Glas-Architektur als Albtraum für die Privatsphäre

Neo Bankside Apartments, gesehen von der Tate Modern in London. Foto: CC-BY 2.0 Matt from London

Adrian Lobe wagt in der Neuen Zürcher Zeitung einen Blick auf die Inflation der gläsernen Architektur in unseren Städten. Und zwar aus dem Blickwinkel der Privatsphäre:

Glas ist zum beliebten Baustoff geworden. In immer mehr Städten entstehen gläserne Bürotürme und modernistische Luxusapartments mit Glasfassaden. Wo einst kleine Fenster den Blick ins Weite ganz knapp rahmten, haben Bewohner nun einen Panoramablick dank bodentiefen Fensterfronten. Doch der Blick auf die Dächer der Stadt ist kein einseitiges Vergnügen. Wo man hinausschauen kann, kann man auch hineinschauen.

Ein spannender Text mit vielen Beispielen, der dem Schwinden der Privatsphäre eine weitere Facette hinzufügt.

(via @nblr)

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19 Ergänzungen

  1. „Wo man hinausschauen kann, kann man auch hineinschauen“ ist selbstverständlich fachlich grober Unfug und solche Argumentationsketten sind der Grund dafür warum „Mahner und Erinnerer“ nicht ernst genommen werden, um nicht zu sagen: allein wegen diesem Satz klick ich gar nicht erst auf diesen Link. Die überwiegende Mehrheit der (westlichen?) Gesellschaft hat schlicht kein Bedürfnis auf Privatssphäre, warum will das keiner einsehen? Deswegen setzen sich Produkte wie Facebook und Payback-Punkte doch überhaupt erst durch. Verschlüsselung hingegen wird nur mit genommen wenn sie absolut keine Zusatzaufwände bedeutet und ist schon abzulehnen wenn dadurch mein mobiler Volumentarif schneller aufgebraucht wird. Das wird sich nicht ändern, sofern nicht jeder Einzelne tiefgreifende persönliche Nachteile dieser Transparenz erfährt. Und da muss schon was kommen was ERHEBLICH größer als der Snowden-Komplex ist. Die DDR ist auch nicht zusammengebrochen weil alle überwacht wurden, sie brach zusammen weil es an ${Bananen} mangelte, Brot und Spiele eben, dieses gesellschaftliche Problem ist seit tausenden Jahren ungelöst. Wir werden diese Entwicklung nicht aufhalten und sollten irgendwann anfangen zu lernen damit umzugehen, alle Anderen können von mir aus gerne depressiv werden. Diese permanente Besorgniserregung geht mir allerdings unterdessen gewaltig auf den Zünder.

    1. Hättest Du den Link geklickt, dann hättest Du halt auch lesen können, dass es die Leute eben doch nervt auf dem Servierteller ausgestellt zu sein. Ich finde den Text spannend, weil er nochmal ein anderes Feld außer Kommunikation usw. aufmacht.

      1. Gerade das fand ich seltsam. Das ist ja so, als wenn sich der Exhibitionist darüber aufregt, beglotzt zu werden. Zieht er sich nicht aus, wird er genauso übersehen, wie jeder andere auch.
        Die Gardine oder sonstiger Sichtschutz ist schon lange erfunden und ein Recht, daß der freie Blick eine Einbahnstraße sein muß, kann ich nicht erkennen.
        In Dänemark ist es sehr üblich, keine Gardinen zu haben. Da regt das gewiss keinen auf.

        PS: Mir fällt gerade auf, daß ich keine Gardinen habe. Könnte daran liegen, daß ich nicht mehr in einer Stadt lebe.:D Sollte jemand reinglotzen, hatter Pech.

        1. Das Problem sehe ich eher beim Datenschutz. Kontonummer, Passwort, was auch immer, zum Mitlesen braucht man auch auf größere Entfernung schon lange keine Spezialausrüstung mehr.

        2. Ein Exhibitionist findet es erregend sich von Zeit zu Zeit zu entblößen, permanent entblößt zu sein ist da doch recht anstrengend!
          Wer sich mal eine Blaue Pille eingeworfen hat und es etwas wichtigeres dazwischen, wird sich einem ähnlichen Stress ausgesetzt fühlen dürfen!
          Ist ja nicht billich das Zeug!
          Der Narzisst hingegen, liebt es sich in der Öffentlichkeit darzustellen, aber auch dieser benötigt mal einen Freiraum ohne Fenster, in dem er seine Inszenierungen in Ruhe vorbereiten kann!

      2. Dann sollen sie da nicht einziehen. Der Markt reguliert die Nachfrage, klar, aber wenn die Glasbuden leer blieben würden Bauherren anfangen Spiegelglas zu verbauen. Davon abgesehen könnten die Mieter von innen Folien kleben die ihre Probleme lösen, offensichtlich wollen das diese Attentionwhores nicht. Alles dummes Geschwätz nach dem Motto „wasch mich, aber mach mich nicht naß“. #FirstWorldProblems

  2. »An einem Tag wie heute ist die ganze Welt aus dem unzerbrechlichen ewigen Glas gegossen, aus dem die Grüne Mauer und alle unsere Gebäude bestehen. […] Zu Hause ging ich sofort zur Hausverwaltung, zeigte mein rosa Billett vor und erhielt die Genehmigung, die Vorhänge herabzulassen. Dieses Recht haben wir nur an Geschlechtstagen. Sonst leben wir in unseren durchsichtigen, wie aus leuchtender Luft gewebten Häusern, ewig vom Licht umflutet. Wir haben nichts voreinander zu verbergen, und außerdem erleichtert diese Lebensweise die mühselige, wichtige Arbeit der Beschützer. Wäre es anders, was könnte dann alles geschehen! Gerade die sonderbaren, undurchsichtigen Behausungen unserer Vorfahren können es bewirkt haben, dass man auf diese erbärmliche Käfigpsychologie verfiel: ›Mein Haus ist meine Burg!‹«

    Jewgenij Samjatin, Wir, 1920.

  3. Für Netzpolitik ist das wirklich ein Knieschuss.

    ich habe android ohne google, meide die großen suchmaschinen, benutze keine Kreditkarten, linux, laufe auf jede demo gegen VDS und Überwachung allgemein. und das halte ich für absolut geboten.

    Ich wohne in einem schönen Haus mit riesiger Glasfront nach draussen, erdgeschoss, mitten in berlin. die Nachbarn winken immer, wenn sie draussen vorbeilaufen. ich habe ganz bewusst keine sichtschutzverglasung eingebaut. hätte ich machen können, kann jeder der selber baut oder genug geld hat. ich habe auch einen Vorhang, benutze den aber nie. den kann sich jeder leisten.
    mich stört es nicht, wenn die leute reinschauen können. wenn sie das nicht sollen, hab ich ja den vorhang. ich finde das angenehm und kommunikativ, da rauszuschauen. da laufen menschen rum, von denen ich nichts übles erwarte.

    Diese Art von Privatsphäre hat schlicht nichts Datenschutz, Überwachung und Netzpolitik zu tun, rein garnichts. Auch nichts mit Datensammlungen, Algorithmen, Spracherkennung und -auswertung, Kommerzialisierung, Manipulation und Geheimdiensten.

    1. Naivling, Du hast keine Vorstellung davon, wie viele böse Menschen da draußen rumlaufen. Und ein Smartphone mit Android ist NICHT sicher, ganz egal ob Du Google deinstallierst.

    2. Beneidenswert.

      Allerdings wenn Überwachungskameras in Wohngegenden weiter fleißig auf den Markt gepusht, legalisiert und vorgeschrieben werden und als nächster Schritt werden Gardinen vielleicht verboten?

  4. Danke für den Beitrag! In Glasbüros fühle ich mich schon lange unwohl. Die neue Spionage-Form: Büro gegenüber mieten und mit Kamera die Aufzeichnungen der WhiteBoards aufnehmen? Die Glas-Gebäude geben jedenfalls neue Möglichkeiten. Ich kann Nachbarn nicht verstehen, wo jeder in Küche, Wohnzimmer & Co glotzen kann. Da weiß der Einbrecher genau, wenn jemand zuhause ist und wieviele und wo. Privatsphäre fängt für mich nicht erst bei den Mails an, sondern eben genau da: in den eigenen 4 Wänden.

  5. Okay, es mag hochauflösende Aufzeichnungsgeräte geben, aber im Allgemeinen ist die Situation bei großflächigen Fenstern doch recht „transparent“.

  6. Jajajaja, doch Kupfertapete kaufen und Spezialfolie an die Fenster klatschen. Ansonsten ist man nicht mal in seiner Wohnung vor der globalen Schnüffelei sicher, natürlich nur zu Werbezwecken für Gummis und Unterhosen.

  7. Also Apple hat – so vermute ich – einen der stärksten Kraftorte der Neuzeit geschaffen. Das sieht bei Google eher mau aus, trotz oder gerade wegen dem vielen Glas. Aber vielleicht klingt ja auch nur der Neid bei mir durch? Schlaraffenland ade.

  8. Sieht auf dem foto wie in einer gläsernen Puppenstube aus. Nicht mal für Geld wolllte ich dort drin wohnen. Wer es mag, ich ganz bestimmt nicht.

  9. Ich sitze auch nicht gerne ständig aif dem Präsentierteller. Weder auf der Arbeit, noch daheim. Ebensowenig mag ich immer sehen was andere tun. Und von den ganzen Exibitionisten wird mir nur immer gesagt, ich solle halt wegschauen. Ich mag mir aber nicht ständig nur auf die Schuhe schauen.

    Trotzdem mag ich die reißerische Schlagzeile nicht. Das wirkt unseriös.

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