kompromiss aus Identifizierbarkeit, Fairness und Datenschutz (es ist wie ein Passfoto, nur dass man sich nicht verkleiden kann) gut leben können.

    1. Warum irritiert es mich, dass Daten, die bisher nur von Verbrechern erfasst wurden, jetzt von allen erfasst werden sollen?

      1. Gute Frage, müsste man mal zusammen drüber nachdenken und sich austauschen!

        Recht, Rechte und vorallem Privilegien einzufordern bedarf Identifikation, z.B. das Privileg Arbeitslosengeld oder Rente zu erhalten, nur nachdem man nachgewiesen hat, dass man a) eingezahlt hat und b) auch diese Person ist.

        Vielleicht liegt die Irritation nur darin begründet, dass weil das Negative (Verbrecher) mit Fingerabdrücken verbunden ist?

        Nehmen wir mal einen mehr oder minder willkürlichen Querschnitt durch Daten, mit denen jeder (ordentlich gemeldete, jeder der Job oder Familie und Besitzt zu verlieren/verwalten hat) in Deutschland registriert wird:
        Wohnort, Geburtsort, Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Religion, später auch Bild im Perso oder Pass oder Führerschein. Alles relativ uneindeutige Eigenschaften, wobei das Foto noch relativ brauchbar ist für ein paar Jahre, all der andere Rest ist eine reine papiergebundene, unpersönliche und somit ohne Vertrauen in die Quelle wertlose Identifikation.

        Wieso sind Fingerabdrücke an sich schlimmer oder anders als Geburtsdatum oder ein Bild?

        Ich verstehe schon den Punkt, dass man (auch ich) gerne Herr oder Frau über seine Informationen sein möchte. Und Fingerabdrücke können mich sehr gut identifizieren, zu meinem Nachteil (ich könnte überführt werden). Oder sie können geklaut, dann gefälscht, oder einfach in Dateien vertauscht werden. Aber man kann mich nicht fälschen, und ich kann meine Fingerabdrücke nicht fälschen, im Gegensatz zu verfälschen, wie haare blondieren, Bart wachsen lassen, Kopftuch oder Mundtuch, Sonnenstudio, Schönheits OP usw.

        Aber im Gegensatz zu den anderen „persönlichen“ Daten wie Name, Wohnort, Geschlecht, Alter, Religion etc. können Fingerabdrücke nicht für Werbung, Spam, Social Engineering Fishing Attacken (iPhone Sperre mal ausgenommen), Diskriminierung, Stalking oder ähnliches misbraucht werden, zumindest auf meinen ersten Blick. (Plausible Gegenbeispiele wären hier ein guter Grund, dass ich meine Position überdenke)

        Also wenn die Irritation nur dadurch zu Stande kommt, dass Fingerabdrücke mit Verbrechern in Verbindung gebracht werden, weil sie nur von diesen Leuten abgenommen wurden, dann könnte man argumentieren, dass es nicht die „Schuld“ des Fingerabdrucks ist.

        Ich empfinde es momentan so: Lieber die Fingerabdrücke in einer zentralen Datenbank zur Identifikation aufm Amt, bei der Verkehrskontrolle, am Flughafen, beim der Agentur für Arbeit, und dafür weniger von anderen persönlichen Daten wie Wohnort, Name, Religion usw. Wenn man meine Fingerabdrücke klaut, dann kann man damit weit weniger Schindluder treiben, als wenn man all die anderen Daten hat. Ich glaube (bitte um andere Sichtweisen!), dass Fingerabdrücke alle Leute eindeutiger identifizierbar machen (vom Flüchtling, Lehrerin, über den Kohlekumpel, bis hin zur Verbrecherin) und viel Identitätsmisbrauch verhindern können, und dabei kaum oder garkeinen zusätzlichen Misbrauch ermöglichen.

  6. Fingerabdrücke zur Sicherung der Ausweisdaten?
    Wo ist dazu die Präevaluation, dass es nötig sein könnte.
    Gibt es wirklich ein signifikantes Aufkommen von nicht erkennbaren Fälschungen europ. Ausweise? Ließe sich damit, in der Abwägung einer Notwendigkeit der Bechränkung, die Einschränkung der Persönlichkeitsrechte zwingend rechtfertigen?

    So weit ich weiß sind (zumindest deutsche) Ausweise nur mit sehr hohem Aufwand zu fälschen. Wer diesen Aufwand betreiben kann, der kann auch signierte Fingerabdrücke passend implementieren.
    Zur Not findet sich sicher ein Weg „Fälschungen“ als Original an der Quelle zu bekommen (wie schon immer).
    Davon auszugehen, dass es hier keine offiziellen Prozeduren gibt (die unter anderem eine Registrierung des Prozesses unterbinden), hieße zu sagen alles Dienste des Staates verzichten gänzlich auf die Ausfertigung von Zweitidentitäten.

    Mir geht immer mehr das Gefühl ab, ich könnte in den VertreterInnen der europ. Staaten in der EU-Kommission nicht ausdrücklich Gegner der Menschen-, Freiheits- und Persönlichkeitsrechte, vulgo der demokratischen Konstitution des Bundes, erkennen.
    Was die an Maßnahmen einbringen scheint mir in der Gesamtheit weniger der Förderung Demokratischer Kultur in den Gesellschaften, als eher einer Unterdrückung derselben zu dienen.
    Das ausgerechnet die rechten Heuchler, die alles gängeln wollen und von Meinungs- und Handlungsfreiheit einen Dreck halten, dabei nass werden, ist kein Wunder.

    1. Sicherheit und Identifikation sind zwei paar Schuhe.

      Den Fingerabdruck als Sicherung für die Haustür zu nutzen, ist eine andere Sache, als ihn zur persönlichen (in persona) Identifikation z.B. auf dem Sozialamt oder der Führerscheinstelle zu verwenden. Wenn man dort mit einer Wachsnachbildung auftaucht, dann macht man sich verdächtig. Und ein Wachsüberzogener Finger lässt sich auch liecht ausmachen.

      Man würde ja auch nicht seinen Namen, seine Hausnummer oder sein Nummernschild zum Sichern der Haus- bzw. Autotür verwenden :P

  7. Die Politiker sollen zuerst einmal ihre eigenen Fingerabdrücke veröffentlichen.
    Wir zeigen ihnen dann was man damit so alles anfangen kann.

    Was ist wenn die Datenbank einmal gehackt wird?
    Verlieren dann Fingerabdrücke ihre Beweiskraft?

    1. Nee, dann müssen alle eine DNA-Probe abgeben, weil die ist noch viel sicherer!! Und damit die Datenbank nicht nochmal gehackt wird musst du einen Trojaner auf deinem Rechner installieren. Und wenn du das nicht machst, dann können sie dich aber trotzdem noch anhand deiner Fingerabdrücke identifizieren und wegsperren. So wenig Beweiskraft haben die ja auch wieder nicht!

      1. Sicherheit und Identifikation sind nicht das gleiche. Fingerabdrücke dienen der Identifikation. Dass man sie für Sicherheitsdinge verwendet, ohne zu checken, dass die Fingerabdrücke „lebendig“ sind, ist halt… unsicher.

  8. Indien ist doch das mahnende Beispiel. Gehackte Datenbanken. Zigfach schlimmer als ein übernommener FB-Account.

    1. All die Daten im Perso oder auf Facebook (Foto vorerst mal außen vor) können nicht eindeutig zu einer Person zugeordnet werden, selbst wenn sie direkt vor dir steht. Das Bild, nunja, schon etwas eindeutiger, aber mit Schminke, Masken oder 40 Jahren oder Kilogramm mehr, dann passt auch das nicht mehr zur Person vor dir.

      Aber Fingerabdrücke sind schwer zu fälschen, wenn die Person direkt vor dir ist. Nen Fingerabdruckhandschuh ließe sich leicht erkennen. Auf der anderen Seite, was sagen die Fingerabdrücke über dich au? Nix!

      Aber all die anderen Daten im Perso oder Facebook, damit denen kann man schon einiges anfangen, Alter, Wohnort, Foto(!), Geschlecht, Religion, politische Kommentare, etc.

  9. Vielleicht geht das dabei auch um Terroristenschutz.
    Bisher mussten die immer einen gültigen Ausweis am Tatort verlieren.
    Fingerabdrücke kann man schneller reproduzieren.
    Bei den Ausweisen hat das immer Tage gebraucht bis man sie im Lastwagen gefunden hat.

  10. Jetzt mal eine ganz praktische Frage: Wenn man sich bei der Beantragung des Persos weigert, die Abdrücke abzugeben: Wird man dann eingebuchtet, um die Abdrücke per Zwang nehmen zu können?

    1. Fairer Weise müsste die Frage lauten: „Wenn man sich bei der Beantragung des Persos weigert, eine zur Identifizierung durch andere (und nicht einen selbst) geeignete
      – Abdrücke
      – Passbilder
      – Geburtsurkunde
      – Adresse
      – Geschlechtsangabe
      abzugeben, wird man dann eingebuchtet, um all das per Zwang nehmen zu können?“

      Zumindest kann man Fingerabdrücke nicht erfinden, nach Belieben ändern, verlieren etc., und sie verraten keine Infos über dich, mit denen bei einem Datenbankeinbruch eine Gefahr aus dem Internet droht (Social Engineering Fishing, Spam oder Werbung basierend auf deinen Fingerabdrücken).
      Und wenn man die Fingerabdrücke zur Identifikation der Person in persona checkt, dann ist es ein leichtes die Finger nach Falsche-Fingerabdruck-Kappen zu untersuchen (Genauso wie z.B. Sonnenbrille, Skimaske, Hut, Burka etc. ablegen, um Augen- oder Haarfarbe abzugleichen).

  11. Ich finde man sollte mal ein vollkommen transparentes Pilotprojekt starten.
    Ein großes umzäuntes Gebiet mit Wohncontainern, Einkaufscontainern, Ämtern in Containern usw. in dem ein paar Hundert Menschen aller sozialer Schichten für 1 oder 2 Jahre leben.
    Dort gelten dann all die Überwachungs- und Scoringsgesetze wie in China Beispielsweise, alles was ein Mensch tut wird überwacht und kontrolliert.
    vielleicht auch am besten das Gebiet in zwei Teile teilen, in dem einen wird die Bevölkerung überwacht die Überwacher aber nicht, in dem anderen wird JEDER überwacht, also auch die Überwacher.
    Alle Informationen über eine Person sind jederzeit für jede andere Person einsehbar.
    Am Ende werden alle Vor- und Nachteile wissenschaftlich ausgewertet und die Ergebnisse natürlich der Öffentlichkeit vollständig zur Verfügung gestellt.
    Erst dann kann sich eine Meinung in allen Bevölkerungsschichten darüber bilden was ein solches System bedeutet.

      1. Das ist doch jetzt Quatsch tuxnix.
        Es geht mir eben um ein Gelände auf dem jeder so lebt wie jetzt auch, nur eben mit völliger Informationsfreiheit (bei dem Modell 2 wo auch die Überwacher überwacht werden, also jeder ist Überwacher und wird überwacht).
        Das das Gelände umzäunt ist dient jetzt ja nur der Abgrenzung von den umliegenden Gebieten wo diese Regelungen nicht gelten (da sind keine Kameras etc.)

        1. Ich gebe zu, dein „Modell“ unterscheidet sich von einem Panopticon dadurch, dass jeder der Überwacher aller anderen ist. Es würde eine totale Transparenz herrschen die jeden in jedem Moment einbezieht. So sehr ich ein solches Experiment aus ethischen Gründen ablehne, so sehr erscheint mir interessant die Vorstellung eines solchen Systems gedanklich einmal näher zu betrachten.
          Viel zu oft wird vor der Verletzung der Privatsphäre gewarnt, ohne näher reflektiert zu haben, was Privatsphäre bedeutet und für was sie individuell und gesellschaftlich wichtig ist. Wir haben eher ein instinktives Gefühl davon, welchen persönlichen Angriffen und Unsicherheiten wir ausgeliefert sind, sollte unsere Privatsphäre einmal von den falschen Leuten bzw. Interessen verletzt werden. Dabei fürchten wir die Blicke des Nachbarn immer noch viel mehr, als die eher abstrakt erscheinende Speicherung unseres Sufeverhaltens.

          Was passiert aber mit dem Individuum und aus was besteht dann jenes Gebilde, das wir Persona nennen, sollte einmal kein Unterschied zwischen öffentlichen und privatem Raum mehr bestehen? Ist eine total transparente Gesellschaft denn überhaupt möglich?

  12. Worum geht es ? Um die kriminaltechnisch, eindeutige Erfasssung der Menschheit.
    Und warum geht das heute ? Weil wir es elektronisch erfassen können und in Datensystemen speichern, auf die ein priveligierter Personenkreis Zugriff hat.

    Wir haben doch jetzt über die Frage der Freiheit / Würde des Menschen zu beurteilen, was notwendig und ausreichend ist, einen Menschen zu identifizieren.

    Da stellen wir doch fest, es reicht die Adresse.

    Da stellen wir auch fest, dass offensichtlich der Fingerabdruck dazu dienen soll, den dazugehörigen Mensche zu finden, weil sein Fingerabdruck an dem Ort X gefunden wurde.
    Ist DAS tatsächlich notwendig ?

  13. „Bisher erhielt das Thema öffentlich wenig Aufmerksamkeit. Gut möglich, dass auch das Parlament den Vorschlag bald durchwinkt – und in ganz Europa die Pflicht zu Fingerabdrücken in Ausweisen verpflichtend wird.“

    Richtig krassss.
    Sind die wirklich schon so weit, dass die Krinimalforensik -Fingerabdrücke- in den Personalausweis für alle zwangseinführen?
    Damit würden sie sich das wachsende Misstrauen, was man solchen Organisationen/Personen gegenüber empfindet, mehr als verdienen.

  14. An alle Befürworter, die gerne sagen, Sie hätten nix zu verbergen. Am Ende geht es um die Gesamtrechnung, schleichend werden typischerweise von konservativen/rechten Regierungen Eingriffe in die Grundrechte durchgesetzt bzw. in die öffentliche Diskussion geschoben.
    Dabei wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen: Selbst die Bundesregierung bestätigt, dass derzeit die Ausweise Ihren Zweck erfüllen; Klauen der Identität ist kaum ein Thema.
    Also, was soll das dann? Aktionismus oder eine Strategie der Ultrarechten bzw. Neu-Nazis?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.