NPP157: Die Zukunft des Datenschutzes

Wohin entwickelt sich der Datenkapitalismus nach dem Skandal um Facebook und Cambridge Analytica? Wirkt die DSGVO? Was ist vom Vorschlag eines Dateneigentums und der Datenethikkommission zu halten? In einem Rundumschlag haben wir mit Florian Glatzner, Frederike Kaltheuner und Wolfie Christl über die wichtigsten Datenschutzthemen des Jahres gesprochen.

Mancher Datenkonzern träumt wohl von einer goldenen Zukunft. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Joshua Sortino

Der Datenkapitalismus ist weiter auf dem Vormarsch: Während Bundeskanzlerin Angela Merkel die Menschen zu mehr Freizügigkeit mit ihren Daten auffordert und eine Neuordnung des Datenrechts anstrebt, kommen immer neue Nachrichten über Leaks, Sicherheitsprobleme und Datenmissbrauch an die Öffentlichkeit. Persönliche Informationen und digitale Profile sind heute mehr denn je handelbare Waren. Daran gibt es viel Kritik, in den politischen Debatten um Datenschutzregulierung ist die digitale Zivilgesellschaft jedoch kaum zu hören. Im neuen Netzpolitik-Podcast dreht sich deshalb alles um die Frage: Was tun für die Zukunft des Datenschutzes?

Mit Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband, Frederike Kaltheuner von Privacy International und dem Wiener Überwachungsforscher Wolfie Christl konnte ich für das Gespräch drei ausgewiesene ExpertInnen gewinnen. Aufgezeichnet haben wir den Podcast am Rande unserer diesjährigen Netzpolitik-Konferenz. Der Skandal um Facebook und Cambridge Analytica lag damals ein halbes Jahr zurück. Zum Einstieg reflektieren wir deshalb die Frage, was sich seitdem eigentlich getan hat – in Deutschland, Europa und weltweit: In den USA haben die Enthüllungen beispielsweise tatsächlich Bewegung in die Debatte um die Regulierung des Datenkapitalismus gebracht und plötzlich wurden sogar Datenschutzgesetze möglich. In der Bundesrepublik hat sich die öffentliche Erregung jedoch recht schnell gelegt, nachdem klar wurde, dass kaum Deutsche betroffen sind.

Datenschutzgrundverordnung und ePrivacy-Richtlinie

In einem großen Themenblock nehmen wir uns dann die Datenschutzgrundverordnung in all ihren Facetten vor: Wo liegen die Chancen dieses datenschutzrechtlichen Meilensteins? Welche Probleme mit der Umsetzung und der Information über die neuen Regeln gab es? Wie hat all das zu dem denkwürdigen Diskurs in Deutschland geführt, bei dem es kaum noch um Datenschutzrechte, sondern vor allem um Pflichten geht? Wie sind die Kraftproben der großen Datenkonzerne bei der (Nicht-)Umsetzung der DSGVO zu bewerten und wie stark sind die Aufsichtsbehörden? Welches Potenzial liegt in der kollektiven Rechtsdurchsetzung durch NGO-Klagen? Um welche Fragen werden jetzt die wichtigsten juristischen Schlachten geschlagen?

Nach einem kurzen Abstecher zu der seit mehr als zwei Jahren verhandelten Reform der ePrivacy-Richtlinie, deren Verabschiedung unter dem Dauerlobbyfeuer der Trackingindustrie derzeit in weiter Ferne scheint, geht es dann um den größeren Kontext: Diskriminierung bei Scoring, algorithmischen Entscheidungsverfahren und Künstlicher Intelligenz; Probleme mit Monopolen und Marktmacht; Machtverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern; Big-Data-Analysen bei Polizei und Verwaltung. Mit dem Datenschutz allein lassen sich diese Probleme nicht lösen.

Acht Empfehlungen für eine bessere Datenzukunft

Über die Themen Dateneigentum und Datenethikkommission kommen wir am Ende dieses diskursiven Rundumschlags dann tatsächlich zu acht konkreten Empfehlungen, die alle angehen, denen an einer grundrechtsfreundlichen Datenzukunft gelegen ist:

  • Die Datenschutzgrundverordnung mit Nachdruck durchsetzen.
  • Die Aufsichtsbehörden stärken.
  • Eine starke ePrivacy-Verordnung verabschieden, die die digitale Kommunikation schützt.
  • Marktmacht und Wettbewerbsfragen stärker in den Blick nehmen und mit der Datenschutzdebatte verknüpfen.
  • Diskriminierungsprobleme bei algorithmischen Entscheidungsverfahren und KI auch jenseits von Datenfragen regulieren.
  • Die Auswirkungen der Datenökonomie auf marginalisierte Gruppen stärker in den Blick nehmen.
  • Die Nutzung von Daten für das Gemeinwohl fördern.
  • Forschung in Anonymisierungstechniken intensivieren.

Den gesamten Netzpolitik-Podcast mit Florian Glatzner, Frederike Kaltheuner und Wolfie Christl zum Nachhören gibt es hier:


Hier ist der Netzpolitik-Podcast #157 zur Zukunft des Datenschutzes als mp3-Datei zum Download.

Alternativ bieten wir den Netzpolitik-Podcast auch als ogg-Datei zum Download.

3 Ergänzungen

    1. +1
      Nutze „Overcast“ auf iOS (12.1) – Die einzelnen Folgen werden zwar angezeigt, lassen sich mit Overcast aber nicht abspielen.
      Mit der Apple „Podcast“ App funktionierts, allerdings scheint am feed doch etwas krumm zu sein.

      danke! :)

  1. Man könnte das unter jung und naiv abbuchen. Der „Staat“ schützt niemanden. Beispiel:
    https://www.heise.de/security/meldung/Verschluesselung-Europaeischer-Abhoer-Standard-veroeffentlicht-4220967.html
    Die Frage ist, wie schützt man sich selbst vor solchen Konsorten:
    https://www.heise.de/newsticker/meldung/Neuer-Verfassungsschutzchef-fordert-Zugriff-auf-verschluesselte-Kommunikation-4223818.html
    Noch weitere Fragen zum „Staat“? Diese zum Beispiel
    https://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesregierung-plant-offenbar-Massenueberwachung-bei-Diesel-Fahrverboten-4221457.html
    Und solche Typen wundern sich wirklich, dass ihre „Parteien“ bei Wahlen zweistellig verlieren?

    Es kann überhaupt nicht um „Gesetze“ oder „Regulierung“ gehen, sowas kümmert niemanden. Dass irgendein Datensauger aktiv ist, muss man erst mal beweisen. Die im podcast angesprochenen „Strafen“ in UK hatten nicht einmal symbolischen Wert. Die zahlt die Sekretärin vom Zuck aus der Kaffeekasse.

    Also ist es besser den Leuten zu zeigen, wie man solche Schnüffelei verhindert oder vermeidet. Z.B. indem man Facebook nicht nutzt. Das reicht heutzutage nicht ansatzweise. Also Aufklärung über die Methoden des Trackings und deren Verhinderung. Das, was so unter „Digitaler Selbstverteidigung“ läuft.

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