Netzpolitischer Wochenrückblick KW28: Die Frage der Autorität

Es wirkt, als gäbe es derzeit kein anderes Thema als die Ereignisse rund um den G20-Gipfel. Bürgerrechte wurden verletzt, die Presse durch die Polizei bedroht und an ihrer Arbeit gehindert. Doch auch in den USA, Russland und Mexiko passierte vergangene Woche einiges.

Sieht so Demokratie aus? (Symbolbild) CC-BY-SA 2.0 Hochschulpiraten

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Wie die restliche Medienlandschaft beschäftigte auch uns der G20-Gipfel in der vergangenen Woche. Die Abschlusserklärung des Gipfels enthält unter anderem einen Teil zu Digitalisierung, der uns zu denken gab, weil hier die Wirtschaft mehr als die Menschen im Fokus stand. Eine Erklärung zur verstärkten gemeinsamen Terrorismusbekämpfung der G20 nimmt das Internet unter Beschuss. So sollen Maßnahmen zur digitalen Überwachung auch verschlüsselter Kommunikation und zur Löschung von Inhalten umgesetzt werden.

Um auf die zahlreichen Vorfälle von ungerechtfertigter Polizeigewalt aufmerksam zu machen, wurde eine Dokumentationsseite eingerichtet. Dort lassen sich auch Übergriffe der Polizei auf Presse und Anwält*innen nachvollziehen. Journalist*innenverbände wandten sich gegen die Beschimpfungen, Bedrohungen, Tritte und mehr.

Transparenz und Neutralität

Die Initiative „#Gläserne Gesetze“ konnte letzte Woche einen Erfolg feiern. In einer Mitteilung bestätigte uns die Bundesregierung, fortan bis zu 17.000 Dokumente aus Ministerien aktiv zu veröffentlichen. Bis zur Bundestagswahl soll dadurch der Einfluss von Lobbyisten auf den Gesetzgebungsprozess in der letzten Legislaturperiode transparent gemacht werden können. Unklar ist nur, inwieweit die nächste Regierung diese Einsicht übernimmt.

Wie es mit der Netzneutralität in den USA weitergehen wird, wurde am Aktionstag für Netzneutralität am 12. Juli neu thematisiert. Ein breites Aktionsbündnis setzte sich für die von der Neubesetzung des FCC bedrohte Open Internet Order ein. Bis zum 16. August werden noch einige Stellungnahmen zu den fünf Millionen bereits beim FCC eingegangenen hinzukommen. Unter den jetzigen finden sich bereits große Namen wie Google, Amazon, Reddit, EFF, aber auch Pornhub oder Facebook. Dass Europa vom US-Aktionstag nicht unberührt bleiben kann, zeigt sich an der EU-Verordnung zur Netzneutralität. Durch ein Schlupfloch erlaubt sie Diensten wie der Telekom mit ihrem Produkt StreamOn, Zero Rating durchzuführen.

Was bringt es noch, wenn Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt von der CDU mehr 5G-Ausbau bis 2025 vorhat, wenn man in Fragen des Zugangs und der Geschwindigkeit schon vom jeweiligen Netzbetreiber und dessen Tarifen abhängig bleibt? Dobrindt glaubt fest dran, dass so die Virtualität endlich ins „digitale Echtzeitalter“ überführt werde, sieht aber keine zwingende Notwendigkeit für die Verbesserung des Glasfaserausbaus, um 5G tatsächlich gewährleisten zu können. Kritik kam hierzu von den Grünen und der Wirtschaft.

Das EU-Parlament stimmte vergangene Woche über Änderungsanträge bei der EU-Urheberrechtsrichtlinie ab. Uploadfilter und Leistungsschutzrecht bleiben der Richtlinie damit erhalten. Die endgültige Abstimmung wird jedoch erst im Oktober stattfinden, womit noch Raum für Änderungen bleibt.

Algorithmen, Buchtipps und andere Links

Constanze las für uns die Publikation „Was sollen wir von Künstlicher Intelligenz halten?“ von John Brockman. Das Urgestein der Technikforschung Brockman hat als Herausgeber in seinem Band Beiträge von 180 Autor*innen versammelt.

Leon rezensierte Geert Lovinks „Im Bann der Plattformen“ und war dazu auf einem Vortrag des Autors in der Rosa-Luxemburg-Stiftung, um sich kritisch mit der Nutzer*innenkultur auseinanderzusetzen und die jetzt noch zentralistische Kultur der Plattformen auf neue dezentrale Möglichkeiten zu befragen.

Außerdem berichteten wir über ein smartes Gerät, das einen Polizeiruf während eines häuslichen Streits in den USA abgesetzt haben soll. Trotzdem der Ruf rettend sein könnte, nahm Extra3 das permanente Mithören durch Smartgeräte aufs Korn.

Die allgegenwärtige Aufzeichnung betrifft aber nicht nur Audio, sondern auch Video. In Russland wurden durch die Gesichtserkennungssoftware FindFace Teilnehmende einer Demonstration ausfindig gemacht. Außerdem wurde der Staatstrojaner Pegasus auch gegen die Opposition in Mexiko eingesetzt.

Trotz der Aufregung wünscht die netzpolitik.org-Redaktion allen ein schönes Wochenende!

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Eine Ergänzung

  1. Hallo netzpolitik.org,
    hätte der „bundeseinheitliche Presseausweis“, der ab 2018 wieder vergeben wird, den Photographen beim G20 geholfen, hätte man die betroffenen Photographen dann nicht mehr ausschließen können im letzten Moment, weil sie diesen von den Innenministern gezeichneten Ausweis gehabt hätten ?
    Wird netzpolitik.org in 2018 solche Presseausweise haben?
    http://www.presserat.de/presserat/bundeseinheitlicher-presseausweis/

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.