Surveillance under SurveillanceWeltkarte der Videoüberwachung wächst rasant

Weltweit sind jetzt mehr als 50.000 Überwachungskameras erfasst. Seit einem Jahr bündelt das Projekt „Surveillance under Surveillance“ die Erfassung der Kameras. Das hat zu einem regelrechten Boom der überwachungskritischen Kartografierung geführt.

Eine hohe Kameradichte weist die Gegend rund um das Brandenburger Tor und die Straße „Unter den Linden“ in Berlin auf. CC-BY-SA 2.0 OpenStreetMap

Mehr als 50.000 Überwachungskameras sind mittlerweile auf OpenStreetMap und der Weltkarte der Videoüberwachung erfasst. Das geht aus Statistiken hervor, die das Projekt „Surveillance under Surveillance“ veröffentlicht hat.

Von den mehr als 50.000 Kameras wurde fast ein Drittel seit Projektstart im August 2016 erfasst. Dieses Jahr sind es mit Stand August und über 9.000 Kameras schon mehr als im gesamten letzten Jahr. Mehr als ein Viertel der weltweit digital verzeichneten Kameras hängt in Deutschland. Die Zahl sagt aber nicht unbedingt etwas über die Kameradichte in einem Land aus, sondern über eine aktive überwachungskritische Community, die diese kartografiert.

Die steigenden Zahlen zeigen, dass ein gut gewartetes Projekt, eine schicke Aufmachung und vor allem auch Übersetzungen in verschiedene Sprachen international zu einer Aktivierung der Community führen können.

Zahlreiche Projekte unter einen Hut gebracht

Projekte zur Erfassung von Überwachungskameras gibt es schon lange. Viele arbeiteten nebeneinander her. Mit der Fokussierung des Projektes auf die Surveillance-Einträge bei OpenStreetMap können nun die Erkenntnisse zusammengefügt werden. Gleichzeitig entstehen auch lokale Initiativen zur Kartografierung von Überwachung wie beispielsweise an der Yale University. Diese Projekte nutzen „Surveillance under Surveillance“ zur visuellen Unterstützung ihres Protests gegen die immer weiter zunehmende Überwachung des öffentlichen Raumes, sagt Max Kamba, der Initiator des Projektes, gegenüber netzpolitik.org.

Max Kamba weiter:

Es freut mich sehr, dass das Projekt Surveillance under Surveillance, auch wenn es erst einen Bruchteil aller Kameras abbildet, weltweit Anklang findet und von vielen Beitragenden unterstützt wird. Das zeigen die Zahlen und die Mails, die mich seit dem Start der Seite vor einem Jahr erreicht haben. Mein Dank gilt allen, die seit August 2016 fast ein Drittel der mittlerweile über 50.000 Einträge erfasst haben und die Seite weiterempfehlen. In diesem Sinne… MAP ’EM ALL.

Sogar der Blickwinkel der Kameras wird erfasst

Auf der Überwachungskarte ist oftmals ersichtlich, ob es sich um klassische Kameras oder um Dome-Kameras handelt, die rundherum filmen können. Zudem wird erfasst, ob es sich um öffentliche Kameras, um Indoor-Kameras oder um Kameras handelt, die im Außenbereich hängen. Eingetragen werden kann auch der Blickwinkel der Kameras. So entsteht eine detaillierte Karte der mittlerweile fast überall präsenten Videoüberwachung.

Erfasste Videokameras und ihre Blickwinkel in Köln. - CC-BY-SA 2.0 OpenStreetMap

Alle Menschen, die einen OpenStreetMap-Account haben, können weitere Kameras erfassen oder bereits verzeichnete Kameras korrigieren und damit die Karte weiter verbessern. Max Kamba will mit seinem Projekt auch die Arbeit derjenigen würdigen, die fleißig Kameras erfassen, obwohl sie in der regulären OpenStreetMap-Karte nicht angezeigt werden. So entstand die Weltkarte der Videoüberwachung.

Um mitzumachen, muss man sich bei OpenStreetMap anmelden. Wie das funktioniert, steht hier, und an anderer Stelle gibt es weitere Anleitungen. Wer in der OpenStreetMap Kameras verzeichnen möchte, kann dazu den Tag surveillance verwenden. Weitere spannende Details wie Blickwinkel, Kamera-Typ und ob aufgezeichnet wird oder nicht, sind zwar schon seit langem nur „vorgeschlagene“ Eigenschaften, werden aber – sofern vorhanden – von „Surveillance under Surveillance“ abgebildet.

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8 Ergänzungen

  1. Danke für diesen Artikel! Zufälligerweise hat der Chaos Computer Club Aachen morgen eine Mapping Aktion geplant um die stark veralteten lokalen Daten zu aktualisieren.

  2. Ich kenne einige Cams, die noch nicht eingetragen sind, doch leider bin ich ein wenig zu blöd mit den key:values ordentlich umzugehen und die Cams einzutragen. Ich finde es leider auch sehr umständlich. Wenn ich schon nicht dazu komme mir bekannte Cams einzutragen, werde ich es wohl kaum machen, wenn ich zufällig an einer vorbei laufe. *seufz*

    Geiles Projekt aber ein wenig mehr „Klicki-Bunti“ wäre nicht schlecht.

  3. Als nützlich erwiese sich eine kleine App, die per Knopfdruck einen Datensatz mit GPS-Koordinaten erzeugt.

    Steht einem als Überwachungs-Kartografierer eigentlich auch ein Ehrenplatz in der PMK-L Datei zu?

    1. Genau sowas. Dann nur noch per Touchfunktion die Richtung und den Ausleuchtungswinkel einstellen und auf „Absenden“ klicken. Optional sollte man noch ein Foto der Cam + Platzierung mitsenden können. Dann wäre das perfekt!

      Das mit dem Foto fände ich grundsätzlich gut, weil ich habe schon Cams gesucht, die ich trotz Eintrag nicht finden konnte, nur um festzustellen, dass sie sau gut versteckt wurden und natürlich auf die Beschilderung verzichtet wurde…

  4. Erschreckend, aber ein Guide / eine umgekehrte Karte zum überwachungsfreien Leben hätte mittlerweile einen größeren praktischen Nutzen (leider).

    Also: wo kann ich mich noch frei bewegen, ohne in die Offline-VDS zu geraten? Welche Straßen sind möglicherweise noch nicht mit angeblichen „Verkehrskameras“ ausgestattet, welche Geschäfte noch betretbar, welche Bus- und Bahnlinien noch nutzbar?

    Also eine Bitte an die Macher von SoS: könntet Ihr bitte ein solches Feature einführen:

    – „nach aktuellen Erkenntnissen überwachungsfrei

    Das wäre absolut Spitze und würde den Nutzen der Karte verdoppeln.

    Vielleicht auch mit (Freiform-)Erklärungsfeld, wie man zu der Erkenntnis gekommen ist, z.B.:
    – „hier wurde bislang noch keine scheiss Überwachungskamera gesichtet“
    – „der Betreiber / Verwalter / Eigentümer / … sichert zu, auch in Zukunft keine zu installieren“
    – „es liegt eine eidesstattliche Erklärung vor, dass auch nicht verdeckt überwacht wird“

    ???

  5. Wenn Ihr Videokameras entdeckt, fragt doch auch Eure/n Landesdatenschutzbeauftragte/n, ob diese Kameras gesetzeskonform sind. Er/Sie kümmert sich nach meiner Erfahrung immer darum.

    Eine kurze Mail mit Standort und evtl. Foto schicken reicht. Es dauert eine Weile, aber Ihr werdet auf dem Laufenden gehalten und erfahrt, was der/die Datenschutzbeauftragte unternommen hat.

    Zwei Kameras (eine, die aus Ladenlokal den Gehweg filmte und eine private, die von einer Hauswand das gleiche tat) wurden so schon entfernt.
    Eine Liste mit links zu den Datenschutzbeauftragten der Länder findet Ihr hier: https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/datenschutzbeauftragte-von-bund-und-laendern/

  6. Ein wichtiger Aspekt fehlt. Wer aktualisiert die Karte, wer pflegt Standorte? Das eintragen von Kamerastandorten wird schnell gehen, wenn die Kamera nicht mehr da ist und abgebaut wurde, wer nimmt dann das Icon von der Karte? Meine Erfahrung sagt mir, das diesbezüglich keine Verantwortung übernommen wird.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.