Spanien: Bericht kritisiert „digitale Repression“ gegen Referendum

Bürgerrechtler aus Katalonien kritisieren in einem Bericht Beschlagnahmungen, Razzien, Websperren und lokale Abschaltungen des Internets anlässlich des Unabhängigkeitsreferendums. Sie beklagen massive Einschränkungen ihrer Grundrechte.

Feuerwehrleute auf einer Demonstration gegen Polizeigewalt am 3. Oktober. CC-BY-NC-ND 2.0 Sasha Popovic

Die Bilder von prügelnden Polizisten, die in Katalonien auf Wähler einschlagen und Wahlurnen beschlagnahmen, gingen um die Welt. Doch die Maßnahmen der spanischen Zentralregierung gegen die Durchführung des Referendums waren nicht nur auf der Straße und in den Wahllokalen spürbar, sondern auch im Internet.

Die digitale Bürgerrechtsorganisation X-Net aus Barcelona hat einen ausführlichen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass die spanische Regierung rund um das Referendum 140 Webseiten blockierte, darunter nicht nur Angebote der katalanischen Regionalregierung wie referendum.cat. Für 25 der Webseiten liegt auch eine Bestätigung des Zensur-Monitoring-Projektes OONI vor.

Um Kontrolle über die katalanische Domain-Registrierungsstelle .cat zu bekommen, führte die Guardia Civil eine Razzia durch, beschlagnahmte Computer und nahm einen Mitarbeiter fest. Nach Auskunft von X-Net ist dieses Vorgehen gegen eine Registrierungsstelle in der Europäischen Union ein Novum.

Am Wahltag selbst blockierte der spanische Staat eine Seite, auf der die Wahllokale eine App zur Durchführung der Wahl abrufen konnten. Die App mit dem Register sollte sicherstellen, dass die Menschen nur einmal wählen konnten. Die Organisatoren des Referendums hatten wegen der zu erwartenden Repressionen gegen Wahllokale den Wählern erlaubt, auch abseits von ihrem Wohnort zu wählen.

Internetverbindungen gekappt?

Im Bericht gibt es auch Hinweise darauf, dass am Wahltag Internetverbindungen gekappt wurden. Laut dem Bericht wurde in vielen Wahllokalen die Wählerregister nach Abschaltung des Internets über Mobiltelefone geroutet. Auf der Straße skandierten Menschen „Geht in Flugzeugmodus“, um die belasteten Netze zu schonen, damit die Wallokale arbeiten konnten.

Das von der spanischen Zentralregierung und Gerichten für illegal und verfassungswidrig erklärte Referendum konnte wegen der zahlreichen Gegenmaßnahmen nicht nach den üblichen Wahlstandards durchgeführt werden. Am Ende konnten dennoch mehr als 2,2 Millionen von 5,3 Millionen Wahlberechtigten wählen, sie entschieden sich mit etwa neunzig Prozent für die Unabhängigkeit.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

4 Ergänzungen

  1. Die Veranstalter selbst hielten vorher 1 Mio. abgegebenene Stimmen als maximalen Erfolg.
    Es wurden sogar 2,26 Mio. Stimmen abgegeben. Trotz aller Gegenmaßnahmen online & offline.
    Der 1. Oktober war ein schwarzer Tag für ganz Europa. Das Schweigen der EU-Macht-Eliten ist dramatisch. Wer will in einem Europa leben, das solche Gewaltausbrüche gegen friedliche Bürger toleriert? Die öffentlich-rechtliche Berichterstattung ist teilweise schizophren:
    „nur 42% beteiligten sich“; es wurden nur junge Männer in Rangeleien mit den Einsatzkräften gezeigt.
    Was alles nicht?
    – Feuerwehrleute stellen sich in die erste Reihe vor die Wählergruppen und werden ebenfalls verprügelt
    – einige Polizeieinheiten wurden erfolgreich von Menschen gewaltlos abgedrängt
    – die massive Gewalt gegen Frauen und Senioren (Schläge, Tritte, an den Haaren reißen, die Treppe hinabstoßen etc.)
    – wie die Verletzten zugerichtet wurden (Platzwunden, Blutergüsse, Schwellungen, alle Finger an der Hand einer Wahlhelferin absichtlich & vor laufender Handykamera gebrochen!)

    Alles was echte Empörung auslösen könnte, wurde nivelliert.
    Traurig!

  2. Zum Glück hat die spanische Regierung die .cat-Registry nicht wirklich unter Kontrolle bekommen – technisch zumindest. Mit Repressalien gegen die Mitarbeiter und gerichtlichen Verfügungen haben sie aber die Sperrung einiger Domains erreicht.

  3. na ja, Spanien trägt seit dem Tod von Diktator Franco (Freund v. Hitler)eine unbewältigte Vergangenheit mit sich rum.
    Der König(d.h., sein Vater,der Altkönig,) wurde von Franco installiert. Vorher hatte er dies „Amt“ NICHT. Die Partei von Ministerpräsident Rajoi ist die, des Ehemaligen Diktators Franco. Wieviel sich wirklich geändert hat, sieht man jetzt. „Katalonien“ war zur Zeit derSpanischen Rerpublik, die durch Franco und Deutschland beseitigt wurde, ein eigener Staat. Dieses Gefühl haben die Bürger nie verlernt, und es lässt sich auch nicht weggdiskutieren. (Das 2. G steht nur für eindeutigen Ausdruck u. Vermeidung v. Missverständnis)

  4. Die Wahl wurde nie und nimmer nach üblichen Wahlstandart organisiert, eher nach Venezolanische Verhältnisse oder schlimmer. Viele konnten mehrmals wählen und sogar Kinder lies man sie auch gerne gewähren, Hauptsache man ist für die Abspaltung.
    Ach ich bin zutiefst verstört als ich die brutale angriffe auf friedliche Demonstranten die nur wählen wollten ansah, aber deshalb sollte man nicht die Realität ausser acht nehmen und einseitig darüber berichten und behaupten „es sei so nicht möglich gewesen eine nach den üblichen Wahlstandards durchgeführt werden“ Das stimmt so nicht.
    Was da in den Urnen geworfen wurde, weiss kein Mensch mehr nachvollziehen, denn da waren keine unabhängige Beobachter und auch nicht die Gegenseite dabei. Deshalb sind die Zahlen die da herumgereicht werden ein Witz.
    Übrigens, nicht die Katalanen sind die unterdrückten sonder die schweigende Mehrheit der Katalanen und die Spanier. Die Kinder werden schon in den Schulen indoktriniert auf eine ekelerregende Art, wie sie nur in kommunistische Diktaturen vorkommt.
    Bitte, nicht so einseitig berichten, sonst kann man gleich zu den üblichen Medien bleiben.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.