#GläserneGesetze erfolgreich: Bundesregierung will tausende Lobby-Dokumente veröffentlichen

Mehr Transparenz in der Gesetzgebung: Die Bundesregierung hat beschlossen, sämtliche Gesetzentwürfe und Lobby-Stellungnahmen der vergangenen Jahren zu veröffentlichen. Ob die kommende Regierung dies auch tut, ist offen – ihr droht eine weitere Kampagne.

Die Bundesregierung will tausende Lobbypapiere offenlegen CC-BY 2.0 manoftaste

Da soll noch jemand sagen, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) sei wirkungslos: Nachdem sie innerhalb von einer Woche über 1.600 IFG-Anfragen nach Gesetzentwürfen und Lobby-Stellungnahmen erhielten, entschieden die Bundesministerien gestern, sämtliche entsprechenden Dokumente aus dieser Legislaturperiode zu veröffentlichen.

Das geht aus einer Mitteilung der Bundesregierung an uns hervor. Demnach entschieden die Staatssekretäre der Ministerien, dass die Referentenentwürfe der Verwaltung und Stellungnahmen von Verbänden zu über 600 Gesetzen aus den vergangenen vier Jahren online bereitgestellt werden. Das könnten bis zu 17.000 Dokumente sein. Bisher veröffentlicht außer dem Justizministerium keines der Ministerien die Entwürfe und Stellungnahmen aktiv.

So viele Anfragen wie sonst in einem Jahr

Die Ministerien reagieren damit auf Anfragen im Rahmen der Kampagne #GläserneGesetze von FragDenStaat.de und abgeordnetenwatch.de. Innerhalb von einer Woche sendeten NutzerInnen über die Kampagnen-Plattform so viele IFG-Anfragen an die Verwaltung wie sonst in einem Jahr. Danach pausierte die Kampagne für zwei Wochen, um der Regierung Zeit für Beratungen einzuräumen.

Ob die Ministerien die Dokumente in der neuen Legislaturperiode aktiv von sich aus veröffentlichen, ist allerdings unklar. Offensichtlich konnten sie sich kurz vor Ablauf der aktuellen Legislaturperiode nicht auf eine entsprechende Regelung einigen, die auch für die kommende Regierung gilt. Das kann bedeuten, dass es ab Herbst eine neue Edition der Kampagne gibt, mit der kontinuierlich sämtliche neuen Gesetzentwürfe und Lobby-Stellungnahmen angefragt werden.

Dokumente auf stellungnah.me

Die Veröffentlichung von tausenden Dokumente soll nach Auskunft der Bundesregierung ab sofort schrittweise erfolgen, sodass idealerweise bis zur Bundestagswahl alle Papiere online einsehbar sind. So könnte etwa überprüft werden, ob Stellungnahmen von Lobbyisten in Gesetze eingeflossen sind.

Die Entwürfe und Stellungnahmen werden von den Initiatoren der Kampagne auf stellungnah.me von den Seiten der Ministerien zusammengetragen und zentral gesammelt.

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9 Ergänzungen

  1. Hmm.. naja nett, aber ich will die Haltungen der Lobbyverbände und deren daraus resultierende Einflussnahme auf die Politik und deren Gesetze BEVOR ein Gesetz beschlossen wird.
    Das böte nämlich ein ausgezeichnetes Werkzeug um wesentlich effektiver gegen neue Gesetzesbeschlüsse vorzugehen!

  2. Tja, egal was passiert – um Einfluss zu nehmen, bedarf es einer eigenen starken zivilrechtlichen Lobbyorganisation. Selbst wenn jeder vorher volle Information hätte, würde einzelne Kritiker verhallen, weil irrelevant. Zivilgesellschaftliche Lobbygruppen gibt es bereits zuhauf, da sie aber alle ihre kleinen egoistischen Ziele verfolgen, haben sie entsprechend wenig Einfluss. Durch detailliertere Vorabinformationen würde sich vermutlich wenig ändern, da die Masse nichtmal in der Lage ist, geltende Gesetze auch nur ansatzweise zu überblicken, obwohl da bereits seit langem vollständige Information herrscht. Erolgreich sind generell nur die mit Geld, Zeit und ernsthaftem Interessen, alles andere ist Placebo.

    1. Fehlende Informationen, sowie deren für alle Menschen verständliche (falls notwendig) definitiv aber sachliche Aufbereitung sind essentielle Werkzeuge gegen die vom Staat samt seinen Medien induzierte Massenverdummung und geistige Massenträgheit.
      Geistige und oder soziale Trägheitsbewegungen sind lediglich ein weiteres Zeichen für das vorhandensein dieser gesellschaftliche Epidemie; Reibungskräfte müssen immer stärker werden nur so ist Revolution möglich geistig wie sozial!
      Es bedarf keinen „alternativen“ Lobbys, welche dann auch wieder nur aus ihrer Blase, also ihrer geistigen Beschränkung heraus agieren, sondern es bedarf bei den Revolutionären eines Geistes, welche allein dadurch dass er sich (ver)äußert eine Reibung beim Gegenüber in Gang setzt, welche sich aber in der Person an Dingen reibt, die jene für zu ihrer Person gehörig empfindet, kurz: Hilfe zur Entwicklung von Selbst- und Fremdzweifeln.
      Solange die Faschisten, Sexisten, Speziezisten (usw.) dieser Welt meinen, dass das was sie tun und denken eine Spielart menschlichen Geistes sei, anstatt zu erkennen, dass es nicht mal Geist an sich ist, sondern lediglich Bestialität, welche eben nur durch Geistlosigkeit enstehen kann, wird es auch keine Revolution des Menschen geben.
      Für die (allgemeine) Unüberblickbarkeit von Macht samt ihren Auswirkungen sind die Verantwortlich, welche die Macht ausüben, mensch nennt das Herrschaft.
      Im übrigen: erfolgreich ist nicht wer Geld, Zeit und Interesse hat ihre/seine Interessen durchzusetzen, so jemand ist lediglich mächtig, also ein/e Unterdrücker/in.
      Erfolgreich ist wer den Kern des Menschen in Bewegung versetzt ohne ihn mit Gewaltformen der Macht/Herrschaft zu berühren.

      1. Jaja, nur verkennst du, dass das Bewegen der Menschen Zeit und Geld bedeutet, da die große Masse der Menschen mit Konsum beschäftigt ist. Deren Aufmerksamkeit – Voraussetzung für deren Bewegung – bekommst du eben nicht, indem man irgendwo und irgendwie auf Misstände hinweist.

        1. Zeit ist in unbegrenzter Menge vorhanden und Geld habe ich noch niemals benötigt um Menschen geistig zu berühren (das wäre auch ein Widerspruch in sich!)
          Du hast nicht verstanden wovon ich schrieb, bring erstmal deine Blase zum platzen (nicht die mit dem Harn drin!!!0o0), dann können wir vielleicht weiter reden.

          1. Klar ist Zeit und Geld ohne Ende vorhanden, aber was glaubst du, wieviele Menschen du erreichst – ernsthaft erreichst – mehr als irgendein Konzern, der mit einem Gewinnspiel lockt? Nur mal so als Beispiel. Jeder sollte sich seiner Blase bewusst sein, guter Punkt, wenn auch wenig hilfreich ausgemalt.

          2. Klar, die meisten Menschen sind in irgendeiner Informationsblase, aber aktiv wird die große Masse auch erst dann, wenn etwas schlimmes/größeres passiert ist oder es größere NGOs in die Nachrichten, bestenfalls samt Forderungen geschafft haben.
            Zeit mag zwar (fast unbegrenzt) vorhanden sein, aber man braucht erstmal eine Platform, um effektiv Menschen zu erreichen. Denn eine solche Platform ist nötig (bestenfalls noch in Kombination von Druck irgendeiner Art), um Menschen aus ihrer Blase zu locken oder die Blase selbst dazu zu bringen, über bestimmte Probleme wenigstens nachzudenken.

  3. Ich finde auf stellungnah.me keine Informationen über Lobbygruppen der Rüstungsindustrie. Einer der moralisch fragwürdigsten Lobbygruppen werden bei der Transparenzoffensive ausgelassen ? Ein schwerwiegendes Problem wie ich finde. Ich hoffe, dass sich da noch etwas tut (wie bei all den anderen schwerwiegenden gesellschaftlichen Problemen).

    Wie es um die Machtverteilung steht, kann man ja mal in einem Gedankenexperiment herausfinden. Man stelle sich vor, man gründe eine Partei die sich nur dem Prinzip von Gerichtigkeit und Vernunft(humanistisch) verschrieben hat. Wie warscheinlich wäre der Erfolg dieser Partei im Hinblick auf die aktuelle Situation? Ist die Demokratie überhaupt noch eine Demokratie, wenn sich ein so zentrierter Einfluss von Macht auf die freie Meinungbildung auswirkt (Unverhältnismäßigkeit)? Die Macht im Land ist einfach falsch(ungleich) verteilt und diese Macht auf innerpolitischer Ebene definiert sich durch Kapital und Einfluss (siehe vorläufige Ausführung des Armuts und Reichtumsbericht).

    PS: starker Beitrag von Anonymous.
    Habe letztens ein spannenden Essay von Einstein (valide) über Kapitalismus und Gesellschaft gefunden. Vielleicht lohnt sich für den ein oder anderen einen Blick hineinzuwerfen:
    https://www.linksnet.de/artikel/19102

    MfG

  4. Wann kommt eigentlich die Kampagne, in der die Ressortabstimmungen abgefragt werden? Es ist schon von Interesse, was die einzelnen Ressort zu einer Vorlage sagen, sowohl bei Gesetzen wie zu Berichten der Bundesregierung oder den Parlamentarischen Anfragen (Klein, Gross, Schriftlich)?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.