Offener Brief an EU: Gemeinschaftlich betriebene Netze richtig unterstützen

NGOs und Forschungsorganisationen laden zur Mitwirkung an einem offenen Brief zur Neuordnung der europäischen Telekommunikationsmärkte auf. In dem Schreiben skizzieren sie, wie gute Bedingungen für gemeinwohlorientierte Netzinitiativen aussehen könnten – und warnen vor den Auswirkungen von Störerhaftung und Vorratsdatenspeicherung.

Symbolbild WLAN CC BY-NC-ND 2.0, via flickr/when i was a bird

Gemeinschaftlich betriebene Netze, wie sie etwa Freifunk anbietet, dürfen bei der bevorstehenden Neuordnung der Telekommunikationsmärkte in Europa nicht unter die Räder kommen. Das fordert das Forschungsprojekt netCommons in einem offenen Brief und bittet bis zum 8. März um Kommentare oder Verbesserungsvorschläge. Anschließend soll er an europäische Politiker und Regulierer verschickt werden.

Gebührenfreiheit, Freie Software, Open Access, keine VDS

Derzeit liegt der Fokus des Schreibens auf folgenden Punkten:

  1. Kleine Non-Profit-Initiativen sollen möglichst von Gebühren freigestellt werden, um ihre Dienstleistungen tatsächlich anbieten zu können.
  2. Regelungen wie die deutsche Störerhaftung führen zu Rechtsunsicherheit und müssen abgeschafft werden.
  3. Brachliegendes Funkspektrum, etwa der sogenannte TV-Whitespace, soll entweder kostenlos für die Allgemeinheit geöffnet oder zumindest gegen eine kleine Gebühr verfügbar gemacht werden.
  4. Garantierter und leistbarer Zugang zu bestehenden Infrastrukturen auf Open-Access-Basis, insbesondere zu Netzen, die ursprünglich mit Steuergeldern errichtet wurden.
  5. Freie Software muss sich weiterhin auf Funk-Hardware installieren lassen. Hier droht Gefahr durch eine EU-Richtlinie, die einen Zertifizierungsprozess vorschreibt und somit Projekten wie OpenWRT – und in Folge beispielsweise Freifunk – das Leben schwer machen könnte.
  6. Eine umfassende und anlasslose Vorratsdatenspeicherung wie die deutsche Neuauflage der Massenüberwachung ist nicht mit EU-Recht vereinbar und muss zurückgefahren werden.
  7. Öffentliche Gelder sollten möglichst an lokale, gemeinschaftlich ausgerichtete Initiativen gehen und nicht an große Telekom-Unternehmen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Initiative WiFi4EU, die innerhalb der nächsten zwei Jahre tausende Gemeinden mit kostenlosem WLAN ausstatten will.
  8. Nationale und europäische Telekom-Regulierer sollen beim Aufstellen neuer Regeln generell nicht nur mehr Rücksicht auf gemeinnützige Initiativen nehmen, sondern auch auf deren Erfahrungen und Expertise zurückgreifen.

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5 Ergänzungen

  1. Ich fände es gut, zuerst das Anliegen darzulegen und dann die einzelnen Punkte.

    Dann wäre das etwas zu fordernde und doch nie so richtig erfüllbare „sollen“ in den einzelnen Punkten überflüssig.

    Also z.B so:

    Wir möchten gerne auch weiterhin am gesellschaftlichen Geschehen aktiv und in einem rechtssicheren Rahmen teilnehmen können. Um uns das zu ermöglichen, bitten wir um die Umsetzung der folgenden Punkte:

    1. Kleine Non-Profit-Initiativen werden weitestgehend von Gebühren freigestellt, um ihre Dienstleistungen tatsächlich anbieten zu können.

      1. „get rid of unnecessary regulatory burdens“, „must ensure that“, „so-called“, „In the same spirit“… Das klingt nicht nach Bitte, auch nicht nach Forderung, sondern nach Machtkampf, oder?

  2. Netzpolitik soll/muss frei sein von populist. Meinungen
    Populismus ist eine ‚reine massnahme‘ zur Machtergreifung
    und verhindert das rationale Denken meine ich

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.