Umfrage: 76 Prozent gegen Gesichtserkennung im Supermarkt

Die Aufzeichnung und Auswertung von Gesichtern führt weiterhin zu starker Ablehnung bei den Menschen. Ganz besonders hoch ist diese, wenn es dabei um kommerzielle Überwachung durch Unternehmen geht.

Das Gesicht desjenigen, der den Einkaufswagen schiebt, wollen Supermärkte auswerten. Doch die Verbraucher sind dagegen. CC-BY-NC-ND 2.0 franzj

Mehr als drei Viertel lehnen eine Aufzeichnung und Auswertung von Gesichtern beim Einkaufen ab. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Marktwächter-Teams Digitale Welt der Verbraucherzentrale NRW hervor. Dabei stößt beispielsweise die Auswertung von Gesichtsaufzeichnungen für zielgruppenspezifische Werbung bei drei Viertel der Befragten auf große Ablehnung. Ähnlich hoch ist die Ablehnung der Gesichtserkennung, wenn diese zum Zwecke zielgruppengerechter Rabatte oder zur Verbesserung von Werbespots geschehen würde.

Auch haben etwa vier von fünf Befragten Sorge, dass bei einer automatisierten Gesichtserkennung im Supermarkt unbemerkt Daten über sie gesammelt würden und sie die Kontrolle über diese Daten verlören. Für mehr als zwei Drittel wäre eine automatisierte Gesichtserkennung sogar ein Grund, den Supermarkt zu meiden. Besonders datenschutzbewusst zeigte sich in der Befragung die Gruppe der über 60-jährigen.

Senioren besonders datenschutzbewusst

Doch nicht nur in Geschäften und Supermärkten lehnen die Befragten eine Gesichtserkennung ab, sondern auch in sozialen Netzwerken. Fast alle Nutzer sozialer Netzwerkseiten* (90 Prozent) lehnen Gesichtserkennung – um etwa Freunde vorgeschlagen zu bekommen – durch den Netzwerk-Anbieter ab. Am geringsten ausgeprägt ist die Ablehnung der Befragten, wenn es um den Einsatz von Gesichtserkennung durch Privatpersonen geht: Hier fände es die Mehrheit von ihnen in Ordnung, wenn etwa eine Überwachungskamera – z.B. an der Haustür eines Privathaushalts – das Gesicht zu Sicherheitszwecken analysieren würde (56 Prozent).

Ricarda Moll von der Verbraucherzentrale NRW warnt: „Marketing mit Gesichtsaufzeichnungen – ohne Zustimmung der Verbraucher – löst starke Bedenken und Unsicherheiten bei ihnen aus. Schließlich ist das Gesicht ein unveränderliches biometrisches Merkmal, mit dem Verbraucher eindeutig identifiziert werden können.“

Deutsche Post und Real-Supermärkte experimentierten mit Gesichtserkennung

Erst im vergangenen Sommer hat die Supermarktkette Real ein einschlägiges Pilotprojekt eingestellt. In 41 Testmärkten hatten Kameras die Gesichter der Besucher analysiert, um auf Bildschirmen maßgeschneiderte Werbung anzuzeigen. Auch die Post hatte mit Gesichtserkennung experimentiert. Da es jedoch zu lauten Protesten gekommen war, darunter auch zu einer Anzeige des Vereins Digitalcourage, haben die Betreiber das Projekt bis auf Weiteres auf Eis gelegt.

Die Erhebung erfolgte mittels Online-Interviews anhand eines strukturierten Fragebogens. Befragt wurde eine repräsentative Stichprobe von 1.001 deutschsprachigen Internetnutzern zwischen 18 und 69 Jahren. *Basis „Nutzer von sozialen Netzwerken“: 571 Befragte. Die Befragung erfolgte im Zeitraum 09.08. bis 18.08.2017. Die Erhebung wurde im Online-Panel des forsa-Institutes durchgeführt.

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14 Ergänzungen

  1. Wenn mir bekannt würde, dass ein Geschäft/Markt/Kaufhaus/Bahnhof Gesichtserkennung anwendet, so würde ich diesen Ort nie mehr betreten. Und ich hätte dabei nicht das Gefühl, dass ich dabei etwas vermissen würde.

    Am Ende des Tages haben die Kunden immer noch mehr Macht als jene, die verkaufen wollen.

    Im Übrigen kann man den Spieß auch umdrehen. Sollte sich diese Technik durchsetzen, so wird es auch lange Listen von Standorten geben, um diese zu vermeiden. Andere Händler, die Grundrechte noch respektieren, werden sich über neue Kundschaft freuen.

  2. McArthurGlen mit seinen Outlets in D. mischt ebenfalls mit.

    Wird natürlich nicht offen kommuniziert. Wenn der Kunde nicht informiert ist, kommt er auch nicht auf die Idee zu widersprechen.

    1. diese Datensammlungen könnten in anderer Weise gegen uns verwendet werden, denn die Macht der Großunternehmen wird höher bewertet als die sog. Staatliche Filiale. Sie haben all unsere Daten und können jeder Zeit einsehen. die können uns entführen, ermorden etc.

      1. Ich würde beide Seiten als sehr gefährlich ansehen,je nachdem wie wirksam die aktuellen und zukünftigen Checks and Balances wirklich sind.
        Regierungen haben Polizei und würgen uns allen Gesetze mit Gewalt(Polizei,Strafandrohung/Geld oder Gefängnisstrafen bei Verstoß gegen Gesetze,etc.) rein und die Unternehmen machen sich parasitär über unsere Daten her und werden zudem durch Staaten geschützt (Lobbygelder und so.Korruption ist hoch im Kurs weil heimlich und unter „Freunden“.Und wenn das Volk rummault kommen vermummte Schläger und zerschlagen „unerlaubte Demonstrationen“).

        Wenn diese beiden Mächte verschmelzen, haben wir mit der heutigen Technologie eine authoritäre Regierungsform die es geschichtlich noch nie in der Form gab.Wenn DAS erstmal steht, gibt’s nur noch updates wie bei Windows 10.Und ich denke,jeder halbwegs kreative und gebildete Mensch kann sich ausmalen wie eine Diktatur mit Sci-Fi Technologie aussehen kann.Die heutige Sci-Fi ist die Wirklichkeit von Morgen.

      1. Haben diese Menschen überhaupt jemals gelernt Dinge kritisch zu hinterfragen? Oder zählt bei immer mehr Menschen nur noch der Konsum und ist Verzicht, was sich ja dann unweigerlich als Konsequenz ergibt, zum absoluten Unwort geworden? Es reicht doch schon der kleinste Krümel in Form eines Minirabattes oder einer Prämie zweifelhafter Qualität und jedwedes kritische Denken ist im Gehirn ausgeschaltet. Wie könnten sonst all die Rabattkarten, die sämtliches Konsumverhalten und weiß der Geier welche sonstigen Daten speichern und zu Persönlichkeitsprofilen verknüpfen, so erfolgreich sein?

      2. Ich muss leider sagen: Wenn es nicht in meiner Natur läge, hätte ich es mit Sicherheit nicht gelernt. Also nein! Kritisches Denken zu verlernen ist fast unmöglich – darum wird darauf Wert gelegt, dass diese schlechte Angewohnheit gar nicht mehr aufkommen kann.

      3. Ach bitte, scheinbar wollen viele oder die meisten Menschen beim Metzger lieber das helle Kalbfleisch für dass das Kalb nur Milch bekam (schlecht für das Kalb, Eisenmangel) für €35/Kg, statt das rötlichere für evtl. €25…
        Aber Menschen die beim Metzger kaufen sind evtl. eine andere Type…
        Denn sonst gibt man in Deutschland eher nicht viel für Essen aus.

  3. Wieviele von denen haben ein Profilfoto in den sozialen Netzwerken oder Messenger Diensten freiwillig hochgeladen?

  4. Und die Mediekompetenz der Senioren scheint weit besser entwickelt zu sein als bei den Digital Natives. Ich mach das jetzt zu meinem persönlichen Schimpfwort. Digital Nativ = Digital Naiv.

    1. @ digital.natives.brauchen.Entwicklungshilfe

      Ah, da ist es, das Buzzword „Medienkompetenz“.
      So als wäre das für alle Menschen gleich und in Stein gemeißelte Naturgesetze.
      Das Ergebnis einer mathematischen Formel steht fest, aber „Medienkompetenz“ suggeriert auch, dass es DIE Regeln für ALLE gibt.
      Dass es FALSCH ist im Internet googlebar Weltanschauung, politische Ansichten, etc. zu hinterlassen…
      Ich habe das Gefühl, diesen Lehrertypen (Lehrer als Beleidigungswort und als Lehrer) geht es dabei eigentlich darum dass Chefs/Personaler/Firmen bei denen sich eine Person mal bewerben könnte diese Informationen eben nicht finden sollen können.
      So als wäre das für alle Menschen etwas unerwünschtes. Das zeugt von einer widerwärtigen unterwürfigen Angestelltenmentalität *Kotz*. Und es deutet darauf hin, dass diese Lehrertypen die die sie „schützen“ wollen für dumme 08/15-Drohnen halten. Denn eine hochqualifizierte Person wird auch mal von den Firmen umworben. In einer Reportage kamen Vertreter von Firmen mit Hostessen in eine Schule und umschwärmten die Einserschüler ;-) .

      Unvorstellbar dass Ich WILL, dass jeder wissen kann wie Ich denke, was Ich verachte etc..
      OK, Ich bewerbe mich nirgends, aber wenn es so wäre, soll das jeder wissen.
      Und „Saufbilder“ kann es keine geben, da Ich nicht trinke.
      Aber Weltanschauung, was Ich wähle, politische Einstellung, was Ich verachte etc., das darf man gerne googlen.
      Wenn Ich unter jemand arbeiten müsste, dann würde Ich WOLLEN dass die das wissen, denn Ich wollte nicht für so jemand arbeiten der das ablehnt.
      Weil auch Ich die Person dann ablehnen würde, würde Ich nicht für diese Person arbeiten wollen.

  5. … da werden wir noch viel Freude mit haben.
    Offensichtlich haben wir Bürger noch nicht verstanden,
    was diese Überwachung für uns bedeuten kann.
    Im übrigen reicht ja schon ein geringer Nachlass im Preis,
    um uns Kunden zu locken … und ALLE Vorbehalte in den Wind zu schlagen.
    Rentner sind dagegen, weil sie gegen alles sind
    was neu ist und sie nicht verstehen ;-).
    Hauptsache PayBack-Punkte sammeln und
    mit Karte an der Kasse bezahlen …

  6. Ich bin mal so böse, diese Ablehnungszahlen zu bezweifeln. Vermutlich wurde einfach noch nicht der korrekte Preis(rabatt) aufgerufen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.