Zivil-militärische Zusammenarbeit: Spionagebehörde ZITiS zieht zur Bundeswehr

Die neue Zentralstelle ZITiS versorgt das Bundesinnenministerium mit digitalen Werkzeugen gegen „Terrorismus, Cybercrime und Cyberspionage“. Die Einrichtung soll mit einem militärischen Forschungszentrum in München zusammenwachsen. Beide Stellen sind Bestandteil der „Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland“.

Plakat aus der Kampagne Digitale Kräfte. Via bundeswehrkarriere.de

Die vergangene Woche errichtete Spionagebehörde ZITiS (Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich) wird auf dem Gelände der Bundeswehr-Universität in Neubiberg bei München angesiedelt. Das teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage von Freiheitsfoo mit. In einer früheren Pressemitteilung des Ministeriums war vom gemeinsamen Standort mit der Bundeswehr keine Rede.

Die ohne besonderem Errichtungsgesetz geschaffene ZITiS wurde zur Entwicklung von „technischen Werkzeugen im Kampf gegen Terrorismus, Cybercrime und Cyberspionage“ ins Leben gerufen. Sie soll die Anstrengungen von Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz zusammenführen. Unter anderem sucht die ZITiS Möglichkeiten, Verschlüsselungstechnologien aufzubrechen oder zu umgehen. Zu den weiteren Aufgaben gehören die Entwicklung neuer Methoden der digitalen Forensik, der Telekommunikationsüberwachung und der digitalen Massendatenauswertung. Auch alle anderen „technischen Fragen von Kriminalitätsbekämpfung, Gefahrenabwehr und Spionageabwehr“ können an die ZITiS delegiert werden.

„Anbindung“ an die Bundeswehr-Universität geplant

Die ZITiS könnte dem Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zufolge in einem späteren Stadium bis zu 400 Stellen umfassen. Laut der Präsidentin der Universität soll die Anlage im Landkreis München zunächst 120 Stellen unterbringen. Für den konkreten Flächenbedarf des ZITiS verhandelt das Bundesinnenministerium jetzt unter anderem mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium. Zunächst sollen Räumlichkeiten der Bundeswehr mitgenutzt werden, später könnten weitere Gebäude angemietet werden. Die Kooperation beschränkt sich aber nicht nur auf die Unterbringung. Die Wahl fiel auf die Bundeswehr, um „Ressourcen und Energien“ zu bündeln und dadurch „Synergie-Effekte“ zu erzielen. Wie die Bundeswehr-Universität ist auch die ZITiS Bestandteil der „Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland“.

Perspektivisch ist sogar die „Anbindung“ von ZITiS an die Bundeswehr-Universität geplant. Eine derartige Verzahnung von Wissenschaft, Sicherheitsbehörden und Nichtregierungsorganisationen an einem Standort sei laut dem Bundesministerium ein „Meilenstein“ im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus.

Mit der ZITiS wird auch das im Aufbau befindliche „Cyber-Cluster“ an der Militäruniversität aufgewertet. Bis zu 120 Bundeswehr-Angehörige werden für einen neu geschaffenen Master-Studiengang gesucht. Das ebenfalls auf dem Campus angesiedelte militärische Cyber-Forschungszentrum CODE wird bis 2022 neue Gebäude in der Universität beziehen. In dem Neubau soll dann auch die ZITiS untergebracht werden. Die beiden Stellen könnten dann gemeinsam an der zivil-militärischen Cyber-Strategie der Bundesregierung feilen.

CSU-Abgeordneter will Strippen gezogen haben

In einer Pressemitteilung zeichnet sich der außen- und sicherheitspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Florian Hahn, für den Zuschlag der ZITiS auf dem Gelände der Bundeswehr-Universität verantwortlich. Zusammen mit den Abgeordneten Reinhard Brandl und Stephan Mayer (beide CSU) habe er den Prozess seit Juni 2016 „vorangetrieben“. Hahn gilt als enger Vertrauter der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie. Report Mainz und der Spiegel hatten im Oktober recherchiert, dass der Abgeordnete im Aufsichtsrat der Firma IABG tätig ist. Der Rüstungsdienstleister ist der Hauslieferant der Bundesregierung für Studien zur Beschaffung neuer militärischer und ziviler Sicherheitstechnologie. Hahn könnte über seine Tätigkeit im Verteidigungsausschuss zu den guten Geschäften der IABG beigetragen haben.

Über den vor vier Jahren in Ottobrunn gestarteten „Bavarian International Campus Aerospace & Security“ kooperiert die IABG unter anderem mit der Bundeswehr-Universität im benachbarten Neubiberg. Auch diese zivil-miltärische Zusammenarbeit geht dem Abgeordneten Hahn zufolge auf seine Initiative zurück. In der ZITiS dürften weitere Aufträge für die IABG winken: In der Vergangenheit hat sich das Bundeskriminalamt bereits Anwendungen zum Data Mining von der IABG vorführen lassen.

10 Ergänzungen

    1. Also, ehe es jetzt zu Mißverständnissen kommt:
      Muß ich eine Absicht unterstellen?
      Ich frag ja lieber nochmal…

  1. „Sie soll die Anstrengungen von Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz zusammenführen.“
    Nach dem Trennungsgebot muß man wohl inzwischen nicht mehr fragen?!

  2. Hallo Herr Monroy

    Diese Ankündigung bestärkt meinen Verdacht, dass mit ZITiS auch eine Lücke bei der Bundeswehr selbst geschlossen werden soll. Einerseit soll laut Aufbau-Bericht zum Cyber-OrgBereich und nachfolgend auch dem Weißbuch die BW zwar verstärkte Fähigkeiten, auch explizit zum “offensiven Wirken in allen Dimensionen” erhalten. Andererseits fehlt in den Cyber-Planung völlig die Angabe, woher das dafür nötige Know-How und insbesondere die dafür nötigen Hilfsmittel kommen sollen. Von der CNO-Einheit wird bislang ja nur verlautbahrt, dass diese trainiert. Von der für offensive Aktivitäten notwendigen Entwicklung eigener Hacking-Tools oder gar dem Einkauf von ggf. nötigen Exploits und anderer Hilfsmittel fehlt im Bericht jede Spur. Meines Wissens nach ist das für die Bundeswehr auch unter dem Aspekt der Beschaffung potentiell offensiv einsetzbarer Hilfsmittel schwierig (bspw. PEN-Testing-Software). ZITiS wäre möglicherweise genau die nötige Brücke um der Bundeswehr im Bedarfsfall solche Mittel zur Verfügung zu stellen bzw. diese verfügbar zu halten. In den USA sieht man ein solches Zusammenspiel ja bspw. zwischen der NSA und dem US Cybercommand.

    Können Sie als Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten einschätzen welche Konsequenzen eine solche Entwicklung mit Blick auf die parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten hätte?

    1. Sind militärische Aktivitäten in Bezug auf zivile Infrastruktur nicht seit der Haager Landkriegsordnung strikt verboten? Ist das Internet militärische Infrastruktur, die es erlaubt, Offensivfähigkeiten zhu entwickeln? Oder scheißen Rüstungskonzerne auf althergebrachte Regeln zur Anwendung von Kriegs- und Menschrechten? Danke!

  3. Es ist naheliegend Kompetenzen zu bündeln. Von den Aussichten auf Erfolg irgendeiner Kompetenz in Richtung der obengenannten Expertisen bin ich nicht überzeugt. Es gibt einfach so viele Methoden diese Cyber-Yetis zu umgehen, dass sie nicht den Hauch einer Chance hätten. Diese ganze Cyberbekriegerei ist einfach Unsinn. Die Allerwenigsten nutzen Verschlüsselung für kriminelle oder gar terroristische Zwecke. Diese Typen werden nicht selten auch ausgesperrt.

  4. Stellen sie sich eine Welt vor in der die Menschen eines Landes sich an einer Revolution versuchen um die Freiheit wiederzuerlangen,eine Entschlüsselungsbehörde in die Tonne werfen wollen,und die steht dummerweise auf einem Militärgelände.

    Armeegeneral Heinz Hoffmann (DDR): „Wer unsere Grenze nicht respektiert…der bekommt die Kugel zu spüren.“

    /watch?v=Db83vKgjoBg

    Bekommen wir auch die Kugel wenn wir uns dazu entscheiden diesen Anti-Demokratischen Überwachungsstaat nicht mehr zu dulden?

    Mit bitten und klugen Argumenten kommen wir ja anscheinend nicht weiter.
    Der Staat hat sich verselbstständigt und bündelt jetzt alles was er hat,auf ein einziges Ziel – unsere letzten Fetzen Freiheit.
    Ohne Privatsphäre und Anonymität,keine Demokratie.Und ohne Demokratie,keine Freiheit.

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