Trotz Alternative: Provider speichern bei Störungen weiter unzulässig SMS-Inhalte

Manche Telekommunikationsanbieter speichern SMS-Inhalte ihrer Kunden, um Störungen zu beseitigen. Die Rechtsgrundlage dafür ist fragwürdig, doch die Anbieter argumentierten, es sei technisch nicht anders möglich. Nun gibt es ein System, das die Inhaltsdaten herausfiltern kann, aber kaum ein Anbieter nutzt diese Möglichkeit.

Was der Anbieter beim SMS-Versand speichert, ist unterschiedlich. – CC0 Roman Pohorecki

Als der Bundestag vor etwa zwei Jahren beschloss, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen, sorgte eine Meldung für Unruhe: Bei SMS könnten die Verkehrsdaten – also wer wem wann eine Nachricht schickt – nicht getrennt vom eigentlichen Inhalt gespeichert werden. Das käme einer Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsinhalten gleich, was Politiker der Großen Koalition immer wieder ausgeschlossen haben. Tatsächlich war die ursprüngliche Meldung irreführend, für die Vorratsdatenspeicherung hätten die Anbieter die Verkehrsdaten, ohne Inhalt, in einer separaten Datenbank abgelegt. Die Inhaltespeicherung tritt hingegen bei der Beseitigung von Störungen auf, doch auch das ist problematisch.

Manche Anbieter speichern bis heute Kurznachrichten samt Inhalten für bis zu sieben Tage, um Störungen zu beheben. Dafür fehle die Rechtsgrundlage, teilte der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) mehreren Telekommunikationsanbietern und der Bundesnetzagentur (BNetzA) mit. Damals erklärten die Anbieter, eine Trennung der Daten sei technisch nicht möglich. Jedoch würden die Inhaltsdaten „maskiert“ und seien so nicht für jeden Mitarbeiter lesbar. Der BfDI drängte auf ein System, das die Inhaltsdaten von Anfang an wegwerfen kann. Was ist daraus geworden? Wurde in den letzten zwei Jahren ein solches System entwickelt?

Neues System kann SMS-Inhalte vor der Speicherung herausfiltern

Jan Korte von der Linksfraktion im Bundestag fragte die Bundesregierung. Die konnte nicht viel dazu sagen, erwähnte aber in ihrer noch nicht veröffentlichten Antwort:

Es soll neuerdings jedoch ein Netzwerkmonitoring-System geben, bei dem keine gleichzeitige Speicherung der SMS-Inhalte stattfindet.

Die BNetzA dränge bei den Anbietern weiter darauf, eine solche Lösung zu implementieren. Das bestätigte uns diese auf Anfrage beinahe wortgleich. Welches Unternehmen welche Systeme einsetzt, dürfe sie uns nicht verraten, die Unternehmen betrachteten dies als Betriebsgeheimnis.

Bundesdatenschutzbeauftragte: „Ein Betreiber hat Systemumstellung angekündigt.“

Neben der BNetzA beschäftigt sich die derzeitige Bundesdatenschutzbeauftragte weiter mit dem Problem. Die Möglichkeiten der BfDI, „auf den rechtswidrigen Zustand zu reagieren“, hätten sich „formell erschöpft“ – parallel zur BNetzA wirke sie in Gesprächen weiter darauf hin, eine Lösung zu finden. Auch ihr ist zu Ohren gekommen, dass es diese Lösung nun geben soll:

Zwischenzeitlich hatte ein Mobilfunk-Netzbetreiber eine entsprechende Systemumstellung bereits angekündigt und auf Rückfrage bestätigt, dass eine Speicherung von SMS-Inhalten nicht mehr erfolgt.

Da ein geeignetes System nun zu existieren scheint, gibt es keinen Grund mehr, weiterhin rechtswidrig SMS-Inhalte zur Störungsbeseitigung zu speichern. Doch wie sieht die Situation bei den Anbietern aus?

Unternehmen äußern sich nur wortkarg

Die Deutsche Telekom teilte uns mit, bei ihr gebe es keinen Bedarf für eine nachträgliche Trennung von Inhalts- und Verkehrsdaten. Zum einen setze man ohnehin keine Vorratsdatenspeicherung um – was im Übrigen auch für die weiteren Anbieter gilt. Zum anderen speichere die Telekom nur SMS für maximal zwei Tage, wenn sie nicht sofort zugestellt werden konnten, um erneute Sendeversuche zu unternehmen.

Bei Vodafone ist es ähnlich, wie uns ein Pressesprecher des Unternehmens erklärte. SMS, die nicht unmittelbar zugestellt werden können, speichere die Kurzmitteilungszentrale des Anbieters bis zu sieben Tage lang. Das System erfasse die Inhalte „technisch zwingend“ mit. Damit diesen Inhalt nicht jeder Mitarbeiter auslesen kann, seien die Inhalte „durch Verschlüsselung, restriktive Zugriffsbeschränkungen und weitere physikalische und logische Sicherheitsmaßnahmen geschützt“. Genauer beantwortete uns Vodafone die Frage nach der technischen Maskierung nicht.

Wie Telefonica mit dem Problem umgeht, erläuterte uns eine Sprecherin des Unternehmens nur kryptisch. Das Unternehmen habe „entsprechende Lösungen implementiert“, so würden SMS-Inhalte „nicht gespeichert beziehungsweise lassen sich standardmäßig nicht anzeigen“. Was genau das bedeutet, ob und in welchem Fall doch gespeichert wird, verrät das Unternehmen nicht. Aus Sicherheitsgründen und zum Schutz der Kunden könne man keine detaillierten Angaben machen.

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2 Ergänzungen

  1. Die Inhaltespeicherung tritt hingegen bei der Beseitigung von Störungen bei der Auslieferung der SMS an den Empfänger, weil der gerade offline ist? auf, doch auch das ist problematisch.

    Nö, wenn Ahmed E. Terrorist simst, bin in Gewahrsam genommen worden, habe Seife und Zahnbürste vergessen. Bitte bringt mir das Zeug und Mullah A. Terrorist begibt sich daraufhin zu den 72 Jungfrauen, kann Alfred P. Datenüberwacher rein überhaupt nichts machen. Er hat nicht einen Hauch von Chance Mullah von seinem Treiben abzuhalten. Das bedeutet, es ist nicht zu erkennen, warum man bei SMS oder bei anderen Übertragungen header und Daten trennen müßte. Die Alternative bestünde darin, die nicht auslieferbaren SMS zu verwerfen.

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