Kommentarkultur in einer idealen Welt

Alle reden über die kaputte Debattenkultur. Über Hass im Netz. Über nervige Kommentare. Und doofe Trolle. Dabei kann der Austausch doch so schön und bereichernd sein – wenn wir alle dazu beitragen.

„Den Kommentierenden ist klar, dass Meinungsfreiheit auch heißt, anderen Menschen überhaupt Meinungsfreiheit einzuräumen.“ (Symbolbild) Foto: CC0 1.0 Clem Onejeghou

Kommentare sind eine große Errungenschaft. Sie haben die Einbahnstraße der medialen Berichterstattung beendet. Sie bedeuten eine Demokratisierung der Medien und das Ende der Zeiten, in denen sich Journalisten kaum dem Echo ihrer Leserinnen und Leser stellen mussten. Wir lieben Kommentare. Wir halten Kommentare für unverzichtbar. Wir freuen uns jeden Tag aufs Neue auf sie. In einer idealen Welt.

In einer idealen Welt nämlich knüpfen die Kommentare der Leserinnen und Leser tatsächlich am Artikel an, gehen auf den Artikel ein und erweitern ihn konstruktiv um Fakten, Links, Büchertipps, Dokumente, Anekdoten und noch nicht genannte Aspekte. Leserkommentare korrigieren Fehler aller Art – vom Rechtschreibfehler, dem kaputten Link bis zum inhaltlichen Fehler, den ein Autor gemacht hat. Unsere Leserinnen und Leser haben ein riesiges Fachwissen, ihre Kommentare leisten einen Beitrag zum Artikel und sind ein wichtiges Korrektiv, wenn die Redaktion Fehler macht oder etwas vergisst.

Es wird gerungen und gestritten

In der Diskussion untereinander gehen die Kommentare auf Beiträge der anderen Kommentierenden ein und tragen zur inhaltlichen Meinungsbildung bei. Es wird um Auslegungen und Positionen gerungen und gestritten, auch durchaus ironisch und humorvoll. Doch die Kommentare sind im Grundton freundlich und argumentieren sachlich, so wie wir unter Freunden oder mit Unbekannten im realen Leben diskutieren würden. Zuhause beim Mittagsessen. Abends in der Bar. Oder beim zufälligen Gespräch in der U-Bahn. Manchmal kann der Ton auch rauer werden. Oder der Stil hart. Manchmal wird auch ein falsches Wort gewählt. Doch im Kern bleiben die Kommentare immer an der Sache.

Unsere Kommentatorinnen und Kommentatoren hören den anderen zu. Das fängt dabei an, dass sie den Artikel und vorhandene Kommentare lesen, bevor sie sich beteiligen. Und endet damit, dass sie sich empathisch einfühlen in die Argumente und Positionen der anderen. Auch wenn sie diese nicht teilen.

Einen Raum bieten, in den sich alle hineingetrauen

In dieser idealen Welt reichern von Zeit zu Zeit Trolle den Kommentarbereich mit ihren Beiträgen an. Sorgen für ein gedankliches Stolpern. Eine kleine Verwirrung. Oder einen guten Lacher. Trolle sind natürlicher Teil des Lebensraumes Kommentarbereich. Sie stören aber nur selten die Diskussion der Kommentierenden und halten Maß in ihren Aktionen.

Grundsätzlich motivieren Kommentare die anderen Leserinnen und Leser von netzpolitik.org, selbst mitzukommentieren und mitzudiskutieren. Die Kommentierenden streiten sich sachlich über das Thema des Artikels und bringen die Debatte zum Wohle aller voran. Dabei bedienen sich die Kommentatoren fundierter Argumente, die im besten Fall mit Quellen belegt sind.

Den Kommentierenden ist klar, dass Meinungsfreiheit auch heißt, anderen Menschen überhaupt Meinungsfreiheit einzuräumen. Dass Meinungsfreiheit heißt, einen Raum zu bieten, in den sich alle Menschen hineingetrauen. Als Leserinnen und Lesers eines Blogs, das mit seiner Berichterstattung für Grund- und Freiheitsrechte und die Privatsphäre eintritt, sind Menschenrechte der Maßstab, der sich auch in den Inhalten aller Kommentare widerspiegelt.

Bereicherung und Korrektiv des Artikels

Kommentare sind Bereicherung und Korrektiv des Artikels gleichermaßen. Dabei nehmen die Kommentare größere Kontexte mit in den Blick, die der Autor bei seiner Fokussierung aufs Thema vielleicht vergessen hat. Kommentare geben den Autorinnen und Autoren ein kritisches Feedback. Aber es darf gerne auch mal ein „Danke“ oder ein Lob sein.

Grundsätzlich stellen Artikel und Kommentare eine Einheit dar. Die Leser hören nicht nach dem Artikel auf zu lesen, sondern freuen sich auf die angeregte Lektüre in den Kommentaren. Auch die Autorinnen und Autoren von netzpolitik.org lesen Kommentare zu ihren Texten, nehmen Anregungen auf und diskutieren mit.

Wir wissen, dass dies alles eine Wunschvorstellung ist, die schwer zu erreichen ist. Aber es braucht eine Utopie, um ein Leitbild anzustreben. Wir möchten Kommentare für alle Seiten attraktiver machen. Wir möchten Menschen motivieren, Kommentare zu lesen und selbst zu kommentieren. Wir haben Bock auf Kommentare, weil wir sie für unverzichtbar halten. Wir wollen mehr Spaß, Bereicherung und Freude mit den Kommentaren. Wir wollen einen Gegenpunkt setzen in einer Zeit, in der alle immer nur über den Verfall der Debattenkultur reden. Wir wollen Eure Kommentare.

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69 Ergänzungen

    1. Guter Punkt:
      Sind die allseits beliebten „First!!!1“ – Kommentare gut oder schlecht? Nerven sie, sind sie völlig egal, oder sind sie vielleicht sogar hilfreich für die Diskussion, weil sie das Schweigen brechen? Ich selbst fand sie nie störend. Sie nehmen nicht viel Platz weg und beleidigen niemand. Der einzige, der sie mit gutem Recht nervig finden könnte, ist der Autor, wenn er per Mail benachrichtigt wird, dass sein Artikel kommentiert wurde, und dann hoffnungsvoll zur Stelle eilt, nur um einen inhaltslosen Kommentar vorzufinden.
      Die „First!!!1“ – Kommentare sind ein Spielchen. Wer schafft es, tatsächlich Erster zu sein? Und nicht selten wird der Troll selbst vorgeführt, wenn er es eben nicht an die erste Stelle schafft. Nichts ist peinlicher als ein „First“ Post an zweiter Stelle. ^^

      1. „First!!!1[1!!]“-Kommentare kann man nicht wirklich als Troll bezeichnen. Schließlich eröffnen Sie wie du ja auch schreibst, nur die Diskussion. Sagen: „Hallo, das Thema interessiert mich. Was meint ihr dazu?“
        Wobei ein „Erste :-)“ zur Eröffnung sicher besser für den Diskussionsstart ist, als dein „First!!!11!!“. Das lässt ja schon eine Kravalldiskussion erahnen. Während der Smilie irgendwie sympathisch ist und Lust auf Kommentieren macht. Nur „1“ oder „kwt“ zum Start find ich irgendwie nichtssagend.

        1. Solche Kommentare gehören irgendwie zu einer vollständigen Diskussion dazu. Wirkt auf Neulinge komisch, alle anderen lächeln & lesen weiter.

  1. Danke für diese Vision. Ich versuche seit Jahren, den Leuten klar zu machen, dass feinsinniges Trollen eine hohe Kunst sein kann. Till Eulenspiegel wäre ein hervorragendes Vorbild, hätte er nicht so viel Fäkalhumor gehabt und bisweilen Leute auch echt finanziell geschädigt. Aber ich halte mich einfach an das romantisierte Eulenspiegel-Bild, wie es in die deutsche Kulturgeschichte eingegangen ist.

    1. Warum Vision? Ich kenne Foren (sogar Kommentarspalten), in denen es genau so wie oben beschrieben ist -> Eine Verlängerung des Artikels mit zusätzlichem Fachwissen, was gerne auch zu einem Artikel-Update führen kann. Und wenn es ans Eingemachte geht, Austauch per PN.

      Die Frage ist doch eher, warum funktioniert es im einen Forum, in einem anderen aber nicht?

        1. Hallo Markus …. im Prinzip ja, Technikumfeld.
          Aber technische Themen haben oft auch eine politische Dimension. Ich komme gerade aus einem Thread, der irgendwie von einem IT-Thema zum Grundeinkommen geführt hat. Eine ruhige Diskussion unter Menschen unterschiedlichster politischer Anschauungen. Ohne persönlich beleidigend zu werden, oft mit Links zu Quellen.
          Meist regeln sich dort Ausfälle von Postern durch ein einfaches Mißachten / Don’t feed the troll (Klar, Ausnahmen gibt es immer). Wenn eine Diskussion aus dem Ruder läuft wird der entsprechende Thread(Abschnitt) i.d.R. nicht gelöscht, sondern in eine „Spielwiese“ verschoben. Ist mir auch schon passiert, hab dann aber eine kurze PN bekommen, etwa wie: „bitte achte doch auf deinen Ton“ oder ähnliches.
          Was mir bei diesem Forum auch immer wieder auffällt: Teilnehmer sind kritikfähig und können zugeben, dass sie sich geirrt haben. Wo erlebt man das sonst noch im Netz?
          Für mich ist das eindeutig vor allem eine Frage der Moderation und des gegenseitigen Respekts. Diskussionen im RL führen ja meist auch zu nichts, wenn es keine ordentliche Diskussionsleitung gibt, welche die erhitzten Gemüter ab und zu abkühlt.
          (Hab mir gestern Abend schon viel Gedanken dazu gemacht und schreib die Begründungen/Beobachtungen zu oben glaub lieber in ne Mail, bevor es eine Mega-WOT gibt :)

  2. Ich habe hier schon Kommentare geschrieben, die unbestreitbar wahr waren, zugegebenermaßen etwas provokant (aber nicht beleidigend) formuliert, und die wurden gelöscht. Vermutlich weil die Sichtweise dem Autor nicht gepasst hat.
    Und ich habe hier schon Kommentare gesehen, die haben sogar Terrorismus und Mord gutgeheißen, die sind trotz Hinweis stehengeblieben.
    Ich habe hier auch schon getrollt und Meinungen übermäßig drastisch geäußert, mit gemischten Ergebnissen. Mal bleiben krasse Sachen, Verleumdungen, Beleidigungen unkommentiert stehen; mal werden normale Meinungsäußerungen von anderen als Getrolle diffamiert.

    Was ich damit sagen will: Nachvollziehbarkeit in der Moderation der Kommentare ist wichtig, und da sehe ich hier hin und wieder Defizite.

    Aber man darf glücklicherweise zu allen Themen was sagen und es wird nicht vorzensiert, wie es die „Großen“ gerne machen, um die öffentliche Meinung besser steuern zu können.

    1. >>Nachvollziehbarkeit in der Moderation der Kommentare ist wichtig
      Finde ich nicht.
      Ich denke es ist vom Moderator/Autor zu viel verlangt an möglichst objektiven Bahnen zu entscheiden.
      Jeder Mensch hat da seine eigenen, ganz persönlichen, Befindlichkeiten.

      Interessanter fände ich ein Feedback was konkret als störend empfunden wurde.
      Oft sind es ja nur Missverständnisse die durch eine bessere Formulierung vermeiden lassen.
      Aber das wäre vermutlich zu arbeitsintensiv.

    2. Du musst auch weiterhin damit leben, dass es hier kein Recht auf „Kommentar bleibt stehen“ gibt und Kommentare hier nicht in Echtzeit verfolgt werden. Insofern können Sachen mal etwas stehen bleiben, bis jemand davon Kenntnis hat und sie löscht.

  3. > Interessanter fände ich ein Feedback was konkret als störend empfunden wurde.

    …was die Nachvollziehbarkeit der Moderation verbessern würde, nicht wahr?

      1. Ich lese immer (meistens) nochmal dort, wo ich ein Häufchen gemacht hab rosa fee =)

        Ellenlang da hast du natürlich recht. Ich hab mich unglücklich ausgedrückt.
        Deine Wortwahl „unkommentiert“ und „diffamiert“ habe ich mit einer öffentlichen Aufarbeitung assoziiert. Und da sehe ich es wie weiter unten bei Markus Reuter unter Punkt 1).
        Öffentliche Metadiskussionen sind meist unschön.

        Aber schön fände ich, da man seine Mailadresse eh hinterlässt,
        wenn der Moderator beim Löschen ein Pulldownmenü hätte mit
        „Unschöne Sprache“ „Frechheit“ „Würde“ „Thema“ o.ä. und man eine Mail bekommt.

        1. Das klingt praktisch! Falls du rein zufällig datenschutztechnisch saubere WordPress-Plugins empfehlen kannst, die sowas möglich machen, gerne her damit!

        2. Was eine potentielle Mail zu einem Kommentar angeht: Je beleidigender oder fieser ein Kommentar ist, desto eher hängt da keine valide Mailadresse dran. Das ist zumindest mein Eindruck.

        3. Man könnte auch, statt der Mail, den Inhalt des Kommentars mit einem solchen ‚tag‘ ersetzen. Optimalerweise sogar nur den Teil des Kommentars um den es geht ung ganz großes Tennis wäre wenn man trotzdem den beanstandeten Teil noch einsehen könnte z.B. per mouseover oder einfach ausklappen bei klick auf den ‚tag‘.

        4. Man könnte z.B. auch einfach den Post stehen lassen, nur den Content im Backend löschen und statt dessen einen kurzen Kommentar hinterlassen. „Post wegen unangebrachter Sprache enfernt / mb“ … soooo viel müsst ihr hier ja hoffentlich nicht löschen.

          1. Ja, das wollen wir ja vermehrt machen. Aber es ist dennoch deutlich mehr Arbeit.

            Wir führen keine Statistik darüber, wieviele Kommentare wir löschen. Aber so Pi mal Daumen dürften das so um die 1-2% sein. Bei großen Tageszeitungen / Online-Medien sind die Werte zwischen 5-25 % gelöschter Kommentare – und das obwohl die Leute sich dort mit einer Mail anmelden müssen.

  4. > Interessanter fände ich ein Feedback […]
    Das finde ich auch sehr wichtig. Denn beide Seiten müssen sich aufeinander einlassen, sich kennen lernen. Für mich ist das Zauberwort: Moderation. Je besser die ist, desto besser die Diskussion.

    1. Vielleicht ein paar Worte dazu aus Sicht eines Autors: Wir haben uns sehr viele Gedanken gemacht und wollen auch öfter als bisher moderierte Kommentare mit einer Begründung kennzeichnen, warum diese moderiert wurden. Es gibt zwei Dinge, die dagegen sprechen:

      1) Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine Begründung ganz oft dazu führt, dass sich die Diskussion dann auf diese Begründung bezieht und so eine Debatte über den Inhalt des Artikels erschwert wird.

      2) Es fehlt einfach an Zeit. Das ist insbesondere an Wochenende schwierig, wo sich meistens nur eine Person um die Kommentare kümmert.

      Dennoch wollen wir in Zukunft das auch ausprobieren, damit klarer wird, warum wir einen Kommentar moderieren. Ein Dilemma werden wir vermutlich nicht lösen: Moderation ist eine sehr individuelle Sache und unterschiedliche Mitglieder der Redaktion gehen auch unterschiedlich mit Kommentaren um. Was übrigens das ganze Moderationsthema kennzeichnet, auch bei anderen Medien. Ich hatte das mal recherchiert vor ein paar Monaten: https://netzpolitik.org/2016/moderation-bleibt-handarbeit-wie-tageszeitungen-leserkommentare-moderieren/

      1. Moin Markus,

        vielen „Problemen“ der Moderation kann man aus dem Weg gehen, wenn man Moderation in Sinne von Löschen als letztes Mittel begreift.
        Ein kurzer Text kann mehr bringen, als Löschen. Meinungen kann man eh nicht löschen oder verbieten. Das ist eher Kopfindensand.
        Geht es um „Hygiene“, gibts wohl auch die Möglichkeit des „Verbergens“, was aber vom masochistisch oder neugierig Veranlagten individuell aufgeklappt werden kann.
        Dinge, die nicht direkt zum Artikel „passen“, zeigen oft, welche Gedanken sich bei anderer Sichtweise ergeben oder können Anregung für eigene Gedanken/Artikel sein. Hier schreibt ja noch keiner Kochrezepte rein.
        Ich kann dich in deiner Denke als Autor verstehen, wenn es dich ärgert, daß von DEINEM Thema abgewichen wird. Das sollteste aber aushalten wollen.

        1. Ein kurzer Text kann mehr bringen, als Löschen. Meinungen kann man eh nicht löschen oder verbieten. Das ist eher Kopfindensand.

          Meine Erfahrung ist: nö. Und das sag ich, nachdem ich hier rund 150.000 Kommentare lesen konnte.

          1. Drum konjuktiverte ich ja. :-)
            Mein Sinnen geht hauptsächlich in Richtung Demokratieverständnis. Meine Auslegung ist da sehr demokratisch und ich weiß genau, daß einem das oft nicht leicht fällt oder auch leicht gemacht wird. Möchte ich aber für Freiheit und Demokratie einstehen, so ist der erste Schritt der, den ich selbst mache. Ich kann den ganzen Tag darüber referieren. Lebe ich es nicht konsequent, bin ich mein erster Gegner.
            Daß das Aufwand bedeutet ist klar. Möchtest Du das hier so betreiben, wie es betrieben wird und wir jammern hier auf hohem Niveau, dann wirst Du um den Aufwand nicht herum kommen. Noch schlimmer ist ja, daß man das eben nicht beliebig delegieren kann.
            Diese Seite lebt stark von und mit den Kommentaren. Darum würde ich es nicht als lästiges Nebenbei sehen, was Arbeitskraft bindet. Es ist ein Teil des Ganzen.

          2. Diese Seite lebt stark von und mit den Kommentaren.

            Das ist Dein subjektiver Blickwinkel, für den Du außerhalb dieser Kommentarspalte nicht viele Unterstützer finden wirst.

          3. Ich bin der Auffassung, dass die mühevolle Arbeit der netzpolitik.org-Redaktion nicht selten durch unbotmäßige Kommentare „neutralisiert“ wird, um es mal vorsichtig zu sagen. Einschlägige Kommentare können durchaus vernichtend Wirken. Empfindliche Leser werden verschreckt und vertrieben und wollen sich das nicht länger „geben“.

            Im kommerziellen Bereich nennt man das geschäftsschädigend. Doch das Problem ist subtiler, denn eigentlich gestattet man schädliches Re-Framing das bei Lesern wirksam wird und verstärkt auch noch die Belohnungsmechanismen der Dauerspammer.

            Es dürfte wohl klar sein, dass man nicht auch noch den persönlichen Lustgewinn der üblichen Spam-Verdächtigen kultivieren sollte.

          4. Na Markus, fein die Rosinen gepickt?!
            Wie ist denn deine Sicht zur gelebten Demokratie?
            Meine Sicht ist immer subjektiv. Deine auch. Daher gibts ja den Austausch.
            Es ist auch nicht meine Absicht, dir irgendwelche „Vorschriften“ machen zu wollen.
            Es sind meine Gedanken, denen Du die Freiheit gewährst, daß ich sie hier auf deiner Spielwiese absondern kann. Davor und auch von Eurer sonstigen Arbeit habe ich höchsten Respekt. Ich bin nur nicht der, der ständig Blümchen verteilt. Meine Kritik bitte ich als „wohlmeinend“ zu verstehen. Wenn ich das hier nicht für eine der besten Seiten halten würde, wäre es mir nicht wert, das zu kritisieren.

    2. Wir arbeiten hier mit begrenzten Ressourcen und die würde ich gerne lieber in Recherchen und Berichterstattung stecken, als in Kommentarmoderationen, die in der Regel unserem eigentlichen Ziel nichts bringen.

      1. Hmm, es soll Menschen geben, die an Zeitmanagement glauben.

        Dann werden Aufgaben mit hoher Dringlichheit und hoher Wichtigkeit sofort selbst erledigt und Aufgaben mit hoher Dringlichkeit und niedriger Wichtigkeit am besten deligiert.

        Und wenn es weder wichtig noch dringlich ist, am besten gleich in den Papierkorb damit… Oder im Zweifelsfall in die Wiedervorlage.

        1. Ja, genau, weil wir an Zeitmanagement glauben finden wir Kommentarmoderation nicht so wichtig. Weil die Erfahrung nach etlichen Jahren ist, dass die knappe Zeit für andere Sachen sinnvoller eingesetzt werden kann.

      2. Die Ressourcen in Recherchen und Berichterstattung zu stecken, anstatt viel Energie in die Moderation der Leserkommentaren zu investieren ist wohl richtig.
        Aber was ist hier mit dem „eigentlichen Ziel“ gemeint?

        Es es dir nicht wichtig, wenn ein Artikel durch die Leserschaft ein Echo erhält, Gedanken aufgenommen und vielleicht sogar weitergesponnen werden.

        1. Es es dir nicht wichtig, wenn ein Artikel durch die Leserschaft ein Echo erhält, Gedanken aufgenommen und vielleicht sogar weitergesponnen werden.

          Nach dem Lesen von 150.000 Kommentaren hier hab ich ein Gefühl entwickelt, wofür unsere knappen Zeit-Ressourcen besser verwendet werden können. Aber überzeugt mich gerne vom Gegenteil!

          1. Würde dich gerne überzeugen, denke aber, dass das nicht geht.
            Wenn jemand 150.000 Leserkommentare lesen musste und sich seine Meinung gebildet hat, werde ich da wenig ausrichten können.
            Vielleicht könnt ihr das auch individuell lösen und die Kommentarfunktion bei deinen Artikeln abschalten, sodass du nicht mehr gezwungen bist dir weitere 150.000 Kommentare rein zu ziehen.
            Ich denke, dass jeder seine Ökonomie hat und auch schauen muss was er/sie sich aussetzt und was nicht. Ja, und die Zeit-Ökonomie gibt es auch und der redaktionelle Teil sollte nicht darunter leiden müssen.
            Ich kann dir nur meine eigene Warte schildern.
            Ich lese gerne auch die Kommentare.
            Hier auf netzpolitik.org seid ihr auch gar nicht so weit weg vom im Artikel beschriebenen Ideal.
            Tatsächlich gibt es immer wieder Kommentare die den Artikel ergänzen und bereichern.
            Ich finde es gut so wie es ist.
            Aber ich hab die Zeit und kann es mir selbst aussuchen, ob ich die Kommentare lese oder nicht.

  5. [ Anm. der Redaktion: Kommentar moderiert. Wir wollten doch hier über Kommentare und Kommentarkultur reden und nicht über eigene Server aufsetzen und Anbieter für Hosting… ]

    1. [ Anm. der Redaktion: Völlig unpassender Kommentar. Bitte rufe den Jihad woanders aus. ]

  6. Guter Artikel!

    Meine Meinung: Sachliche Kommentare ohneThemenbezug würde ich nicht löschen. Sollen die anderen Leser selbst entscheiden, ob sie auf den Themenwechsel eingehen oder den Kommentar ignorieren wollen. Allgemein würde ich michals Leser über eine Möglichkeit freuen Kommentare (inkl. Unterkommentare) einklappen zu können. Nach ein bisschen suchen habe ich folgendes Plugin gefunden. Ob es damit einfach geht weis ich leider nicht.

    Löschen würde ich wirklich nur Beleidigungen, Hetze, diskriminierende Sachen usw.

    https://wordpress.org/plugins/jquery-collapse-o-matic/screenshots/
    https://wordpress.org/support/topic/plugin-jquery-collapse-o-matic-roll-your-own-elements-ideas/?replies=45

  7. Liebes Kummerkasten-Team,

    Euere Artikel gefallen mir bei Netzpolitik.org immer am besten. Ein ganz dickes Lob! Bitte macht weiter so.

    Alles Liebe,
    Eure Natascha

    P.S. Und die Russen finde ich genauso doof wie ihr. Sollen die sich doch ihre eigenen Gehirne waschen. Ich meine, wir können das doch auch?!?

  8. Bleibt nur zu sagen, dass der Kommentarbereich auf netzpolitik.org nach wie vor zu den Besten der Welt gehört! Wer die Welt kennt, weiß was wovon ich schreibe! :-)

  9. Vielleicht hilft statt kluger Reden ja eine technische Lösung:

    Mal drüber nachgedacht… – warum das gesamte Stackexchange-Framework so wahnsinnig erfolgreich ist? (in Deutschland weniger bekannt, aber die Zahlen sind eindeutig. Und in bestimmten Branchen auf der technischen Ebene ist das by+far die Nummer 1)

    – konsequentes social bewerten
    – die besten Antworten stehen oben (=der Schrott versinkt)
    – nur Kommentare/Anworten 1.+2. Grades (2. Grades dabei stark längenbeschränkt. Keine Endlos-Biester)
    – downvoting erfordert gewisse vorherige credits (=keine drive-by Trolle)

    Jetzt kann man sagen, „Hey, da geht es ja nur um nüchterne, sachliche IT-Themen…“, nicht um Politik und Weltanschauung. Da erwidere ich:

    1: Schon mal mitbekommen, wie sehr in „nüchternen“ Computer-Foren getrollt, beschimpft, belehrt, vom Thema abgewichen wird…? …höchst selten bei Stackexchange. Sackt halt durch und wird nieder-gevotet.
    2. Die haben auch genug potentiell kontroverse Portale: Geschichte, Ökonomie, Christentum(!), Judaism(!!9, ja sogar explizit Skeptics… sogar da geht es vergleichsweise gesittet zu…. idealerweise bilden sich mehrere starke (viele hundert Stimmen), kontroverse Antworten. VIEL besser als unübersichtliches „me-too“ Ping-Pong… think about it.

    https://history.stackexchange.com
    https://skeptics.stackexchange.com/

    https://history.stackexchange.com/questions/27767/was-reagan-disliked-by-establishment-republicans

    ~ ~ ~
    So lange die dümmste/neueste oder älteste Antwort oben steht (SPON, die meisten Zeitungen, oder eben auch, sorry, Netzpolitik… exakt so lange wird das nicht besser… Disqus hat Ansätze, ist aber lange nicht so elegant…).

    Medium.com ist auch noch interessant, weil Antworten gleich zu eigenen kleinen Artikeln werden, und sich weiter pflegen lassen… VIEL nachhaltiger und besser als Datenklos (zum runterspülen) à la Facebook.

    1. Setzt aber eine Registrierung/Accounts voraus. Einfaches kommentieren ohne Anmeldung wäre so nicht mehr möglich. Und vielen (mir inkl.) ist es sehr wichtig, dass man sich hier eben nicht anmelden muss um Kommentare schreiben zu können.

    2. Eigentlich wären beide Extreme wünschenswert: unmoderierte Beschimpfungskommentare übelster Sorte, um mal die Sau so richtig rauszulassen (re:fefe war so toll) – und wenn man genug von der Gehirnkirmes hat: stackexchange.com

  10. Ihr kämpft aber nicht gerade mit Burn-Out? Oder laßt Euch da zu sehr in das Burn-Out anderer mit hineinziehen? Schlechte Laune kann so ansteckend sein wie ein Grippevirus!

    1. Nee, kein Burn-Out hier. Aber viele haben hier das Gefühl, dass sich ganz viele Leserinnen und Leser gar nicht mehr in die Kommentare trauen bzw. keinen Mehrwert in ihnen sehen. Und das ist schade, weil dann der Kommentarbereich den Dauerkommentierern, den Frustrierten und den emotionalen Drive-By-Kommentierern überlassen wird. Letztere spült es aus irgendwelchen Filterblasen hierher, sie lesen weder den Artikel noch das Blog und werden ihre oft antidemokratische und manchmal rechte Einstellung hier los. Das macht halt wenig Freude – und man versteht dann auch, warum ganz viele Leute die Kommentare nicht mehr lesen wollen.

      Das ist leider so eine Art Teufelskreis, der irgendwie durchbrochen werden muss, damit es wieder mehr Spaß macht. Die eigentliche Frage ist deswegen: Wie bringen wir wieder mehr Leute zum Kommentieren?

      1. Also wo wir schon bei Schule sind, da reden doch auch immer nur die Gleichen, während sich die Meisten gelangweilt dauerberieseln lassen. Und denen, die reden, noch das Leben schwer machen. Wieso sollte das dann später – oder im Internet – anders sein?

        1. Wir wissen, dass es kluge und tolle Kommentatoren gibt, und die wollen wir ermuntern, uns – und den Lesern – Kommentare zu hinterlassen, die es wert sind, gelesen zu werden. Es sind die unkonstruktiven und lauten Pöbler (von rechten Hetzern ganz zu schweigen), gegen die wir uns richten.

      2. Eine rechte Einstellung kann man ja haben. Lässt sich doch auch gut dagegen argumentieren. Ich verstehe da nicht ganz warum ganz viele Leute die Kommentare nicht mehr lesen wollen. Gerade die Ängste die oft hinter solchen Kommentaren stecken gilt es doch zu bekämpfen oder irre ich?

        1. Ich sehe halt bei vielen dieser Leute nicht das Interesse einer sachlichen Auseinandersetzung. Die kommen her, ballern ihren völkisch-verschwörungstheoretischen Bullshit hier ab, beschimpfen den Autor – und haben nicht einmal den Artikel gelesen. Da ist halt auch kein Diskurs möglich.

          1. Ein wirklicher Diskurs ist ja vielleicht auch nicht zwingend nötig in solchen Fällen. Eher eine Antwort auf einen solchen Kommentar der diesen entkräftet und das ganze dann so stehen lassen. Mir hilft es immer sehr wenn, egal wie links/rechts/vt ein Kommentar ist, ich auch noch eine andere Meinung dazu finde. Wenn ich diese nicht sogar selbst liefere. Bei direkten Beschimpfungen oder Beleidigungen ist natürlich Ende.

      3. Aber viele haben hier das Gefühl, dass sich ganz viele Leserinnen und Leser gar nicht mehr in die Kommentare trauen bzw. keinen Mehrwert in ihnen sehen. Und das ist schade, weil dann der Kommentarbereich den Dauerkommentierern, den Frustrierten und den emotionalen Drive-By-Kommentierern überlassen wird.

        Markus, Du sprichst mir aus der Seele. Ich für meinen Teil habe es fast schon vollständig aufgegeben, gegen die Windmühlen der VT-Schleudern hier anzukämpfen. Überlegtes und umsichtiges Schreiben kostet Zeit und Kraft, und immer öfter erscheint es mir als pure Verschwendung von Lebenszeit angesichts der Kommentare, die andere hier abladen, im Takt und in der Qualität von Toilettenbesuchen.

        Ihr habt Euch hohe ethische Richtlinien gesetzt, die Meinungsvielfalt und Toleranz einschließen. Doch es gibt einen Punkt, an dem Toleranz überschritten wird und zur unerträglichen Belästigung für alle wird. Ich denke es hat nichts mehr mit Toleranz zu tun, wenn man Dauerspammern freie Bahn gewährt.

        Toleranz hat Grenzen. Gibt es keine Grenzen, dann handelt es sich nicht mehr um Toleranz.

        Ich bin fest davon Überzeugt, dass man Leute, die es deutlich übertreiben, auf eine temporäre blocklist setzen sollte. Und wenn sie dann immer noch keine Ruhe geben, dann gibt halt es den endgültigen Bann.

        1. >>Gepflegte Konversation kann nur ich…
          gespickt mit ad hominem.<<

          Chapeau Herr oder Frau Schreiber.

      4. > und werden ihre […] rechte Einstellung hier los.

        Man sollte also links sein, wenn man hier kommentieren will? So ein pauschales, unreflektiertes „rechts schlecht, links gut“ ist ja nun nicht gerade ein Zeichen von Toleranz oder Intelligenz. Aber das ist Deutschland ja nun mal so üblich: rechts == rechtsextrem, ausländerfeindlich, intolerant, dumm und scheiße. Schwarz und Weiß halt, schön einfach und dogmatisch.

          1. Ach komm, es ist doch offensichtlich, woher der Wind weht. „Rechts“ wird hervorgehoben und stets mit extremen Standpunkten in einem Atemzug genannt. Immer schön das Narrativ wahren, gelle?

            Als ob es keine linken „Filterblasen“ gäbe, die genauso viel oder sogar mehr antidemokratischen Dreck rausspülen. Da wirds aber nicht so eng gesehen. Ist doch überall so. Manche Meinungen sind halt einfach unerwünscht, und damit man das so nicht sagen muss, werden sie einfach zu Nicht-Meinungen erklärt und schon steht man schön sauber da.

          2. Mir entgeht hier übrigens kein Artikel. Ich lese zwar nicht jeden Kommentar, aber „völkisch-verschwörungstheoretischer Bullshit“ ist mir noch nicht aufgefallen. Dafür aber intolerantes, selbstherrliches Gewäsch von Leuten, die ganze Bevölkerungsgruppen pauschal aufgrund ihrer Meinung als Idioten, Nazis und ähnliches verunglimpfen, RAF, Gewaltanwendung und Kommunismus glorifizieren, und mit linksextremen Vokabular um sich werfen.

            AfD und Nazis gleichzusetzen, das ist zum Beispiel tatsächlich verschwörungstheoretischer Bullshit. Diesbezüglich würde ich gerne mal auch nur einen einzigen Piep von euch hören.

  11. Vielen Dank! Schöner Artikel.

    Und in der Tat, durch negative Erfahrungen lese ich nurnoch seltenst Kommentare.
    Ich stimme @FranKee_HH 31 zu und denke ein Voting zur Hierarchie-herstellung der Kommentare kann eine Lösung darstellen.

  12. Also wenn unter einem Artikel 50 oder mehr Kommentare stehen, dann lese ich die auch nicht. Oder schnuppere nur kurz rein. Und dann überlege ich mir, was da gerade los ist, wieso dieser Artikel mit diesem Thema so viel Beteiligung hervorgerufen hat. Das Wort z.B. nehme ich dann z.B. mit in meinen Alltag. Und oft klären sich für mich im Laufe des Tages manche Dinge und ich sehe sie in einem anderen Licht als vorher. Von bloß bizarr bis hin zu bitterernster Bedrohung…

    A propos bizarr, heute am Potsdamer Platz in Berlin stand eine Gruppe Offiziersanwärter von der Bundeswehr…So im geordneten Halbkreis… In Ausgehuniform… Sie hätten die Aufgabe, sich einen Ort in Berlin näher anzusehen und ihn dann vorzustellen… Ich habe ihnen viel Spass gewünscht, das fanden sie wohl auch bizarr.

    Aus manchen Gruppen kenne ich es, dass dort alles willkommen ist, weil genau das, was sich gerade zeigt, mit genau den Menschen, die gerade da sind, wichtig ist für die ganze Gruppe. Mir gefällt diese Einstellung, zugegebenermaßen ist es aber auch ein gedankliche Hilfskonstruktion, um manchmal nicht gleich schreiend aus dem Raum zu rennen. Und doch wirkt es tatsächlich und alles ordnet sich dann zu einem stimmigen Gesamtbild. Es soll aber auch – besonders in den 70iger Jahren – Gruppen gegeben haben, in denen ein ganzes Wochenende geschwiegen wurde, weil keiner angefangen hat, zu reden. Das hat wiederum zu einem ganzen Repertoire an Methoden der Gesprächsführung und Moderation geführt. Naja, die hatten ja genug Zeit, während des langen Schweigens zu überlegen, wie es besser ginge. Doch warum sind die eigentlich überhaupt sitzen geblieben, könnte man sich fragen. Vielleicht wegen dem bizarr erungenen Erkenntnisgewinn?

    1. Ein z.B. zu viel, dafür ein völkisch zu wenig. Macht weniger Sinn und irgendwie auch wieder doch? ;-P

      1. Stimmt. Und in Vietnam … weiß vielleicht jemand, dass andere an sie denken? Also mir würde der Gedanke Kraft geben, irgendwie, ein bisschen, in der Summe sogar viel.

  13. […] Dass Meinungsfreiheit heißt, einen Raum zu bieten, in den sich alle Menschen hineingetrauen. […]

    Danke. Bitte tut was.

    Ich meine das ernst. Und zwar als jemand, der hier manchmal (unter mehr als einem Pseudonym) Kommentare ablässt, deren Qualität je nach Tagesform stark schwankt. Ja, auch den gelegentlichen Abkotzer. Ja, auch aus Frust. Die Themen und Vorgänge ziehen einen schon stark herunter, so dass die erste Reaktion nicht immer von Zurückhaltung geprägt ist.

    Frust ist aber eine Sackgasse. Einerseits finde ich das Unangemeldete zunächst mal praktisch, andererseits finde ich vieles auch abschreckend, das ich jetzt nicht durch Nennung herausfordern will – ach komm, doch: unter vielen anderen störenden und „lauten“ Phänomenen nerven mich zur Zeit am meisten die rechten „Redefreiheit“-Bullies, die m.E. diesen Begriff absolut nicht kapieren wollen, sondern als Freibrief nehmen zum Besetzen, Verdrehen, Derailen und Verbreiten von diversen Formen mehr oder minder dürftig verkleideten chauvinistischen Gedankenguts (-schlechts?), das m.E. in keiner konstruktiven Debatte etwas verloren hat. Und auch nicht durch grobe Online-Diskussionen positiv beeinflusst / wegdiskutiert / geheilt werden kann. Sich aber durch Ermüdung durchsetzt, wo immer es auftaucht, und alles Andere zum Verstummen bringt. Toleranz sollte eine Grenze haben, wo es an solches Verhalten geht.

    Es ist ein völlig zweckloser Ansatz, jemanden, der nur so etwas beizutragen hat, auf diese Weise in einer Kommentarspalte überzeugen zu wollen – andersherum übrigens auch.

    Auf einem solchen Niveau ist kein gemeinsamer Grund und auch kein Kompromiss möglich oder wünschenswert. Nein, auf einem weniger als humanistischen Niveau muss man meiner Ansicht nach nicht debattieren. Da finde ich die gelegentliche Moderation durch die Redaktion schon einen guten Anfang. Aber (siehe Kommentar von Markus Beckedahl oben): kostet viel Zeit. Deswegen wäre eine „soziale“ Komponente ganz nett. Ob das funktionieren würde? Niemand kann es vorhersagen.

    Aber die derzeitige Funktion lässt zu wünschen übrig und ich sehe das Abschreckungspotential. Frage mich immer wieder, wem man das antun kann – dabei sind die Themen so wichtig. Auch meine eigenen Kommentare mag ich, wie gesagt, im Nachhinein nicht immer: Fire and Forget und die rein chronologische Ordnung sind ein unguter Cocktail.

    Ich schließe mich denen an, die sich eine flexiblere Funktion wünschen. Gern als Experiment, neben der alten.

    Bei Reddit sind eigene Kommentare im Nachhinein editierbar, was klasse ist (es sollte eine Historie vorliegen oder irgendwie gekennzeichnet sein, die wievielte Revision es ist). Aber die Diskussionen zum Teil – Holla die Waldfee. Die Qualität hängt sehr vom Subreddit ab. Wenn alle auf Hass gebürstet sind, kommt trotz bester technischer Voraussetzungen nichts Tolles dabei heraus.

    Bei Stackexchange wandern prázise, gute Antworten tendenziell nach oben. Das funktioniert, soweit ich sehen kann, glänzend – nicht nur bei mehr oder weniger wertfreien technischen Themen.

    Wenn sachliches Kommentieren, Argumentieren, kurzum: konstruktive Arbeit belohnt wird und Genöle / Schlacke / persönliche Angriffe / Trolling / kübelweise Hass / Giftmüll durch einen gewissen, durch die Redaktion steuerbaren, Moderationsmechanismus langsam nach unten wandern und irgendwann ausgegraut werden, kommen hoffentlich über die Zeit auch andere Stimmen zu Wort als die, die chronisch nichts besseres zu tun haben. Das wäre extrem wünschenswert.

    Wer nur abkotzen will (auf welche Weise auch immer), kann sich ja immer noch ein re:fefe basteln. Ich denke, mit „Demokratie“ hat das wenig zu tun, weil es nicht lösungsorientiert ist. Zumindest sollte es nicht überall so aussehen.

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