Berliner Datenschutzbehörde startet Aufklärungswebsite für Grundschulkinder

Wie können Kinder einen mündigen Umgang mit persönlichen Informationen in einer datafizierten Welt erlernen? In Berlin künftig mit „Kräppel, dem Cookie“ und „Helmine von und zu Privatus“. Die Roboter-Charaktere sind Teil eines neuen Bildungsangebots der Landesdatenschutzbeauftragten für Grundschulen.

Mit dieser Roboterfamilie sollen Berliner Grundschulkinder für Datenschutzfragen sensibilisiert werden. Screenshot: data.kids.de

Auch für Kinder wird das Internet zunehmend zu einem immer relevanteren Lebensraum. Die Internetnutzung von Kindern nimmt laut der KIM-Studie 2016 [PDF] stetig zu, auch wenn das Wachstum moderater ausfällt, als man vermuten könnte. Während 2008 noch 59 Prozent der befragten Sechs- bis Dreizehnjährigen angaben, das Internet (mindestens selten) zu nutzen, waren es 2016 dann 66 Prozent. Bei Sechs- und Siebenjährigen fiel die Nutzungszunahme am stärksten aus, von 20 Prozent auf 35 Prozent.

Um so wichtiger ist es, ihnen einen mündigen Umgang mit Kommunikation und Daten zu ermöglichen. Gute Angebote dafür sind aber selten, Eltern häufig überfordert. Diese Lücke möchte nun die Berliner Datenschutzbehörde schließen. Auf der Webseite www.data-kids.de sollen Grundschulkinder ab heute gemeinsam mit Roboterfiguren die Welt des Datenschutzes erkunden können. Gedacht ist das Projekt in erster Linie für die gemeinsame Bearbeitung in Grundschulklassen.

Materialien für Eltern und Lehrkräfte

Maja Smoltczyk, die Berliner Beauftrage für Datenschutz und Informationsfreiheit, erklärt dazu in einer Pressemitteilung:

Kindern ist häufig nicht bewusst, worum es beim Datenschutz überhaupt geht. Unsere neue Webseite www.data-kids.de ist daher ein erster wichtiger Schritt, um Kindern im Grundschulalter das nötige Wissen zu vermitteln, damit diese künftig souverän und verantwortungsvoll mit den eigenen Daten umgehen können.

Unter www.datenschutz-berlin.de/medienkompetenz.html sind zudem weiterführende Informationen für Eltern und Lehrkräfte verfügbar.

Namenssuche für Roboterkinder

Dass das Angebot bislang tatsächlich nur ein erster Schritt ist, zeigt sich unter anderem daran, dass noch nicht alle Roboter einen Namen haben. Benannt sind unter anderem „Kräppel, der Cookie“ oder „Helmine Rautgunde Adelrun von und zu Privatus“. Im Rahmen eines landesweiten Schulwettbewerbs [PDF] können Klassen der Jahrgangsstufen drei und vier nun Vorschläge für die Namen Kinder der Roboterfamilie einreichen.

Ein Blick auf die Seite zeigt zudem, dass tatsächlich noch nicht all zu viele Inhalte online sind. Neben den Vorstellungen der Roboter-Charaktere sind es ein Datenschutzlexikon und zwei Broschüren zum Thema Cookies und zum Recht am eigenen Bild. Die wiederum enthalten ganz schön viel Text. In Sachen Niedrigschwelligkeit geht also durchaus noch was, wir freuen uns auf das, was hier folgt!

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6 Ergänzungen

  1. So so, Ihr freut Euch „auf das, was hier folgt!“
    Also ich kann Eure Freude gar nicht teilen und bin erstaunt über den unkritischen Bericht.

    Ich sehe auf den ersten Blick mindestens drei Gründe, warum ich Kindern diese Seite nicht zeigen würde:

    1. Der Schutzschirm gegen Viren der rosa Wolke http://www.data-kids.de//#nuri
    wirkt wie eine Werbemaßnahme für die Firma Avira.

    Gedankenspiel: Zeigt Kindern zuerst die rosa Wolke mit ihrem Schutzschirm gegen Viren und dann die Logos von Microsoft Defender, Avira, Kapersky, Norton, McAffee, Avast, AVG und den Tux. Fragt die Kinder dann, welche Firma wohl den besten Schutz gegen Viren bietet…

    Da Avira ein deutsches Unternehmen aus der IT-Sicherheitsbranche ist, liegt der Verdacht nahe, dass hier mittels Logo-Assoziation das Branding bei den Grundschülern angelegt werden soll, und zu diesem Zwecke Materialien an die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gesendet wurden. Da die Illustratorin/ der Illustrator im Impressum nicht genannt werden, könnte das Bildmaterial zur Verfügung gestellt worden sein. Auch das Wording klingt verdächtig nach Marketing… Ich zitiere: „Und ihren treuen Begleiter, den Schutzschirm, hat sie immer griffbereit. Der kann sogar Viren abfangen.“

    Natürlich kann das Branding seit 1988 auch schon so erfolgreich sein, dass die Designer der Figuren und Narrative hier Tempo statt Taschentuch sagen, ohne dies überhaupt zu bemerken. Angesichts der altersbedingt defizitären Medienkompetenz von Grundschülern wäre es jedoch geboten, Informationen zu liefern, ohne die Kinder dabei als künftige Kunden willentlich oder auch unfreiwillig zu beeinflussen.

    2. Schutzschirme und die ganze Schlangenölbranche erweisen sich ja häufig selbst als ein Sicherheitsproblem. Die Informationen der „data-kids“-Seite zu Viren kann ich nicht nachvollziehen. Zumindest auf meinem Computer sind „Programme, die bestimmte Anwendungen auf deinem Computer verändern, zerstören oder löschen können“ nicht etwa Viren, sondern Javascripts und Windows Updates. (Nicht, dass ich Windows benutzen wollen würde – aber da 90% da draußen es unbedingt nutzen wollen, halte ich es als Dualboot aktuell, für den Fall, dass es von Dritten gefordert mal etwas gibt, was GNU/Linux nicht kann bzw. können will.)

    Offenbar wird hier von Seiten der obersten Berliner Datenschützer auch Sicherheit und Privatsphäre in einen Topf geworfen. Dass Viren den Datenschutz gefährden, mag Avira ihnen erzählt haben. Aber den Grundschülern sollte man lieber beibringen, wie man sich als Nutzer sicher verhält, statt Schutzschirm-Illusionen zu erzeugen. Also lehren, wie man seriöse Seiten für Kinder erkennt und dass es böse Seiten und Absichten gibt; wie man Datensparsamkeit lebt, und warum es gut und richtig ist, Geheimnisse zu hüten und im Internet und bei anderen Fremden wenig über sich zu erzählen. Geheimnisse waren ganz früher mal megacool, und wer damals „Harriet: Spionage aller Art“ von Louise Fitzhugh gelesen hatte, weiß seither genau, wie übel es endet, wenn die eigenen Aufzeichnungen in falsche Hände geraten.

    3. Die Seite „data-kids.de“ macht nur Sinn mit eingeschaltetem Javascript. Als ob das alles so ähnlich nur sicherer nicht auch mit Html und Css machbar wäre, hat da jemand mal wieder phantasielos und alternativlos mit 8 Skripten all jene ausgesperrt, die auch schon vor Spectre und Meltdown umatrix mit * * script block oder Noscript das unnötige Zeugs blocken ließen.

    Gerade weil auch ohne Bekanntwerden der CPU-Schwachstellen schon kaum etwas die Privatsphäre so sehr gefährdete wie Javascript, kann ich hier nur zu dem Schluss kommen, dass die ganze „data-kids“-Seite schon jetzt eine einzige Themaverfehlung ist.

    „Wie können Kinder einen mündigen Umgang mit persönlichen Informationen in einer datafizierten Welt erlernen?“ fragt Ingo Dachwitz oben.
    Mein Fazit: Gebt Euren Kindern Harriet oder ähnliche analoge Werke zu lesen, und sie werden sehr viel mehr lernen als auf diesen „data-kids“-Seiten! Bringt Euch und den Kindern Linux Nutzung bei, statt ihnen das Märchen zu erzählen, dass Schlangenöl ihre Daten oder Geräte schützen könnte…

    Und man kann und wird nur schützen, was man bewusst kennen und wert zu schätzen gelernt hat. Das gilt nicht nur für die Natur und Gerechtigkeit, sondern auch für Geheimnisse. Schenkt den Kindern edle Tagebücher und Metallkästlein mit echtem Schloss und Schlüssel. Spätestens, wenn man so ein Buch oder Kästlein hat, will man Geheimnisse haben, hinein geben und hüten wie einen Schatz.

    1. Danke Gretel im Netz für deinen Kommentar. Mir gingen sofort die gleichen Gedanken durch den Kopf. Lasst die Kinder mit der Technik in Ruhe und schickt sie raus zum spielen, unternehmt etwas mit ihnen, redet mit ihnen, spielt mit ihnen, arbeitet mit ihnen (z.B. Haushalt, Werken, Basteln) u.s.w.. Dann gibt es in Zukunft auch keine Probleme mit dem Datenschutz mehr.

    2. Hi, den Hinweis auf die Verwendung von Javascript finde ich richtig, das sollte eine Datenschutzbehörde besser machen. Den Rest inklusive deinem Tonfall kann ich weniger nachvollziehen.

  2. >Lasst die Kinder mit der Technik in Ruhe und schickt sie raus zum spielen, unternehmt etwas mit ihnen, redet mit ihnen, spielt mit ihnen, arbeitet mit ihnen (z.B. Haushalt, Werken, Basteln) u.s.w..
    >Dann gibt es in Zukunft auch keine Probleme mit dem Datenschutz mehr.

    Geht’s noch einen Tick weltfremder?

    @Gretel im Netz: Die angebliche Produktplatzierung von Avira kann ich so nicht nachvollziehen, die Kritik an der Präsentation von „Anti-Viren-Programmen“ an sich und vor allem an der Nutzung von Javascript finde ich berechtigt. Glaube aber, dass die angebotene Website dennoch besser ist, als gar nichts in die Richtung zu machen.

    1. Gar nichts ist besser als eine radikale Fehlerziehung.

      Aber seis gesagt: Solange Asozial-Media legal ist, solange das Soziale zum Kapitalisieren frei gegeben ist, solange werden unsere Kinder diesem Monster begegnen, das sie malträtiert, identitär zerstückelt und die Einzelteile vermietet verpachtet und verhökert an den Meistbietenden.

  3. Die Berliner Datenschutzbehörde wird gewiss ihrer hoheitlichen Aufgabe gerecht und daher selbstverständlich, da Steuerfinanziert, ausschließlich öffentlich-rechtliche Standpunkte vertreten. Sie wird somit unseren künftigen, mündigen Bürgerinnen und Bürgern und Steuerzahlern größtmöglich neutrale, kindgerecht aufbereitete Sachinformation zur Nutzung von Medien und IT-Systemen zukommen lassen. Hierzu gehört, darüber aufzuklären, dass in diesem und vielen anderen Staaten Datenschutz und Privacy nur BürgerInnen, kleineren Körperschaften und mittelständischem Gewerbe abverlangt wird. Keine größere Organisationseinheit, multinationale Firma oder staatliche Stelle muss sich daran halten. Insbesondere US-basierte Unternehmen genießen Sonderstatus. Die Macher klären über diese Asymmetrie auf. Sie klären ebenfalls auf, dass der einzig mögliche, aber marginale Schutz durch ausschließliche Nutzung freier Betriebssysteme und Software, die durch eine große Community peer-reviewed ist, einigermaßen gewährt wird. Sie wird früh über Verschlüsselungstechnik aufklären. Über Datensparsamkeit. Über Diskretion. Sie ist nonkommerziell. Sie wird vor sog. Produkten, Schein-Lösungen und schamanisch-marktschreierischen Lösungen im Sinne einer Kontrollillusion umfassend aufklären. Dies wird selbstverständlich bundesweit einheitlich, ach was, europaweit einheitlich wirken und steht in vielen Sprachen, auch einfacher Sprache, zur Verfügung. Dann wird niemand mehr konditioniert, angefixt, verführt wie etwa von den quietschbunten Bonbon-Apps mit umfassenden spionageberechtigungen. Dann benötigt niemand mehr, ob groß oder klein, sogenannte Antiviren-Apps. Die kleine Behörde wird das also schon richtig machen, davon gehe ich fest aus.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.