Schweiz: Beschwerde gegen neues Gesetz zur Massenüberwachung durch Geheimdienste eingereicht

Der Schweizer „Nachrichtendienst des Bundes“ darf ab morgen internationale Glasfaserkabel abhören. Die Digitale Gesellschaft Schweiz hat dagegen Beschwerde eingereicht. Da es kein nationales Internet gibt, werden zwangsläufig alle überwacht. Zudem gelten Menschenrechte nicht nur für Schweizer, sondern universell.

Wird verklagt: Nachrichtendienst des Bundes der Schweiz.

Morgen, am 1. September, tritt in der Schweiz das neue Nachrichtendienstgesetz in Kraft: Die Unterschriftensammlung gegen das Gesetz war zwar erfolgreich. Jedoch hat es die Schweizer Bevölkerung in der darauf folgenden Volksabstimmung deutlich gutgeheißen.

Das Gesetz ermöglicht unter anderem die so genannte Kabelaufklärung. Damit erhält der Geheimdienst Zugriff auf die Kommunikation über Glasfaserkabel. Diese Rasterfahndung betrifft die Internet-Verbindungen zwischen der Schweiz und dem Ausland. Es werden jedoch alle in der Schweiz überwacht, da es kein nationales Internet gibt. Die Menschenrechte gelten im Übrigen universell und nicht allein für Menschen in der Schweiz.

Visualisierung Kabelaufklärung Schweiz

Die Digitale Gesellschaft Schweiz erhebt deshalb Beschwerde gegen die Kabelaufklärung sowie die bereits bestehende Funk- und Satellitenaufklärung – die speziell ausländische Kommunikation betrifft. Da die Schweiz kein Verfassungsgericht kennt, ist der erste Schritt bei dieser Beschwerde ein Gesuch an den Nachrichtendienst des Bundes. Demnach soll der Geheimdienst die Überwachung unterlassen. Wenn der Geheimdienst dem Gesuch nicht entspricht, wovon auszugehen ist, steht der weitere Rechtsweg offen, notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Zu den acht BeschwerdeführerInnen gehören unter anderem Andre Meister und der Autor dieses Artikels. International unterstützt wird die Beschwerde von der Gesellschaft für Freiheitsrechte.

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6 Ergänzungen

  1. Die Eidgenossen haben in einer Abstimmung gesagt, ja wir finden Überwachung gut und richtig. Dem gibt es nichts hinzuzufügen, außer, dass man am Geisteszustand der Zustimmenden zweifeln darf. Eine Klage gegen das Ergebnis einer Volksabstimmung würde wahrscheinlich jedes Gericht auf der Welt ablehnen. Die Richter werden sich fragen, ob die Schweizer noch alle Tassen im Schrank haben, aber das Ergebnis der Abstimmung schulterzuckend zur Kenntnis nehmen und sagen, das Volk hat entschieden.

    1. Auch wenn ein Gesetz durch eine Volksabstimmung legitimiert wurde (etwas, das ich nebenbei auch in D gerne hätte), kann es rechtswidrig, ggf. sogar menschenrechtswidrig sein. Wenn dem so ist muss das Gesetz von den zuständigen Gerichten kassiert werden.

  2. „Der Nachrichtendienst darf künftig Telefongespräche abhören, Privaträume verwanzen und in Computer eindringen. Das Stimmvolk hat das neue Nachrichtendienst-Gesetz mit 65,5 Prozent Ja gutgeheissen.“

    Die SchweizerInnnen haben also auch nichts zu verbergen. Ausgezeichnet…jetzt kann der Terrorismus einpacken.

  3. „Das konnte doch keiner Vorher sehen!“
    „Das konnte doch keiner Ahnen, das durch ein Gesetz, Tür und Tor für Missbrauch geöffnet wurde!“
    Und jetzt der Hammer:
    „Wären wir (Bürger) davor gewarnt worden, hätten wir doch anders abgestimmt!“

    Soviel zu den Stimmen in meinem Arbeitsumfeld und ja, ich antwortete Sinngemäß „Ich hatte euch meine Meinung mitgeteilt und viele eurer Experten haben explizit gewarnt!“

    Nu ta, jetzt ist es passiert und jetzt geht das Jammern und Protestieren los!

    1. Du weist doch, „Schweizer“ haben immer Recht!

      Das Umfeld ändert sich und sie kannten nicht alle Daten, auch konnten sie nicht ahnen, das ihr eigener Geheimdienst nur an ihr bestes will und sie durch „Fehlinformationen“ und „Fehlbeteuerungen“, z.B. dass das Abhören nur die Ausländer betrifft aber das Gesetz (aus Völkerrechtlichen Gründen) für alle gelten müsse!
      Es konnte Ihnen doch nicht in den Sinn kommen, das ihr eigener Geheimdienst, Eidgenossen, ihr Versprechen brechen um ihre eigenen Freunde/Eidgenossen abzuhören!

      Willst du ihnen Naivität und Vertrauen auf ein gegebenes Wort ihrer eigenen Eidgenossen (Geheimdienst/Innenminister) zum Vorwurf machen?

      Bei unseren Regierungspolitikern der GroKo hingegen, ist doch Töricht etwas anderes anzunehmen, als das schlimmst Mögliche!

  4. Ist die Adresse p6dpm4ozk6d2pxqa.onion wirklich von Netzpolitik.org? Wenn ja warum wird man wenn man auf die jeweilgen Artikel klickt wieder auf die normale Internetadresse netzpolitik.org um geleitet?

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