Auch über den Wolken dürfen die Preise nicht grenzenlos sein

Je mehr Nachfrage für eine Flugstrecke, desto höher die Preise. Doch welche Faktoren befüttern noch die Algorithmen, die für die Preisgestaltung auf dem Flugmarkt sorgen? Die Lufthansa berücksichtigt auch die Wettbewerbssituation und das Kartellamt prüft, ob die Lufthansa nach der Air-Berlin-Pleite ihr Monopol unangemessen ausgenutzt hat.

Auch über den Wolken dürfen die Preise nicht grenzenlos sein. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Jakob Owens

Nach dem letzten Flug der insolventen Air Berlin hat es nicht lange gedauert, bis Fluggäste die Folgen einer Monopolisierung auf dem Flugmarkt zu spüren bekommen haben. Die Preise zogen spürbar an, da auf manchen innerdeutschen Strecken die Lufthansa quasi konkurrenzlos war – von teilweise 30 Prozent Preissteigerung war schon im November die Rede.

Verwunderlich ist das nicht, denn die Preisgestaltung bei Airlines wird von Algorithmen bestimmt, die je nach Nachfrage und Buchungszeitpunkt andere Preise aufrufen. Doch kann sich die Lufthansa hinter diesem Argument verstecken? Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, bezweifelt das und kritisierte im Dezember gegenüber der Süddeutschen Zeitung:

Solche Algorithmen werden ja nicht im Himmel vom lieben Gott geschrieben.

Das Bundeskartellamt hatte sich entschieden, die Preisgestaltung zu prüfen, nachdem eine ganze Reihe Beschwerden über Deutschlands größte Fluggesellschaft eingegangen waren. Es geht um die Frage, ob die Lufthansa die Marktsituation unangemessen ausnutzt.

Dafür gibt es neue Hinweise: Gegenüber dem Rundfunksender Radioeins äußerte eine Lufthansa-Sprecherin, der Algorithmus beziehe in die Preisstruktur unter anderem „Produkt und Zeitfenster der Flüge, Wettbewerbersituation und Positionierung gegenüber dem Wettbewerber“ mit ein. Das geht über eine bloße Auswertung von Verfügbarkeiten hinaus, rbb24 fasst das zusammen:

Damit gibt die Lufthansa erstmals offen zu, direkt auf die Konkurrenz zu reagieren. Wenn es auf einer Strecke keine anderen Anbieter gibt, wird die Preisstruktur angepasst. Also sorgt nicht nur die höhere Nachfrage bei einem Lufthansa-Flug für höhere Preise – sondern bereits das Fehlen von Konkurrenz.

Die Prüfung des Bundeskartellamts dauert noch an, doch für Kunden zeichnet sich bereits vorher eine Entspannung ab. Da die Billig-Airline Easyjet nun auch innerdeutsche Flüge im Angebot hat, gibt es wieder Konkurrenz. Und die Ticketpreise sind bereits gesunken.

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8 Ergänzungen

  1. Unglaublich! Ein Marktteilnehmer im Kapitalismus handelt nach kapitalistischen Marktmechanismen. Skandal!

  2. @anna: „ob Lufthansa nach der Air-Berlin-Pleite sein Monopol“
    „ob *die* Lufthansa nach der Air-Berlin-Pleite *ihr* Monopol“ :-)

  3. Flüge sind aus umweltpolitischer Sicht sowieso viel zu billig! Eine Flugmeile sollte mindestens das dreifache einer Bahnmeile kosten.

  4. Jeder bezieht in seine Preiskalkulation auch die Konkurrenzsituation mit ein. Warum sollte das nun unzulässig sein, nur weil das halbwegs automatisch passiert. Aber natürlich darf man das anders sehen, wenn man selbst gebühren- oder spendenfinanziert lebt.

    1. Die Ausnutzung eines Monopols bzw schon dessen Entstehung ist ein Marktversagen, das auch nach kapitalistischer Lehre durch den Staat zu regulieren ist.

      1. Genau das ist doch der Punkt. Der Markt hat nicht versagt. Hier nur auf Deutschland zu schauen, greift in der Airline-Industrie zu kurz. Europäisch gesehen war das Verschwinden einiger Marktteilnehmer schon längst überfällig. AirBerlin war schon seit Jahren so defizitär, dass es nur dank einer arabischen Airline überleben konnte, die massiv Geld hineingesteckt hat. Das ist nun vorbei.

        Dabei sind kurzfristig (!) Monopole auf einigen wenigen, innerdeutschen Strecken entstanden, die in den nächsten Monaten wieder verschwinden. (FunFact: Monopol nur, wenn reinen Luftverkehr betrachtet. Auf innerdeutschen Strecken muss man aber Bus und Ban als ernstzunehmende Konkurrenz betrachten).

        Lufthansa hat hier mitnichten gegen irgendwelche Gesetze verstoßen. Wäre das der Fall, könnte ich den Wettbewerbshütern ja zustimmen.

        PS: Marktversagen ist übrigens auch ein zu ruinöser Wettbewerb, der durch ständiges Unterbieten der Preise, Umgehung von tariflichen Kostenstrukturen u.v.a.m. zum Konkurs von sonst gesunden Unternehmen führt. Nur darüber macht sich Otto-Normalflieger natürlich keine Gedanken, wenn er den Flug für 9.99 Euro bucht.

  5. Ein, in der immer schnelleren und automatisierteren Welt, funktionierender Algorithmus, der Angebot und Nachfrage zur Gewinnmaximierung gegeneinanderhält.
    Wie kann dies in der Marktwirtschaft verwerflich sein? Bedarf es nicht eher eines Lobs an die LH?

    (Dies ist ja kein Produkt eines verwerflichen Lobbyismus…)

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