Schrems gegen Facebook: Eine gute und eine schlechte Nachricht

Der Datenschützer Maximilian Schrems versucht mit einer Sammelklage gegen Facebook das Recht auf Privatsphäre von Verbrauchern zu stärken. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs bestreitet nun dass Sammelklagen zulässig sind. Gleichzeitig bestätigt er aber, dass Schrems juristisch als Verbraucher zu behandeln ist. Dies stellte Facebook zuvor in Frage.

Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hält Sammelklagen für unzulässig. Der EuGH kann aber noch immer anders entscheiden. – Alle Rechte vorbehalten 2011 europe-v-facebook.org

Der Datenschützer Maximilian Schrems reichte bereits 2015 eine Klage gegen Facebook in Österreich ein, da er seine Recht auf Privatsphäre und Datenschutz durch das Unternehmen verletzt sieht. Ein besonderer und nach wie vor ungeklärter Aspekt der Klage ist, dass Schrems weitere Verbraucher gegenüber Facebook mit seiner Klage vertreten möchte. Ob eine solche Sammelklage zulässig ist, muss nun noch in letzter Instanz vom Europäischen Gerichtshof entschieden werden. Ebenso beschäftigten sich die Gerichte mit der Frage, ob Schrems aufgrund seiner aktivistischen Tätigketen juristisch als Verbraucher eingestuft werden könne. Bisher wurden deshalb inhaltlich nicht verhandelt, da noch immer die gerichtlichen Zuständigkeiten geklärt werden.

Jetzt gibt es Neuigkeiten in der Angelegenheit. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Michal Bobek hat an diesem Dienstag mitgeteilt, dass eine grenzüberschreitende Sammelklage aus seiner Sicht nicht möglich ist. In den meisten Fällen folgen die Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) den Empfehlungen des Generalanwalts.

Nach EU-Verbraucherregeln dürfe Schrems nicht stellvertretend für Verbraucher prozessieren, die ihren Wohnsitz in einem anderen Ort im selben Land oder in einem anderen Staat haben, schreibt Bobek in seinem Schlussantrag. Schrems könne allerdings weiterhin eine Musterklage in seinem Namen führen. Die gute Nachricht: In Bezug auf die Frage, ob Schrems aufgrund seiner aktivistischen Tätigkeit juristisch noch als Verbraucher einzustufen sei, äußerte sich Bobek zugunsten von Schrems. Facebook hatte zuvor gefordert, ihn als Unternehmer zu betrachten.

Unverständnis bei Schrems

In einer ersten schriftlichen Stellungnahme [PDF] reagiert er mit Unverständnis auf die Ausführungen des Generalanwalts:

Die Ansicht des Generalanwalts zur Sammelklage ist für mich leider nicht nachvollziehbar. Es scheint, als ob er dieses politisch heiße Eisen nicht angreifen wollte – dabei ist der EuGH geradezu dafür da, in solchen prinzipiellen Fragen zu entscheiden.

Wirtschaftsvertreter zeichnen gerne Schreckensszenarien, wenn es um die Einführung von Sammelklagen in Europa geht. Sie warnen vor öffentlicher Anprangerung von Unternehmen, irreparablen Imageschäden durch medial inszenierte Verfahren und ungerechtfertigten Unternehmensinsolvenzen.

Vor diesem Hintergrund vermutet Schrems, dass sich in der Stellungnahme des Generalanwalts die Interessen der Wirtschaft gegenüber jenen der Verbraucher durchsetzen konnten.

Es scheint, als ob Facebook mit seinen emotionalen Horror-Geschichten gepunktet hat, wonach eine kollektive Durchsetzung von Verbraucherrechten höchst bedenklich wäre. Rein rechtlich ist das Gutachten des Generalanwalts für mich in diesem Punkt nicht nachvollziehbar.

Der Datenschutz-Aktivist Schrems hatte bereits in einem anderen Verfahren gegen Facebook geklagt und vor dem EuGH Recht bekommen. Ihm gelang es damit, das umstrittene Safe-Harbour-Abkommen zu kippen, welches den Datenaustausch zwischen der EU und den Vereinigten Staaten regelte.

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5 Ergänzungen

  1. Wie ich hier schon Kommentierte https://netzpolitik.org/2017/ziemlich-schnell-entfreundet-tuerkei-kritiker-verlieren-raetselhaft-viele-follower-auf-facebook/#comment-2385342
    Zitat daraus:“Dieser Mechanismus sei ein Kreislauf, eine Schleife der sozialen Bestätigung. Das sei genau die Art von Dingen, die sich ein Hacker wie er selbst ausdenken würde, „da es eine Schwäche in der menschlichen Psyche ausnutzt“. Die Erfinder der Sozialen Medien – Mark Zuckerberg, Kevin Systrom von Instagram, aber auch er selbst – seien sich dessen bewusst gewesen. „Und wir haben es trotzdem getan“.“

    Zu dem kommt noch hinzu, das FaceBook einer der größten auf Vorrat gespeicherten Datenpools, auf die Dienste und Behörden zugreifen und Auswerten könnten, falls sie denn dürften, oder dürfen sie es und der Dumme Michel soll es nur nicht erfahren?
    Siehe https://netzpolitik.org/2017/eu-kommission-haelt-dokumente-zum-facebook-gesetz-zurueck/

    VT? Mag sein, aber zumeist wird aus einer VT schnell Realität, man muss eben nur die Dokumente in die Finger bekommen.

  2. Da wird nicht durch Facebook als Schreckgespenst aufgetaucht sein. Sicher auch Hand in Habd die Vertreter der Kohle-&Autolobby. Schade das die EU einknickt wo sie schon keine Steuern bekommen.

    1. Kein Schreckgespenst, man hat die EU Politiker von den Vorteilen des profitorientierten Beeinflussungs-/Kontrollsystems überzeugt und auch von den Möglichkeiten der Gegenwehr FaceBooks (To Big to Fail)!

      „Es scheint, als ob Facebook mit seinen emotionalen Horror-Geschichten gepunktet hat, wonach eine kollektive Durchsetzung von Verbraucherrechten höchst bedenklich wäre.“

  3. Mal zu dem negativen Urteil: So wie ich das verstehe, wurde das deshalb so entschieden damit man nicht seine Ansprüche an jemanden abtreten kann der in einem anderen Land vor einem anderen Gericht klagt. Also der große Erfolg ist ja eigentlich, dass Max halt NICHT vor dem irischen Gericht klagen muss was schwierig, teuer, umständlich und weniger erfolgsversprechend gewesen wäre. Sondern dass der als deutscher Bürger auch in Deutschland klagen kann.

    Wenn nun aber Leute aus anderen Ländern ihre Ansprüche an ihn in einer Sammeklage abtreten könnten, hätte das halt etwas von „ich such mir das beste Land und das beste Gericht aus“. Finde ich nachvollziehbar wenn das nicht gestützt wird. So etwas passiert auf anderen Ebenen ja schon zuviel…

    1. Sammelklagen haben für die Kläger einen handfesten Vorteil, sie können sich die Klage
      1. leisten
      2. es wäre dann keine „Einzelperson“ mehr betroffen, sondern definitiv eine Menge N, so das die Klage durchaus im Interesse der Öffentlichkeit wäre und die beklagte Partei dies nicht bestreiten könnte
      3. das Urteil, durchaus im Interesse der Öffentlichkeit (neuer Kläger muss nicht erneut durch alle Instanzen), nicht nur für die Kläger Gültigkeit hat, sondern für alle gilt

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.